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M Ws und ließ sich von der Sonne bescheinen, während ihn W unaufhörlich quälende Gedanken verfolgten. Dann kam LÄ Doras unerwartete Erscheinung, und ihr Anblick wirkte M »Hl Verein mit der frischen Seeluft tröstend und beruhigend M Ws seine erregten Nerven. A Er sah der Dahinschreilenden und ihrem Begleiter 5?' »ach. „Das ist für eine Dame ein beschwerlicher Weg," dachte er. „Sie scheint über jede Furcht erhaben zu sein." Von seinem Platze sah der Pfad noch gefährlicher aus, ( ass er in Wirklichkeit war, und mit ängstlicher Anstrengung hing sein Auge an den beiden Gestalten. „Wer sie nur sein mag?" flüsterte er. „Ob es wohl nur ihre Schönheit ist, die mich so fesselt?" Aber sein Interesse für das schöne Mädchen nahm von v Tag zu Tag zu. Ganz mechanisch lenkte er seine Schritte nach St. Aubyn, obgleich es ihm niemals gelang, nur eine 5 Spur von Dora zu erblicken. Da sein Weg ihn stets durch das Dors führte, so waren die biederen Bewohner desselben ganz stolz auf das große Interesse, das der junge Herr für sie an den Tag zu legen ' schftn. Dora ihrerseits beobachtete ihn stets verstohlen und wunderte sich über sein häufiges Erscheinen, während sie sich zugleich darüber freute. Dies letztere geschah, ohne daß sie es wollte. Sie begriff sich selber nicht. Am nächsten Sonntag sah sie Hans Söderström mit seiner Kusine aus der Kirche kommen. Sie sahen so hübsch - zusammen aus. Olgas Augen leuchteten vor Vergnügen, und auch Hans war lebhafter, als ihn Dora bis dahin ge- sehen hatte. „Und ich möchte ihn doch näher kennen lernen," dachte sie, trat aber vom Fenster zurück und schalt sich ein törich tes Mädchen — „hätte ich ihn doch nie gesehen!" Walter Schmidt mit seinem taktvollen Benehmen, sei ner ernsten Strebsamkeit hätte ihr doch wahrhaftig genü gen sollen. Hans hatte an diesem Morgen anfangs eine bittere Enttäuschung erlebt, er hatte gehofft, die schöne Fremde in der Kirche zu sehen, und war besonders früh gekommen, um alle Kirchgänger beobachten zu können. Seine Hoff nung sollte nicht in Erfüllung gehen, aber er verschmerzte die Enttäuschung, als er sein liebes Büschen kommen sah, deren unbefangener Liebreiz ihn bald wieder völlig gefan gen nahm. „Du bist ein schöner Vetter," redete sie ihn an, als sie aus der Kirche traten. „Warum hast du mich nicht abge holt?" „Ich fürchtete, wieder warten zu müssen," sagte er mit einem neckischen Seitenblick, der sie jedoch sofort entwaff nete. „Ach so," machte sie zögernd und setzte dann gutmütig hinzu: „Aber du hast wohl recht." „Richt war, aber dafür bitte ich nun auch wegen heute untertänigst um Vergebung; ich bin ganz zerknirscht." Sie lachte. „Wollen wir durchs Dorf gehen?" „Gern." Sie gingen miteinander die Dorfstraße entlang, und die Leute steckten die Köpfe zusammen und ergingen sich in allerlei Vermutungen. Hans fand Olga heute reizender denn j e. In den famften, blauen Augen lag es wie Sonnenschein, die run den Wangen waren rosig angehaucht, und gleich einem goldenen Kranz umgab das reiche, blonde Haar das lieb liche Gesichtchen. Sie besaß nicht die königliche Haltung . der jungen Fremdeii, aber um so mehr Anmut und Lieb reiz. Der Vorschlag des Großvaters war Wohl zu überle gen, denn wenn Olga erst seine Braut war, würde das Interesse für die Fremde und damit sein Dilemma von selbst verschwinden. Er war 21 Fahre und Olga 19 Jahre alt, — wozu noch lange zögern? Das Glück kam ihm ent gegen. Warum sollte er es nicht ergreifen? Noch mit solchen Gedanken beschäftigt, sah er einen Mann mit eiligen Schritten an sich vorübergehen. Er stutzte — wo hatte er doch diese kleinen, grauen Augen schon gesehen? „Kennst du den Mann. Olga?" fragte er. „Nein, du denkst Wohl, ich kenne die ganze Welt?" „Mir ist, als hätte ich ihn schon einmal gesehen, ich weiß nur nicht, wo." „Vielleicht auf der Reise?" „Kann sein; es ist merkwürdig, daß man oft über eine Kleinigkeit nicht hinwegkommen kann." Diesmal war es aber keine Kleinigkeit. Sein Blick war auf jemanden gefallen, de" ihm in der Folge schwer zu schaffen machen sollte. 