Volltext Seite (XML)
«Fortsetzung.» (Nachdruck verböte».) die (Fortsetzung imgt.) ab- wie Anterm rotem kreuz. Novelle von C. G. Hebenstreit. schmeichelte so lange, bis er versprach, zunächst noch zuwarten. Sie hatte ihn wieder einmal besiegt, schon so oft. „Ah, das ist ja höchst erfreulich. Eins großa Sache?" „Na, und ob! Eine ganz große Sache sogar. Unsere Truppen haben soeben wieder einen gewaltigen Erfolg errungen, — Warschau ist in deutschen Händen! Wie bald wird das ganze schöne Polen vom Feinde befreit sein, und in Kurland geht es auch siegreich vorwärts, — nun ist es für immer vorbei mit den russischen Einbrüchen in unser Vaterland! Gott sei Tani! Aber- welche Opfer wird es wieder geiostet haben — es ist schrecklich! Na, es ist nur gut, daß du nicht mit dabei sein mußt, du bist ja nicht Sol dat !" „Was nicht ist, kann noch werden, Wera. Und wenn ich noch gerufen werde, dann muß auch ich gehen." „Um Gottes willen, Werner, sprich nicht so! Ich würde vor Angst vergehen. Ach, dieser schreckliche Krieg!" Werner trat an Wera heran und streichelte ihr beruhigend die erglühenden Wangen. „Errege dich nicht unnütz, Schatz! Noch ist es nicht so weit. Werbe ich wirklich noch eingezogen, kann das nicht mehr über raschen, das muß so kommen. Toch nun nimm Platz, laß uns in Ruhe darüber sprechen! — Sieh doch, Hun derttausende von Frauen und Mädchen haben schon ihr Liebstes hinausziehen lassen müssen und dürfen nicht verzagen — müssen standhaft sein, es" gilt ja das Höchste. Eine Riesenarbeit ist noch zu bewältigen, da heißt es, Mann für Mann einstchen für die Erhaltung des Vaterlandes. — Keiner, der fähig ist, darf fehlen — auch ich nicht, und wenn es sein muß, würde ich mich auch freiwillig stellen, um mitzutun." Weras Augen weiteten sich, erschreckt sprang sie von ihrem Platze auf. „Tas könntest du tun?" stieß sie hervor. „Nein, das darffst da nicht, das gebe ich nicht zu!" „Aber Wera, sei doch nicht so kleinmütig!" ver wies sie Werner ernstlich. „Tu müßtest eher stolz darauf sein! Ist es nicht etwas Erhebendes, für eine große, gerechte Sache männlich einzutreten? Nimm dir ein Beispiel an so vielen anderen!" Wera schüttelte unwillig den Kopf. Tann besann sie sich, daß im Guten ivoh! eher etwas zu erreichen sein werde, und 'verlegte sich aufs Bitten. Sic war an Werner herangetreten, schmiegte sich heftig an ihn und wieder trübe und unfreundlich gewesen — jetzt brach sich endlich wieder die Sonne sieghaft Bahn durch das graue Gewölk und gab dem ganzen Bild Leben und Wärme. In größeren und kleineren Trupps kamen die Ein berufenen und strebten ihren S andguarnercu zu, wo sie der Einkleidung und Ansbi.dung eingegengmgen — der Landsturm wurde noch eu'grzegen, wie seit Monaten Einige Tage später schlenderte Werner After Brühlsche Terrasse entlang, wo sich ein wunderbarer Ausblick auf den breiten Elbstrom und einen großen Teil der*Residenz bot — gedankenverloren schaute er dem lebhaften Treiben zu, Tie letzten Tage waren Denkspruch. linier §»ISst ist nicht ein sdgelonckeNet LtsnS. lonäern Ser krA- tigste Lei! Ser strtion leibst. 