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sFortsetzuvg.) (Nachdruck verboten.) «Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee.- Kriegsnovelle von R. O. Gottschall. Denkspruch. Der Mensch, Ser rm Ichevsnkencken 2ril such schminkens ge- linnl Ist, äer vermckrt Sss lledel unS breitet er weiter unä weiter; «der wer teil sul Seni Sinne bebsrret, Ser bilSet Sie weit sich. üoetde. seinen dürren Knochenfingern) auf die Gesichter der Verfolger. Eine Trompete schmetterte, eine Trommel wirbelte... Vorwärts, vorwärts! Und Hurra, Hurra! An der Spitze seines Zuges hatte Hans von Sitt die fliehenden Feinde erreicht, und nun ging's mit dem Bajonett dazwischen. Blut, Blut. . . das Gespenst des Krieges lechzte nach Blut! Jeder Widerstand wurde niedergeschlagen, nur vorwärts, vorwärts! „Blut, Blut!" heulten die Granaten; „stirb, stirb", sangen di« Kugeln. Das Kriegsgespenst spielte dem Lod ein Ernte lied. „Die Kompagnie hört auf. . weiter kam Hans nicht; eine tückische Kugel schlug ihn nieder. Er sank dahin, und über ihn weg brauste die wilde Jagd auf Leben und Tod. Nacht umgab ihn, die Schlafen hämmerten, ihm schwanden die Sinne.... Es mochte eine geraume Zeit vergangen sein, bevor Hans wieder erwachte. Das Schlachtgetümmel scholl noch zu ihm herüber, fern, immer schwächer werdend. .Ab und zu grollte noch der Donner der Geschütze; aber das war weit weg von ihm. Um ihn und in ihm Ruhe, tiefe Ruhe nach dem Sturm. <Ä konnte fich kaum rühren, so steif waren seine Glieder geworden. Am Hals aber rann ein schmales Bächlein herab . . . Blut! Eine kleine Oeffnung zeigte, wo. die Kugel hineingefahren war. Da lag er nun, der vor kurzer Zeit noch seinen Zug in die Schlacht führte. Seine Augen glanzten, er fieberte. . . Das väterliche Schloß tauchte vor seinem Geiste auf, und er sah die Gestalt seiner Braut langsam aus sich zukommen. Ausspringen wollte er und sie in seine Arme schließen. Aber ach! ein unsichtbarer Geist hielt ihn gefesselt. Dann sah er seins Braut weinen und wollte sie trösten, aber vergeblich. Die kalte Wirk lichkeit saß gleich einem Kobold vor ihm und glotzte ihn an. Angstschweiß perlte von seiner Stirn, und seine Wunde schmerzte. Da fiel ihm sein Lieblingslied ein . . . sein Schwanengesang! Er dachte an den Nachmittag und erkannte ein höheres Walten. 'Er versuchte seinen Arm zu bewegen, und mit Müh' und Not gelang es ihm, ein Stück Papier und einen Bleistift aus seiner Tasche zu ziehen. „Mein letzter Wunsch. . Hans fühlte sein Ende nahe; der Dod winkte ihm zu: „Komm, es wird Zeit!" Er sah ihn auf sich zu kommen. Schreien wollte er; aber der Tod berührte seine Lippen, und kraftlos fügte er sich. Jetzt aber ermannte er sich nach einmal und ver suchte zu schreiben. . auf meinen Grabstein . . . mein Lieblings- lied . . Seine Kraft war erschöpft, und im Fiebertraum glaubte er einen Engel hevabsteigen zu sehen, der ihm sanft die Augen zudrückte. Dann aber fühlte er sich erhoben in den Himmel . . . Seine Braut winkte ihm Abschied: „Dein ... auf ewig!" Matt lächelnd winkte er zurück: „Komm herauf! Meine Liebe dauert über dein Grab..." Sein Auge brach, und seine junge Seele flatterte in das Reich ihres ewigen Vaters. Sanft deckte