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Sonnabend den 20. Januar 1917 abends 83. Jahrgang Nr. 16 - Auf eine« Schelmen anderthaw. ÄH «ein poinifqcr Hccrzwang. über poUMche ^uttv^chau. — Berlin, 18. Januar. ! :: Graf Llam-Martinitz und Graf Tisza in Berli«. Ler österreichische Ministerpräsident Graf Clatn-Mar- kinitz und der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza sind Donnerstag in Berlin eingetroffen. Tie halb- »mtltche Nordd. Allg. Zeitung schreibt hierzu: „Wir heißen die leitenden Staatsmänner Oesterreichs und! llngarns herzlich in der deutschen Reichshauptstadt will kommen. Graf Clam-Martinitz weilt zum ersten Male, seitdem er in sein hohes Amt einberufen ist, in Berlins Er wird Gelegenheit haben, in persönlicher Aussprache! mit den führenden deutschen Staatsmännern die engen Beziehungen aufzunehmen, deren Pflege in direktem! Gedankenaustausch sich im Laufe des Krieges zu fester Gewohnheit entwickelt hat." :: Tie Unterrichtskommission des preußischen Ab geordnetenhauses hat eine Bittschrift des Vorstandes der Vereinigung Preußischer Pfarrvereine auf Bei behaltung des griechischen Unterrichts in den hu manistischen Gymnasien der Regierung als Material überwiesen. An ere Kriegsziele. „Bluff" oder „Schurkenstreich"? Ter Direktor der Landesversicherungsanstalt Ber lin, Tr. Freund, hat an das „Berliner Tageblatt", dessen alter Mitarbeiter Tr. Freund ist, ein Schreiben gerichtet, worin er über das Treiben der gegnerischen Regierungen im Gegensatz zu den deutschen Pazifisten sagt: „Lesen nun diese Massen die „Kriegsziele" und .Frtedensbedtngungen" der Entente, lesen sie die zah len und entgegenkommenden deutschen Noten, so wird ihre bisherige Ueberzeugung von dem Uebergewicht der Entente und der Sicherheit ihres Endsieges uner schütterlich. Tas mutz natürlich die Kriegsbegeiste- tung und den Siegeswillen der eigenen Völker ins ilngemessene steigern, das mutz die neutralen Völker jedem Druck der Entente gefügig machen. Tie Entente-Antworten müssen also als das ge nommen werden, was sie unzweifelhaft sind: Als Trick and Bluff. Will man aber diese Auffassung nicht gelten lassen and will man die Antworten ernst nehmen, so gleitet die ganze Frage auf das pathologische Gebiet über. Ich neige dieser letzteren Auffassung nicht zu, sondern sehe in den führenden Entente-Staatsmän nern keine Irrsinnigen, sondern ganz gesunde Schur, ken, die ihre Existenz nur von Lügen und Täuschungen fristen. — Tiefem Gesindel eine vornehme Behandlung zuteil werden lassen, ihnen wie anständigen Men schen antworten, ist aber verfehlt: NaNenWer Kriegsschauplatz. MM >er Karsthochfläche und im Wippach-Tale hielt rn stärkeres Artilleriefeuer an. "M Stellvertreter des Chefs des GeneralstabS.M ! von Loefer, Feldmarschalleutnant. ' Die Schuld am Weltkriege. l Graf Hue de Grais, Regierungspräsident a. D. Unsere Gegner werden nicht müde, immer wieder behaupten, daß wir den Weltkrieg heraufbeschworen en. Immer von neuem, so auch in ihrer Antwort unseren Friedensvorschlag, suchen sie die schwere antwortung, die sie durch ihr frevelhaftes Bor en auf sich geladen haben, auf uns abzuwälzen, die Angehörigen ihrer Länder und der neutralen aten über den wahren. Sachverhalt hinwegzutäu- n. Wenn wir auch hoffen dürfen, daß die Wahr- stch allmählich durchringen wird, mutz dazu doch icr wieder darauf hingewiesen werden, daß die auptungen unserer Gegner mit den offenkundigen fachen in schroffstem Widerspruch stehen. Wenn das Deutsche Reich seine jetzigen Gegner e bekriegen wollen, so hätte es dazu die beste Ge- nheit in der Zeit gehabt, wo deren Kräfte ander- t in Anspruch genommen waren, wo Rußland