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7^ deutschen Grünen um die Ohren, surrr — fegten die Querschläger daher oder heulten ihr schnarrendes Huiii den deutschen Schützen um die Ohren. Hie und da klatschte es bätsch, bätsch in die saftigen Blätter der Waldpflanzen oder sauste ein Geschoß in den Stamm eines Baumes. Nicht selten neigte sich der noch eben aufrechtgehaltene, tschakobewehrte Kopf eines Jägers langsam nach vorn, der Mann fiel in sich zusammen; ein deutsches Iägerherz weniger schlug auf der Welt! Tot! Gefallen fürs deutsche Vaterland! Umrauscht von den Tannen und Eichen des herrlichen deutschen Waldes! — Ein schöner Iägertod! Langsam wurde bald der eine, bald der andere von sorgender Kameradenhand zurückgezogen, halb behutsam geschleppt, ba!d getragen, bis der Verwundete in Sicher heit war und, von den bereitstehenden Sanitätern ver bunden, hinab ins Tal, in die «stadt gefahren wurde. . Oberjäger Günzel chatte schon zwei Mann seines Gewehrs verloren. Der eine lag tot mit einem Kopf schuß neben dem Gewehr, den Patronengurt noch zum Laden bereit in der wetterharten Iägerfaust, der andere mit einem schweren Schuß durch Schulter und Lunge. Kein Ton des Schmerzes war über beider Lippen ge kommen. Der erste starrte wie versteinert für zwei Sekunden seinen Oberjäger an, dann sank der Kopf nach vorn aufs grüne Moos. Er war tot! Bereits seit Stunden hatten die Gewehre der Jäger schweigen müssen, da die Franzosen keinen neuen Vor stoß gegen diese Kugelspritzen unternommen hatten. Die Iägerposten, hoch oben in den Bäumen, sahen auch keinen oorstürmenden Franzosen. Nur aus dem Grase der Wiesen, dem Grün der Hecken oder dem Boden des Waldes leuchteten grell, im Gold der zur Rüste gehenden Sonne, rote Punkte zu den Deutschen herüber. 10, 20, 100, man zählte sie nicht mehr! Rot hosen, die da unten den furchtbaren Kugeln der Jäger und deutschen Infanterie erlegen waren, lagen da. Wohl bewegte sich noch der eine oder anders, aber Helsen konnte in diesem erbitterten Waldkampfe keiner den da hingestreckten Verwundeten. Erst die schützende Nacht sollte sich hier als ein Freund der Menschheit er weisen. Und wieder war sie in diesem furchtbaren Waldgelände den deutschen Soldaten der bitterste Feind. Keine Minute dursten die heldenhaften Männer ihre Gewehre aus der Hand lassen, und nur immer der zweite Mann konnte für Minuten seinen Kopf auf die verschränkten Arme legen und die müden Augen schließen. Donn schreckte er schon von selbst wieder auf und fragte seinen Nebenmann; „Was gibt's?" „Nichts! «schlaf weiter!" Matt und schlaff ließ der andere den Kopf fallen, und er schlief, oft umcaukelt von wilden Träumen. Wohl schrie der eine oder der andere in diesem Zu stande auf und kämpste im Schlafe «eiter, fonst aber war es fast still im weiten Walde. . Stunde auf Stunde verrann, und kein Franzose schien die Grenzer hier oben im Gebirge stören zu wollen. Doch halt! Was kam da? Leise, zischend erklang es aus den deutschen Reihen: „Halt! — Wer da?" „Iägerschleichpatrouille!" „Parole?" „Lüttich!" „Kann passieren!" Der Mann schlich aalglatt heran! „Sie kommen," sagte er leise. „Sie kommen!" gingen die zwei inhaltsschweren Worte durch die deutschen Reihen. Wie ein elektrischer Funke waren sie von Mann zu