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Toporeanu baute fest darauf, daß Calin in die Luft fchirßen würde. Das behaupteten alle, die Calin genauer Mmen. — „Auch ich verspüre nicht die geringste Lust, ihn tM Hinzustrecken. Unversehrt soll er das Terrain verlassen, dsun soll er meine Macht zu fühlen bekommen. Staffidi Mßt sich gar nicht sehen, war auch nirgends zu treffen. Der Huchs hat wahrscheinlich noch einige Franken in der Tasche. Oder sollte er sich die Sache überlegt haben?" Auch darüber ging Toporeanu sorglos hinweg, wie die meisten, denen das Glück immer auf halbem Wege ent- »egenkommt. Sonnabend morgens erwachte Toporeanu wie gewöhn- Lch gegen 10 Uhr. Mihai trat ein und meldete den Besuch des „roten Herrn". „Guten Morgen, Herr Toporeanu! Ich mutz Sie, wenn ick Sie sprechen will, immer zu so „früher" Stunde Besuchen." „Im Gegenteil. Sie find nirgends zu sehen, lieber Staffidi Was bringen Sie Neues?" „Nicksts!" „Gar nichts?" „Das Buck, das Sie mir gegeben, ist wirklich inter essant, so lebbaft geschildert, fein, sehr fein geklügelt, man fühlt sich fast versucht, ein ähnliches Stückchen selber zu probieren. datz doch etwas Abwechslung in dieses Einerlei kommt Kein Geld, die leeren Taschen gähnen und ich gähne mit, eine Langeweile zum Sterben, sage ich Ihnen, Herr Tovoreanu. Ach, Paris, Paris, die goldene Stadt! Sehen Sie, wenn ich dieses an sich ja eigentlich recht ab scheuliche Geld hätte, sofort ginge ich nach Frankreich. Da erlebt man doch etwas. Jeder Tag bringt Interessantes Und lernen kann man was von ihnen, denken Sie nur, wenn so ein Kerl wie ich einige Jahre in Paris leben könnte? Alles aucke ich jenen ab, ein einziges Volk, diese Franzosen! Sie lächeln über meine Schwärmerei, Sie haben recht, denn was nützt mir armem Schlucker meine Begeisterung, brinat mir höchstens ein mitleidiges Lächeln ein. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen für die Lektüre dankbar sein soll, sie weckt mich aus meiner Ruhe. Dieser herrliche Einfall in dem Buch, man glaubt bis zum Schluß, das ganze große Lügengebäude mutz jeden Augenblick zusam- menstürzen und den Baumeister und seine Gehilfen unter den Trümmern begraben. Und was ergibt sich? Zur gro ßen Ueberraschnna des Lesers — geschieht das Gegenteil. Aber wozu erzähle ich Ihnen das alles. Sie haben es ja gelesen. Wie Sie sehen, stehe ich ganz unter dem Ein druck, es hat mich geradezu anfaerüttelt. Man wird ja hier zu Lande bald ganz avathisch. Woher soll man auch Ideen und gute Einfälle bekommen? Bei dieser Beschäftigung? Geld und Geld zählen — und die Ironie, dabei ein Bett ler zu lein." „Wenn er Ihnen so gut gefällt, der Einfall, versucl' Sie doch etwas ähnliches —" „Na darüber müßte man noch eine Nacht schlafen ode' — nicht schlafen — Ebarles Deniers Rolle wirklich durch- zusühren. ist doch etwas gewagt —" „Finden Sie wirklich. Staffidi? Ich möchte Deniers Nolle wirklich durchführen, ist doch nicht —" „Begreife ich auch — Sie stehen ia dabei im Hinter treffen. Aber ich — mich hätte die löbliche Polizei bald «m Kragen und gar so erfreulich dürfte der Aufenthalt von mehreren Monaten in einem Königlich rumänischen Ge fängnis nicht sein." Der neugierige Mihai, der hinter der Tür horchte, schnitt ein fehr verdutztes Gesicht „Die alten Griechen," meinte Toporeanu höhnisch, „waren ein sehr mutiges Polk —" „Gewiß, aber auch sehr vorsichtig mitunter. Bloß Mui und Ueberlegung gevaart, bringt sicheren Sieg." „Ja. aber Ueberlegung kostet Zeit. — Am besten wäre es noch vor dem Duell geschehen, aber jetzt ist es zu spät. — Sie können indessen einmal endlich an die Sache gehen. — Ich kann Ihnen heute schon mit Bestimmtheit sagen, daß Latin heil aus dem Zweikampf zurückkehren wird. Töten will ich ihn nicht auch nicht verwunden, denn Sie begrei fe«; wenn er auch nur verwundet wird, hat er die Sympa thien der Gesellschaft auf seiner Seite, und das ginge gegen »eine Abfi<Ä- Er muß. auf eine andere