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kern ehemals Vie Stelle des Geldes vertraten. „Bei den Aegyptern vertraten goldene und silberne Ringe die Stelle des Geldes: sie wurden abgewogen. Im Arabischen wird gemünztes Geld metonymisch Ring Gottes genannt. Schrö der spricht von der im früheren Mittelalter so allge- metn gebräuchlichen Bezeichnung des Geldes mit „Ringe", sei es nun, daß ursprünglich wirklich Ringe die Stelle von Münzen vertraten, oder daß dies ein bloßer Sprach gebrauch war." Ws mit der fortschreitenden Entwickelung auch die Stellung der Frau eins höhere wurde, veredelte sich die Form ihrer Besitznahme durch den Mann, der Kauf sank mehr und mehr zum bloßen Zeremoniell herab. Als solches haben sich Frauenkaus und Frauenraub indessen noch lange, ja bis zum heutigen Tage erhalten. So fin det bei den Araukanern in Chile noch immer ern Scheinraub statt, und bei uns erinnert die Sitte der Hochzeitsreise noch ebenso an den Frauenraub, wie diejenige der Ring^ Verwendung an den Frauenkauf. Daß man gerade den Ring als Symbol dqs ehemaligen Verfahrens beibehielt, darf nicht Wunder nehmen, da man den Ring als Zeichen von Herrschermacht und Wahrhaftigkeit bettachtete, dem man selbst Zauberkräfte zuschrieb. Je weiter nun der alte bar barische Charakter der Ehe in den Hintergrund der Zeit zurücktrat, je mehr verschwand die Erinnerung an die einstige Bedeutung des Ringe- als Sinnbild des Kaufes, und feine tiefere als Symbol der Treue und Wahrhaftigkeit trat in den Vordergrund. Daher war auch das Geschenk des Ringes ursprünglich nur ein einseitiges. Bei den Römern fleckte der Bräutigam zum Zeichen der Verlobung der Braut einen Eisenring au den Finger, wie man überhaupt früher keine andere« als Eisenringe trug. Erst später kam die Verwendung des Goldes als Ringmaterial hinzu. Auch aus dem ursprünglichen Verlobungsring wurde ein Trauring, und an die Stelle der einseitigen Spende trat der Ringwechsel, um anzudeuten, daß der beiderseitige Wille die Verbindung schließe. Die alten Germanen hatten ursprünglich ebenfalls den Frauenkauf, durch welchen die „Munt" (Vormundschaft) vom Vater auf den Mann überging. Den Gebrauch des Ringes haben sie dagegen von den Römern übernom men, und zwar mit dem Christentums, das auch Kranz und Schleier aus Italien nach dem Norden verpflanzt hat. Die Liebe höret nimmer auf. (Schluß.) Sie fährt zu sprechen fort: , Lizzi, die jetzt sechzehn Jahre alt ist, hat sich verlobt mit einem jungen, acht baren Manne, einem Architekten, und " „Es ist außerordentlich liebenswürdig von dir, Eli sabet, mir diese Nachricht persönlich zu überbringen — aber das Opfer war doch Wohl zu groß — es hätte genügt, wenn Lizzi mir geschrieben hätte. Du weißt, ich habe dich niemals mehr zu beeinflussen versucht, seit du von mir gegangen, auch mit keinem Wort dich oder mein Kind zurückgefordert — deshalb liegt auch wohl der Entschluß über diese Angelegenheit ganz in deinen Händen. Natür- Lch werde ich für ihre Ausstattung sorgen, sic soll alles haben, wie sie es wünscht. Nach meiner Ansicht ist das Kind noch zu jung für die Ehe — aber verzeihe, ich wiederhole, das ist allein deine Angelegenheit!" Elisabet ist totenbleich geworden, sie hat sich erhoben. Der Umhang ist ihr von den Schultern gesunken, und leuchtenden Flammen gleich erscheint der weiche Samt in der ungewissen Dämmerbeleuchtung des Winterabends — aller Wellschmerz liegt auf dem marmorbleichen Gesicht, — wie weh das tgt, — o, diese herbe Zurechtweisung: Lizzi konnte mir schreiben! — Nun Weitz sic ja genau, daß sie, noch lebend, tot für ihn ist, schwere Tränen oftmen herab aus den flammenden Samt, endlich sagt sie mit bebender, schwankender Stimme: „Das ist es ja nicht, weshalb ich komme — Lizzi konnte dir nicht schreiben — —" Der Mut der Verzweiflung reißt ihr das Bekenntnis von de« Lippen. „Lizzi konnte dir nicht schreiben," wiederholt sie noch