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„Ja, aber er spricht wenig, das steht im Verzeichnis." ' „Run, die zwei um so mehr, die sprechen ihn taub, wenn er ihnen gefällt, das wirst du sehen." „Ich würde doch mehr für Nr. 2 stimmen, der kann über moderne Literatur sprechen, das ist gerade so was für die Mädchen." „Also gut, nimm den statt des BaronS." „Nein, den Baron lasse ich nicht fort. Ich bestelle ihn mit Pelz und Orden." „Und ich muß meinen Adonis haben. Sollte der Ge- Gesandtschaftsattachee, mit dem Frau du Pree vorige Woche so prahlte, etwa aus derselben Quelle stammen?" „Wer weiß," lachte Herr van Noordwyk. „Nun, wenn unsere auch so sind, wie der, dann bin ich zufrieden." „Aber da fällt mir was ein. Wenn die Herren nur nicht schon alle versagt sind." „So telephoniere doch gleich." Herr van Noordwyk stürzt aus dem Zimmer. Gleich darauf kehrt er zurück mit den Worten: „Da kam ich gerade noch zur rechten Zeit. Wir be kommen zwei, aber meinen Baron und deinen Adonis nicht. Die ganze Liste war bereits ausverkauft. Aber von Nr. 1, 2, 3, 4, 6 und 8 sind Duplikate vorhanden, und da habe ich Nr. 2 und 8 bestellt." Sie lachten beide vergnügt; sie waren in ausgezeich neter Stimmung. So war alles aufs Beste geordnet, und als Nr. 5 durch einen Zufall plötzlich frei wurde und Frau van Noordwyk ihren Adonis also doch noch bekam, da konnte ihre Freude keine Grenzen. - * Die Uhr in Frau van Noordwyks Salon hatte eben halb elf geschlagen, als der letzte Gast Abschied nahm. Nur Para, Ler Hausfreund, blieb, wie immer, noch zu einer Partie Billard da. „Nun, Frau Jeanne, ich mache Ihnen mein Kompli ment," fagte er in auffallend ironischem Tone zu Frau van Noordwyk.. „Ja, fanden Sie sie nicht reizend, Herr Para?" ant wortete Frau von Noordwyk, die das Kompliment für bare Münze nahm. „Was für ein schöner Mann ist dieser Herr Lacraca, und der andere — ein vollendeter Gesell schafter. Haben Sie gesehen, wie angeregt die adeligen Fräuleins waren und die adelige Witwe erst ... Ich glaube, sie war ein wenig verstimmt, weil die Herren sie nicht gefragt haben, ob sie Besuch bei ihr machen dürften. Und du, Männi, wie haben denn dir unsere neuen Gäste gefallen?" „Na, es ging so. — Den Offizier a. D. fand ich ganz nett, aber dein Adonis mit seinen faden Witzen und seinen dummen Narrenspossen ist ein unmöglicher Mensch. Es ist wirklich zu toll, daß man sich von einem Gast, den man bezahlt .... hm, den man zum Diner einladet, meine ich, so zum Narren halten lassen muß." „Ja, und seine Witze waren durchaus nicht immer comme il faut." „Um Gottcswillen?" rief Frau van Noordwyk töd lich erschrocken aus. „Aber," fügte sie hinzu, „im übrigen war «r doch wirklich sehr nett. Er hat sich mit den ade ligen Fräuleins sehr lebhaft unterhalten." „Ja, über moderne Frisuren," sagte Fritz, „darin war er gut bewandert. Soll ich euch mal was sagen? Dieser Herr Lacraza ist einfach ein — na ja, wir sind ja unter uns, nicht wahr — ein Haarkünstler." „Und du sagtest mir doch, als ich ihn dir vorstelfte, daß du ihn schon vom Klub her kennst," warf Gustav er schrocken ein. „Ja, aber nur der anderen Gäste wegen. Hast du denn nicht gemerkt, wie verlegen er war, als er mich sah. Er hat mir früher das Haar geschnitten und mich rasiert." „Pfui!" sagte Frau van Noordwyk „Nun nehmen Sie mir wieder meine schönsten Illusionen. Männl, dies war unser letztes Diner, merk dir's. Ich breche mit der Welt." „Und ich," sagte Fritz, „werde einen Tarif aufstellen. Ich werde mich in Zukunft auch dafür bezahlen lassen, daß ich auf Kosten meiner gesunden Verdauung die ganze Sai son hindurch sämtliche Diners von Freunden und Ver wandten besuche." Herr van Noordwyk sagte, ihm die Hand reichend: „Fritz, alter Junge, du hast recht. Du hast gar kei« Ahnung, wie viel du wert bist!" Geyerz mW Ernst. tk. GeschichtSsälschung in unserer Sprach«. Bor 181 Jahren rief Moritz Arndt der Welt zu, daß der Rhei« Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze sei; gleich wohl schrieb neulich eine angesehene deutsche Zeitschrift für Musik: „Saint-Saens hat jene Höflichkeit aufgegeöen, die man diesseits des Rheins Heuchelei nennt." Diesseits de» Rheins? Wohnen jenseits des Rheins nicht auch noch Hun derttausende von Deutschen? Man höre doch endlich einmal auf, die sinnlosen Ausdrücke diesseits und jenseits der Rheins zur Bezeichnung Frankreichs und des Deutschen Reiches zu verwenden! Sie verletzen viele unserer Volks genossen; sie sind törichte Nachahmung französischen Sprach gebrauchs und erhöhen die völkische Ueberspanntheii, den unseren Frieden immer wieder bedrohenden Dünkel der Franzosen. Das Reich der Franzosen beginnt erst jenseits des Wasgenwaldes. — Mit Staunen las ichrn einer ande ren Zeitschrift den Namen Petrograd und dazu den Zusatz, so müssen wir wohl jetzt für Petersburg sagen". Nein! Der Sprachgebrauch freier Deutscher unterliegt nicht der Willkür des russischen Zaren, wir reden weiter von Peters burg in stolzem Bewußtsein dessen, was wir Deutschen für die Welt bedeutet haben und bedeuten werden. — Ich kann es auch nicht verstehen, wie deutsche Zeitungen vom Trentino reden können. Diesem italienischen Worte liegt die Geschichtsfälschung zugrunde, daß das Südende Tirols politisch zu Italien gehört habe. Wer es weiß, daß aus Grund dieser Lüge die Italiener die Hände nach den volkstreuen deutschen Städten Bozen und Meran aus strecken, kann und darf nicht mehr vom Trentino schreibe« oder sprechen, sondern vom italienischen Südtirol oder von Wälschtirol. — Das Schimpfwort „Vandalismus" gehört schon wegen seiner undeutschen Endung nicht in unsere Sprache. Außerdem haben aber geschichtliche Forschungen ergeben, daß die mit diesem Wort dem Volk der Vandalen zugeschriebene Wut gegen Tentpel und Kunstschätze eine Lüge ist. Daß nun gerade die Franzosen, das Volk, dessen Raubscharen mutwillig unser Heidelberger Schloß zerstört haben, diese Fälschung aufbrachten und weiterverbreiteten, ist ein lehrreiches Seitenstück zu den Wider unsere Feld grauen erhobenen Anklagen wegen Kunstsrevels. Können nun wirklich Deutsche von Vandalismus reden und so das Andenken eines uns verwandten Volksnammes schänden? M. Rau > Zwickau». tl. Ter Brunnen. Ein Brunnen, der durch sein Alrer ehrwürdig wie der Jakobsbrunnen in der Bibel und mr das ganze Dorf von unersetzlichem Wert war, weil er es mit gutem Wasser versorgte, wurde durch mutwillige und unvorsichtige Leute verunreinigt. Um zu beraten, wie sie - das Uebel beseitigen könnten, versammelten sich die Dorf ältesten. Als einer von ihnen Ratschläge gab, erhob sich ein Streit um die Reinigung. „Diese Besserung wird nicht von Dauer sein", bekrittelten die Kleinmütigen den ganzen Plan. „Die Vorschläge entsprechen unseren Wünschen nicht", lehnten die Voreingenommenen ab. „Jetzt sind wichtigere Arbeiten zu tun, als solche Nebensachen", wandten die Besserwisser ein. „Der Uebelstand n v o übertrieben", droh ten dis Gewohnheitsmenschen, „da: . .iZer ist ganz brauch bar". „Die Reinigung kostet zuviel ü", riefen die Aengst- lichen, und alle stimmten ihnen bei. Da wurde die Sitzung geschlossen und die Brunnenreinigung auf unbestimmte Zeit - vertagt. — So geht es auch mit der heutigen Sprachteini- , st- gung. An dem uralten bewährten Kraftquell der Sprach«, der durch Fremdwortschutt verunreinigt ist, will die Gleich gültigkeit Wächterin sein. Was in Stunden heiligster Be geisterung errungen und mit blutigen Siegen erkämpft wurde, ist zum weniggeschätzten Besitz geworden. Den freu digen Rufern, die ihre Reinheit verlangen, fällt die Schar der Acngfllichen, Argwöhnischen, Gefühllosen ins Wort. Da rum müssen noch mehr begeisterte Seher kommen, die a« L die Notwendigkeit der Befreiung mahnen, den Adel unserer Muttersprache Preisen und die Liebe zu diesem unersetzliche« Schatze wecken, damit unser Volk heranwächst zu ihrem ernsten Willen und starken Gefühl. Tesch (Köln) I i rss-tSR 2 2?-» ms?»»*-