6r Kennt äsr MenSem vsn sintern Ständen nicht und hsit er Igr die grSdte Beleidigung. LI ü ch r r. schon. Andere, deren Ausbildung beendet war, benutzten den nochmal erhaltenen kurzen Urlaub und durchzogen in kleinen Gruppen die Straßen. Das Feldgrau herrschte vor, nur vereinzelt waren bunte Uniformen zu sehen. Nirgends war etwas zu sehen von Miß mut über das, was allen bevorstand — ein jeder war er füllt von hehrem, patriotischen Geiste und dem felsenfesten Vertrauen auf den endlichen Erfolg der guten Sache. Ueberall Zuversicht und frischer froher Mut — da konnte es wohl nicht fehlgehen. Werner stieg langsam Lie breiten Terrassenstufen herab und überlegte, was er tun sollte. Nach Hause zurück? Nein, dort litt es ihn jetzt doch nicht, er mußte unter Menschen sein. Eben wollte er den Schloßplatz überschreiten, als er wie angewurzelt stehen blieb. Hatte er eine Vision? Sein Blicke hingen unverwandt an zwei Angehörigen des Roten Kreuzes, die vom Residenz schloß herkamen. Neben einem Krankenträger schritt eine junge Pflegerin in der kleidsamen Schwestern tracht, über dem reichen dunkelblonden Haar die feld graue Haube. Werner stand wie erstaart. War es möglich? War sie es 'wirklich? Ja, es war keine Täuschung, sie war es — Marga Wolmers! Sie führte eine lebhafte Unterhaltung mit ihrem Begleiter und achtete nicht auf ihre Umgebung. Erst als sic dicht heran war und Werner fast streifte, blickte sie auf. Ein jähes Erkennen ging über ihr hübsches, jugendfrisches Gesicht, Tann folgte tiefe Blässe. Ein leichtes Neigen des Hauptes . . . sie war vorüber, ehe er noch grüßen konnte. Wie betäubt blickte Werner hinterdrein. Zu plötzlich war dies Wiedersehen gekommen. Marga Wolmers! Zum erstenmal seit der Trennung sah er sie wieder — als Krankenpflegerin. Dem edelsten Werk der Näch stenliebe hatte sie sich gewidmet. Eine Flut von Ge danken stürmte auf ihn ein. Marga diente also auch schon dem Vaterlande, — ihr edles Herz hatte ihr geboten, so zu handeln. Oder suchte sie Vergessen ihres Seelenschmerzes? Ein edles, tapferes Mädchen . . . und er hatte sie von sich gestoßen. Eine heiße Sehnsucht nach Marga erfaßte ihn — eine Sehnsucht, die wohl ungestillt blieb, und er war selbst schuld daran. Nun blieb ihm weiter nichts übrig, als auch Vergessen zu suchen. — Entsann das ihm plötzlich so schwer schien, seit er Marga wiedergesehen! - Ta schoß ihm wieder sein Vorhaben durch den Sinn, freiwillig Kriegsdienst Zu tun. Was hielt ihn denn noch? Wera? Nein! Sie würde sich darin fügen müssen. Tas Versprechen, abzuwarten, hatte er einige Tage gehalten, — jetzt war die Sachlage ganz anders. Sein Plan wurde fester. Gedankenvoll schritt er über die König-Friedrich- August-Brücke, an dem hohen Standbild August des Starken vorüber, dessen vergoldete kraftvolle Gestalt in den Strahlen der sinkenden Sonne gleißte, die breite Hauptstraße entlang, und bald hatte er einen der Bahn höfe erreicht. Tie Zuaangsstraßen waren voller Ersatz truppen, die ihrem Abtransport entgegensahen. Ein Zug stand fertig zur Abfahrt, die Laderampe war von einer großen Menschenmenge umsäumt. Der Tren- nungsschmerz ward bald abgelöst von der allgemeinen Begeisterung. Tie braven Vaterlandsverreidiger mach ten sich den Abschied, leichter, sie waren frohen Mutes und sangen patriotische "Lieder. „Lebt alle wohl, es ziehn ins Feld — des Königs Grenadiere," so klang es herüber. — „Bald werden wir uns wiedersehn, so hat ; unser König gesagt!" lautete eine tröstliche Ver sicherung. Daun ein dreifaches brausendes Hurra, und unter dem Gelang der „Wacht am Rhein" setzte sich der Zug in Bewegung . . . voller Zuversicht erklang es vielhundertstimmia-: „Lieb Vaterland, magst ruhig i sein!"/