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so jämmerlich und zaghaft-KU ihrem Paul aufschaute, was konnte er da schon anderes tun, als ihr verzeihen und sie seine liebe, kleine Frau nennen, die zwar er» lesens Streiche mache, im Grunde ihres Herzens aber doch ein edles Geschöpf sei. Mit Küssen und Liebkosungen beruhigte er sie, bis wieder Heller Sonnenschein auf ihrem Antlitz erstrahlte. Und dann holte Paul sein Taschenmesser hervor, mit welchem er auf dem Wakdesboden eine kleine Grube aushöhlte. Da hinein verrenkte unser Pärchen unter frohem Scherzen die verhängnisvolle Zuckerdüte. Ge meinschaftlich deckten Paul und Lorchen wieder die Rasenschicht über das Grab und niemals noch ist an einem solchen wohl so froh gescherzt, so herzlich ge lacht worden, wie es nun an diesem geschah« Meister und Lehrling« ES fällt kei« Meister vom Himmel. (Nachdruck -rbotsn') Wenn da. Sprichwort sagt: „Es fällt kein Meister vom Himmel", so gilt das von der Eigenschaft des Hand werksmeisters auch; sie mutz allmählich gelernt und er worben werden. Tie Haupteigenscha't Meisters ist die Geduld. Zugegeben, daß sie einigen Leuten von Na tur saurer ankommt als anderen, so wird doch niemand mit der rechten Art von Geduld geboren. Willst du sie zur rechten Zeit und im rechten Maße üben, so denke und studiere dich vor allem recht in deinen Lehrling hinein, damit du ihm nicht mehr zutraust, als er leisten kann — allerdings auch nicht weniger. Mit dem Ausbilden eines Menschen ist es in gewisser Weise wie mit der Ernährung. Das Gedeihen des Körvers hängt davon ab, daß ihm nur Nahrung geboten wird, die er verdauen kann, und nicht eher neue Nahrung, als bis -die alte verdaut ist. Andernfalls verliert er den Appe tit, und dann ist nichts zu machen. So verliert der Lehrling den Mut, wenn ihm dauernd mehr zugemutet wird, als er bei gutem Willen leisten kann. Er verliert aber andererseits den Eifer, sich nach Kräften anzu strengen, wenn man ihm zu wenig zutraut. Mir scheint, als versähen es darin gerade sehr häufig gute Meister sowohl wie gute Mütter und Hausfrauen. Sie wollen dem Lernenden nie etwas zu« Aus ¬ führung überlassen, auch nicht das, was diese schon ganz gut könnten. Sie reden immer drein, greifen fortwäh rend ein, lassen den Lehrling immer nur Handlanger dienste tun, und so kommt er nie zu der Freude, die wir am wohlgelungenen eigenen Werk haben, und nie zur Anspannung aller Kräfte, wozu das Gefühl der Verantwortlichkeit treibt. Hat sich in dem Lehrling, so .oder so, erst die Ueberzeugung gebildet: „Ich kann meinem Meister — oder meiner Meisterin — dock nichts zu Dank machen!" dann hört die Freudigkeit zur Ar beit auf, und dann ist auch an kein rechtes Weiterkom men zu denken. Ein guter Lehrmeister muß deshalb darauf Bedacht nehmen, zu ermitteln, was man in der Regel von Menschen in dem Lebensalter seines Lehrlings an Wis sen, Geschick. Einsicht, Nachdenken erwarten kann und inwieweit dieser Durchschnitt auf den einzelnen paßt, den er vor sich hat. Er muß aber auch in dieser Beziehung über jeg liche Arbeit und Aufgabe seines Faches nachdenken, um von da aus zu beurteilen, was für den Lehrling auf einer bestimmten Stufe schwer und leicht ist. In vielen Fällen mag da die lange Erfahrung ohne weiteres das Richtige treffen. Oft aber auch wird jeder Lehrmeister zu seiner Verwunderung bemerken, wie vieles der Mensch erst lernen muß von dem, was den Erfah renen ganz selbstverständlich erscheint. Auch das geht namentlich