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Nr.1 Umschwung in Amerika? Die englandsreundliche Presse warnt ihre Londoner Freunde eindringlich. Wilsons Friedens-Note ist entstanden auS dem ehr lichen Wunsche nach Frieden. Unser Interesse hat ihm dabei sicher nicht als Antrieb gedient; allein die wachsen den Nachteile des Krieges für sein Land beeinflussen ihn bei seinem Vorgehen. Damit ^spricht er dem amerikanischen Volke aus dem Herzen. , Man lese nur ansmerksam mit: * Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Washington vom 25.: An leitender Stelle veröffentlicht die New Uork Tri- bumvpie ausfallendsten Aenßerungen, die jemals in die- icm Platte, das zu den entschiedensten Anhängern der Al- merten gehört, zu lesen, gewesen sind. Häufig hat die Z'ribune'in den lebten Monaten ihre alliierten Freunde, name'ntljch England, vor dem A r ' leichtgläubigen Optimismus gewarnt, daß die Masse des amerikanischen Volkes den Krieg so sehe und verstehe, wie er in London und Paris gesehen und verstanden wird. Die Warnungen sind an scheinend auf taube Ohren gestoben. Heute wiederholt die Tribune ihre Warnung. Jener Teil der Note Wilsons, der das tiefste Erstaunen in den Hauptstädten der Allier- len hervorgerufen, hat, ist genau der Teil, der am genau esten die öffentliche Meinung Amerikas wiedergibt. Es wäre am besten für das englische und das französische Volk, wenn es sich klarmachte, daß ein für allemal die Masse des amerikanischen Volkes nentral »bleiben will und nicht die Ansichten teilt, die bei den al» Mierten Nationen vorherrschen. Welche Wirkung auch im- Aner die englische Werbetätigkeit hierzulande vor einem loder zwei Jahren gehabt haben mag, heute hat sie sie «nicht mehr. Die Masse des amerikanischen Volkes glaubt, Maß der Krieg genau das Ist, was Wilson behauptet, näm- Mch eine Art gemeinsamen Wahnsinnes. Sie teilt nicht Wie englische Ansicht und wird sie niemals teilen, daß der Mrieg für die Sache der Zivilisation geführt wird, und Maß es für den Frieden wesentlich ist, daß Deutschland zn- Derst vernichtet werde. Vor einem Jahre warnte die Tri- Dbune ihre englischen Freunde, daß, wenn sie nicht ihre «Methoden ändern würden, die Deutschen am Ende die «amerikanische öffentliche Meinung völlig beherrschen wür- Iden, und das Ergebnis sein werde, daß die amtliche Mci- Inung der öffentlichen Stimmung entsprechen müsse. Ge- Snau das ist eingetreten. Bukarest und Washington sind in »demselben Monat gefallen, gefallen als ein Ergebnis der «gleichen Fehler, der gleichen Mißverständnisse der eng- Mischen und französischen Regierung. Man müsse drüben Kalle Vorstellungen aufgeben, daß Amerika den Alliierten MUgetan sei und daß irgendwelche Gemeinsamkeit der An- Mchauungen über den gegenwärtigen Kampf zwischen uns »besteht. Sie haben hier loyale Freunde, aber diese sind lin der Mlnderhei 1 und nicht in der Lage, die amerlka- Inische Stimung umzuwandcln. Allgemeine KriegsnackrichLen. DaS russische Militär gegen den Frieden. > In einem Tagesbefehl an die Armee sagt der russische Oberbefehlshaber sehr bezeichnend: „Die Erfüllung der durch den Krieg geschaffenen Auf gaben Rußlands, der Besitz Konstantinopels (!!) und der Meerengen, sowie die Schaffung eines in allen seinen drei gegenwärtig getrennten Tellen freien Polens ist noch nicht gewährleistet. Gegenwärtig Frieden schließen würde gleichbedeutend sein mit einer Nichtausnutznng der Früchte der unsagbaren heldenhaften Anstrengungen der russischen Armee und Flotte. Diese Anstrengnngen und noch mehr die geheiligte Erinnerung an die tapferen ans dem Schlacht felds gefallenen Söhne Rußlands lassen nicht einmal den Gedanken an Frieden zn bis znm endgültigen Siege übe, den Feind, der die Kühnheit hatte, zu vermuten, daß, wenn es von ihm abhing, Krieg zu beginnen, es in glei cher Weise von ihm abhänge, ihn zu beendigen, wenn er es wünsche." Der Muschik, der in der vordersten Linie kämpfen muß, wird sich durch diesen Phrasenschwall kaum aufrüt teln lassen. ' - Der Brotkartenzwang