Volltext Seite (XML)
kääs. Denkspruch. Lelm Mbl, Sippen lterden, vu lelblt stiwsi «le sie; Doch llachmdni Sliibt nimmermehr. Den äer wackre gewinnt. Uranfange der Schrifk. Von C- M. Fischer. (Nachdruck verboten.) Im Zeitalter der Schreibmaschine, der Diktiermaschine, der Stenographie und bald wohl auch der praktisch verwendbaren Stenographiermaschine ist es interessant, die Entstehung des wichtigsten aller Kulturmittel, der Schrift, bei den verschiedenen Völkern und zu den verschie denen Zeiten zu beobachten. Die Entstehung und der Charakter der Schrift wurde stets bedingt durch dis Eigenart des Schreibmaterials sowie des zu beschreibenden Gegenstandes, und wir, die wir für unsere schriftlichen Mitteilungen Dutzende von Papiersorten und Hunderte von Stahlfedergattungen zur Verfügung haben, können uns kaum eine Vorstellung machen von den Schwierigkeiten, die sich den Schriftkundigen alter Zeiten bei Ausübung ihrer Kunst entgegenstellten. Betrachtet man die Schrift als ein Hilfsmittel für das menschliche Gedächtnis, bestimmte Ereignisse in der Erinnerung zu behalten oder sie der Nachkommenschaft zu hinterlassen, dann gehört zu ihren Uranfängen auch die Gewohnheit mancher Völker, sich durch Aufheben besonders zugerichteter Gegenstände einzelne Begebenheiten ständig zu vergegenwärtigen. Ein kaukasischer Volks stamm bewahrte, um das Andenken an gewisse Ereignisse lebendig zu erhalten, in den Häusern Hörner, Zähne, ja selbst Köpfe geschlachteter Tiere, auch Waffen und Kleidungs stücke auf. Die Reihenfolge und Ordnung dieser seltsamen Chronik wurde von den Häuptlingen bestimmt und an Festtagen dem Volke erklärt. Auch die Bibel Weitz von Gebräuchen zu berichten, die etwa unseren heutigen schriftlichen Verträgen — dem Sinne nach — entsprechen. Als Laban zu Jakob kam, um einen Bund mit ihm zu machen, richtete er einen Stein auf zu einem Male, und auf- seinen Befehl taten seine Brüder dasselbe. Den Steinhügel nannten sie Gilead, und Laban sprach die Worte: „Der Haufe sei heute Zeuge zwischen mir und dir." Auch die Hussiten haben noch (1424 in Prag) einen abgeschlossenen Vertrag dadurch „unterzeichnet", daß sie einen großen Steinhaufen zusammentrugen. Die noch heute geübte Sitte, Erinnerungsmale aus Steinen zu errichten, hat mit der früheren gleichen nichts zu tun. Sie wäre, wenn sie nicht meist der Pietät oder als blotzes äußerliches Erinnerungszeichen diente, in dem Zeitalter so vieler Verständigungsmöglichkeiten überflüssig, den Alten hingegen, denen andere Ausdrucks- und Wiedererkennungsmittel nicht zu Gebote standen, waren sie notwendig. Zu den Anfängen der Schreibkunst mutz auch das heute noch viel — besonders bet Seeleuten — angewendete Tätowieren des Körpers angesehen werden. Es war den wilden Völkern durchaus nicht allein Schmuck. Der junge Guajirosindianer schreibt seiner Erkorenen keinen Liebesbrief, aber er benialt sich zum Zeichen, daß er liebt, Gesicht, Arme und Beine rot. Mit schwarzer Farbe deutet er Trauer oder Rachsucht an, und mit Weitzer Farbe bekundet er feine Kampfeslust. Eine besondere und eigenartige Form der Mitteilung an andre Menschen, und zwar eine, die schon Anspruch auf einen gewissen Grad von Vollkommenheit machte, war die Knotenschrift. Sie fand sich bei den ältesten Völkern. Die Chinesen haben sich ihrer bedient, die allen Mexikaner, Peruaner und auch der Perserkönig Darius, der auf seinem Zuge gegen die Skythen dem Komman dierenden der an der Donau zurückgelaffenen Truppen einen Strick mit 60 Knoten zurücklieb und anordnete, täglich einen zu lösen. In letzterem Falle ersetzte das Knoten dokument den