mit an, England mit den Buren und Frankreich mit rokko im Kampfe lag. Keine dieser Gelegenheiten hat Reich benutzt; stets hat es seinen Feinden gegen- r eine wohlwollende Neutralität beobachtet. Dafür es jetzt den denkbar ungünstigsten Augenblick, in l alle diese Mächte mit voller Macht ihm gegen- rstanden, zum Beginn des Krieges benutzt haben! Beim Ausbruche des Krieges waren unsere Kriegs- Handelsschiffe in größerer Zahl fern von den mathäfen. Nach Lage der Seemachtverhältnisse wa- diese rettungSijAS verloren. Auch in unseren utzgebieten fehlte es mehrfach an umfassenderen kehrungen zur Verteidigung, so daß sie großen- s eine Beute des Feindes geworden sind. Endlich ten auch die eigenen Vorräte, auf deren Einfuhr «tschland sich angewiesen sah, in größerem Umfange hasst werden müssen, als es tatsächlich geschah. Aber itschland hat sogar noch kurz vor dem Kriegsaus- che Getreide ausgeführt. Hätte es einen Krieg be- tchtigt, so würde es unbedingt auf allen diesen Ge len ganz anders vorgegangen sein, als es dieses an hat. Tem Deutschen Reiche fehlte aber auch jeder Anlaß r Kriege. Um solchen zu finden, Verfahren unsere wer nach den Worten des Mephisto im „Faust": Tenn eben, wo Begriffe fehlen, Ta stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Dieses Wort ist für sie der Militarismus gewor- . Jhu wollen sie mit aller Macht bekämpfen. Mit rliebe bezeichnen sie ihn als den „preußischen", ob- ;l ihnen fortdauernd „schlagende" Beweise dafür eben werden, daß ihnen ein einheitliches und fest hlossenes deutsches Heer gegenübersteht. Welche Be- tung sie diesem Worte beilegen, ist nicht ganz . Wenn sie unsere allgemeine Wehrpflicht darun- verstehen, so haben sie selbst uns diese ausnahms nachgemacht. Wenn sie auf die starke Rüstung zielen, so haben Frankreich und Rußland weit stär gerüstet als wir. Wenn sie aber Eroberungssucht unserer Rüstung herleiten, so steht auch dieses der Sachlage in vollstem Widerspruch. Tas Deutsche ch sieht sich im Osten und Westen einer fortdau- den schweren Bedrohung durch seine Nachbarn aus- tzt. Frankreich war seit Jahrhunderten von den lbzügen Ludwigs XIV. und den Eroberungskriegen »oleonS I. an bis zu den Kriegen von 1870 und heute stets darauf bedacht, in dem geeigneten, »enblicke über uns herzufallen, und auch Rußland uns wiederholt ernsthaft bedroht. Tie Aufstellung^ S starken Heeres ist deshalb kein auf Eroberungen gehender Militarismus, sondern ein einfaches Ge ber Selbsterhaltung. Nicht eine einzige Tatsache i dafür angeführt werden, daß wir damit auf Er- :ungen ausgegangen feien, nicht ein einziges Land i bezeichnet werden, auf das wir unsere Erobe- g hätten richten wollen. Weder in Worten noch taten haben wir zu solcher Annahme irgend wel- - Anlaß geboten. Gerade das Gegenteil gilt von unseren Gegnern, le haben aus ihren Eroberunasabsichten. Rußland Man will kräftige «Sorte hören, das deutsche Bol zittert vor Wut über die Unverschämtheiten und Schiw kereien der Feinde und will, daß dieser Stimmung eii entsprechender Ausdruck verliehen werde. Man Wil keine vornehmen Gesten, man will Fußtritte mit Kü rassierstiefeln. Tas ist auch notwendig, um die Stim mung im Volke zu halten, die Kriegsbegeisterung ar zufachen und das Volk nicht irre werden zu lasse, an der Siegeszuversicht. Wenn ich im Anfänge meines Schreibens unsei Friedensangebot als höchste politische Tat gefeiert habe so ist meins Stellung zur Sache wohl so genügen! gekennzeichnet, daß ich nicht in den Verdacht kon« men kann, zu den Ueber-Annexiontsten zu gehören. Ick kenne jetzt nur ein Kriegsziel, das ist: der Sieg. Tai Übrige wird sich finden." Sie machen weiter große Worte. Gleichsam, als