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Nr. 178 KkÄgr M Wrißnitz - ZMng Montag den 31. Juli 1916 abends 82. Jahrgang Zum ersten August. Seit zwei Iabren tobt nun schon dieser größte aller Kriege. Am 1. August 1914 war's, als es unumstößlich feststand, daß Rußland, vorgeschoben von der Entente, zum Schutze der Meuchelmörder von Serajewo den Welk brand entzünden werde. Wir erleben noch einmal wieder all die aufregenden und schlimmen Stunden, als zwischen 31. Juli und 1. August die Wage des Geschickes unauf hörlich hin und her schwankte, und sich jeder an den letzten Funkeu-von Hoffnung hielt, es möge sich schließlich doch nach alles zum Frieden wenden. Wir waren dann aber, als das Unvermeidliche feststand, Zeugen jener Be geisterung und jener Entschlossenheit trotz der Welt von Feinden, die sich zudem noch von Tag zu Tag vermehrte, durchzuhalten, möge da kommen, was da wolle. Unser gutes Gewissen und die Reinheit unserer Sache mußten uns ja den Endsieg bringen. Großes ist seitdem geschehen. Unsere Truppen haben im Verein mit unseren tapferen Verbündeten die herr lichsten Taten vollbracht, die die Weltgeschichte bisher ge sehen hat. Die gewaltigsten Uebermachten wurden ge- schlagen, und man braucht nur die Kriegskarte anzusehen, um festzustellen, wer sich bisher des Erfolges rühmen kann. Aber nicht nur zu Lande, zu Wasser und in der Luft war der Feind zu bekämpfen — er hatte sich ein furchtbares System ausgedacht, um den mit der Waffe unbesieglichen Gegner durch den Hunger zur Strecke zu bringen. Indes anch in dieser Beziehung hatten sich unsere Gegner verrechnet. Willig nahm das deutsche Volk alle Entbehrungen auf sich und erfocht auch im Wirtschasts- kampfe Siege, die denen auf dem Schlachtfelde in nichts nachstehen. So waren also alle die Bedingungen ge geben, die für einen Endsieg notwendig sind. Trotzdem hat sich wohl in manchen Stunden die bange Frage auf gedrängt, ob nicht schließlich doch alle Opfer vergebens gewesen sein dürften. Solches geschah vielleicht dann, wenn sich unvermeidliche Rückschläge einstellten. Denn immer wieder erhob sich der Feind von neuem. Ganz besonders aber jetzt, zum Beginn des dritten Kriegsjahres, rafft er alle seine Kräfte zusammen und läuft von allen Seiten gegen unsere Stellungen Sturm. In solchen Zeiten ist es gut, wenn mir uns vor Augen halten, was unsere Feinde bisher stets von ihren Unter nehmungen erwartet haben, und wie es dann in Wirklich keit aussah. Wir haben hier immer das Schauspiel erlebt, daß man in Ermangelung der Tat sich am Wort be rauschte. Was hatten unsere Feinde nicht alles von dem verflossenen zweiten Kriegsjahr erwartet! Zu seinem Be ginn hatten sie prahlerisch mehrere Offensiven angekündigt, die uns endgültig vernichten sollten. Was daraus ge worden ist, das haben uns ja die Tatsachen gezeigt. Unsere Front in Feindesland ist nicht nur festgehalten worden, wir haben sie sogar weiter hinausgeschoben und die feste Verbindung mit unseren Verbündeten hergestellt, die das Bündnis erst recht wirksam machte. Wie wenig unsere Kraft gelitten hat, das zeigt uns unsere Offensive vor Verdun, die wir weiterführen konnten, trotzdem die Feinde, wie sie sagten, nun zum letzten Schlage ausgeholt haben. Diese große Offensive der Feinde ist zwar noch im vollen Gange, aber alle Zeichen deuten schon darauf hin, daß auch sie keinen Erfolg haben wird. Was dann werden wird, liegt im Schoße des Schicksal?. Aber wir können allen Ereignissen der Zukunft ge trost entgegensehen. Auf militärischem Gebiete sind wir allen Möglichkeiten gewachsen. Dazu gibt uns die kom mende Ernte die Gewähr, daß auch alle weiteren Aus hungerungspläne unserer Gegner ebenso wie bisher ver geblich bleiben werden. Wir können also mit vollster Zuversicht den Ereignissen des dritten Kriegsjahres ent gegensehen. —. § Von den Kriegsschauplätzen. -j- vergebliche Angriffe der Engländer an der Somme.