Kalender. Das Prinzip der Knotenschrist be stand darin, datz an eine Hauptschnur eine Anzahl einzelner Schnüre angeknüpst waren. Die Art der Verknotung und die Abstände der einzelnen Verschlingungen sollten den „Lesenden" bestimmte Gedankengänge und -Verbindungen erwecken. Im alten Jnkareiche hatte man die Kunst der Knotenschrift zu hoher Vollkommenheit entwickelt. Staatliche Knotenschürzer entsprachen nach ihrer Tätigkeit unseren heutigen Schreibern; sie hatten bei bestimmten Anlässen die Urkunden zu „schreiben" — Lie Knoten zu schürzen — und sie aus Erfordern „vorzulesen" — den geistigen Inhalt des Flechtwerkes zu erklären. Die Anwendung der Knotenschrift scheint einst weit verbreitet gewesen zu sein. Weltreisende haben sie in der Tatarei, auf den Südseeinseln, in Amerika angetroffen, und daß sie auch in deutschen Landen einst heimisch war, beweist der noch im Mittelalter bei einzelnen Stämmen geübte Brauch, Verträgen dadurch eine besondere bindende Kraft zu geben, datz die Parteien einen Knoten schürzten. Ein Ueberbleibsel jener Sitte ist Wohl die heute noch bekannte Gewohnheit, sich zur Erinnerung an bestimmte Vorhaben einen Knoten ins Taschentuch zu machen. Haben die aufgezählten Methoden der verschiedenen Völker, Gedanken sichtbar und dem Mitmenschen wteder- crkennbar auszudrücken, nur den Wert eines Provisoriums, so treten uns in den Bilderschriften der alten Aegypter, Chaldäer, Phönizier und Chinesen bereits verhältnismäßig vollkommene Schriftsysteme entgegen. Sie sind die eigent lichen Urahnen aller unserer heutigen Schriften. Die Schriftzeichen der alten Kulturvölker müssen, da sie den Gedanken nicht anders wiedergeben konnten, als daß sie den Gegenstand des Gedankens bildlich darstellten, überall die gleichen Grundformen gehabt haben. Man malte ein Auge, wenn man vom Sehen, ein Ohr, wenn man vom Hören, einen Fuß, wenn man vom Gehen etwas mitteilen oder in der Erinnerung behalten wollte. Aber je nach der Art des zum Schreiben verwendeten Materials entwickelten sich die Schriften nach verschiedenen Richtungen. Die Chinesen benutzten zum Schreiben, sobald sie über die primitive Knotenschrift hinweg waren, den Pinsel. . Seine Verwendung gab der chinesischen Schrift den noch heute bei ihr vorherrschenden Charakter der Schnörkelei. Die Eigenart der ägyptischen Schrift wurde bedingt durch das in Menge vorhandene prächtige Steinmaterial. Sie konnte sich, schon weil man sie zum Schmücken monumentaler Bauwerke benützte, als eigentliche Bilderschrift behaupten. Die Babylonier und Assyrer hingegen lebten in steinarmen Landstrichen, bauten ihre Häuser aus Lehm oder aus gebrannten Ziegeln. Sie mutzten ihre Schriftzeichen in den seuchten Lehm ritzen, und da sich bei der Bearbeitung dieses Materials mit spitzen Instrumenten ganz von selbst eine keilförmige Linie ergab, bildete sich allmählich die Form der Keil schrift heraus. In dem Maße, wie bei den alten Völkern der Gebrauch und die Kenntnis der Schrift zunahm, unterlag dieselbe mancherlei Vereinfachungen und Verbesserungen. Man malte nicht mehr, wenn man den Begriff Sonne darstellen wollte, einen Kreis mit einem Mittelpunkt, sondern wählte die handlichere und leichter herzustelleude eckige Form, in welcher man den Kreismittelpunkt durch den Mittelstrich ersetzte. Aehnlich wurde das Bildnis des Mondes, den man früher als Sichel schrieb, verbessert. Er erhielt die der Sonne nahekommende Gestalt mit einem nach unten ausgehenden Schweif. Aber auch die Ideenwelt der alten Menschen stand schon hoch genug, daß sie nicht mit der bloßen Wiedergabe gesehener Dinge auskommen konnten.