Volltext Seite (XML)
De» deutsche Schlachten-erlcht. Großes Hauptquartter, 21. März 1917. (WTB.) Westlicher Kriegsschauplatz. Bei Regen und Schnee gering« Gefechtstätigteit. Zwischen Arras und Bertincvurt, nordöstlich von Kam und im Norden von SoissonS zwangen unsere Sicherungen einzelne gemischte Abteilungen der Geg ner zu verlustreichem Zurückgehen. Auf dem rechten Maas-Ufer sind heute früh zwei Vorstöße der Franzosen am Fosses-Walde gescheitert. restlicher Kriegsschauplatz. Borfeldgefechte ohne Bedeutung. Mazedonische Front. Teilangriffe der Franzosen bei Nizopole. Truova und Rastam (westlich und nördlich von Monastir) wur den durch unser Feuer niedergehalten oder abge wiesen. Kürzlich in Feindeshand verbliebene Höhen nord östlich von Truova und bei Suegovo wurden von uns im Sturm zurückgewonnen Ter Gegner räumte dar auf da« Zwischengelände; seine nächtlichen Versuche, die Höhen wiederzunehmen, schlugen fehl. Im Cerna-Bogen brachte unser Artilleriefeuer einen Fesselballon brennend zum Absturz. Ter Erste Generalquartiermeister: Ludendorff. Fiebernde Beklommenheit. j Im Widerspruch zu der französischen Ansicht, der deutsche Rückzug sei eine Folge des Druckes der eng lisch-französischen Heere, stehen die Artikel der meisten französischen Fachtritiker, die fragen, wo die neuen deutschen Linien sind. General Verraux betont das beklemmende Dilemma der gegenwärtigen mi litärischen Lage und schreibt, wenn man den weichenden Feind sehr schnell verfolge, laufe man Gefahr, sich auf freiem Felde einem offensiven Rückstöße des Feindes auszusetzen. Folge man jedoch nicht schnell nach, so lasse mau dem Feinde Zeit, sich in den vorbereiteten Stellungen zu organisieren. Schließlich ist für die französische Presse die Bemerkung des „Demps" kenn zeichnend, der sagt, es sei unnütz zu suchen, ob der deutsche Rückzug eine Falle verberge. Man müsse sich für den Augenblick damit begnügen, sich zu freuen. Diese kindische Freude scheint aber bereits vor über zu sein, wenigstens bei den Engländern. Reu- er meldet aus dem britischen Hauptquartier: „Tas Tempo des deutschen Ruckzuges scheint sich in den etzten 24 Stunden beträchtlich verlangsamt M haben, eine Tatsache, für die das stürmische Wei er wohl hauptsächlich verantwortlich sein dürfte. Ein »estiger Aequinoctialsturm hat das nördliche Frank eich durchtobt, und wenn er sich auch mehr nach Nor- »en gedreht hat und häufig ein flüchtiger Sonnen- trahl durchbricht, so ist er noch immer sehr heftig. Viele Regenböen sind über das Schlachtfeld niedergegangen, aben aber nicht hingeretcht, den Boden zu erweichen, er in dem schneidenden Wind rasch trocknet." Ueber schlechtes Wetter klagen immer diejenigen feldherren, die mit ihren Erfolgen unzufrieden sind. Oesterreichischer Kriegsbericht. Wien, 20. März. Amtlich wird verlautbart: vestlichcr Kriegsschauplatz. In den Waldkarpathen, westlich von Luck und am Stochod erfolgreiche Vorfeldunternehmungen. Sonst nichts von Belang. Italienischer Kriegsschauplatz. An der Fleimstaler Front bedeutend gesteigerte, sonst nur gewöhnliche Arttllerietätigkeit. Triest war neuerdings das Ziel feindlicher Fliegerbomben. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Nördlich von Tepeleni an der Vojusa rieben un sere Aufklärungsabteilungen eine feindliche Bande auf. Oestlich des Ohrida-Sees wurden neuerlich starke fran zösische Angriffe abgeschlagen. Deutscher Reichstag. Berlin, 20. Ntärz. Ter Reichstag erledigte am Dienstag zu,stichst Kleine Anfragen. Abg. Dr. Heckscher und Gen. (fortschr. BP.) verlangen Durchsetzung der zugesicherten Entlassung der unmenschlich mißhandelten Marokko-Deutschen. Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kriege: Deut sche Zivilpersonen wurden ins Innere der Sahara verschleppt. Die Behandlung in Afrika ist unmensch lich. Unsere Vergeltungsmaßnahmen haben teilweise zum Ziele geführt und werden fortgesetzt. Abg. Dr. Heckscher (fortschr. Vp.) verlangt Schutz sür die deutschen Gefangenen im „Alexandra Palace" in London. Direktor Dr. Kriege erklärt, daß schon Abhilfe geschaffen sei. Tie Abg. Dr. Roesickc und Gen. wenden sich da gegen, daß bei Versorgung mit notwendigen Bedarfs gegenständen vielfach weitgehende Ausschaltung des an gesessenen Handels und Gewerbes vorgenommen würde. Ministerialdirektor von OPPcn erwidert, daß diese Frage nach den örtlichen Verhältnissen zu entschei den sei. Hierauf wird der Gesetzentwurf über die Krief.sabgabc der ReickMauk, wonach von dem Gewinn für 1916 vorweg 100 Mil lionen Mark dem Reiche zu tiberweisen sind, ohne Aussprache in zweiter und dritter Lesung an genommen. Es folgt der Haushaltsplan für Var Reichsann vrs Fancru. Auf Antraa des Aba Dr. Metzer Herford (natlib.) werden alle «eamtenstagen zunächst ausgefchältet, um tm Ausschuß besonders behandelt zu werden. Abg. von Graef« (kvns.) berichtet über die Ver handlungen im Ausschuß. Staatsfeikrettir Tr. Helfferich verlangt, daß im ReichSamt des Innern der Posten eines zweiten Unter- staatssekretär geschaffen werde. Abg. GieSberts (Zentr.) erklärt sich vorläufig da mit einverstanden. Später muß eine Reorganisation des Reichsamtes des Innern vorgenommen werden. Tie Kriegsgesellschaften müssen an leicht erreichbaren Orten untergebracht werden. Ausbau der Wasser straßen ist notwendig Ter Krieg darf nicht enden in einem Raubzug des Großkapitals. Abg. Hoch (Soz.) bespricht die soziale Lage. Ter Mittelstand wird in diesem Kriege aufgerieben. Abg. Tr. Stresemann (natlib.): Das wirtschaftliche Mitteleuropa hat defensiven Charakter. Unsere wirt schaftliche Lage ist nicht ideal, aber auch nicht trostlos, trotzdem gegen den industriellen Mittelstand auf Grund dos Hilfsdienstgesetzes in einer Weise vorgeganaen wird, die die größten Bedenken erwecken muß. War dieses Gesetz wirklich unbedingt notwendig? Die Trans portschwierigkeiten nehmen zu. Redner verlangt ein Sondergesetz.zum Ausbau der Handelsflotte und Siche rung der Auslandsforderungen. - Abg. Brockhauseu (kons.): Es ist sehr bedauer- i lich, daß man nicht schon in, Frieden an eine Wirt- I ' ichaftliche Mobilmachung gedacht hat. Dkr ' I — Berlin, 21. März. ! Ter Reichstag führt fort in der zweiten Lesunx j res Haushaltsplanes für das Reichsamt des Funern. Dazu liegen eine Reihe von Entschließun- len vor. Eine wünscht für den Reichsausschuß für Kriegsbeschädigten-Fürsorge 100 000 Mark Zuschuß für 1917, eine andere Zahlung der erhöhten Unterstützungs sätze an die Kriegerfamilien auch für die Sommer zeit. Weiter wird erhöhter Zuschuß zur Bekämpfung ser Säuglingssterblichkeit verlangt. Tie Wochenhilfc soll auch auf die Ehefrauen der im Hilfsdienst tätigen Personen ausgedehnt werden. Kriegswöchnerinnen sol- ! len künftig statt 1 Mark eine Unterstützung von 1,5k ! Mark täglich gewährt werden. Ferner wird die Ein berufung einer Reichsschulkonserenz angeregt. Eine weitere Entschließung verlang, bis zur dritten Lesung Die Einstellung von 700 000 Mark in den Haushalts- s plan als ersten Beitrag zu den Kosten der Ausar beitung eines ausführlichen Entwurfs für die Her stellung einer Großschiffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Rcichsgrenze unterhalb Passaus. Ein Antrag Liesnin g (fortschr. VP ), der auch oon Mitgliedern des Zentrums, der Nationalliberalen and der Sozialdemokraten unterzeichnet ist, fordert 100 000 Mark als Kostenbeitrag für Entwürfe für Großschiffahrtswege. Ein sozialdemokratischer Antrag verlangt ! gesetzliche Maßnahmen, wonach alle vor dem 1. August s 1914 abgeschlossenen Lebensversicherungen von Kriegs teilnehmern und deren