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wie es nun kommen würde. Ihr lieber Pflegling würde nun von ihnen gehen — hin in das Land der Menschen, unter ihresgleichen zu leben — und zu leiden! Denn Notburga war viel zu sanft und mild, der Menschen harte und unfriedlich-e Art zu tragen —. sie würde zugrunde gehen müssen drunten — fern von dem Paradies ihrer Bergheimat, dem Reiche der Rein heit und Schönheit. Aber sie hatten kein Recht, die Menschentochter zu halten, wenn ihr Schicksal sie rief. Und da der Morgen des Abschiedstages für Arnulf kam, und er vor das Antlitz Fürstin Holdas trat, mit bleichen Zügen und zitternden Lippeü, wie einer, der von seinem Glück für immer scheiden muß, da stand Plötzlich Notburga an seiner Seite, faßte seine Hand und flüsterte leise und flehend: „Geh nicht, Arnulf, oder wenn du mußt, so laß mich mit dir gehens 'Ich fühle es, ich gehöre zu .den Menschen, und mit ihnen will ich nur leben. Du weißt den Weg zu ihnen, du kannst mich geleitens" — O, wie ward sein bleiches Antlitz rot, wie flammte sein mattes Auge auf! „Notburga!" jauchzte er. „Nicht hab' ich gewagt, zu dir zu sprechen von meines Herzens heißem Wunsche! Nun aber, da du selbst das Schweigen brichst — was gab' es Seligeres für mich, als dich zu führen, zu schirmen! Mein Heiligstes sollst du feinst und nie will ich von dir lassen!" Und er zog sie innig an sich. ' — (Fortsetzung folgt.) Gobineau über die Nationaleilelkeit der Franzosen. Graf Gobineau ist wohl der schärfste und doch zugleich gerechteste Kritiker gewesen, den die französische Kultur und die französische Nation in einem ihrer Söhne besessen. Der fortgesetzte Gegensatz Frankreichs gegen Deutschland, dem nach seiner Ansicht die Zrckunst gehörte, erschien ihm eine verhängnisvolle Rolle, die sein Vaterland um seine letzten großen historischen Möglichkeiten bringen müsse, und als einen Schritt weiter aus diesem Weg zum Ab grund würde ihm der neue Krieg erscheinen, wie ihm der von 1870 erschien. In einem Aufsatz „Gobineau über Deutsche und Franzosen", den der um die Gobineau-Forschung so hoch verdiente Professor Ludwig Schemann in den Grenzboten veröffentlicht, werden die jetzt wieder so lesenswerten Anschauungen des großen Rassentheoretikers über die Entwicklung des modernen Frankreichs ausführlich dar gestellt, und der Graf hebt dabei eine Erscheinung hervor, die er in erster Linie für das Unglück von 1870 verant wortlich macht, und die auch in dem neuen Kriege eine so wichtige Rolle spielt: die Nationaleitelkeit der Franzosen. Während sich in früheren Jahrhunderten die Franzosen noch einen offenen Sinn für die Vorzüge des Auslandes bewahrten, begann unter Ludwig XIV. jene Selbst vergötterung, in der das Volk dem verhängnisvollen Vorbild des „Sonnenkönigs" nachgab, und die ein ent sprechendes Sicherheben über und Sichzurückziehen von den anderen Völkern zur Folge hatte. Das übrige Europa trug allerdings dazu nicht wenig bei, indem es alles Französische verehrte und nachahmte. So machte denn im 18. Jahrhundert die gefährliche Isolierung Frankreichs weitere Fortschritte, und vollends durch den Rausch der Revolution wurden die Franzosen in dem Wcchne bestärkt, ihr Land sei zum einzigartigen Welt- Heiland, zum höchsten Kulturbringer der Völker, zum obersten Hüter von Vernunft, Freiheit und Recht berufen. Der Wahn der Unbesiegbarkeit, der Glaube an eine geistige Ueberlegenheit, zwei Dogmen, die ihren Ausdruck in den Schlagworten „gloüe" und „esprit" fanden, setzten sich in der französischen Volksseele derart fest, daß selbst der furchtbare Zusammenbruch des ersten Kaiserreiches diese Ideen nicht zu erschüttern vermochte. Die be- > ständige Unruhe, in der Frankreich fast durch ein.Jahr- hundert von Revolution zu Revolution, von einer -Re- > gierung zu andern taumelte, ließ das Volk nicht zur Be- - sinnung kommen, und so feierte die Nationaleitelkeit 1870 ' wieder ihre Orgien, so wie sie sie jetzt 1915 von ' neuem tut. Gobineau schildert bet der Betrachtung des Deutsch- Französischen Krieges in grellen Farben den Gegensatz , zwischen der beispiellosen Verblendung, die ganz Frank- ! reich erfaßt hatte, und der tatsächlichen Wirklichkeit. Daß - das Volk den Krieg wollte, widerlegt er gründlich und brandmarkt gebührend das schäm- wie würdelose Treiben der Presse, in der sich die Krankheiten des nationalen Wahnes stets am deutlichsten abgezeichnet haben. Die in Frankreich seit Jahrhunderten üblichen Ver- räterrufe, die grotesken Formen der Spionenschnüffelei, die so weit gingen, daß Gobineau einmal ein paar arme Taubstumme als höchst gefährliche Spione vorgeführt ! wurden, der Mangel an straffer Organisation, die zu- ! nehmende Verwirrung — all diese auch heute wieder beobachteten Symptome werden von Gobineau geschildert. Auch in dem Krieg der Republik sieht er keinen Ausdruck der Volksstimmung, sondern Mache, bei der die Re gierenden sich der verwerflichsten Mittel bedienten: Ver leumdungen der Feinde und falscher Siegesberichte. Dieser zweite Teil des Krieges war kein Volkskrieg, sondern eine Verhetzung der Massen durch jene dunklen Ehrenmänner und unruhigen Geister, deren Weizen in Zeiten der Revolution zu blühen Pflegt, und eine der wichtigsten Triebfedern jene nationale Eitelkeit, die so viel Unglück über Frankreich gebracht hat. —bl. Das Alter des Trauringes. Schon Plinius sagt, daß in vergangenen Tagen den neuen Eheleuten ein eiserner Ring zum Zeichen der starken und beständigen Treue ge geben worden sei. Denn wie der Ring kein Ende hat, so soll auch der Eheleute Liebe und Treue kein Ende haben, wie der heilige Ambrosius sagt: Hnnullus, guiä est abuä, ms» siucerae Läsi sixnaculum? (Was ist der Ring ander- als das Zeichen aufrichtiger Treue?) Daher wird der Ring an den vorletzten Unger gesteckt, weil, nach Pellius, von diesem Unger eine Ader zum Herzen, als dem Sitz der Liebe, geht. , Humor. Sieg oder Niederlage. „Warum ist denn Braun so ärgerlich?" „Ach, er hat seiner Frau erklärt, sie habe keinen Ge schmack, und da hat sie ihn von oben bis unten angesehen und erklärt, sie fange wirklich an, zu glauben, daß er recht habe." * Teures Spiel. „Meine Zeit," behauptete der Multi millionär, „ist 400 Mark pro Minute wert!" „Wirklich?" versetzte sein Freund. „Na, dann komm, wir wollen mal für 200000 Mark Golf spielen."