— Schwere Kämpfe auf der Ostfront. Großes Hauptquartier, den 29. Juli 1916. Westlicher Kriegsschauplatz. Im Somme-Gebiet fanden lebhafte Artilleriekämpfe statt. In der Gegend von poMres scheiterten starke eng- lische Angriffe, hart nördlich der Somme wurden Angrisss- versuche durch Feuer unterdrückt. Im Maas-Gebiet verlief der Tag ohne Infanterie- tiitigkeit. Englisches Feuer auf Französisch-Comines verursachte Verluste unter der Bevölkerung und großen Sachschaden, indessen keinerlei militärischen. Ein feindliches Flugzeug wurde bei RocNnconrk (nördlich von Arras) durch Volltreffer der Abwehrgeschütze heruntergeschossen. Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Geneialfeldmarschalls von Hindenburg. An der Front keine besonderen Ereignisse. Ansero Flieger griffen mehrfach mit Erfolg feindliche Truppcniransportzüge und Bahnanlagen an. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Auch die gestern früh noch nicht abgeschlossenen Kampfe an der ^ rout Skrobowa—Wygod«, sind völlig zu unseren Gunsten entschieden. Heeresgruppe des Generals v. LInsingen. Die Russen haben ihre Angriffe gestern auch auf Teile des Stochod-Abschnit»^ und die Front nordwest lich von Luct ausgedehnt. Ein nordwestlich von Sotul angesetzter starker Angriff wurde mit schweren Verlusten für den Feind abgemiesen; schwächere Vorstöße an an deren Stellen der Stochod-Front sind ebenfalls gescheitert. Nordwestlich von Luck ist es dem Feinde nach mehr- maligen vergeblichen Anlauf gelungen, in unsere Linien in der Gegend von Trusten einzudrlngen und uns zu veranlassen, die hier bisher noch vorwärts des Stochod gehaltenen Stellungen aufzugeben. Westlich von Luck ist der russische Angriff durch unseren Gegenstoß zum Stehen gebracht worden. Bei Awiniacze (östlich von Gorochow) wurde der Feind glatt abgewtese». Ein russisches Flugzeug ist südlich von perespH Lustkampf abgeschossen. Armee des Generals Grafen v. Bothmer. Mehrfach wiederholte russische Angriffe in der Gegend nordöstlich und südöstlich von Monasterzyska brachen unter großen Verlusten für den Gegner zusammen. Balkan-Kriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert. Am 26. Juli stürzte ein feindlicher Flieger aus Luftkampf über dem Dojran- See ab. Oberste Heeresleitung. (W. T.-B.) -f- Deutscher Luftangriff aus die Insel Zerel. Berlin, 28. Juli nachts. (Amtlich.) Die russische Flugzeugstation Lebara aus Zerel ist am 27. Juli erneut von einem Geschwader unserer Seeflugzeuge zweimal an- gegriffen worden, und zwar am frühen Morgen und am Abend. Trotz starker Gegenwehr sind gute Erfolge gegen die Station erzielt worden, Treffer und Brandmirkung in den Hallen wurden einwandfrei beobachtet, ein Haus der Flugstation ist abgebrannt. (W. T.-B.) -j- Russische Angriffe abgeschlagen. — Erhöhte Gefechts- täligkeit in Albanien. Wien, 29. Juli. Amtlich wird verlautbart: Russischer Kriegsschauplatz. Der Feind hat gestern seine Angriffe am ausgedehnten Frontabschnitt wieder aus genommen. Südlich des Dnjestr wurde der russische Anprall vor unserer östlich von Tlumacz verlaufenden zweiten Linie zum Stehen "gebracht. Nordöstlich und südöstlich von Monasterzyska führte der Feind bei Tag und Nacht ununterbrochen seine Angriffs kolonnen gegen die Stellungen der österreichisch-ungari schen und deutschen Truppen vor; er wurde überall zurückgeschlagen. Das Vorfeld ist mit toten und schwer verwundeten Russen bedeckt. — Ebenso scheiterten alle Versuche des Gegners,'bei Z w t n t a c z e durchzudringen. — Westlich von Luck gewannen die verbündeten Truppen einen beträchtlichen Teil des gestern aufgegebenen Geländes zurück. Zwischen der Turya und der von Rowno nach Kowel führenden Bahn wurden nach Ab wehr mehrerer Anstürme die noch vor dem Stochod stehenden Verteidiger hinter den Fluß zurückgenommen. — Ein heute früh nordwestlich von Sokul angesetzter russischer Massenstoß scheiterte unter großen feindlichen Verlusten. Italienischer Kriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert. -- Südwestlich von Paneveggio wurde ein Nachtangriff abgewiesen. Südöstlicher Kriegsschauplatz. An der unteren Bojusa erhöhte Gefechtstätigkeit. -s- Die