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Nu« hatte ich wohl Nahrung für einige Tage, aber Wasser ist etwa-, wovon man nicht viel mit sich führen kann; überdies wird eS in der fürchterlichen Hitze auch rasch verdorben. Zuerst stürzte mein Paüpferd, dann der Klepper, den ich ritt, und ich selbst verging vor Durst inmitten dieser vertrockneten Einöde. Weit in der Ferne waren wohl Berge sichtbar, doch sie schienen mindestens hundert Mei- Bru entfernt zu fein. Dort mochte vielleicht Wasser zu finden fein; allein wie sollte ich hingelangen? Mehr als zehn Meilen den Tag vermochte ich nicht zurückzulegen und dazu war ich schon halb verschmachtet: Außerdem gab es in dieser Wüstenei keinerlei Wild, das ich hätte erlegen können, um mit dessen Blut meinen Durst zu löschen, — nichts Lebendes wai zu sehen außer Schaaren von Aas geiern, die mich s ! n als sichere Beute zu bewachten schienen. Endlich gab ick, alle Hoffnung auf, hockte mich neben einen Steinhaufen und beschloß, meinem Leben durch einen Schuß ein Ende zu machen, weil ich den Gedanken nicht ertragen konnte, von den gierigen Raubvögeln leben dig verzehrt zu werden, wenn ich etwa vor Erschöpfung zusammenbrechen sollte. Schon hatte ich den Lauf meines Revolvers an die Schläfe gesetzt, als ich plötzlich einen Trupp Buschmänner erblickte, die mit lautem Gekreisch auf mich zukamen und mich mit allen Zeichen der Bestür zung und Verwunderung umringten. Sie hatten nie einen Weißen Mann gesehen und als ich meine Büchse in die Lust abschoß, meinten sie, der Teufel sei unter sie ge fahren. Da es mir gelang, mich mit ihnen zu befreunden, so war mein Leden gerettet; sie gaben mir zu Winken und behielten mich bei sich. Nach einigen Tagen hatten wir die Berge erreicht, die ich in der Ferne gesehen, aber du lieber Himmel, was für eine trostlose Gegend war das! Nichts wie eisengraue Felsen, schauerliche Höhlen und Klüfte — ein Ort, an dem es nur Buschmänner, Aasgeier und Paviane aushalten konnten. Kuriose Dinge habe ich da unter dem Buschvolk erlebt; doch davon kann ich nicht erzählen, meine Zeit ist zu gemessen. Eines Tages, als ich mit einem Teil der Bande Gras hüpfer, Eidechsen und anderes Getter fing, lauter Lieb- fingsspeisen dieser Wilden, hatten wir uns verspätet, und da es bereits stark dunkelte, so mußten wir draußen über nachten. Ich bemerkte, daß meine Genossen sehr unruhig wurden, konnte aber anfangs den Grund ihrer Aengst- lichkeit nicht ausfindig machen. Der Mond stand klar am Himmel und schien gerade wegs in ein zu unseren Füßen gelegenes tiefes Tal oder v'elmcbr Kessel, denn man sah keinen Ausweg. Plötz lich packte mich einer der Männer am Arm und deutete nach unten Den Anblick werde ich nie vergessen. Aus der schwarzen Finsternis glühte ein Auge hervor. Ja, bei Gott! ein Auge, grünschillernd aber leuchtend wie ein Stern. Wieder und wieder schaute ich hin — das Funkeln wurde immer stärker. Was konnte das sein? Meine Genossen warfen furchtsame Blicke hinab und wandten sich dann schleunigst zur Flucht, mich trotz meines Sträubens mit sich fortziehend. Aus ihren wirren Reden wurde mir schließlich klar, daß sie den Glauben hatten, da unten Hause ein Dämon. Die dummen Kerle dachten, es sei des Teufels Auge, das da funkele und jeden ver brennen würde, der es zu lange anschaue. Natürlich grübelte ich Tag und Nacht über das selt same Ding nach, das ich gesehen, und ich beschloß, mich heimlich einmal in die Nähe zu schleichen. Eine Gelegenheit fand sich bald. Ich war mit einem der Burschen auf der Jagd. Es gelang mir, das Tal wiederzufinden, und ohne auf die Schreckenszeichen meines Begleiters zu achten, kletterte ich keck in die Tiefe hinab. Nach einer Weile erreichte ich einen kleinen Vor- fprung, auf dem ich mich ausruhte. Dabei fuhr ich mit der Hand über den staubigen Boden und erwischte einen carbonhaltiaen Stein. Was ich für Augen machte! Es war ein Diamant. Eifrig suchte ich weiter, fand aber keinen mehr. Nun wollte ich tiefer hinab, als ich