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genösse, der mit Freuden sah, daß seine kleine List die schönsten Früchte tragen würde. »Nicht der Rede wert?" fuhr Maihold auf. „Was Sie denken! Mein Kind ist in Gefahr — wer weiß in wel cher, ich bin auf dem Wege zu ihm, um mich selbst zu über zeugen — daß ich dazu imstande bin, danke ich Ihnen und deshalb —" „Ich würde das Wiedersehen ja nur stören" „Papperlapapp? Tut ihr ganz gut, hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, so einen windigen Kunstmaler zu hei raten — sie muß kuriert werden — Sie gefallen mir, Herz auf dem rechten Fleck, müssen den andern ausstechen. — Na, wer weiß," schloß er gemütlich, den neben ihm Sitzen den vertraulich an die Schulter klopfend — „gefallen mir wirklich. — Auch Kaufmann? Nicht? Schadet nischt — Wollen nicht? Kommen Sie nur mit, Hilla ist ein saube res Mädel, Sie sollen Sie haben, mein Wort daraus, wenn Sie sie wollen —!" In dieser ngeregten Weise plauderte Maihold noch lange, erreichte aber doch nichts weiter, als daß der an dere versprach, am nächsten Tage ihn und seine Tochter aufzusuchen. Am Bahnhofe in W. verabschiedeten sich die Herren in bestem Einvernehmen. Herr Maihold traf feine Schwester allein an. Daß Hilla nicht krank war, alle seine Befürchtungen als unzutreffend sich erwiesen, freute ihn von Herzen, weniger jedoch die Nachricht, daß Tante Phine eine Karte an Hilla aufgefan-, gen, worin dieser mitgeleilt wurde, daß der Geliebte ihres Herzens am nächsten Tage ankommen würde Das war dis Gefahr, von welcher die Depesche gesprochen. Daß weder Maihold noch seine Schwester den Bewerber Hillas kann ten, ihn nur verdammten, weil er nicht Kaufmann war und infolgedessen nicht in die altehrwürdige Kaufmanns familie der Maiholds hineinpaßte, überlegte er nicht. Der bloße Gedanke solcher Zumutung hatte ihn damals so aufgeregt, daß er jede Annäherung des jungen Mannes vereitelte und seiner Tochter ein für alle Mal verbot, von ihm zu reden oder irgendwelche Nachricht von ihm in Emp fang zu nehmen. Und nun hatte er es doch gewagt. — „Donnerwetter!" murmelte Maihold, „da kam ich ja zur rechten Zeit! Ein Glück, daß ich nicht sitzen blieb und doppelten Dank dem Retter aus der Not. Na, ich freue mich auf morgen, wie das Kind auf den heiligen Christ." Die Begrüßung zwischen Vater und Tochter fiel nicht sehr herzlich aus, zumal Maihold seinen Zorn über die angebliche Aufdringlichkeit des Farbenklecksers nicht unter drücken konnte. Als sie sich am späten Abend trennten, meinte er: „Ich erwarte morgen Besuch eines jungen Herrn, des selben, der mir so wacker beigestanden bat, und deshalb wünsche ich, daß sich mein Töchterchen recht hübsch schmückt und den Gast freundlich empfängt." Hilla nahm die Weisung schweigend hin und zog sich dann zurück, um ihr schweres Herzchen durch Tränen zu er leichtern. Nach einer schlaflosen Nacht eilte das Mädchen früh in den taufrischen Garten. Sie glaubte, niemand habe sie gehört, und doch war Tante Phine ihr gefolgt, sie kam just zur rechten Zeit, um zu sehen, wie Hilla mit lautem Freu denrufe einem fremden Manne in die Arme flog .... „Andreas — Andreas — schließe auf!" Tante Phine rüttelte an Maiholds Tür — erzählte ihm in fliegender Hast, was sie erlauscht hatte. — Leise, ganz leise schlich der Alte nach der bezeichneten Stelle. Das junge Paar, nichts ahnend von der nahen den Gefahr, saß kosend auf einer Bank ganz vertieft in sein Gluck „Habe ich Euch erwischt, Ihr —" schrie Maihold, der nicht mehr an sich halten konnte und stürzte aus das er schreckte Liebespaar zu. Doch das Wort erstarb ihm im Munde. „Sie —" stieß er nach einer Weile hervor, „Sie —" „Ich bin's, bm gekommen, Sie beim Worte zu neh men, ich bin der gehaßte Farbenkleckser, der gekommen ist, um Hilla, die Sie ihm gestern zugesagt, zu reklamieren —" Geknickt lehnte