Lage der Türken in Asten. Konstantinopel, 28. Juli, 8 Uhr abends. Haupt- quarliersbericht. Infolge der russischen Angriffe, die in der Richtung aus Bat- burt und Mamachatun gegen unsere Stellungen im Zentrum auf dem Südufer des Tschoruk unternommen wurden, führten unsere Truppen, indem sie sich In den hintereinanderliegenden Linien behaupteten und Gegenangriffe machten, einen geord neten Rückzug durch. Unsere Truppen aus dem linken Flügel nördlich des Tschoruk In der Küstengegenb zogen sich gleichfalls aus unseren Befehl und freiwillig zurück, indem sie der Bewegung des Zentrums folgten. Infolgedessen sind die Ort schaften Batburt, Gümüschkhane undErztndjan in die Hände des Feindes gefallen. Die Fortschritte, welche die Russen nur unter blutigen Verlusten erreichten, können unsere allge meine Lage an dieser Front nicht beeinträchtigen. Der allzusehr übertriebene Inhalt der russischen amtlichen Be richte über unseren Rückzug, der nur eine Notwendigkeit der Lage gewesen Ist, Ist ohne Begründung. Die Russen ver suchen, unsere Bewegung als Flucht darzustellen, aber es Ist her vorzuheben, daß unsere Armee nutzer zwei Mantelligeschlltzen, die durch das feindliche Feuer zerstört waren, nichts im Stiche ge lassen hat. Die Mitnahme der gesamte» Artillerie und des übrigen Materials beweisen die vollkommene Ordnung des Rückzuges, den unsere Armee aus bestimmten Erwägungen ausgenommen hat. Während dieser Operationen haben wir bei mehreren Gegen angriffen in verschiedenen Abschnitten eine große Zahl Gefangener gemacht. Der Verlust von Erzindjan ist bedauerlich, aber da es eine offene Stadt ist, wird er keinen Einfluß aus unsere allge meinen Operationen haben. Aus dem rechten Flügel in den Abschnitten vön Musch und Bitlis ist die Lage unverändert. Die von Zeit zu Zeit vom Feinde entwickelte Tätigkeit wird durch unsere Gegenvewegungen angehalten. Die russischen Streitkräfte, denen es gelungen war, den Abschnitt von Nevanduz zu erreichen, sind Infolge mehrerer für uns glücklicher Kämpfe von der Grenze verjagt worden. Von den drei Armeen, die wir auf einer sich von Süd- persien bis zum Schwarzen Meer erstreckenden Front ausgestellt haben, ist die des linken Flügels eIn wenIg zurück- g e b o g e n worden, und dies Ist von den Russen als ein großer Erfolg gemeldet worden. Dennoch rückt unsere Armee des rechten Flügels In Südpersien beständig vor, und die des Zentrums beherrscht vollkommen den Abschnitt von Aserbaidschan und die westlichen Gegen den der genannten Laubsch st. Die nächsten Operationen, die in kurzer Zeit stattfinden werden, rr-rden beweisen, wie sehr die Russen lich mit der Verbreit»»» vieler Nachrichten »an angeblich »ratzen ecrsoigen »verein ünv n-7- s-v- l»» täuscht haben. ' " -f- Reber Vie englisch-französische Offensive bringen die Wiener Blätter vom 28. Juli eine längere Abhandlung aus der Feder eines rumänischen Militär-' kritikers, der schon jetzt behaupten zu dürfen glaubt, daß der Durchbruch den Ententemächten nicht gelingen werde, weil in der Anlage der Offensive allzu ver hängnisvolle Fehler gemacht worden seien, vor allem durch die Vereinigung der französischen und der englischen Streitkräfte auf demselben Schlachtfelde. Trotz der großen Fortschritte der Technik werde auch heute noch der Kampf mit der Moral der Truppe entschieden. Hindenburgs Wort von den besseren Nerven sollte auch in Paris und London beachtet werden. Die Nervenkonstitution der Franzosen und Engländer sei aber so grundverschieden, daß keine menschliche Kraft oder Kunst sie ausgleichen könnte. Das richtige fran zösische Kriegssystem wäre, sobald der Moment zum Schlagen gekommen ist, ihn auch bis zur Vollständigkeit weiterzuführen und keine Pause zu machen. Aber Joffre sei von allzuwenig französischer Art. Alles Deutsche studierend und nachahmend, habe er jetzt wie der beschlossen, in der Sommeschlacht die Taktik der Deut schen bei Verdun anzunehmen. Dies passe den Engländern ganz gut, die in allem langsam vorgingen. Sie büßten nichts von ihrer Neroenkraft