solchen so. die nicht jahraus jahrein mit Lehrlingen zu tun haben, sondern nur in größeren Zwischenräumen einmal jemand anlernen müssen. Ge lehrten ist gut predigen, heißt es wohl. Bei dieser Ar beit aber kommt es darauf an, die Ungelehrten gelehrt zu machen, und dazu muß man sich genau darüber klar fein, wie viel sie noch nicht wissen. Belehren tun wir durch Zeigen oder VormacheL und durch das Wort. Wenn irgend möglich, sollte bein» Anlernen immer beides bei einander sein. Tas Bor- machen allein ist für den Lehrmeister beguemer. Aber sobald er mehr als einen Handgriff zur Zeit Vor macht, muß er sich nicht wundern, wenn es mit dem Nachmachen hapert. Jede Arbeit, z. B., die die Ge übten fast ohne Nachdenken verrichten, setzt sich aus einer Menge einzelner Handgriffe zusammen, d. h. aus einer gleichzeitigen oder schnell aufeinander folgenden Bewegung vieler Muskeln, die erst nach langer Ue- bung ihren Dienst spielend verrichten. Dem Unge übten hilft es. wenn man ihm beim Bormachen zu gleich deutlich sagt, was man tut und warum man eS so macht. Man muß aber jeden Handgriff einzeln vornehmen und üben lassen, bis er ihn begriffen hat. Die große Kunst der mündlichen Unterweisung be steht darin, sich mit wenigen Worten so verständlich wie möglich auszudrücken. Soviel wie irgend mög lich muß man den Lernenden nach vorausgeganoener deutlicher Anweisung allein arbeiten lassen, ohne da zwischen zu fahren, anfangs einen Teil einer Arbeit, später eine ganze Arbeit. Ist er fertig, so sagt man ihm knapp und freundlich, was gut und was nicht gut geworden ist, und behalte dabei im Sinn, daß es ein wahres Wunder wäre, wenn ein Lehrling lauter ta delfreie Arbeit lieferte. Ob Schelten und Strafen ben« Anlernen überhaupt viel helfen, weiß ich nicht: ruhige, beharrliche Geduld auf beiden Seiten, noch einmal machen und noch einmal, bis es gut ist, und dann ge legentlich ein Wort der Anerkennung und Aufmunte rung. — das hilft. Die Hauptsache natürlich ist, daß man die Arbeit selber aus vollem Grunde versteht, die man andere» beibringen will. Nur dadurch erwacht in dem Ler nenden das Zutrauen, das den willigen Gehorsam schafft, und der Wunsch und Trieb der Nacheiferung. Das Selbstkönnen ist aber manchmal den Lehr meistern gerade im Wege, wenn sie nämlich darüber; vergessen haben, wie einem Lernenden zu Mute ist. Viele werden sagen, wenn sie ehrlich sind: „Seh« ich, daß das Kind sich so langsam und ungeschickt! bei der Arbeit anstellt, dann kribbelt es mir in de« Fingern, und ich tue es zehnmal lieber selbst." ES kann auch wirklich Verhältnisse geben, wo man durch« aus mit Zeit, Kraft und Geld so haushälterisch um gehen muß, daß für die Versuche eines ungeschickte« Anfängers davon nichts übrig bleibt: aber sie sin» selten. Gewöhnlich fehlt es an der Geduld, und daL selten. Gewöhnlich sehlt es an der Geduld, und da- ist allerdings das zweite wichtige Stück, das einer«, Lehrmeister nicht fehlen darf. jj Bon einem Handwerksmeister Bunke Skeine. Eines Menschen Tun und Wesen, Auf der Stirne ist's zu lesen. * Das Gesicht Verrät den Wicht * Gebärden sind des Herzens Fenster. * Das Angesicht ist der größte Verräter. * Die Natur hat die ernste Weihe empfange«? Da gilt nicht mehr das eitle Prangen. Gediegner Wert und stiller Schein Dritt mit bescheidener Klarheit herein. * Wärst du so klug, die kleinen Plagen Des Lebens willig auszustehen, '' So würdest du dich nicht so oft genötigt seh'« ! Die großen Uebel zu ertragen. , Gellers