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Abendstunde Ne MMtzits Wwng sMMiaH Fein gesponnen. Eine Erzählung vom Ballan von Adolf Flachs. 11) (Nachdruck verholen.) Staffidi war guter Dinge. Nur zeitweilig überfiel ihn eine Furcht, das Spiel könnte entdeckt werden; ost befiel ihn auch Reue, die schüttelte er aber leicht ab. Wer hat ihn auf dn Gedanken des zwar lustigen, aber auch infamen Streiches gebracht? Toporeanu! Er ist der Urheber, er hat das größte, ja das einzige Interesse au der Sache, darum mag er auch die moralische Verantwortung tragen, fick ge- Migst von seinen eigenen Vorwürfen peinigen lassen. Wenn er, Staffidi, es recht erwäge, ist er selbst im Grunde das Opferlamm, — er hätte in erster Linie unter der Ent deckung zu leiden, und der Lohn für das Zittern und Ban gen sind vorläufig em paar Hundert lumpiger Franken. Vielleicht wird er freigiebiger, wenn er erst eine reiche Frau heimgeführt hat. Es wird ja in seinem Interesse liegen, daß ich recht weit von hier, etwa in Paris, mein Lager aufschlaae. — Der Untersuchungsrichter machte im Hause Ciuspescu feinen ersten Besuch. Madame Zoe bedauerte lebhaft, daß ihr Gatte gerade abwesend sei. Maritza ergriff mit Freu den die Gelegenheit, aus berufenem Munde die Wahrheit über den Stand der Ealinschen Angelegenheiten zu hören. Der Untersuchungsrichter, ein Mann mit sanftem Blick und weicher, warmer Stimme, sprach leise, langsam, eindring lich. Er baute fein Anklagesvstem bedächtig auf und ließ dabei ein großes Maß von Sympathie für Calin durck- fchimmern. Er sprach wie ein kluger, milder Greis, der die Schwächen der menschlichen Natur kennt und begreift, und für jeden Schritt abseits vom Wege des Guten einen erklä renden, entschuldigenden Grund ansührt. Er war von der Richtigkeit seiner Auffassung des Falles Calin fest über zeugt, und das klang aus jedem seiner Worte hervor, das zeigte sich auch in seinem Blick, seinem Mienenspiel. Und so traf er, ohne es zu ahnen, mit jedem Worte in die Seele des jungen Mädchens. Maritza hatte anfangs Einwände gefunden, dann war sie stumm geblieben, regungslos nahm sie jedes Wort in sich auf. Als der Gast fick zum Gehen anschickte, konnte sie sei nen Gruß nur mit Mühe erwidern. Tonlos kam es voy ihren Lippen: „Es war mir ein Vergnügen!"' ' Der Mutter krampfte sich das Herz in tiesem Schmerze zusammen, als sie ihre geliebte Maritza unter der Enttäu schung förmlich niederbrechen sah; aber sie tröstete sich: das geht vorbei, es ist schmerzhaft, aber auch notwendig, wie bei mancher Krankheit die rettende Operation. Der erste Schmerz wurde bei Maritza durch eine lick einschleichende Teilnahmslosigkeit gemildert. Sie vermißte letzt niemanden, nicht den Vater, nickt Martha: alle Men schen waren ihr gleichsam in den Hintergrund entrückt. Einige Tage ging fie wie eine Nachtwandlerin umher. Nach und nach erholte sie fick von dem furchtbaren Eindruck, den die überzeugungsvollen Worte des Untersuchungsrichters hinterlassen hatten. Sie hatte nur noch Interesse für ihre Bücher. Tag und Nacht konnte man fie an ihrem Schreib tisch in Studien vertieft sehen. Die Mutter beobachtete Ma ritza sehr scharf und versuchte es auf weiten Umwegen und langsam, in ihr das Interesse au der Außenwelt wieder zu erwecken. Und es gelang ihr auch teilweise. Freilich, so lebhaft und rege war der Anteil an den äußeren Vorgän gen nicht wie ftüher. Einmal konnte Madame Zoe es sogar schon wagen, nach langer Zett mit Maritza von Toporeanu zu sprechen, indem fie dabei andeutele, wie sehr der arme junge Man« darunter leide, daß einige unter seinen Bekannte«, an de ren Meinung ihm so viel liege, des irrigen Glaubens seien, er hätte Calin im Duell erschieße« wollen; Toporeanus sehnsüchtiger Wunsch sei es, auch Maritza über die Sach lage Aufklärung zu geben. Maritza schwieg. Sollte fie ihm vielleicht Unrecht ge tan haben? Vielleicht. — Wer kann mit Bestimmtheit sa gen, was auf dem Grunde einer Menschenseele liegt. Sie überlegte und sagte darauf: „Wenn es ihm das Herz erleichtert, mag er kommen.* Und Toporeanu kam. Als er Maritza wiederfah, befiel ihn eine aufrichtige Traurigkeit. Er fand nicht mehr die lebenslustige Maritza mit den in Jugendglanz und Uebermut leuchtenden Au gen, ein im Schmerz der Enttäuschung gereistes, blasses Weib stand vor ihm mit einem melancholischen Zug um den festgeschlossenen Mund. Und wie schön fie geworden war! Sie strahlte nun vollendete Ruhe aus, eine Reinheit der Seele, die ihn ganz einschüchterte. Fast wäre er vor ihr auf die Kniee gesunken und hätte ihr gestanden, welch ein erbärmlicher Geselle er ist, und hätte fie um Vergebung, um Nachsicht gebeten. Sie sah es ihm an, wie schwer es ihm ward, den Ton zu finden. Der hat Wohl viel zu be kennen. dachte sie und bat ihn, Platz zu nehmen. Er faßte sich. Etwas Wunderbares vollzog sich in sei nem Innern. Er fühlte, daß er zu Maritza wahr und of fen sprechen mußte, er konnte ihr heute nicht mit einer Lüge kommen. Und mit gesenkten Blicken brachte er das Gespräch auch auf den Zweikampf. Seine Stimme zitterte, als er ihr sagte, wie er i« jenem verhängnisvollen Augenblick, da Calins verächtlicher, höhnischer Blick ihn getroffen hatte, eine teuflisches Verlangen gefühlt habe, de« Gegner, der ihm sein Lebensglück zu zerstören drohte, niederzuschießen, zu töten! „Verachten Sie mich, verdammen Sie mich!* Er schwieg und erwartete seinen Richterfpruch. „Verachten, Verdammen?* sagte Maritza, den Kopf leicht wiegend. „Wer hat im Grunde ein Recht, sich zum Richter einer menschlichen Handlung zu setzen? Nein, ich will Sie nicht richten, aber ich bedaure Sie, daß Sie Ihre Leidenschaft, Ihr heißes Blut so wenig zügeln Knneu. Das muß man eigentlich lernen, wenn man mitten im Leben steht wie Sie * Maritza hatte ihn nicht fortgejagt? Sie verdammt ihn nickt? Sie spricht freundlich und milde zu ihm? Ma ritza Ciuspescu versteht ihn und verachtet ihn nicht? Ja, träumte er, oder war es Wirklichkeit? Er suhr sich mit der Hand über Stirn und Haar und blickte auf; da saß fie ja leibhaftig vor ihm mit dem stillen, versöhnenden Lächeln, das ibr Antlitz verklarte; ihrer Augen Feuer, wie durch einen Flor gemildert, leuchteten matter als sonst und e«1-! zündete in Toporcanus Herzen die lange verhaltene, vou-