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kochten werden. Calin wird gewiß die Pistole wählen. Welchen Ausgang die Affäre Wohl haben wird? Calin Wird zweifellos den Edlen spielen wollen und in die Lust schießen. Was dann, wenn ich den Gegner löte oder ver- MHe? Dann wird sich die empfindliche Maritza mit Grauen von dem Mörder abwenden. Bleibt aber Calin unversehrt, so hat er bewiesen, daß auch er Mut besitzt und ein „Edelmann ersten Ranges" ist, denn er hat seinem Feind das Leben geschenkt. „Ach was," rief er plötzlich. „Vor vierzehn Tagen wird der Zweikampf nicht stattfinden, und wer weiß, was bis dahin noch geschieht. Mein guter Stern wird nicht er- »schen." Er begab sich zu Bett und griff nach einem Buch, das er während seines letzten Aufenthaltes in Paris bei einem Antiauar gekauft batte. Es war ein französischer Roman aus dem Anfang ^es vorigen Jahrhunderts. Gähnend überflog er einige weiten, blätterte dann zwanzig, dreißig Seiten um und las gleichgültig weiter. Plötzlich erhob er sich etwas vom Lager, schüttelte nachdenklich den Kopf und fing das Buch wieder von vorne an. Diesmal las er mit voller Aufmerksamkeit und in einem Zuge. Als er fertig war, legte er sich in die Kissen zurück und dachte Kmge nach. „Wer wird mein Retter in der Not sein?" murmelte er. „Ich habe ihn — Staffidi, — der ist zu ollem bereit. Ja, aber ich darf ihn weder aufsuchen, noch Herbestellen. Das wäre gewagt, das hieße, sich ihm in die Hand geben. Es muß so fein gemacht werden, daß er kaum merkt, wieviel mir daran liegt. Er wirb schon aus eigenem Antriebe bald kommen, der schlaue Grieche weiß Abou, daß von meinem Tische manchmal schmackhafte Bis- ^n abfallen — für hungrige Hunde. — Es war doch gut, daß ick damals bei Cavscha mir die Bekanntschaft dieses roten Jünglings aufdrängen ließ." Er sprang heraus, bolle eine Flasche Wein zum Nacht tischchen und trank, sich im Bette behaglich streckend. Glas um Klas — und schlief dann einen gesunden, langen Schlaf. Am nächsten Morgen erschien richtig Staffidi. „Schönen guten Morgen. Herr Toporeanu! Nun, — zufrieden mit dem gestrigen Abend?" „Ganz recht, Staffidi." erwiderte Tovoreauu gönner haft. „Aber setzen Sie sich doch und rauchen Sie eine Zi garette." Er klingelte. — „Eine Tasche türkischen Kaffee nehmen Sie doch mit mir ein und ein Gläschen Kognak dazu." Staffidi nickte bejahend. Der Diener trat ein, nahm den Auftrag entgegen, nachdem er im Spiegel das Gesicht des Gastes rasch, aber aufmerksam betrachtet hatte. „Erzählen Sie mir doch, Staffidi, ausführlicher von Ihrer Stellung. — Behandelt Sie Ihr Vorgesetzter gut?" „O ja, ich kann darüber nicht klagen, Herr Calin stheint blindes Vertrauen in mich zu setzen, was habe ich ober davon? Was soll ich mit dreihundert Franken mo natlich anfangen? Das Leben in Bukarest ist so kost spielig." „Ja, dann, mein Verehrtester, müssen Sie sich freilich um einen Nebenerwerb bemühen —" „Ach, ich sehe mich immer um, erblicke aber nichts passendes! Wissen Sie vielleicht wieder einmal etwas zu »aten? Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar. — Wissen Sie, die Schulden von früher drücken. — Wovon soll man «hzablen und wovon leben?" Toporeanu schien zu überlegen und sagte dann mit Bedauern: „Nein, momentan weiß ich nichts." — Seine Augen suchten das Buch. — „Sie haben ja schriftstellerisches Ta lent. Hier, lesen Sie einmal dieses Werk aufmerksam!" „Dieses Buch? — Ein Roman, wie ich sehe. — Was Gll mir das? —" Er richtete seine lauernden Blicke auf Toporeanu, der sich rasch abkehrte. „Nun, was Ihnen dieses Buch soll? — Lesen Sie es nur. Sie können ja auch so etwas schreiben. — Dann Ha den Sie Geld —" „O, an Stoff würde es mir nicht fehlen. Ich habe Piel, sehr viel erlebt, und meine Phantasie ist in dieser Hinsicht auch fruchtbar. Aber es schreibt sich nicht so leicht, wen» einem die Gläubiger und die