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In den schillernden Augen des alternden Mäü- stand auf. Er wagte es nicht, seine Frau zu verteidigen. stellen. Und eben darum kann man doch nur von Durch die Kinder ist einem erhöhten Glück sprechen. Wir aus- hier und als chens glomm halten konnte, hässig hervor, Person." Johannes etwas auf, das man für Schadenfreude „Das sieht ihr ähnlich!" stieß sie ge- „nur an sich selbst denkt diese verwöhnte „Dazu wäre jetzt der ungeeignetste Zeitpunkt. Denn Dora ist heute Rittner begegnet. Er will sich als meinen Protektor ausspielen und mir eine gutbezahlte Vertrauensstellung verschaffen. Dora ist Feuer Und dann saß er in der Wohnstube im Sofa, auf demselben Platz, wo Dora ungezählte Male hingebend in seinen Armen geruht und er geglaubt, sein Herz müsse zerspringen vor Seligkeit. Jetzt hatte er das gramvolle Gesicht mit beiden Händen bedeckt, wagte kaum, sich jener Zeit zu er innern. Doch nicht Doras Trotz noch ihre Parteinnahme für Bittner bereiteten ihm diese Pein, sondern die Vor ahnung kommenden Unheils. Als sei das entscheidende Wort bereits gesprochen, so sicher war ihm die Kündi gung. Entweder war er beim Chef verleumdet wor den, oder man konnte tatsächlich eine Arbeitskraft entbehren. Die Zeiten waren schlecht, auf eine neue Stelle kaum zu rechnen. Bittner bot ihm eine solche, nur zuzugreisen brauchte er, hatte es nicht nötig, auf seine Entlassung zu warten. Ihm war, als hole eine Riesenfaust zum Schlage gegen ibn aus. Er fühlte das unbarmherzige Schick sal, welches ihn niederzwang. Wie sollte er ankämpfen gegen die Uebermacht des unsichtbaren Feindes, des Mißgeschickes, das auf ihm lastete? Er sah es voraus, daß all seine Auflehnung nichts half. Aber nein! Wenn er nicht wollte, wer besaß die Macht, ihn zu zwingen! Keiner! Auch Dora nicht. Seine Gestalt straffte sich wieder. Mochte kommen, was da wollte, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Bittner trat er nicht! Das war sein fester Entschluß. Er stand auf und dehnte die Gestalt, dabei stieß er gegen das Paneelbrett über dem Sosa; eine Wolke von Staubflocken flog auf. Auch am Bilderrahmen entdeckte er eine dicke Staubschicht. Also hatte Ludmilla doch recht. Dora war nachlässig geworden. Auch diese Erkenntnis beugte sein Selbstgefühl, brachte etwas in ihm zum Wanken. „Es ist der Anfang vom Ende", dachte er, aber ihm war, als sei er jetzt schon von Dora getrennt und habe sie für immer verloren. (Fortsetzung folgt.) Ihre und Doras Liebe erst geweiht worden. Sie ist auch eine gute, treusorgende Mutter geworden, das muß der Neid ihr lassen. Sozusagen aus nichts weiß Dora etwas zu machen, ein reizender Anblick, sie in mitten ihrer Lieblinge zu sehen. Sie war bisher doch auch stets vergnügt und obenauf, ist das plötzlich anders geworden?" Steinberg sah bekümmert vor sich hin. „Natürlich kann ein Glück nicht dauernd in den Wolken schweben und braucht trotzdem von seiner Süße und Innigkeit nichts zu verlieren. Aber sehen Sie, ich biete Dora doch zu wenig! Ihre Persönlichkeit gehört in einen glänzenden Rahmen, sie darbt an meiner Seite. . . . Und . so zähe und ausdauernd ich auch bemüht gewesen bin, mich emporzuarbeiten, wie ich es ihr damals bei unserer Verlobung versprochen, ich habe nicht nur nichts erreicht, sondern bin beständig zurückgekommen. Das ist das trostlose Ergebnis meines langjährigen Strebens. Das drückt mich zu Boden." „Ach was, darum brauchen Sie noch lange nicht zu verzagen, und dann