in Schweden. Aus Anlaß der Einführung von Brot- und Mehlkar ten in Schweden richtete König Gustas ein offenes Schrei ben an sein Volk, in der er die neue Maßregel als not wendige Fürsorge für das Wohl aller en' rt und sich be sonders an die Landwirte mit der Maynnng wendet, ihren entbehrlichen Ernteüberschnß zugunsten des ganzen Volkes abzugeben. „SvenSka Dagblad" und „Stockholms Dagblad" besprechen kn ausführlichen Leitartikeln Art und Folgen der Rationierung. Ueberall wird das Beispiel Deutschlands herangezogen. , Das türkische Kriegspreffeamt berichtet über einen überraschenden Angriff der türkischen Truppen auf eine Bande von etwa 300 griechischen, in französischen Diensten stehenden Piraten, welche die vor der südanatolischen Küste zwischen Ndalia nnd Makri liegende Insel Kehort (nördlich von Eypern) besetzt hielten und fortwährend Streiszüge und Plünderungen gegen die Bevölkerung der Umgebung unternahmen. Troy der Bemühungen der Franzosen, Verstärkungen herbeizuschafsen, gelang es den türkischen Truppen, die Insel von der Bande vollständig Dienstag den 2- Januar 1916 abends zü säubern. Die Bande hätte 70 Tote und etwa 100 Ver wundete. Acht Piraten fielen den türkischen Truppen in die Hände, der Rest entfloh unter Zurücklassung von Muni tion, Proviant und Vieh. . ! Englands Antwort ablehnend? "ss-WMH Der Londoner „Daily Telegraph" erführt, dass diq Antwort der Alliierten in Paris verfaßt und von' allen beteiligten ! Regierungen gebilligt worden ist.s Sowohl die kriegführenden als die neutralen Staaten! Würden dann erkennen, daß keine Hoffnung bestehe, die Alliierten jemals bestimmen zu können, auf die Mög< lichreit ihres Sieges zu verzichten zugunsten eines. Friedens, der, solange die deutsche Militärmacht bestehe,' nur ein deutscher Friede sein könne. > Die „Times" schreibt i" Tie Rückgabe der be setzten Gebiete und Entschädigung sind Be dingungen, die nicht nur dem Friedensschluss, son dern allen vorläufigen Erörterungen über den Frieden vora nsgehen müssen. > , ! i Tie dänische Sozialdemokratie sandte an Wilson folgendes Telegramm: Tie däni sche Sozialdemokratie wünscht ihre Sympathie mit Ihrer Friedensnote vom 21. Dezember und ihre in nigsten Wünsche auszudrücken, daß Ihre Bestrebungen Mr eine Beendigung des Weltkrieges und für die Her stellung eines dauernden Friedens von Erfolg gekrönt werden. ' , - ' ' Kleine Kriegsnachrichten. i i Für die Westfront werden kostenlos Hunde aller Nassen mit Schulterhöhe von 40 bis 70 Zentimetern, im Alter von 1—4 Jahren gesucht. Anmeldungen bei der Kxiegs-Hunde-Schule-Armee-Abt. A Westen. „Aftonbladet" erfährt, daß deutsche Kriegsschiffe beide Einfahrten zum Hafen von Raums in Finnland gegenwärtig dem bedeutendsten Hasen Rußlands, mit Minen sperrten. . . i : 1 -i- Die französische „Sulkur"-Macht. Das türkische Kriegspressequartier berichtet über einen überraschenden Angriff der türkischen Truppen aus eine Bande von etwa 300 griechischen, in französischen Diensten stehenden Piraten, welche die vor der südanatolischen Küste zwischen Adalia und Makri liegende Insel Kehori seit einiger Zeit besetzt hielten und fortwährend Streifzüge und Plünderungen gegen die Bevölkerung der Umgebung unternahmen. Trotz der Bemühungen der Fran zosen, Verstärkungen herbeizuschaffen, sei es den türkischen Truppen nunmehr gelungen, die Insel von der Bande vollständig zu säubern. Die. Bande habe 70 Tote und etwa 100 Verwundete gehabt. Die französischen Torpedoboote „230" und „409" hätten versucht, der Bande zu Hilfe zu eilen, aber die türkischen Truppen Hütten die ganze Beute zerstören und unversehrt nach der gegenüberliegenden Küste zurückkehren können. Die Insel werde gegenwärtig von den türkischen Truppen, besetzt gehalten. Der Bericht besagt ferner, daß die Fran zosen seit einiger Zeit durch Banden und allerlei Indi viduen unter dem Schutz ihrer Kriegsschiffe die türkische Küste angreifen und die friedliche Küstenbevölkerung drang salieren. Deutsches Reich. i -s- „Frei erfunden"! Das