einmal, „sie glaubt, daß ihr Vater — tot — — ES jerflhferr mir leichter damals, ich war zu feige, meine Schuld einzugestehen — ich fürchtete — ich brachte es fertig, nachdem man es so weit gebracht hatte, uns vollkommen zu entfremden — dir davonzugehen — mit — mit jencnr Elenden den ich einen Ehrenmann glaubte, wollte ich gehen — er ließ mich im Stich — er fürchtete wohl noch im letzten Augenblick die Fotzen eines solchen Schrittes — und da ging ich allein, denn ich wußte ja, daß du mSv nicht verzeihen würdest — du, du glaubtest ja an meine Schuld — und dann — ich fürchtete die Fragen des Kin des nach seinem Vater — so log ich — Sie ist am Ende ihrer Kräfte und schweigt. Schweigend auch sitzt ihr der Mann gegenüber, mit keinem Worte mildert er ihre grenzenlose Qual, mit keiner Silbe kommt er ihr entgegen. Nach einer lallen Pause entnimmt sie ihrer Tasche ein Bild, das sie ihm reicht. „Das ist Lizzi, sie gleicht dir äußerlich und auch im Wesen — sie ist ein gutes Kind," sagt sie fast tonlos. Er hat das Bild genommen und es schweigend bettach tet. Dann reicht er es ihr zurück, und ebenso ruhig als alles andere, aber doch so ganz anders, sagt er: „Elisa bet, ist das alles, was du mir zu sagen hast — sonst - nichts?" Er steht sie an — «ne große, bange Frage leuchtet in den schönen Männeraugen, in dem liebevollen Blick, mit dem er das zitternde Weib vor sich bettachtet. Er ist aus- gestanden. Und da — da liegt sie vor ihm auf den Knien und glückestrunkend, wvnnebebend stammelt ihr Mund: „Theo, du — du, du fragst, was ich dir zu sagen habe — darf, ich, darf ich es dir sagen — wie namenlos ich dich liebe, und wie elend ich war alle die Zeit hindurch, und wie ich mich nach dir gesehnt habe, wie ich fast gestorben bin vor Herzeleid —' gestorben wäre — hätte ich nicht unser Kind gehabt — ?" „Elisabet, mein Weib, mein armes, liebes Weib! Wtr haben beide schwer gefehlt — auch du hast mir zu ver zeihen. Du warst ein Kind noch und kanntest nicht die Gefahren des Lebens — und ich gab mir nicht die Mühe, dich zu verstehen! Hätte ich mehr deiner Eigenart gelebt dich durch Liebe an mich, den älteren Mann, zu fesseln ge sucht — — aber ich zog mich zurück, überließ dich, das schwache Kind, den Einflüsterungen neidischer Freunde, und glaubte schließlich, ohne an eine Entschuldigung zu den ken — dem Schein, der gegen dich war. Elisabet, mein Weib, kannst dn vergessen, kannst du mich noch ein wenig lieb haben? — Sieh, wenn ich auch ein alter Mann bin und mein Haar ergraut ist, wenn auch die lange, bange Trennungs- zert zwischen uns liegt — ich Hebe dich noch ebenso heiß und innig, aber gereister als damals, noch ebenso wie in der Stunde, als ich um dich warb — Elisabet, kannst du mir noch einmal vertrauen?" Er hat sie in seine Arme gezogen. ,^heo, o, wie ich dich lieb«, immer geliebt habe, immer, immer — du willst mir verzeihen ,mir vergeben, — ich brauche nicht zu sterben— nicht von euch zu gehen? Ich hab« dich nie ausgehört zu lieben, selbst damals — da habe ich versucht, dich zu hassen; aber ich liebte dich, weil ich dich verloren wähnte, für immer, nur viel, viel heißer noch." Er preßt sic stürmisch an sich und küßt sie, lange und leidenschaftlich. Leise, verschämt wehrt sie ihm: „Aber, Theo, ich bin eine alte Frau, eine Frau in meinen Jahren küßt man nicht so stürmisch!" Ein langer, neuer .Kuß ist seine einzige Antwort, — und dann sitzen sie und plaudern und beraten. Es ist ihnen ganz, als wären sie nie getrennt gewesen. Sie erzählt von ihrem Leben, ihren Kämpfen, ihrem Ringen, von dem Kinde, und sie bauen eine Zukunft für dieses Kind und für sich. Wie ein verheißender Glücksbote schimmert das her absinkende Abendrot durch die hohen Fenster und um hüllt die beiden. Das Zimmer ist mit rosigem, mattem Glanz erfüllt. — „Theo," flüstert erschauernd und bebend Elisabet uni» schmiegt sich noch inniger an seine Brust: „Es kommt das Glück!"