plötzlich »her mir einen höllischen Lärm vernahm. Die ganze Bmrdr der Buschmänner war da oben versammelt, drohende Rufe auSstoßend und mit ihren vergifteten Pfeilen nach mir zielend. Ein wahrer Schauer kam her nieder, zum Glück ohne mich zu treffen, denn ich hatte mich noch rechtzeitig unter einen Felsblock geflüchtet. Die Geschichte sah jetzt gefährlich aus. Herunter wag ten sie sich nicht, das war klar, aber ich durfte mich auch nicht aus meinem Versteck rühren, sondern mußte ruhig warten, bis die Nacht anbrach. Und wie ich da so unbe weglich unter dem Stein lag, kam mir ein Gedanke, der mir alles Blut zu Kopfe trieb. Dieses grünschillernde Auge, das ich gesehen, war ohne Zweifel ein Diamant, und zwar ein solcher von ungewöhnlicher Größe. O, wenn ich den erwischen könnte! Geduldig wartete ich, bis es finster geworden und kletterte dann behutsam tiefer hinab. Richtig, da war es wieder, das geheimnisvolle Auge! Und es leuchtete und funkelte Heller als zuvor. Doch zwischen ihm und mir lag ein breiter Krater, in den ich in der Dunkelheit bei nahe hineingestürzt wäre. Ein weiteres Vordringen war momentan unmöglich; das Tageslicht abwarten konnte ich auch nicht, da mich die braunen Teufel getötet oder ausgehungert hätten. So blieb mir vorläufig nichts anderes übrig als den Rück weg anzutreten und mein Wiederkommen auf eine ge legener« Zeit zu verschieben. Wie ich vermutet, waren meine Verfolger fort; ich entkam unangefochten und ge langte nach Ueberwindung vieler Gefahren wieder in be wohntere Gegenden. Mit meiner Ruhe war's aber hin. Der Gedanke an den prächtigen Stein, der Wohl eine Million Gulden wert sein mochte, verfolgte mich Tag und Nacht und ehe noch sechs Monate ins Land gegangen, hatte es mich wieder hingezogen. Ein Kamerad begleitete mich, doch als wir den Ort erreichten, war das „Auge der Nacht", wie die Busch männer es nannten, nicht mehr zu entdecken. Wir suchten und warteten stundenlang. Plötzlich stieß mein Freund Jim einen Schrei aus. „Da ist es!" Und wirklich, da leuchtete es wieder durch die Finsternis. Im selben Mo ment jedoch regnete ein Pfeilschauer auf uns hernieder und tötlich getroffen sank der arme Jim zu Boden. Wie ich unverletzt entkam, ist mir heute noch ein Rätsel. Die wilden Teufel jagten von Fels zu Fels hin ter mir her, aber da ich die Gegend ebenso gut kannte wie sie, entwischte ich ihnen schließlich doch. Trotz dieses unglücklichen Ausganges wagte ich noch einen Versuch, doch — es sollte nicht sein. Ah — ich fühle, daß mir die Kräfte schwinden. Ich will Euch rasch sagen, wie Ihr dahingelangen könnt. Reitet einen ganzen Tag nach Norden, bis an den großen Fluß. Ueber den müßt ihr setzen, dann noch so dreißig Meilen — zwei Schluchten — ein langer Engpaß. Dem folgt bis zu Ende — dann kommt Ihr an zwei Berge. Von dem kleineren — ge radeaus gegen die untergehende Sonne — noch einen Tagesritt — und — hütet Euch — vor den Buschmännern. Wie — wie dunkel es ist — gute Nacht, Kamerad — ver geßt nicht — das — Auge der Nacht — Ihr werdet — ein reicher — Mann " So schloß der Bericht des sterbenden Glücksjägers. Der Anfang ließ deutlich erkennen, wie der Mann seins letzten Kräfte aufgeboten hatte, um noch einmal über sei« Lieblingsthema reden zu können; dann wurde er schwächer, die Sätze kamen nur abgerissen, undeutlich her vor und bevor er zu Ende kam, war das Lebenslicht er loschen. Aber lag nicht etwas Rührendes in der Groß mut dieses rauhen Abenteurers, der, den Tod im Herze« fühlend sich zu dem Kameraden hingeschlepvt hatte, nm ihm sein Geheimnis zu verraten, ihm den Weg zn Glück und Reichtum zu weisen, der ihm selbst verschlossen ge blieben? Wie eine Stimme aus dem Grabe hatte es den zwei Männern am einsamen Wege geklungen und selbst auf de« egoistischen, leichtherzigen Engländer machte die Erzäh lung einen tiefen Eindruck. Eine Weile schwiegen beide, nachdem Fanning zu Ende gelesen. „Und Ihr glaubt, daß wir jetzt dem Ziele nahe sind?" fragte Selwyn endlich. (Fortsetzung folgt.)