ihn der Wind zu mit einem weißen Bahrtuchs, und sein Säuseln echote in die Christnacht hinaus: „Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee. . Trauer und Herzeleid waren in die Nachbarschlösser der Benkenfelder und der SittS eingekehrt. Hier weinte« Eltern um ihren Sohn, dort aber klaäe eine Braut um ihren Liebsten. Oft saß Lotts am Grabe ihres Bräuti gams, dessen sterbliche Hülle die liebevollen Ältern auS Feindesland heimhülen und in die väterliche Erde Hatton betten lassen, (Schluß folgte Sollte der Feind etwa . . .? Heute zur Christnacht? Er vermochte den Gedanken nicht auszusprechen. Da ertönten Kommandorufe; er sammelte seinen Zug, und marsch, marsch ging es in Gruppen durch den Sturmgraben nach vorn. Verflogen waren seine schwermütigen Gedanken, verflogen das Unheilvolle Schwanen! Jugendliches Feuer sprühte aus seinen Augen; Kampfesmut, Todes verachtung waren darin zu lesen... sie schienen das Spiegelbild seiner Seele, seiner Soldaten Seele zu sein. In der Rechten den Degen, in der Linken den Re volver, den jungen Körper leicht nach vorn gebeugt und vorsichtig über den Grabenrand lugend: so er wartete er den Feind. Auf der deutschen Linie fiel kein Schuß. Gleich einer Sturmflut schob sich die wirre Masse heran, voran englische Hilfstruppen, Kanadier, dahinter Engländer selbst. Das Schneegestöber hatte aufgehört, und so. hoben sich die Gestalten von dem Weißen Schneegewande der Erde leidlich ab. Ein wirres Geknalle, die Schlachtrufe der Kanadier und die dumpfen Schläge der feindlichen Batterien durchzitterten die Lust. Die Menschenflut schob sich näher; aber auf der deutschen Linie war es wie ausgestorben. Mann für Mann stand auf seinen Posten, bereit, den Feind zu emp fangen. Eben hatten die ersten Feinde die Verhaue der deutschen Linien erreicht, als es hier mit einem Schlage lebendig wurde. „Schnellfeuer! ruhig zielen!" Die Hölle schien losgelassen. Gswehrfeuer, das Laktak der Maschinengewehre, das Explodieren der Handgranaten und Minen, das alles vollführte ein nervenaufreibendes Konzert. Da blitzte es plötzlich in den deutschen Linien auf, und grelle Lichtkegel be leuchteten dieses grausige Schauspiel. Die Feinde stutzten, denn ein hoher Leichenwall türmte fich vor der deutschen Linie auf. Gräßlich. . . gräßlich, und die deutschen Maschinengewehre mähten unbarmherzig weiter! Der Feind wandte sich, er hatte genug. Glänzend war der Angriff abgeschlagen; nun hieß es, den Erfolg ausnutzen. Hans von Sitt sprang als erster aus dem Graben, sein Zug ihm nach, und mit Hurra ging's hinter dem fliehenden Feinde drein. Irgendwo, blies ein Trom peter das Angriffssignal, und so. wurde die Verfolgung allgemein. vorwärts, vorwärts! Mit Gott für Kaiser und Reich!" Hinweg ging's über den Leichenwall, scheußlich . . . arme Menschen.... Lebende zwischen Toten. .. Stöhnen, Schmerzensschreie, Todesröcheln. . . immer drüberhin, nur vorwärts, vorwärts! Ein Gespenst schien die Deutschen zu treiben, das Gespenst des Krieges und des Todes, (das Gespenst, das alles entnervt, da-; Menschen zu Hyänen macht). Nur vorwärts, vorwärts! Die Gesichter verzerrten sich, wurden entstellt. Entsetzen, unbeschreibliches Entsetzen malte das Gespenst (mit