wollten Sie sich gegenüber dem Präsidenten Wilson entschuldigen, haben sie ihm eine „Depesche" übermitteln lassen, worin sie weiter im Stile des seligen Theophrastus Bombastus über Deutsch land schimpfend herfallen. Ter englische Staatsse kretär des Auswärtigen, der konservative Führer Bal four, sagt darin:. . i „Seiner Majestät (die englische) Regierung teilt völlig das Ideal des Präsidenten, hat aber das starke Gefühl, daß die Tauerhafttgkeit diesesFriedenSin weitem Maße von seinem Charakter abhängen muß und daß kein dauerhaftes System internationaler Be ziehungen auf Grundlagen errichtet werden kann, die tatsächlich hoffnungslos mangelhaft sind. Dies tritt klar zu Tage, wenn wir die Hauptumstände betrachten, die das Unglück eMröglichten, unter dem die Wett jetzt leidet. Diese bestanden in dem Vorhandensein einer Großmacht, die von Herrschbegierde verzehrt wurde, in mitten einer Gemeinschaft von Nationen, die für die Verteidigung schlecht vorbereitet waren, zwar in reichem Maße unterstützt durch internationale Gesetze, aber durch keine Maschinerie, um sie durchzusetzen." In diesem Snne sucht man dann die einzelnen Frtedensbedtngungen der englischen Antwortnote an Wilson zu rechtfertigen. Besonders die geforderte Austreibung der Türken aus Teutschland sucht man sehr eingehend zu verteidigen, so u. a.: „Die Türkei der Einheit und des Fortschritts ist mindestens ebenso barbarisch und viel aggressiver, als die Türkei des Sultans Abdul Hamid. In den Händen Deutschlands hat sie sogar offenbar aufgehört, ein Bolll Werk des Friedens zu seist? und sie wird offen als ein Werkzeug der Eroberung benutzt." -- t W WHMH > ' Ein neuer russischer Kriegsminister. " General Beliajeff, ehemaliger Gehilfe deH Kriegsmnistcrs und Chef des Generalstabes, ist zum Kriegsminister ernannt worden an Stelle des Gene rals Schuwajeff. Ter Rücktritt des Gehilfen des Mi^ nisters des Innern, Fürsten Wolkonski, ehemaligen Vizepräsidenten der Tuma, ist bewilligt worden. HZ Ein Bund der lateinischen Staaten. i - i Krankrelch, Italic«, Spanien wollen sich vereinigen?^ Die Turiner „Stampa" teilt mit, daß unter dens Vorsitz des Abgeordneten Artom ein Komitee gebildet worden sei, zur Vorbereitung der „Lateinischen Unionl nachdem Kriege. Frankreich, Italien, Spanien würden! rinen politischen und wirtschaftlichen Staatenbund btl-s den, welcher das Mittelmeer beherrschen, und den keine Macht anzugreifen wagen werde, da er nicht nur di« ilebermacht in Europa, sondern auch durch Anschluß »er lateinischen Staaten von Südamerika die Vor nacht aus dem amerikanischen Kontinent bilden werde. Tiefe Staatenbildung würde die Entthronung Eng lands. das iekt durch Gibraltar, Malta und den Suez-, österreichischer Kriegsberichts '' ! i Wien, 18. Januär. ! Amtlich wird verlautbart: ! Oestllcher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von > ! Mackensen. !"^i Tulcea und Jsaceea in der Tobrudscha wurden russischer Artillerie beschossen. ! Front des Generaloberst Erzherzog Joseph. Zwischen dem Putna- und Sustta-Tal hatte eine e Unternehmung vollen Erfolg. Ein Offizier, 230 «tN und ein Maschinengewehr wurden einaebracht. >lich der Oitoz-Straße brachen starke russische An« fe in unserem Artillerie- und Maschinengewehr« r zusammen. ! Front des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold < i < von Bayern. Ist Wolhynien erhöhte feindliche ArtillerietätiK i i ! > Unter den in Teutschland sich aufhaltenden, im Königreich Polen beheimateten polnischen Arbeitern ist vielfach die Meinung verbreitet, daß ihre zwangs-! weise Einziehung zum Polnischen Heere beabsichtig« sei. Eine solche Absicht besteht nicht, vielmehr