Maihold am nächsten Baume. „Das — das war nicht fein —" stotterte er. „Daß ich Sie beim Worte nahm?" siel der junge ^Mann ein. „Sie gaben es, ohne zu wissen, wer ich bin, aus Dankbarkeit Wird der Dienst geringer, weil ich mit Pinsel und Palette mein Brot verdiene, anstatt mit Haupt buch und Wage? Wir lieben uns, lange schon, Sie wissen es ja." Maihold hatte sich gefaßt. „Sie kannten mich?" fragte er. „Ja!" erwiderte der andere fest. „Und wollten mich überlisten?" „Ja!" Maihold schmunzelte. „Solch ein Teufelskerl! Ich sehe schon, auch ein Farbenkleckser weiß seine Chancen zu benutzen. — Mein Wort in Ehren — nehmen Sie das Mädel, wenn's doch nicht anders sein kann! Aber — einmal und nicht wieder lasse ich mich so überrumpeln." Eine überflüssige Versicherung, da Andreas Maihold nur dies eine Kind besaß, dessen jubelnde Glückseligkeit ihm die Entscheidung versüßte und leichter machter. Scherz und Ernst. tt. Schaffe Ruhe im Innern, beweise Liebe und habe kleb! Vis! hängt von der inneren Ruhe des Menschen ab, diel mehr, als wie wir bei oberflächlicher Beurteilung vermeinen. Der innerlich ruhige Mensch ist zielbewußt, urteilSstcher, schaffsnsfroh, zuverlässig — kurz und gut: er vereint in sich alle die Eigenschaften, die uns von einander vorteilhaft unterscheiden und uns vorwärts brin gen durch die Stürme des Lebens. Wer Ruhe schafft im Innern, kann auch Ruhe geben nach außen. Für ^ielc ist dir Unruhe des Werktags fast unerträglich und doch kön nen sie innerlich gelassen bleiben. Trotz des Stürmens und Drängens, dem sie stündlich ausgesetzt sind, haben sie Zeit für uns, wenn wir zu ihnen kommen, haben sie Zeit für alle, die sie sprechen wollen, gleichviel, ov die Störung gelegen oder ungelegen kommt. Leute, die nach dem Motto: „Immer mit der Ruhe!" handeln, schei den dabei aus, denn wenn jemand die äußerliche Ruhe scheut, braucht er innerlich noch lange nicht die Ruhe ge festigt zu haben; es handelt sich vielmehr dabei um lang sam arbeitende, umständliche, wenig schaffende Menschen. Oft sind sie aberauch tüchtige Arbeitskräfte, weil blinde» Eifer eben mehr schadet als nützt. Doch die äußere Ruhe hat mit der inneren nichts zu tun. Erstere ist häufig weiter nichts als Selbsterziehung, während die innere Ruhe als Charakterzug betrachtet werden muß. Wir müssen un seren Mitmenschen, namentlich den Armen und kranken^ Stunden schenken, wo wir ihr Vertrauen gewinnen, wo siäß uns ihre Herzen öffnen können. Aber nur, wenn wir irr unserem Innern Ruhe geschaffen haben, ist es uns erst s» recht möglich, aus dollem Herzen Liebe zu beweisen und lieb zu haben. Und immer mehr werden wir lernen, Zeit zu haben. Wie viele schlechte '"orte, unnütze Unter haltungen rc. werden von uns geführt! Was Wunder, wenn wir dann keine Zeit mehr übrig haben! Doch einst kommt die Stunde, wo auch wir uns fragen: „Was hast Du rnit Deiner Zeit gemacht?" Ob wir dann einen Lebens zweck nachweisen können? Haben wir Bedürftige mit den Worten „Ich bin beschäftigt, eS fehlt mir an Zeit!" abge wiesen, so müßte uns nachher das Gewissen schlagen, denn statt Liebe zu erweisen, haben wir in hilfesuchenden Herzen womöglich das größte Unglück entflammt. Als Menschen sind wir auf die Welt gesetzt und müssen arbeiten; das ist die gottgewollte Zeiteinteilung. Doch trotz dringendster un» zeitraubendster Geschäfte müssen und können wir — um eS noch einmal zu sagen — Liebe erweisen und lieb habest. Denn wer darf darauf ausgehn, - Das Glück zu täuschen und geehrt zu sein, kj Den das Verdienst nicht stempelt? Shakespeare. * Wenn dich der Pöbel ehrt, befürchte, was dir droht, - Zuerst bewirft er dich mit Lorbeeren, dann mit Kot. Rückert. * Glücklich der, der seinen Beruf erkannt hat, er vem lange nach keinem andern Glück. Er hat seine Arbeit unB seine Lebensaufgabe und wird ihnen obliegen. Carlyle. ,us Ne» ßräsidel sand gl