Sorge um das täg liche Brot im Rücken stehen —" „Nun, es wird Wohl nicht gar so schlimm sein. Hier, nehmen Sie vorläufig Zweihundert Franken, decken Sie die dringendsten Schulden, vielleicht kann ich Ihnen später einmal mehr Kredit geben —" „Ich danke Ihnen sehr, Herr Toporeanu. Wollte Gott, dieses „Später" ließe nicht lange auf sich warte». Wird schon kommen. — Ein so schöner, gebildeter, ange sehener Herr führt leicht eine Millionenbraut heim. — Aber ich störe Sie schon so lange. — Das Buch nehme ich mit und werde ihren Rat befolgen. Ich werde es mit ganzer Aufmerksamkeit lesen. Noch einmal besten Dank! Adieu, Herr Toporeanu!" Toporeanu streckte ihm freundlich die Hand entgegen. „Auf baldiges Wiedersehen, Staffidi!" Als Staffidi die Tür geschlossen batte, lachte Topo reanu leise vor sich hin: „Ein kluger Schurke, ich glaube, er wird mich verstehen. — Klug ist er, aber auch gefähr lich. — Gefährlich? Was kann er Bestimmtes gegen mich — übrigens kann man ihn, nachdem er seine Dienste getan, im Handumdrehen beseitigen." Es war inzwischen zwölf Uhr geworden. Toporeanu machte sorgfältig Toilette und ging fort. Vor dem Tor fand er einen eleganten Fiaker und fuhr zum Hotel Bou levard. Dort ließ er sich ein feines Frühstück gut schmecke», das dauerte lange. Als Toporeanu wieder auf die Straße trat, fand er den Kutscher im Wagen schlafend. „He, Birjar — Strada Romulus Nr. 17. — Aber rasch!" Wie im Fluge ging es durch die Straßen. Nach zwanzig Minuten war er am Ziele. „So, Birjar, jetzt kannst du wieder ein Stündchen schlafen!" Er wurde von Madame Zoe sehr liebenswürdig aus genommen. „Ich danke Ihnen herzlich, lieber Herr Tovo- reanu. Sie haben gestern abend wieder den Beweis gelie fert, daß Sie durch und durch Ehrenmann sind. — Ach, Sie wissen ja noch gar nicht, welchen Schreck wir hatten. Als eben die letzten Gäste verschwunden waren, brach un sere Maritza besinnungslos zusammen — es dauerte lange, ehe sie aus der tiefen Ohnmacht erwachte. Können sie sich unsere Verzweiflung vorstellen? Heute sitzt sie blaß im Fauteuil und sieht angegriffen, ganz verändert aus. Das bevorstehende Duell geht ihr nicht aus dem Sinn, sie läßt es sich nicht nehmen, daß sie, nur sie es verschuldet hat, trotzdem ich schon beteuert habe, daß es zu nichts kommen wird. Ich will Sie zn ihr führen, ach bitte, sagen auch Sie ihr, daß das Duell nicht stattfindet. Das wird sie beruhi gen." „Sie verlangen viel, Madame Zoe Ciuspescu, es fällt mir schwer, etwas zu — aber wenn es sich um die Seelen ruhe von Fräulein Maritza handelt und — Sie es wün schen, Madame — dann darf es für Toporeanu nichts Schwieriges geben." — Er verneigte sich mit einem fei nen, vielsagenden Lächeln, und ein warmer, dankbar« Blick aus Zoes schönen Augen belohnte ihn für seine Opferwilligkeit. Das Gespräch war ins Stocken gerate». Beide hatten etwas auf dem Herzen und konnten nicht recht heraus damit. „Und Herr Ciuspescu?" begann Herr Toporeanu wieder. „Ach, der Arme, was hat er gelitten, während M>- ritza leblos dalag! Aber glauben Sie, daß er Calin ver urteilt? Nein, er ist der Ansicht, Maritza, die Gäste in erster Linie, hätten die Szene heraufbeschworen." „Ja, das weiß ich längst," seufzte Toporeanu, „daß Ihr Herr Gemahl mir nicht Wohl will —" „Und tröstet Sie es nicht, wenn ich Ihren wahren Wert fchätze und Ihnen so gut bin, wie es nur eine treue Freundin — eine Mutter sein kann?" Sie atmete erleichtert auf, sie freute sich daß sie im letzten Augenblick doch noch die „Schwiegermutter" unter drückt hatte. Ein stolzes Siegesgefühl erfüllte Toporegnus ganzes Wesen, seine Pulse flogen, die Augen leuchteten, er fühlte warme Wellen durch sein Herz rieseln. Er faßte entzückt Madame Ciuspescu beide Hände und bedeckte sie mit heißen Küssen. Und Madame Zoe ergriff gerührt seinen Kopf und küßte Toporeanu gerührt auf die Stirn. Fortsetzung folgt.