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(Ibendswn-e lIntri4M»MiW »r Der Erbe von Oerkebalen. Roman von Silas Hocking. 24) (Nachdruck verboten.) „Gewiß, schon eher, wenn Sie wünschen," versetzte der Wirt dienstfertig und sprang davon. Gleich nachher kam er wieder: „Bitte, Herr — entschuldigen Sie, ich weiß Ihren Namen nicht, wollen Sie vielleicht nachsehen, ob Ihr Gepäck in Ordnung ist?" Schmidt ist mein Name," antwortete Adolf und ent- fernle sich, um nach seinen Sachen zu sehen, während Jobann sich ahnenden mußte, um das Lachen zu ver- bergen.- » Nach einem halben Stündchen saßen sie vor einem damprenden Mahl. „So werden wir hier den seltenen Namen Schmidt führen?" fragte Johann in fröhlichster Laune. „Ich denke nur ein paar Tage lang." „Ein paar Tage? Ich wollte doch Hans gleich nach her aufsuchen — was der für Augen machen wird?" „Wir wollen uns nur nicht übereilen. Erst will ich den Wirt ein wenig über die Verhältnisse ausfragen." „Wie du willst. Vielleicht mache ich auch einen klei nen Spaziergang durchs Dorf und erkundige mich nach einem Pferde, ich möchte wieder einmal reiten." „Das kannst du tun. Wenn du erst in meine Jahre kommst, wirst du auch froh fein, wenn du dich ausruhen kannst." Bald darauf saß Adolf im Gastzimmer und unter hielt sich mit dem Wirt. Der Wirt war, wie wir bereits wissen, ein sehr red seliger Mann, und wenn noch dazu die Aussicht auf eine gute Zigarre Hinkte, tat er gern ein übriges. Eine' so seine Zigarre nun, wie sie ihm von Adolf präsentiert wurde, hatte er selten gekostet. „Wir können doch alles hier haben," meinte er schmunzelnd, „aber solch' feines Kraut habe ich noch nicht geraucht." „Das freut mich. Sagen Sie einmal, gibt es viele Geschäfte hier im Ort?" ,O ia, St. Aubyn rechnet sich schon gern unter die kleinen Städte. Ja, ja, der alte Söderström, zu dessen Gute der Ort gehört, ist ein reicher Mann. Kennen Sie ihn?" „Ich habe von ihm gehört." „Nun, das wird auch nicht viel Gutes gewesen sein, aber jetzt hat ihn doch einmal das Schicksal ereilt. Sie haben wohl auch die Geschichte mit seinem Enkel gehört?" „Nein, was ist mit ihm?" ' „Man spricht in der ganzen Umgegend davon " „Wir sind erst gestern von weit her gekommen." „Da wissen Sie wohl gar nichts davon, daß er sei nen Enkel aus Australien hat holen lassen?" „Doch, aber — das ist Wohl — schon lange her," antwortete Adols mit mühsam beherrschter Stimme. „Kennen Sie die Geschichte vom alten Funke? Es ist vielleicht sechs Monate her," suhr der Wirt fort, noch bevor Adolf geantwortet hatte, „es war gerade an dem Tage, an dem der junge Herr mündig wurde — der Alte hatte ihm zu Ehren.«in großes Fest gegeben — da kam ein Mann aus Australien und erzählte, daß der junge Herr gar nicht der Enkel von Peter Söderström sei, son dern daß Adolf Funke seinen eigenen Sohn für densel ben ausgegeben habe." Adolf biß die Zähne aufeinander. „Der junge Herr glaubte die Geschichte. „Wenn ich kein Söderström bin," sagte er, „so- darf ich auch nicht hier bleiben," und er hielt. Wort." „Nicht möglich," rief Adolf erschrocken. „Ich sage Ihnen die reine Wahrheit, Herr," ver sicherte her Wirt saft beleidigt. „Gleich am nächsten Tage ging er aus und davon." Adolf schloß wie betäubt die Augen. So war der lange, lange Kamps dennoch umsonst gewesen, der ihm die besten Jahre seines Lebens vergiftet hatte. Zum Glück konnte der Wirt in der zunehmenden Dämmerung die Veränderung in den Zügen seines Gastes nicht wahr nehmen. Eine Minute lang war alles still, dann zündete sich Adolf eine neue Zigarre an und reichte auch dem Wirt eine. „Das ist ja sonderbar," sagte er endlich gepreßt, „was sagte denn der Alte dazu?" „O, der ist rein toll vor Aerger, Sie müssen wissen, er war dem jungen Mann sehr gut, und 's war auch ein prächtiger Mensch. Aber dem Alten ist der Name Funke in den Tod verhaßt, und Sie können sich denken, daß der Teufel los war, als er es erfuhr." „Stellt er denn keine Nachforschungen an?" „Nach dem rechten Erben, meinen Sie? Ja, aber man sagt, der Adolf Funke sei nirgends zu finden, er habe seinen Wohnort verlassen." Inzwischen hatte Adolf mühsam seine Fassung wie dergewonnen. Das eben Gehörte, von dem er nicht die geringste Ahnung gehabt, hatte alle seine Pläne umge worfen. er mußte andere Entschlüsse fassen, deshalb war er nicht imstande, länger aus des Wirtes Erzählungen zu hören, sondern stand auf und sagte, indem er sich dehnte: „Sagen Sie meinem Sohne, daß er nicht auf mich zu war ten brauche: ich weiß nicht, wie lange ich fortbleibe." „Sie sind Wohl bekannt hier?" fragte er dann un- willkührlich, durch das offene Fenster nach einem nahe liegenden kleinen Gehöft deutend. „Jawohl," sagte der Wirt. „Die alte Frau starb vor einem halben Jahr. Die arme Tochter ist jetzt recht einsam." Der andere fuhr erstaunt herum. „Was? Die Toch ter! Ist die nicht verheiratet?" „Nein, sie ist ihrer alten Liebe, dem Adolf Funke, treu geblieben. Es hat sich ihr sonst manche Gelegenheit zum Heiraten geboten." Lie Flut der Erinnerungen drohte Funke einen Augenblick zu überwältigen. Bewegt legte er die Hand über die Augen, besann sich aber noch zur rechten Zeit, daß er auf den neugierigen Wirt einen seltsamen Eindruck