Art und Weise sür ^Klige Monate vom Schauplatz, aus meinem Gesichtskreis verschwinden. Mit anderen Worten, ich will ihn unmög lich machen. Wir stehen uns, wie Sie wissen, mit unseres Ansichten im öffentlichen Leben feindlich gegenüber und dieser fanatische Narr kann mir meine ganze politische Laufbahn verderben, oder wenn auch nicht gerade verder ben, so doch erschweren. Und wenn seine Ideen noch einen gesunden Sinn hätten. Nutzen wird er unserem Volke nicht bringen, im Gegenteil, nur Schaden, denn er macht Bauern und Handwerker durch seine Reden unzufriede». Also, lieber Staffidi. Sie wissen nun, um was es sich hi« dreht — fädeln Sie die Sache fein, sehr fein ein. Gelingt es Ihnen, den Gegner blotz für eine kurze Zeit zu entfer nen — dann wird Duilius Toporeanu dafür Sorge tra gen, datz sich Ihr Traum, in Paris Ihre Studien fortsetzen zu können, bald verwirkliche —" „Und wenn es mißlingt? Was dann? Wird man mich im Stich lassen? —" forschte Staffidi forschend. „Das schon deshalb nicht, weil er nun Rache fürch ten muß?" „Das ist allerdings wahr!" lächelte verschmitzt Statz' fidi. „Und wenn ich mich bereit erkläre, dann muß ich Wohl eilen?" „Das in jedem Falle — junger Grieche! Noch eines möchte ich Ihnen raten — es ist in Ihrem und meine« Interesse, wenn Sie Vorläufig Ihre Besuche bei mir etn- stellen: wir können uns ja zufällig wo treffen —" „Davon steht nichts in dem französischen Original — aber vielleicht haben Sie recht. Und wenn meine Arbeit getan ist. schicke ich Ihnen das Buch als Zeichen zurück. Womit ich die Ehre habe, mich Ihnen als Ihren gehorsam sten Diener zu empfehlen " „Addis?" Mihai schlich sich rasch von der Tür fort und eilte in die Küche. Er war Sraerlich. datz er so wenig Zusammen hängendes hatte erlauschen können: denn es war leise uÄ» zumeist französisch gesprochen worden. „Calin, Königlich rumänisches Gefängnis, Gegner entfernen, das Buch ist wirklich interessant —" was sollte Mihai damit anfangen? Je mehr er sich bemühte, einen Sinn herauszufinden, dest» unklarer wurde es in seinem Kopfe und über leine eigene Dummheit außer sich geratend, ergriff er wütend einen Topf und schleuderte ihn mit solcher Wucht auf den Bo den, daß die Scherben berumflogen, wie aufgefcheuchte Sperlinge. Ein höhnisches Lächeln verzerrte Toporeanu? schönes Gesicht, als Staffidi fort war. „So — jetzt habe ick dir eine schmackhafte Suppe em- gebrockt verebrter Herr Calin?" dachte er. „Die Lust, den rumänischen Cato zu spielen, wird dir vergehen! — Staf- std! !si -in ge'ckicktz'r Junae: er wird die Operationen nM d'^ckffihren und der Selbst- .. . Sieges über einen mäcbtigeu Feind ging Tovoreanu mit großen, maie- stätischen Schritten in seinem Schlafgemach freudig aufge regt auf und nieder. „Ein Blitzstrahl aus heiterem Him mel wird die knorrige, jugendkräftige Eiche zerschmetternd Und den Blitzstrahl entsendet meine Rache!" Er blieL plötzlich stehen: das Blut entwich aus seinem Gesicht. Er vergegenwärtigte sich eine junge Eicke in vollem Blätter schmuck. gebrochen auf dem Moosarunde liegend, und die ses Bild erweckte in ibm ein tiefes Schamgefühl. Müde vom raschen Auf- und Abgehen setzte er sich in einen Fau teuil und seufzte: „Es wird doch unser einem nickt leicht, ein Schuft zu sein!" Und seine erregte Phantasie zeigte ihm ein anderes Bild: Calin, nach fünf- bis fechsmonat- licher Untersuchungshaft! Abgemagert, das Gesicht einge fallen und aschgrau: die großen Augen noch größer, schei nen vorwurfsvoll zu sagen: „Sieh, das ist d-ün Werk! DaS hast du aus mir gemacht!" Toporeanu wurde es unheim lich und er seufzte wieder: „Es ist nicht leicht, ein Schuft zu sein! Es muß aber geschehen!" Mit einem Male sprang er auf, stürzte zwei Gläschen Kognak hinunter u»d nahm seinen Spaziergang wieder auf. — „Was sind da^ für Sentimentalitäten, Duilius?" eiferte er. „Warum ist er mir in den Weg getreten, ohne zu klügeln, ob es recht oder unrecht sei". (Fortsetzung folgt.)