Volltext Seite (XML)
6bend§mndL WMmlZ-sMrwg Das Muge -er Nacht. Eine Erzählung aus Transvaal von I. B. Mitford. Deutsch von M. Walter. Vf (Nachdruck verboten.) »Noch so fleißig, Marian?" bemerkte Violet, als sie »«Ger kam. „Ihr sitzt wahrhaftig da, wie zwei — Turtel- t»»ben!" fügte sie boshaft hinzu. Sie konnte es nun ein- »uü nicht lassen, von Zeit zu Zeit einen Pfeil auf Ma- i^«n abzuschießen. Und dieser hatte — getroffen. 11. Kapitel. SchlimmeGesellen. Die kleine Stadt Lamport lag malerisch am Ufer des »mtiraraflusses. Sie zählte etwa fünfzehnhundert Ein wohner — die Eingeborenen nicht mitgerechnet — und war der Sitz des Bezirksgerichts. In früheren Zeiten gehörte das Fort zu den wichtigsten Militärposten, die an der Grenze des Kafferlandes errichtet worden waren, aber nachdem es, freilich erst nach langen, blutigen Kämpfen, gelungen war, das unruhige Volk weiter nach Osten zn drängen, hatte Lamport feine strategische Bedeutung ver loren. Allmählich jedoch bildete sich um die kleine Festung eine Stadt, die bald zum Mittelpunkt des Binnenlandes wurde. Viel Sehenswertes bot der Ort nicht, wie er denn überhaupt in keiner Weise von der Bauart der südafrika nischen Städte abwich: enge, geradlinige, staubige Straßen, der übliche Marktplatz mit seiner langen Reihe Ochsenge spanne, ein halbes Dutzend Kirchen und Kapellen, einige Läden, in denen alles zu haben war — von der Schuh wichse bis zum Harmonium —, und schließlich noch die amtlichen Bureaus und das Gefängnis, für dessen Zwecke man die jetzt unbenutzte Festung verwendet hatte. So wenig Anziehendes die Stadt aber auch besaß, ihre Lage war eine überaus malerische inmitten der grünen Hügel, deren Abhänge mit dichten Waldungen bedeckt wa ren und zu deren Füßen sich der Umtirarasluß wie ein silbernes Band hinschlängelte. In dem Rauchzimmer eines kleinen Hotels — Lam port hatte mehrere aufzuweisen — saß Willem Fanning, mit dem Lesen des „Kuriers" beschäftigt. Es war um die Mittagszeit, und drinnen wie draußen herrschte eine solche Schwüle, daß man kaum zu atmen vermochte. Von un widerstehlicher Müdigkeit befallen, nickte Fanning über seiner Zeitung ein. die langsam seiner Hand entglitt. Instinktiv griff er danach, und diese Bewegung schreckte ibn momentan ans dem Halbscklummer auf. Dabei fiel sein Blick auf dis Ueberschrist eines Artikels, den er vor der nicht bemerkt hatte. „Grauenhafte Mordtat entwiche ner Sträflinge." Wie jede sensationelle Nachricht Reiz ansübt. so ver fehlte auch diese nickt, Fannings Aufmerksamkeit zu er regen. Seine Schläfrigkeit überwindend, las er mit stei gendem Interesse den nachfolgenden Polizeibericht: „Nicht weniger als sieben Sträflinge entsprangen am »origen Montag aus dem Kreisgefänanis. Sie führten ihre Flucht mit großer Frechheit und Verwegenheit aus, denn auf dem Wege nach dem Platz, wo sie arbeiten sollten, Iberfielen sie plötzlich ihre Wächter — einen Weißen und .zwei Eingeborene —, entrissen ihnen die Waffen, schlugen -«sie nieder und entflohen in die Wälder. Obaleich die übri gen Mitgefangenen den Beamten keinen Beistand leisteten, so schlossen sie sich doch auch nicht den Flüchtlingen an, son dern kehrten ruhig in die Stadt zurück und meldeten den Vorgang. Schon am folgenden Tage drangen die Verbrecher in die abgelegene Farm eines Holländers und verübten, dort einen grausamen Mord. Zuerst schossen sie den Hirten, einen Hottentotten, nieder, der sie an der Beraubung des i Viehstalles hindern wollte. Alsdann ermordeten sie in geradezu bestialischer Weise die Frau und die drei Kinder des Farmers, der für einige Stunden abwesend war. Der Hirte, obgleich tödlich verwundet, lebte noch lange genug, um die Identität der Mörder festzustellen, unter de nen sich auch die vor einigen Wochen wegen Diebstahls zu sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilten Koffern Mun- tiva und Bovi befanden. Er ergeht hier die Mahnung an alle Bewohner ein sam gelegener Pachthöfe in den Umtirarabergsn, scharfe Wacht zu hallen, da cs mehr als wahrscheinlich ist, daß diese beiden Schurken mit ihrer Bande noch weitere räu berische Einbrüche versuchen werden." Als Fanning zn Ende gelesen, war seine Müdigkeit vollständig verflogen, denn er dachte mit Schrecken daran, daß sich auf der Farm seines Freundes die schutzlosen Frauen zur Zeit allein befanden. Christoph Selkirk hatte für acht Tage eine Reise nach einem entfernten Besitztum unternommen, und Selwyn war mit ihm gegangen, weil es ihn interessierte, das Land kennen zu lernen. Und Fan ning selbst hatte sich am gestrigen Nachmittag hierher nach Lamport begeben, weil ihm ein Käufer für sein einsames Gehöft in Aussicht stand. Unter gewöhnlichen Umständen wäre es durchaus nicht bedenklich gewesen, den Haushalt einmal sür kurze Zeit ohne männlichen Schutz zu lassen, aber jctzr —? Ein kalter Schauer überlief Fanning bei dem Gedanken an die wilde Mordbande, die die Gegen» unsicher machte. Er sckaute nach dem Datum der Zeitung. „Ah, es mußte noch eine spätere Ausgabe existieren," sagte er sich. Mit siebc'nder Haft suchte er dieselbe, — vielleicht enthielt sie die Nachricht von der Wiederergreifung der Flücht linge. Seine Hand zitterte, als er das Blatt auseinander- faltetc und den folgenden Bericht las: „Umere Vermutung hat sich bestätigt. Die entsprun genen Sträflinge haben in den Umtirarabergen Zuflucht gesucht, deren dickte Wälder es ihnen Wohl noch eine Weile gestatten werden, der aufgebotenen Polizeimacht Trotz zu bieten. Erst gestern sind sie wieder während der Abwesenheit des Besitzers in einen Pachthof eingedrungen und haben die Frau und die Töchter des Farmers durch Drohungen gezwungen, ihnen alle vorhandenen Waffen auszuliesern. Es ist ein Wunder, daß sie nicht abermals eine Mordtat verübten." Kalter Schweiß stand auf Fannings Stirn. Der ge nannte Einbruch war erst am gestrigen Tage geschehen. Seinen Freunden in Fredensborg drohte Gefahr, — or mußte unverzüglich hin. Aber — würde er noch zur rech-