Amsterdamer Hetzblatt „Der Telegraaf" vom 26. Dezember hatte aus Paris gemeldet, die oeutsche Negierung habe die holländische Note wegen der Weg führung belgischer Arbeiter aus Belgien so scharf beant wortet, daß Minister Loudon sie der Kammer im Haag nicht vorlegen könne und gebeten habe, sie abzuändern. Die Nachricht des „Telegraaf" ist, wie Wolffs Tel. Bur. erklären kann, frei erfunden. „Die Niederländische Re gierung hat zwar, wie bekannt, in dieser Angelegenheit eine Anfrage an die Deutsche Regierung gerichtet, eine Antwort hierauf ist jedoch der Niederländischen Negierung noch nicht zugegangen." Einberufung des Reichshanshallsansschusses. Wie der „Vorwärts" erfälpt, besteht die Absicht, den HaushaUsnnsjchuß des Reichstages für Mitte Januar einzuberufen. 100 Jahre Kultusministerium. Das kgl. preußische Kultusminjsterium kann im Jahre 1917 auf ein hundertjähriges Bestehen zurückblicken. Ur sprünglich hatte eine besondere Kultusabteilung im preußischen Ministerium des Innern bestanden, bis dann 1817 das Kultusministerium errichtet wurde. Oesterreichs T In Wien hat der bisherige Gouverneur der Oesterreichischen Bodenkreditanstalt, düs Herrenhaus mitglied Tr. Sieghardt-Siuger, seinen Abschied er halten. Singer hatte mit Hilfe des von ihm beherrsch ten Großkapitals eine ganze Reihe großer Wiener Blätter, so das „Neue Wiener Tagblatt", die „Oester- reichische Volkszeitung", das „Wiener Fremdenblatt", die „Wiener Allgem. Zeitung", die „Wiener Mittags- ,zcitung", das „Illustrierte Extrablatt" und das „Wie ner 8-Uhr-Abendblatt" unter seine Kontrolle ge bracht. Ferner war nach den glaubwürdigen Mittei lungen des Grazer Journalistenvereins „Konkordia" die Bodenkrcditanstalt bei einem großen bömischen Un ternehmen, dem ein „Prager Tagblatt" und-sieben bö- mische Ortsblätter angegliedert sind, finanziell sehr stark beteiligt, und mit diesem Prager Blatte Salzbur- g-r, Tiroler und österreichische Blätter in Verbin dung gebracht worden. Ter genannte Journalisten- vcrein hatte sich scharf gegen diese Vernichtuna der Unabhängigkeit der Presse gewehvt und hat hat damit jetzt Erfolg gehabt. , «3. Jahrgang! -s- «in tcasfer russischer VSlkerrechlsbrnch. ' j Nach einem Bericht des Kaiserlichen Gesandten in > Peking an das Berliner Auswärtige Amt sind drei au» ! russischer Kriegsgefangenschaft in Toroitzkossavsk nach Urga entkommen deutsche Offiziere: Max Graeff, Rittmeister im Husären-Negiment „König Humbert" 13, Ludwig von Werner, Oberleutnant im Iäger-Neaiment zu Pferde 13» > Hans von Hoffmeister, Leutnant d. R. im badischen Leib- i dragoner-Reziment 20, trotz chinesischer Eskorte von russi- ! scheu Soldaten verfolgt und bei dem Orte Taolin in der Aeußeren Mongolei, nahe der Grenze der Irmeren Mon golei, erschossen worden. Einzelheiten fehlen. Der chinesische Resident in Urga hat beim russischen > Konsul Protest eingelegt. Der Protest ist ihm mit der , Erklärung zurückgegeben worden, daß er sich um chinesische j Interessen in der Aeußeren Mongolei zu kümmern habe, ! deutsche Kriegsgefangene gingen ihn nichts an. Der Kaiserliche Gesandte hat gegen diesen russischen s Völkerrcchtsbruch, der eine krasse Verletzung der chinesischen i Neutralität bedeutet, scharfe Verwahrung eingelegt. -f- Spannungen in Rußland. ! i Das Londoner „Daily Chronicle" meldet aus Peters burg vom 28. Dezrmter, daß die Duma am 30. in die . Weihnachtsferien gehe, und daß die politische Lage sich bisher nicht geändert habe. Trepow habe kein völlig homogenes Kabinett mit einem bestimmten politischen Programm bilden können. Man spreche fort während über Veränderungen im Ka binett. Die Minister reisten beständig von und nach dem Hauptquartier. Zwei Kongresse, die vorige Woche in Mpskau stattfinden solllen, nämlich ein Kongreß der Semstwos und der Städte und ein Kongreß der Kriegs- industriekommisfionen, feie» im letzten Augenblick verboten worden; sie hätten die brennende Frage der Nahrung»- Kleine politische Nachrichten. Aus der Schutzhaft entlassen wurde, der „Lpz