hat Dora doch nicht geheiratet, um einen endlosen Freudentag an Ihrer Seite zu ver leben. Sie tut nur ihre Pflicht, wenn sie tapfer mit- hilst. Bisher hatte sie es noch nicht nötig, spät und früh zu sticheln, aber wenn es wirklich erst notwendig sein sollte, dann hat sie immer noch alle Ursache, sich glücklich zu schätzen, denn sie hat einen braven treuen Flamme für ihn. Ich will lieber zugrunde gehen, durch die Gunst jenes Menschen zu leben." „Das mutet Dora Ihnen wirklich zu?" „Leider! Bittner hat ihr den Kopf verdreht, sind zum ersten Male in unserer Ehe in Unfrieden einandergegangen. Sie ist allein fort, und ich sitze und blase Trübsal." Mann und gesunde, schöne Kinder. Mehr kann eine Frau wahrhaftig nicht vom Leben verlangen." „Fräulein Ludmilla, Sie sprechen, wie Sie es ver stehen, erstens sind Sie nicht —" erschrocken schwieg Iohannes, doch das Fräulein vollendete den Satz ohne Prüderei. . . - - - '- ..... n-.;. „Ich bin nicht jung und schön", wollten Sie sagen, Herr Steinberg, „nicht geliebt und begehrt. Das stimmt. Um so parteiloser aber kann ich urteilen. Und ich behaupte, daß Dora die Lust am Schalten und Walten im Haushalt verloren hat, daß sie bequem ge worden. Schon der Kinder wegen wäre es Ihre Pflicht, Ihrer Frau einmal den Herrn zu zeigen, sie gehörig ins Gebet zu nehmen." er damals unsere Vaterstadt, in die er jahrelang nicht wieder zurückkehrte. Wir verlobten uns bald danach, noch während ich in der Uniform steckte. Auch mit der Hochzeit warteten wir nicht lange, denn ich hatte als Bank beamter eine gute Stelle gefunden. Wir waren glücklich, Fräulein Ludmilla, restlos glücklich. Selten ist Sterblichen so viel Seligkeit beschicken. Meiü heiß geliebtes junges Weib, meine traute kleine Häuslich keit, das war meine Welh in der ich vergaß, daß da noch eine Wirklichkeit vorhanden, die arglistig und grausam nach Opfern sucht. Ich glaubte damals, es müsse immer so bleiben, könne überhaupt nie anders werden. Wob! arbeitete ich im Geschäft gewissenhaft und fleißig, aber froh war ich doch, wenn die Bureau stunden um waren und ich nach Hause zu meinem Frauchen gehen durfte. Lachend warf sie sich mir in die Arme, wenn ich kam, immer gleich zierlich und reizend bereitete sie das Essen, ordnete sie den Haushalt. Wie ein König kam ich mir vor, wußte nickt, wie ich Dora dafür danken sollte, daß sie mir ein solches Götterglück schenkte. Ich trug sie buchstäblich auf Händen, las ihr jeden Wunsch aus den Augen. Ach ja, damals hatte auch Dora den Himmel auf Erden!" „Darin hat sich bis auf den heutigen Tag nichts geändert," äußerte Ludmilla, als Hans schwieg. Ihre Stimme klang aber so heiser, daß er überrascht auf schaute. Ihr Gesicht war fahl wie das eines Menschen, der große Öualen duldet." „Was fehlt Ihnen, Fräulein Ludmilla?" fragte er teilnahmvoll, „ist Ihnen nicht wohl?" „Sie machte eine Bewegung heftiger Abwehr. „Darauf achten Sie, bitte, nicht! Das geht bald vor über. Erzählen Sie nur weiter!" Hans schüttelte den Kopf und seufzte. „Damals waren unsere Empfindungen ins Schrankenlose ge steigert. Wir erlebten ein holdseliges Wunder nach dem anderen, das reizendste davon war die Geburt unseres ersten Kindes." Er stand auf, streichelte und küßte die lieben beiden Blondköpfe. „Das ist der reichste Segen, der uns werden konnte. Kinder zu besitzen, sie heranblühen zu sehen, ihnen von dem Besten, was in uns ist, das Beste zu geben, die heiligste, reinste Freude." Ludmilla wurde lebhafter. „Das kann ich mir vor-