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(Nachdruck verboten.) „Setz' dich, Franz, und brüll' nicht so laut, wir sind hier weder in^Pommern noch in Ostpreußen, wir sind hier im Elsaß und in — Mülhausen! Vergiß das nicht!" „Tja — leider!" Dann nahm er Platz und sah den Freund und Kameraden gespannt in die Augen. Blume fuhr nun ohne besondere Aufforderung fort, den vorhin abgerissenen Faden der Unterhaltung wie der aufzunehmen, und sagte: „Es ist mir aus sicherer Quelle mitgeteilt worden, daß morgen zu unserer Versammlung einige Mül häuser Großindustrielle, die sonst meist nur vorüber gehend aus Paris zu uns herüberkommen, erscheinen werden. Besonderen Wert legen sie darauf, unserer Kolonnenübung beizuwohnen. Ich bin der Führer der Roten-Kreuz-Kolonne hier in Mülhausen und will nicht, daß in den doch immer noch hochgespannten politischen Zeiten diese uns gänzlich fremden Herren auch da noch tiefer, als nötig ist, in die Karten gucken. Leider konnten wir ihnen, nach den Satzungen, die Aufnahme in den Verein nicht verwehren." Blume schwieg nun; er hatte das alles in kurz gehackten Worten herausgestoßen und machte nun eine Pause, als wolle er seine Gedanken ganz besonders sammeln. Krüger aber fragte, ohne die Mienen seines Freundes genauer zu beachten: „Na und? Und — was sagt unser Sanitätsrat dazu?" „Und? Ganz einfach: Ich halte keine Uebung ab! Der Sanitätsrat war mit meinem Entschluß vüll- kommen einverstanden, ist im übrigen auch sehr be denklich gestimmt." -„Sehr gut! Ganz meine Ansicht! Nu bin ich beruhigt", platzte Krüger heraus. „Ich freue mich, daß doch noch einige von uns die Augen offen haben und entschlossen handeln", setzte er, zufrieden weiterrauchend, hinzu. „Das Weitere besprechen wir im .Exil.' Man kann mit Spionen nicht vorsichtig genug sein." „Pah, Spione! Immer wieder und überall redet man davon. Diese Furcht ist geradezu eine Krankheit geworden. Es ist für ein Volk wie das unsere einfach lächerlich, sich solchen Gedanken bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit hinzugeben." „Larifari, Freundchen, sprich nicht so geringschätzig von der Sorte internationaler Lumpen! Du wirst sehen, daß sie in einem kommenden Kriege eine weit größere Rolle spielen werden, als wir biederen Deutschen es glauben. Denke nur an den beschämenden Fall Morgenrot! Roman von Wilhelm v. Trotha. (1. Fortsetzung.) aß dieFrauen mit ihrer Kleinlichkeit damit dem alten Vaterlande einen recht schlechten Dienst erwiesen, leuchtete nur sehr wenigen ein. Ganz vereinzelte nur verstanden, daß ihre Männer hier draußen an der Grenze „im Auslande" noch andere und vielleicht weit wich ¬ tigere Arbeit zu leisten hatten, als ihren Dienst zu tun, und sie standen den Frauen der anderen fremd und kühl bis ans Herz heran gegenüber. Sie allein beteiligten sich an der vaterländischen Arbeit und wurden deshalb oft doppelt so sehr angefeindet, wie ihre Kolleginnen. Ihnen aber hatte sich Lotte mit großem Eifer angeschlossen. Die beiden Männer waren allein in Blumes Zimmer zurückgeblieben. Krüger Halle sich eine Zigarre aus der bereitstehenden Kiste genommen und angezündet, um mächtig darauf loszurauchen, ein Zeichen, daß er sein ins Wanken geratenes Innere wieder in das nötige Gleichgewicht zu bringen strebte. So ganz echt kam dieser Zustand bei ihm höchst selten zum Durchbruch, aber dann war er doch ein wenig ratlos und aufgeregte Blume kannte diesen Zustand seines alten Freundes und ließ ihm ruhig Zeit, sich wiederzufinden. Krüger blieb mitten in seinem Tiger marsch, den er durch das Zimmer angetreten hatte, stehen und fragte neugierig: „Wollte die Kleine dich morgen mit in Lie Berge schleppen?" „Ja, alter Knabe! Aber wie nun die Dinge hier einmal liegen, mußte ich ihr. so leid es mir um das arme Kind tat — denn viel hat sie hier im Auslande nicht von ihrem Leben — abschlagen. Ich bin froh, daß sie an ihrem Bräutigam einen rechtschaffenen Mann gefunden hat, der sie in dem Einerlei dieses Trauer lebens hier im Reichslande ab und zu aufheitert; heiraten tun sie ja nach dem Harz, wo er Förster werden soll. Morgen," fuhr er nach einer kurzen Pause fort und betonte das, „morgen" besonders, „darf ich auf keinen Fall fehlen, denn die diesjährige Haupt versammlung unserer Kolonne vom Roten Kreuz ist von hoher Bedeutung, und" setzte er mit erhobener Stimme hinzu, „sonst passiert da irgend etwas, das uns sehr schwer schaden wird." Krüger stellte seinen Tigermarsch ganz plötzlich wieder ein, nahm mit einem heftigen Ruck die Zigarre aus dem Munde, und indem er den Freund sichtlich betroffen anstarrte, schrie er dem anderen förmlich zu: „Harrjäh Mahnchen, deshalb komme ich ja ebend zu dir." Sie Abendstunde Säglicbe Ontep^ltungs-Keilgge M MMpitL-Sei-rmg (Amtsblatt)