wird! darauf hingewiesen, daß sich das polnische Heer nur aus Freiwilligen ergänzt. Alle Gerüchte ' zwangsweise Einziehung beruhen auf Erfindung oder böswilliger Ausstreuung. auf Konstantinopel, Frankreich auf Elsaß-Lothringest? Italien auf Trient und Istrien nie ein Hehl gemacht.s Sie haben auch, während wir nahezu 45 Jahre hin durch für den Frieden eingetreten sind Und diesen be-, wahrt haben, tatsächlich die Bahn der Eroberung be schritten, England gegen die Buren und Aegypten, Frankreich gegen Tunis und Marokko, Italien gegen Tripolis, Rußland und England gemeinsam gegen Per sien. So scheuen sie sich nicht, uns das vorzuwer fen, was sie selbst fortgesetzt tun, und ihre Beweg gründe uns unterzuschiebeu. l i n Dazu kommen die zahlreichen Tatsachen, die Nach weisen, daß unsere Feinde das gemeinsame Vorgehen ge gen uns (die Einkreisung Deutschlands) von langer Zeit Ar vorbereitet hatten, daß — wie die aufgefundenew Berichte des belgischen Gesandten in Berlin unwider leglich ergeben — die belgische Neutralität, deren Ver letzung Englands als Krießsgrund vorschützt! von die sen selbst längst verletzt war und sonach für uns gar nicht mehr bestand. -Alle diese Umstände können nicht stark genug her- oorgehoben und nicht oft genug wiederholt werden, da unsere Gegner eifrig bemüht sind, sie in Vergessenheit geraten zu lassen. Nur hierdurch kann es gelingen, deren planmäßige Heuchelet osfenzulegen und das Lü gengewebe zu zerreißen, mit dem sie die Wahrheit zu verschleiern suchen. Aufruf des polnischen Staatsrales. Ausarbeitung der polni'chcu Reichsverfassung. Ter provisorische Staatsrat hat an die Polen :inen Aufruf gerichtet, in dem es u. a. heißt: „Durch den ewig denkwürdigen Akt vom 5. No- »ember 1916 haben die Monarchen des Deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns die Unabhängigkeit des polnischen Reiches proklamiert und verbürgt. Bevor eine nationale Vertretung aus den Wah len hervor^ehen, bevor die oberste Gewalt der pol nische König übernehmen wird, ist zum Zwecke der Bil- »ung des polnischen Reiches der provisorische Staats cat berufen worden. Tas Bestreben des Staatsrates wird gerichtet sein »uf eine wenn möglichst baldige Vorbereitung cineS gesetzgebenden Landtages sowie auf Ausarbe- tung einer verfassungsmäßigen Einrichtung »es Reiches, die den Bedürfnissen der Neuzeit entspricht »nd aufgebaut ist auf der Grundlage der Gleichberech tigung aller Bürger. . Tie Schaffung eiwer zahlreichen, schlagfertigen und vohldisztplinierten polnischen Armee, die treu »nseren großen ritterlichen Traditionen den alten Ruhm »es polnischen Schwertes wiedererwecken wird, ist für »ns eine freudige und dringende Notwendigkeit. Wir sind uns nämlich dessen bewußt, daß eine solche Armee »le erste Bedingung für ein unabhängiges Staatswesen »arstellt. Seine besondere bedeutsame Aufgabe erblickt der Staatsrat in der Bezeichnung und Anwendung wirk samer Mittel zur wirtschaftlichen Belebung des Lan- »es, Hebung des Gewerbes und zum Beginne des Wie- »eraufbaues der vernichteten Wohn- und Arbeitsstät ten, in dem er vor allem die Bedürfnisse des arbeiten- »en Volles, den Aufschwung seiner geistigen und ma teriellen Kultur berücksichtigt. Tie Erfüllung der großen Aufgaben des gegenwär tigen Augenblicks erfordert von der Volksgemeinschaft mtsprechend große Opfer. Ter Staatsrat wird bemüht sein, die Lasten und Nnzuträglichkeiten, die der .Kriegs zustand zur Folge hat, nach Möglichkeit zu mildern. Immerhin muß man die Notwendigkeit voraussehen, »och weitere, hierfür unentbehrliche Opfer und Lasten M tragen, dami tder Krieg für Polen günstig »erlaufe, und darauf müssen alle Bürger gefaßt sein."