und Moral ein. Anders da gegen bei den Franzosen, wie sich schon in den Anfängen, der Sommeschlacht gezeigt habe. Sie seien vorwärts ge stürmt und weiter einseitig oorgegangen, während die Engländer im Schneckentempo exerziert hätten. Was aber bei einer so zerrissenen Offensivlinie alles geschehen könne, sei leicht einzusehen. Dies seien die Kardinalfehler, welche den Sieg der Entente unmöglich machten. s-s- Eine wertvolle Prise. Zu der kürzlich erfolgten Aufbringung des bewaff neten englischen Dampfers „Eskimo" durch einen deutschen Hilfskreuzer berichtet die Kopenhagener „Politiken" «us Kristiania vom 28. Juli: Ein norwegisches Torpedoboot hat festgestellt, daß die Aufbringung der „Eskimo" auf internationalem Gebiet erfolgt ist. Die „Eskimo" besitzt einen Wert von zwei Millionen Kronen. An der Versicherung der Ladung ist Norwegen niit 109000 Kronen beteiligt, der Rest entfällt auf England. -s- Versenkt! London, 29. Juli. (Reuter.) Die Mannschaften von acht durch ein deutsches Unterseeboot versenkten Herings- fischerbooten sind in Tynemouth gelandet worden. Deutsches Reich. Die Finanzmintster Oesterreichs und Ungarns, Exz. v. Leth und Exz. v. Teleszky weilten dieser Tage in Erwiderung des Besuches des früheren Neichsschatzsekretärs Dr. Helfferich in Wien zur Fortsetzung des bereits mehrmals wiederholten Gedankenaustausches der Finanzverwaltungendes Deutschen Reiches und Oester reichs und Ungarns in Berlin. Wie die halbamtliche „Nordd. Allg. Ztg." vom 29. Juli mitteilt, haben „die eingehenden Besprechungen die volle Uebereinstimmung in den zu verfolgenden Richtlinien aufs neue bekräftigt". -j- Greys Heuchelei. Auf den Aufruf des amerika nischen Präsidenten an alle kriegführenden Regierungen, über das H i l fsw e r k für Polen zu einer Verstän digung zu gelangen, hat soeben Viscount Grey geant wortet. Diele Erklärung ist nicht mehr und nicht weniger als der Versuch, die von Deutschland und Oesterreich- Ungarn besetzten Gebiete in das von der britischen Ne gierung gegen jedes Völkerrecht proklamierte System der Aushungerung Deutschlands einzugliedern. Wenn Viscount Grey die Verantwortung für die Folgen, die ein so ungeheuerlicher Plan für die Bewohner der besetzten Gebiete hat, der deutschen Regierung zu schieben will, so ist das eine britische Heuchelei, die sich durch besondere Durchsichtigkeit auszeichnet. (W. T.-B.) Ausland. -s- John Bust «nd die niederländischen Heringoreeder. Die von einer Deputation der Vereinigung der nieder ländischen Heringsreeder in London geführten Verhand lungen haben nach einer Mitteilung des Haager Korr.» Bur. vom 28. Juli zu keinem befriedigenden Ergebnis ge führt. Die Needervereinigung beabsichtige aber die Be ratungen wieder aufzunehmen. Man hoffe in wenigen Tagen den englischen Behörden bestimmte Vorschläge vorlegen zu können. Amsterdam, 29. Juli. „Nienws van den Dag" schreiben in einem Leitartikel über die Fifchereifrage: England steht jetzt endgültig vor der Wahl. Es hat etwas getan, was als der brutalste Fall von Seeraub gelten kann, den die Geschichte kennt. Es liegt nun an ihm, nicht an uns, zu beweisen, daß sein Anschlag auf unser freies Gewerbe nicht das ist, was er uns zu sein scheint. Gelingt ihm das nicht, so ist es mit Englands gutem Ruf aus. Es wird nie mehr Anspruch darauf eiheben können, von Vergewaltigung der Rechte kleiner Staaten zu sprechen. Es wird sich verkriechen müssen, und das Volkslied, das vor 1b Jahren bet uns gesungen wurde: „O welche Schmach für das mächtige England" kann wieder ip unseren Straßen erklingen. Kleine politische Nachrichten. Die zweIte holländische Kammer hat am 28. I»ll einen Gesetzentwurf, betreffend die Verteilung von LebensmiUel», ferner eineN"Kredü von 20 Millionen für die Verabreich»»» vo» , Lebensmitteln «nd «ine» Kredit für andere Ausgabe» angenommen j und sich hieraus vertagt. i -s- Lant dem Pariser „Tempo" übernahm der General Danglis, ehemaliger Krieg-Minister imter Venizelos, die Präsident- ischäft der venizeli st Ischen Milttärveretne: auch