Bztg." zu folge, kürzlich der sozialdemokratische Schriftsteller Franz Mehring; die Gründe seiner Haftentlassung seien ihm amtlich nicht mitgetrilt worden. ' -s- Die ungarische Sozialdemokratie an Wilson. Einer Budapester Meldung zufolge hat die Leitung der ungarischen sozialdemokratischen Partei an den Präsidenten der Vereinigten i Staaten Wilson ein Telegramm gerichtet, worin die Solidarität I der Partei mit der Friedensaktion Wilsons ausgedriickt und gesagt ! wird, die sozialdemokratische Partei betrachte Wilson „seit seinem < letzten Auftreten als den berufenen Dolmetsch der immer stärker - werdenden Friedenssehnsucht der ganzen Welt". -s- Bulgariens Antwort a« di» Schweiz. Dieser Tag« sprach im Berner Bundeshaus der dortige bulgarische Gesandte , Radew vor, um die Antwort der bulgarischen Regierung auf die t Friedensnote der Schweizer Regierung zu überreichen. -t- Französische Flunkerei. Pariser Meldungen zufolge sollte der Wiener Nuntius Msgr. Valfrä die Bonzo oom Kaiser von Oesterreich beauftragt worden sein, den Papst um seine Für sprache für den Frieden zu bitten. Nun gibt der „Corriere A d'Italia" bekannt, daß im Vatikan keine derartige Nachricht ein-'l gegangen und die Bekanntmachung der französischen Blätter somit- z erfunden sei. -s- Zur französischen Handelsbilanz ISIS. Nach der amtlichen französischen Statistik hat, einer Berner Drahtmeldung zufolge, die Unterbilanz des französischen Außenhandels für die 1 ersten elf Monate des lausenden Jahres saft dreizehn Milliarden i erreicht. Z ch- Wie John Bnll der Frachkraumnot steuer» will, s Dos Londoner Renter-Vureau meldet, daß in England ein Kon» il trcllsur sür die Schiffahrt ernannt und Ihm ein beratendes Komitee oeon Sachverständigen znr Seite gestellt worden sei; ihre Aufgabe^ sei, die Vollendung der im Bau befindlichen Schiffe zu beschleunigen > und die Ausführung eines neuen Bauprogramms von Handels- I schiffe» in die Wege zu leiten. -s- Schiffsbrand. „Secolo" meldet aus Kairo, daß an Bord eines großen englischen Schisses ein Brano ; ausbrach, der trotz der Hilfeleistung herbeigeeilter Schiffs nicht gelöscht werden kannte. Das Schiff wurde fast voll ständig zerstört, 21 Eingeborene wurden schwer verwundet. 80 verbrannten. "" — -- ' V—j :: Mit dem Ncichsgelrridcmonopol, aus das kürzlich! auch das sozialdemokratische Mitglied des Kriegscrnäh- rungsamtes, Dr. Aug. Müller, hinwies, beschäftigt man sich bei der Erwägung der Finanzfrage des Reiches für die Zukunft seitens der maßgebenden und interessierten Kreise offenbar recht lebhaft. H?rr v. Oldenburg-Januschau hat in einem Briefe, den das „Achtuhr-Abendblatt" veröffent licht, u. a. gesagt: „Ich halte in bezug auf das Brotge treide unter Umgestaltung der jetzigen diesbezüglichen Or ganisation eine dauernde Einrichtung für notwendig, welche die Früchte — Roggen und Weizen — monopolisiert und vom Auslande nur so viel hcreinläßt, wie gebraucht wird. Es entspricht dies nngesähr dem „Antrag Kanitz" Da nämlich jetzt, umgekehrt wie in der Caprivi-Zeit, dir Preise zunächst enorm hoch sein werden, bleibt nichts übrig wie das Brotim Jnlande auf der Höhe zu halten, au^ der es sich jetzt ungefähr befindet, und die es in den 70er,' Jahren dauernd hielt, und aus dem Auslande zuzukaufen und zu Preisen, die dort verlangt werden, nm die Portion; beliebig zu erhöhen. Bei Durchführung meines Gedankens! würde das deutsche Volk Infolge dieser Leistung sein« Landwirtschaft das billigste Brot der Welt essen und der! Staat dabei dennoch verdienen. Aendert man nämlich den Verdienst der Mühlen und Zwischenhändler, er jetzt zu hoch ist, durch Vereinfachung der Organisation, so> könnte der Brotpreis so bleiben, wie er jetzt ist, auch wenn! ein geringer Teil des Auslandsgetreides zu Preisen ge kauft werden müßte, wie das Ausland sie jetzt zahlt und noch lange nach dem Kriege zahlen wird. Diese Einrich tung müßte als dauernd gedacht sein, nm der Landwirt-i schäft sür diese Leistung eine Stabilität der Preise zu ga rantieren." ,s - * > '