Mann gesprungen, und wie mit einem Zauber- jchlage waren alle mobil. Der noch eben mühsam niedergekämpfte Schlaf verflog wie die Spreu vor dem Winde, und glühend bobrten sich die Augen der deutschen Schützen in die fast dunkele Nacht. „Dicht herankommen lassen! Dann erst feuern!" durchlier der Befehl die langen Reihen der harrenden Deutschen. Mäuschenstill lag ein jeder. Doch horch'! — Was war das? Aeste knackten! Dumpfe Tritte waren zu vernehmen. Tannenzweige schlurrten über Eisen- und Bleckteile dahin! — Wirk lich, sie -kamen. Aber noch war die Entfernung zu weit. Die Augen der deutschen Männer schlossen sich für Sekunden, sie mußten jetzt in den Ohren sitzen. Und das geübte Ohr des Jägers hörte : Etwa noch dreihundert Schritt. — Also warten. — Da, die ersten Laute! Kommandos, die leise gegeben wurden, dann ein lautes, mehrstimmiges: „Ln avam!" Und nun: das deutsche „Schnellfeuer!" — für die Maschinengewehre: „Reihenfeuer!" Urra, urra, urra!" klang es erstickend in einem furchtbaren Geknatter der Gewehre, und nun knackten die deutschen Kugelspritzen unaufhörlich! Sechs— zwölf—achtzehn, alle die hier oben und im Walde und anschließend in die deutschen Stellungen eingebaut waren, feuerten so furchtbar, daß es aussah, als spritzte aus ihnen einziger, ununterbrochener Feuerstrahl! Dazu das Geknatter der Büchsen und Gewehre. Das Mündungsfeuer der Deutschen glich einem schönen, regelmäßigen Feuerwerk. Wilde Schreie und französische Flüche drangen vereinzelt an die Ohren der ruhig im Feuer liegenden deutschen Schützen. Keine Aufregung war zu merken, aber in diesem wilden Getose spannte ein jeder seine Nerven aufs höchste an. Ein, zwei, fünf, zehn und mehr Schritt vor den feuerspeienden deutschen Linien brachen die Franzosen zusammen, schlugen wohl gar im Todeskrampf oder schwer verwundet noch mit den Kolben nach diesen entsetzlichen Feuergarben oder griffen in ihrer Ver zweiflung nach den Mündungen der deutschen Ge wehre. Krach! fuhr dann von einem halbaufgerichteten Schützen der Kolben auf den feindlichen Körper nieder. Kein Urra war mehr zu vernehmen, nur wilde Verzweifelungsschreie, die sich aber mehr und mehr entfernten. Der Angriff war in dem furchtbaren Feuer der Deutschen einfach mit furchtbaren Blutopfern zusammen- gebrochcn. „Stopfen!" ging der Befehl durck die Reihen der Verteidiger, und allmählich erstarb das bis dahin wie rasend klingende Geknatter und Tacken der Gewehre. Ab und zu schoß in seiner Angst ein weichender Franzose noch sein Gewehr ab, dann erstarb auch dies Feuer, und tiefe Stille lag über Flur und Wald. „Doch nein! Die Verwundeten wälzten sich her in ihrem Blute, aber noch konnte ihnen keiner der deutschen Soldaten helfen. Der Feind war noch immer in Bewegung; ob er weiter zurückging oder von neuem vorzudringen versuchte, konnten die Jager nicht feststellen. Sie horckten nur, und Patrouillen schlichen den Franzosen nach. Scheußlich war das Gefühl, wenn so ein Jager plötzlich auf einen weichlichen, runden Gegenstand trat und abrutschend merkte, daß er in der siockfinsteren Nacht auf den Körper eines loten. Franzosen getreten war; oder noch schlimmer, wenn ein srymerzerfüllter s Aufschrei, ein Stöhnen oder Jammern zeigte, daß ein ! Schweroerwunüeter da lag. (Fortsetzung folgt.) W