7. Kapitel. Treue Liebe. Nicht ein einziges Mal sah sich der Fremde nach Hans um, es schien im Gegenteil, als suche er sich dessen Blicken so rasch als möglich zu entziehen. Hastig schritt er auf der Landstraße dahin, bis er endlich das schützende Dach des Dorfwirtsbaufes erreicht hatte. „Eine hübsche Gegend," begann er zum Wirt, Herrn Weber, „nur etwas still scheint mir's hier zu sein." „Still?" fragte der Wirt in beleidigtem Stolz. „Dn sollten Sie nur einmal zur Marktzeit hier sein, da ist Le ben genug." „Was haben Sie denn für einen Gutsherrn?" „Einen alten Geizhals," fuhr der Wirt auf, „den kann kein Mensch leiden, seit er zu unser aller Schaden vor 3» Jahren seinen Einzug hielt." „Und wer kommt nach ihm? Hat er einen Sohn?" „Einen Enkel, der soll freilich anders geartet sein, ein stiller, kluger Mensch. Er ist noch nicht sehr lange von der Universität zurück, und ich muß sagen, er gibt sich viel Mühe, sich in seinem Beruf einzuleben; er wird auch bald mündig sein." Die kleinen Augen des Fremden, der sich „Sporn" nennen ließ erweiterten sich zusehends. „Hm! Wohl ein reicher Erbe?" „Das will ich meinen. Der Alte hat weite Ländereien gekauft. Wissen Sie." fuhr er vertraulich fort, es soll nicht immer ganz reell dabei zugegangen sein. Es ist schon lange her, aber es ist noch frisch in aller Gedächtnis, — am we nigstens wird's Wohl Kätchen Walter vergessen haben." „Wer ist denn das?" fragte Sporn gleichgültig. „Sie ist die Tochter eines Großbauern. Dor 30 Jah ren war sie das schönste Mädchen weit und breit; das fand auch Adolf Funke und hat sich mit ihr verlobt, aber als sein Vater durch die Kniffe des Gutsherrn um seinen Be sitz kam, wollten Kätchens Eltern von der Heirat nichts mehr wissen. Funke ging dann nach Australien, aber Kät chen wartet noch heute auf ihn." „Das klingt ja ganz romantisch," meinte der Fremde. „Man spricht hier noch ost über diese Geschichte," fuhr edr redselige Wirt fort. „Viele dachten, Adolf Funke würde dem alten Söderström das nicht so hingehen lassen; er war eigentlich nicht der Mann, der sich die Butter vom Brote nehmen ließ. Aber vielleicht ist er schon lange tot." Der Fremde ließ ein nachdenkliches Brummen verneh men und verlieb kurz darauf das Lokal mit dem Ver sprechen, bald wiederzukommen. Als die Sonne im Westen sank und der Abendwind durch die Baumkronen wehte, ging Hans mit^Olga im Park spazieren, da trafen sie abermals mit dem fremde» Mann zusammen. Hans blieb wie angewurzelt stehen, ab« der andere bekam plötzlich einen so heftigen Hustenanfall, daß er schleunigst das Taschentuch vor's Gesisicht halte« mußte. . „Ich weiß nicht, wie es zugeht, Olga," sagte Hans, als der Fremde vorbei war, „die Augen des Mannes las sen mir keine Ruhe; ich zerbreche mir fortwährend den Kopf, wo ich sie schon gesehen habe." „Ich finde, es lohnt sich nicht, darüber nachzudenken," beruhigte ihn Olga. „Komm, laß uns lieber zur alten Frau Walter gehen, die ist so krank." „Solche Besuche gehören nicht gerade zu meinen Lieb habereien." (Fortsetzung folgt.)