Angehörigen, für welche wäh- , rend der Tauer des Krieges die Prämienzahlung ein- ! gestellt wurde, bis 3 Monate nach Friedensschluß wieder j in Kraft gesetzt werden können, und ein zweiter for- ! dert eine Verordnung, wonach die Arbeitszeit in den ! Bureaus der Rechtsanwälte, der Auskunfteien, der ! Versichernngsgesellschaften, der Zeitungsunternehmun- ! gen, sowie in Vermietungskontoren und Adressen- > bureaus eine Stunde vor der örtlichen Ladenschlutz- stunde, spätestens um 6 Uhr abends, endigen soll und acht Stunden täglich nicht überschreiten darf. Weiter werden bessere Ünfallverhütungsvorschriften, nament lich für die Betriebe der Munitions- und Schwer- i ) indnstrie, gefordert. Revolution und Militär. Heer unv Flotte höchst zweifelhaft. Aus dem österreichischen Hauptquartier schreibt i ein Kriegsberichterstatter die Auffassung über die Ein wirkung der Revolution auf den Krieg und Kamps in. folgendem nieder: „Eine Wirkung auf die Kriegsdauer ist vorläufig wohl kaum zu erwarten. Ter Ausbruch der Revolu tion fällt aber in eine Zeit, in welcher der herankom- mende Höhepunkt des Krieges eine Organisation and Ordnung am dringend st en nötig macht. Tie eingetretene Revolution ist als ein Element der Unruhe < wohl nicht geeignet, die Kriegsbereitschaft der Russen l and damit die Schlagkraft ihres Heeres günstig zu ! beeinflussen." Immerhin sind aus dem Heere noch keine An zeichen einer allgemeinen Mißstimmung und der Nei- ;ung zu offener Widersetzlichkeit gegenüber der neuen Regierung zutage getreten. Anders bei der Flotte. Tort wurde Nepcnin, der Flottenkommandant, ermordet. Eine amtliche Mitteilung über die Unruhen, die am 16. März abends auf den Schiffen der Ostsee flotte stattgefunden haben, besagt: „Ein Teil der Flotte sprach dem Höchstkommandte- renden der Flotte, Admiral Nepenin, sein Vertrauen aus, während ein anderer Teil sein Mißtrauen zum Ausdruck brachte. Während der Unruhen wurde ein Teil der Offiziere getötet oder verwundet. Tie pro visorische Regierung schickte zwei Abgeordnete, denen es nach einigen Verhandlungen gelang, die Ruhe wieder 1 herzustellen und die Flottenmannschaften zu bewegen, i sich der neuen Regierung auzuschlietzen. Es herrscht ! nun wieder vollständige Ruhe bei der Flotte. Un- ! glücklicherweise wurde Admiral Nepenin am 17. März ^getötet." Ter Mann ist also ermordet worden, ermordet von den Anhängern des englisch geleiteten neuen Re- volutionsregierunasblock«. Aber seine Ermorduna ist überzutreten. 4! 4 ' Plan- und Ziellosigkeit trat auch hervor in der Aufnahme des neuen Flotten kommandanten Tiefer. Admiral Maximum, hielt iw dem finnischen Hasen Helsingfors eine Ansprache vor den Truppen und Bolksmassen in russischer und schwe discher Sprache, wobei er daran erinnerte, dast er Wie die Massen betrogen wurde«. Tie Arbeiter sind mit den seltsamsten Mittel» geködert worden. Insbesondere hat man ihnen vorge logen, in Deutschland sei ein Ausstand auS- gebrochen und der Kaiser getötet worden. Sie wolle» : die Menge glauben machen, daß der Krieg beendet sei. „Tie erste Pflicht der neuen Regierung." meint e der Korrespondent der Londoner „Times", „sei die, die ! anarchistischen Kräfte von Petersburg zu läh- ) m e n. Tabei müsse aber die größte Vorsicht ange- « wendet werden. Diese „Lähmung" ist aber nicht so einfach. Tie Ar- beiter wollen Brot, und das ist nicht so einfach z» geben als eine Summe großer, aber wertloser Ver sprechungen. zumal die Eisenbahnschwierigkei-! ten fortdauern. nicht so einfach gewesen, ein Test der Fwtte hat ihm ihr Vertrauen erhalten, und darauf ist es zu Kämpfe» ' gekommen, bei denen Nepenin dann „unglücklicher- . weise", wie die Leute heuchelnd verkünden, getötet worden ist. Offenbar war die Flottenmannschast zur Revolution um