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Nellben-ttun-e UMe (Inteckglkings-keilcige 2»? weMrpi^-Seitunq (Amtsblatt) Morgenrot! Roman von Wilhelm o. Trotha. Jo M^MV^Aind, das weih ich nicht so genau, laß sie von einem der Herren, vielleicht von dem galanten Dragoneroffizier, erklären !" „Einverstanden, Liebste; nur male mir aber lieber diesen Herrn ab, damit ich ihn schon einigermaßen kenne, wenn er mir vorgestellt wird!" „Gern! Also höre: Er heißt Norbert dÄrtagnac und stammt aus einer sehr bekannten Familie; sein berühmter Ahn ist einer der drei Musketiere König Ludwigs XVI., die Alexander Duinas so wunderbar schön geschildert hat." „Ja, ich entsinne mich des Romans, du gabst ihn mir damals in Genf in der Pension zu lesen." „Was für ein ausgezeichnetes Gedächtnis du hast!" erwiderte die Französin, „siehst du, das und deine Herr- liche Gestalt habe ich immer bewundert!" „Närrchen, du warst überhaupt in mich verliebt, wie es eben ein Backfisch mit 16 Jahren in den euro päischen Pensionen meist zu sein pflegt." „Sag' mal, Veochen," und bei diesen Worten hörte Miß Ethel für einen Augenblick auf, ihr wunderbares Haar mit dem schneeweißen Elfenbeinkamme zu käm men — das tat sie stets selber, während ihre Zofe es nur aufstecken durfte —, „hat sich zwischen diesem Dragonerkapitän und dir etwa etwas angesponnen, oder hat einer eurer Priester den Bund ausfindig gemacht? Sag' mir nur die volle Wahrheit, denn du weißt doch, daß ich, allerdings stets ganz unabsichtlich, eine ge fürchtete Herzensbrecherin bin! Dir, Liebling, will ich aber unter keinen Umständen irgendwie ins Gehege kommen! Also — beichte!" „Zwischen dem und mir! Hahahahahahaha", lachte sie so laut und unschuldig, daß sie die nach folgenden Worte zur Bekräftigung gar nicht hätte hinzu zusetzen brauchen, denn sie sagte : „Nichts, mein goldenes Prinzeßchen! Den trete ich dir ganz ab! Mit Haut, Haaren und Herz! Erstere ist leicht gebräunt, die zweiten tiesschwarz und das Herz — hm " „Blutrot!" rief Ethel lachend und ging so auf den Scherz ihrer Freundin «in. „Gut!" fuhr sie dann in bester Laune fort, „ich werde mich nach Kenntnisnahme des Herrn Franzosen prüfen, für wen —" schwapp, warf sie einen Kasten, mit Geschmeide gefüllt, zu, daß es wie ein Schuß knallte, und das Gesicht von der Freundin abgew,andt, sagte sie: „Beuchen, es wird Zeit für dich, sonst bist du mir nicht schön genug beim Diner, und ich — geh» in mein Ankleidezimmer. Sie nickte d:r zunächst ganz verdutzt dasitzenden etzung.j - (Nachdruck verboten.) Freundin zu, gab ihr, noch einmal umteyrenü, einen Kuß und sagte mit schelmischem Lächeln: „Beruhige dich nur, Kind, dir, meiner liebsten Freundin, verheimliche ich nichts! Nach dem Essen ziehen wir uns früh in dein Boudoir zu einem ganz intiinen Schwatz zurück." Nun war Genevieoe vollkommen beruhigt, und auch ihre Eitelkeit war durch Ethels Worre befriedigt. Sie war wirklich der Amerikanerin beste Freundin, denn über Herzens- und Flirtsachen pflegen die Ameri- i kanerinnen, besonders die vom Schlage Ethels, anderen gegenüber nicht zu reden Beruhigt verließ sie die / Freundin und erschien fünf Minuten vor acht, Ethel / zum Diner abzuholen. Beide Damen stiegen in den List, der vom tiefsten Keller bis in den Söller desTunnes führte, und traten gleich darauf in den Salon ein, wo Graf de Ballerois, den wir ja schon vorweg beschrieben haben, auf die stolze, schone Amerikanerin zuschritt und sie begrüßte, sehr freundlich und familiär, dabei aber doch mit einem unverhohlenen Respekt in seiner französischen Leb haftigkeit. „Endlich sehe ich Sie einmal wieder, teuere Miß Wilcox! Ich hoffe, man hat Sie in meinem zwar alten, aber doch sehr bescheiden-großen Schlößchen Ihrer Stellung nach gebührend empfangen und untergeoracht! Darf ich Ihnen unseren einzigsten Gast am heutigen Abend, copimm cle^ uraxonü cle ^lsr/vLlls, oorstellen?" Bei den letzte Worten hatte er ihre Hand wieder freigegeben und machte in chevaleresker Weise dem jungen Franzosen Platz, der, wie der Hausherr, eben falls im Frack erschienen war, ihr nun eine durchaus elegante, aber doch etwas gezierte Verbeugung machte, um dann mit einem kameradschaftlichen Händedruck die Tochter des Hauses zu begrüßen. Man fand keine Zeit, eine Konversation zu be ginnen, denn der alte Diener des Hauses, ein Mann von den feinen Manieren eines Bedienten altadeliger Häuser nach dem aveien re^-ims, öffnete lautlos die große Flügeltür zum Speisesaal und sagte, indem er sich würdevoll verneigte: „Herr Graf, es ist serviert." Graf Ballerois bot Miß Wilcox, der französische Dragoneroffizier Mademoiselle Genevieve den Arm. und man ging zu Tisch und nahm Platz. Die Unterhaltung kam sehr schnell in Gang, da sich niemand der kleinen Tafelrunde einen besonderen' Zwang auferlegte und Mühe gab, sich so einfach wie möglich zu geben.