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«ZG « «LZZKZZL das (Fortsetzung folgt.) und wartete beklommenen Herzens. „Ist Herr Walden zu Hause?" fragte er, als Dienstmädchen die Tür öffnete. „Ja, er ist aber gerade sehr beschäftigt." „Ich möchte ihn aber sehr gern sprechen." „Dora, darf ich Sie heute um Ihre Gegenliebe bitten? Gibt's noch Hoffnung für mich? O, Dora," fuhr er leiden schaftlich fort, „ich liebe dich Heitzer und inniger denn je." Sie schwieg einen Augenblick, dann sagte sie leise: „Auch ich habe nie einen andern geliebt als Dich," dabei flog es wie ein Leuchten über ihre schönen Züge. Er vergaß alles um sich her, er dachte nicht daran, daß eine Gaststube nicht der geeignete Ort für Liebeserklärungen war. Im Uebermaß des Glückes nam er sie in seine Arme und küßte sie, und sie ließ es willig geschehen. „Wir wollen wieder an den Kai gehen, dort sind wir ungestörter," sagte sie endlich, wie aus einem Traume er wachend. Wie im Fluge verstrich ihnen die Zeit, während sie langsam Arm in Arm am Fluß'entlang gingen. So viel halten sie sich zu erzählen, so viel Pläne für die Zukunft zu machen. Hans dachte nicht mehrt an seine Lage und auch Dora vergaß alle ihre kleinlichen Sorgen. Hatte sie doch jetzt ihren Freund und Beschützer bei sich. Mochte er in Armut und Niedrigkeit leben. An seiner Seite nahm sie es mit der ganzen Welt auf. Seine Liebe machte sie reich, — was tat es, wenn sie ihm mit ihrer Hände Arbeit helfen mußte, ihr tägliches Brot zu erwerben — wenn sie nur bei ihm sein durfte? So träumten und plauderten sie und es kam über sie sie wie mit neuem Mut und neuer Hoffnung. Sie bauten sich goldene Lftschlösser, sehr bescheidener Art zwar, denn einstweilen schien es ihnen wie Seligkeit, nur an den Sonntagen zusammen sein zu dürfen. Und dann dankten sie dem gütigen Geschick, das ihnen selbst das scheinbare Unglück hatte zum Heile werden zu kaffen, denn wäre er der Erbe von Oerkedalen geblieben, so wären ihre Wege weit auseinander gegangen. 3. Kapitel. Eine Wendung zum Besseren. In seinen besten Kleidern begab sich Hans am folgen den Morgen zu dem in dem Inserat bezeichneten Hause in der ... . Straße. Sein Lebensmut war schon wieder etwas gesunken, und der trübe, neblige Morgen war nicht dazu angetan, seine Hoffnung zu beleben. Aber um Doras willen durfte er nicht müde werden. Er klingelte an der Tür des verschlossenen Hauses „Griechisch?" „Ein wenig." „Französisch?" „Soviel, um mich verständlich zu machen." „Deutsch?" „Ziemlich geläusig." „Wir wollens probieren." Hans wurde etwas ängstlich, aber er ließ sich's nicht merken, und das Diktieren begann von neuem. Nach einer halb.en Stunde heiterte sich Herrn Wal dens Gesicht merklich auf. „Ich bin mit Ihren Leistungen sehr zufrieden," sagte er, „aber bei Ihren Kenntnissen müßten Sie viel mehr verdienen, als ich Ihnen bieten kann." „Bis jetzt haben sie mir noch gar nichts genützt." „Obgleich es ganz gegen meine Gewohnheit, sogar gegen meine Grundsätze ist," fuhr Herr Walden fort, „je manden ohne Empfehlung anzustellen, so will ich doch mit Ihnen eine Ausnahme machen. Sind Sie bereit, da Sie einmal hier sind, die Stelle augenblicklich anzutreten?" „Ach, wie gern!" Wieder lehnte sich Herr Walden zurück, schloß die Augen und begann in seiner monotonen Weise zu diktie ren. Wenn ihm einmal momentan der richtige Ausdruck fehlte, so half Hans ein oder umschrieb den Satz, und