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888E^S/^ herüber?" 1. Kapitel Wetterleuchten. ater, haben unsere Rosen schon ein mal in so blutroter Pracht, wie in diesem merkwürdigen Sommer 1914, geblüht ? Winken nicht auch die tannen- besäeten Berge des Wasgenwaldes so eigenartig wie Trauerschatten zu uns (Nachdruck verboten.) Das Wort „Blut" war gefallen, und eng verbunden mit ihm gesellte sich dann stets ein anderes bei — Krieg! Immer zur Sommerzeit tauchte es auf, um aber dann wieder aus aller Munde zu verschwinden, denn es schien doch den meisten ein furchtbares Wort zu sein! Im Sommer 1914 aber wollte und wollte es nicht aus den Spalten der Zeitungen verschwinden, und so eilte es immer und immer wieder von Mund zu Munde: Krieg, Krieg, Krieg! Immer noch herrschte tiefe Stille im Zimmer des alten Soldaten, als plötzlich von droben her, vom Wasgenwalde deutlich heruntergetragen scharfe Töne die heiße Abendlust zerrissen: Tack — tack — tack — tack — tack — tack — tack ging es. Eine kurze Pause! Und wieder hämmerte es wohl ein dutzendmal hintereinander. Hart, scharf und kurz waren diese neuartigen Töne, aber der Steuersekretär kannte sie, denn es blitzte freudig in seinen Augen auf. Langsam nahm er seine kurze Pfeife aus dem Munde und hackte förmlich die wenigen Worte heraus: „Hörst du's? Das sind unsere Maschinengewehre. Unsere Jäger sind auf ihrem Posten! Hm, tja, über haupt die Armee! Sie steht bereit. Gott sei Dank! Auf sie ist Verlaß, aber auch nur auf sie alleine!" „Auch ich habe in diesen Augenblicken an die Grünen und „Deinen Fritz natürlich gedacht, fiel der Alte ihr ins Wort. Verliebte denken nur an sich und ihre Interessen, andere Dinge sind ihnen ganz wurscht l Na, Kleines, habe ich recht oder nicht?" wandte er sich nun direkt an die Tochter. „Du bist! immer so derb Vater! Meinst du, ich hätte gar keine Gefühle für mein Vaterland?" „Hm, mein Kind, nu aber schlägt's doch drei zehn I So 'ne Frage wagt 'ne Soldatentochter an ihren ollen Vater zu richten! Hol' dich der Deibel, wenn dir dein Vaterland nicht über alles geht! Hm, na ja doch — Kind — hier —" „Siehste Vater, nun sitzt du selbst fest, denn hier im Elsaß, da ist eben nicht unser Vaterland! Wir sind Pflanzen, die man in fremden Boden gesetzt hat, und wir Menschen hler müssen täglich für uns und unser Ansehen in diesem Lande kämpfen; man denkt zu viel an sich." „Kind, Kind, hör' mir bloß mit deinen weisen Reden auf! Da komme ich einfacher alter Soldat „Lotte, Lotte, wenn du dir nur deine poetischen Anwandelungen in der Sprache abgewöhnen wolltest! Das ist nichts für so einfache Menschen, wie wir es sind." ' Der so sprach, war der Steuersekretär Anton Blume, und die junge Dame, der diese väterliche Zurechtweisung in mildem, freundlichen Tone zuteil wurde, war das hübsche junge Töchterchen dieses braven Mannes. Sie aber ließ sich nicht beirren, sondern antwortete in etwas vorwurfsvollem Tone, aber sonst mit entschiedener Selbstverständlichkeit: „Schau' selbst hinüber, Väterchen, ob ich recht habe, und betrachte meine lieben Pfleglinge hier unten im Garten nur genauer, dann wirst du selbst zugeben, daß ich recht habe. Rot sind sie, rot wie Blut und „Rot bedeutet: Die Liebe," fiel er ihr neckend ins Wort, und Pupurglut übergoß ihr liebliches, süßes Gesichtchen. „Was redest du da von Blut, Kind? Was soll das bedeuten? Was willst du damit sagen?" Ihr sonniges Gesicht, umrahmt von hellblondem Lockenhaar, aus dem ein Paar süße, vergißmeinnicht blaue Augen keck und doch unschuldsvoll in:die Welt schauten, wurde plötzlich ernster, und ihr Blick blieb, wie festgebannt, droben, am fernen Wasgenwalde haften. Nur ein leichter Seufzer entrang sich ihrer leicht schwellenden Brust. Der Alte, ein liebenswürdiger, netter Herr in den besten Mannesjahren, dem man aber sonst den alten Soldaten auf Meilen hin ansah, hatte sich während dieser kurzen Unterredung gemächlich sein Pseifchen gestopft und setzte sie nun, ans Fenster tretend, in Brand. Eigentümlich verschleiert war der Blick, den dieser AUtagsmensch da hinaus in den heißen Iuliabend gen Westen sandte, wo in dunkelem Blau die Berge sich gegen den rotschimmernden Abend himmel abhoben. Beide schwiegen jetzt. Woran dachten sie? Morgenrot! Roman von Wilhelm v. Trotha. Sie Abendstunde Rgliclie MerliMligs-keilgge M -Seillmg (gmkblstt)