jeve« Preis j bereit, zu einem Umstürze, einerlei, welchem. Die ! Mannschaften der russischen Ostsee-Flotte haben sich bei i allen möglichen Gelegenheiten als ein undisziplinier- fj tes. zu jeglicher Meuterei bereites Element erwiesen..') Tie Nachrichten von der Revolution scheinen auch dieS-A mal die Matrosen zunächst mit der Niedermetzclung! ihrer Offiziere, darunter auch des kommandierende» Admirals, „begrüßt" zu haben, ohne sich darüber klar ! zu werden, welche Richtung die Revolution einschlug. Diese vollständige Ein Anschlag gegen Kerenski. Reuter meldet aus Petersburg: Ein Kavallerie- 4 Offizier wollte Kerenski einen Brief übergeben. Sein« , Haltung erregte Verdacht. Tie Untersuchung ergab, daß f er keinen Brief, wohl aber einen Revolver bei sich führt». Ter Offizier wurde verhaftet, worauf er SelbA ! mord beging. L«r heilige Shuod für Vie Revolution. Ter heilige Shnod hat die Gebete für die Zaren- samilie aus der Liturgie gestrichen und die neue Regierung dafür eingefügt. — Ter „heilige Shnod" versteht sich anscheinend auf die Zeichen der Zeit. Wenn die Anarchisten nächstens siegen, wird man sich 4 über den heiligen Shnod ebenfalls nicht wunder»!! dürfen. Greuelszenen aus ver Revolution. Ein Täne, der zusammen mit einigen Landsleu ten und einem Schweden als einer der letzten Auölän- ^ der Rußland während der Revolution verlassen konnte, h berichtet über die russischen Ereignisse in „Politiken")^ und erklärt u. a, daß die Auffassung, die Revolution sei im Innern Rußlands zum Ausbruch gekommen sri. Sowohl in Tula, wo er vor der Abreise zwe Monate gelebt, als auch in Moskau» das er auf d«>4 Durchreise Passiert habe, sei alles ruhig gewesen. Jr Tula habe jedoch ein Arbeiterausstand geherrscht, geger 30 000 Arbeiter hätten in den großen Fabriken weg« Lebensmittelmangels die Arbeit niedergelegt gehabt Als dann 2000 junge Arbeiter sich wieder zur Arbeb gemeldet hätten, weil ihnen Brot versprochen worder sei, seien sie sofort zur Strafe an die Front gesand» worden, ohne von ihren Angehörigen Abschied nehmen zu dürfen. Tie Revolution sei in Petersburg am 7. März ausgebrochen. In Petersburg seien währen! des Revolutionssonntags von der Polizei za> ! .ichc Frauen, junge Mädchen und Kinder erschossen worden. Tas Brausen der erregten Volksmenge unk das Schreien der immer zahlreicher werdenden Opfer sei von langen Gewehrsalven unterbrochen worden, i Tie Polizei hätte auf die Menge geschossen, die Sol- I baten jedoch nicht. Tie Leichen blieben auf der Straß« I liegen, bis wieder Ruhe eingetreten war. Ter Dän« l machte schließlich die Mitteilung, daß in Tornea (an,I der schwedischen Grenze) englische (!!) Soldaten di« I Untersuchung der Reisenden vornahmen. Ter Paß i Les Dänen wäre von einem englischen Offizier visitiert I worden. Ein menschenfreundlicher Arzt. Ein jetzt aus Rußland ausgetauschter, schwerver- I wunderer Jäger Theodor W. bat in Moskau den ruf- I fischen Arzt, der die deutschen Gefangenen behandelte. I um Schienung seines gebrochenen Beines. Er machte I den Arzt darauf aufmerksam, daß die Knochen ohne I Schienung schief heilen würden, wodurch das Gehe« I unmöglich wäre. — Der russische Arzt erklärte: DK I Schiene ist nicht angebracht, denn — man muß de« Feind schädigen, so gut es geht." selbst in Finnland geboren sei Am Schluß brachte er , ein Hoch auf die Freiheit Finnlands (!!) au», j Diese Kundgebung glich einer riesigen Bolksversamm--- lung Unmittelbar nach dem Admiral traten sozia listische Redner auf. Tie Soldaten begrüßten diese mit donnernden Hurrarufen. Ueberall erschienen auf den Gebäuden rote Flaggen. Personen, die nictt eine rote Armbinde trugen, wurden angehalten. Zahl reiche Deserteure benutzten die in den letzten Tage» herrschende Verwirrung, um auf schwedischen Bode» !