von so feinem Verständnis zeugten seine Bemerkungen, daß Herr Walden sich im stillen beglückwünschte, einen solchen Gehilfen gefunden zu haben. In seliger Stimmung ging Hans an diesem Abend seiner Braut entgegen. „O, Dora," rief er ihr zu, „du hast mein Geschick zum guten gewendet, ich habe eine Stelle gefunden" „So hattest du bisher noch keine?" „Nein, Dora, ich hatte gestern nicht den Mut, es dir zu gestehen. Monatelang habe ich gesucht, aber deine Nähe, Geliebte, deine Liebe hat mich zu einem neuen Menschen gemacht. Nun brauche ich nie mehr auf jene dunklen Tage zurückzublicken." „Hans," sagte sie mit einem verklärten Lächeln, „aber dann wird es dir sein, als hättest du einen schweren Traum geträumt, dem ein um so seligeres Erwachen folgte." Ich werde fragen." sagte das Mädchen wieder, einen wohlgefälligen Blick auf den schlanken, jungen Mann «wer fend. „Mein Herr läßt bitten," sagte sie dann, nach einigen Minuten zurückkehrend. Herr Walden saß am Schreibtisch in der Mitte seines Studierzimmers. Es war ein Mann in mittleren Jahren mit kahlem Kopf, glattem Kinn und freundlichen Augen. „Der sieht eher aus wie ein Philanthrop als ein Philo soph," dackste Hans bei sich, und doch war Herr Walden einer der bedeutendsten Denker seiner Zeit. Mit Wohlgefallen blickte sich Hans in dem reich mit Büchern ausgestalteten Zimmer um, aber trotz der freund lichen Mienen des Gelehrten wurde ihm das Herz immer schwerer. „Ich las Ihre Anzeige," begann er stockend, „und hielt es für das Beste, mich persönlich um die Stelle zu bewerben." „Es tut mir leid," unterbrach ihn Walden. O, bitte, schicken Sie mich nicht ungehört fort," fiel Hans hastig ein, „wüßten Sie, in welch trauriger Lage ich bin, Sie würden Mitleid mit mir haben. Ich habe so red lich um meinen Lebensunterhalt gekämpft. Ich habe keinen Freund, keinen Fürsprecher, niemanden, der sich meiner an nimmt. Versuchen Sie es nur eine Woche mit mir. Ich bitte nicht um Bezahlung, bevor ich imstande bin, Ihren Ansprüchen zu genügen. Glauben Sie mir, ich bin kein Schwindler, sondern ein von schweren Schicksalsschlägen Getroffener — Weischi Sie mich nicht von sich." Mehr noch als die Worte rührten Herrn Walden das ganze Auftreten des jungen Mannes, doch sagte er zögernd: „Es ist ein wenig gewagt —" „O, versuchen Sie es nur," bat Hans wieder, „wenn Sie nicht mit mir zufrieden find, so gehe ich wieder. Nur auf Probe nehmen Sie mich an!" „Können wir's gleich einmal versuchen?" „Ja, gewiß." „So setzen Sie sich und schreiben Sie, was ich Ihnen diktiere." Hans gehorchte freudig. Ganz in Gedanken versunken lehnte sich nun Herr Walden in seinem Stuhl zurück und schloß ckie Augen. Dann begann er mit langsamer, eintöniger SKmme zu sprechen. Wohl eine Viertelstunde lang. Plötzlich richtete er sich mit einem Ruck auf und sagte: „Bitte, wollen Sie mir das Geschriebene reichen?" Er las es sorgfältig durch und sagte hierauf: „Sie haben Ihre Sache gut gemacht, nur schreiben Sie zu schön." „Zu schön?" fragte Hans verblüfft. „Ja, die Buchdrucker sind eine merkwürdige Gesell schaft, was recht deutlich geschrieben ist, geben sie dem un- Setzer, und so kommen eine Menge Druckfehler Schlecht geschriebene Manuskripte werden immer i n gedruckt. soll mir ein Vergnügen sein, Ihrem Wunsche ge mäß meine Schrift zu verschlechtern." > „Können Sie das auch?" „Gewiß." „Haben Sie viel gelesen?" »Ja." „Können Sie lateinisch?"