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ISS (Nachdruck verboten.) bestraft hat als mit der Erteilung des schlichten Ab schieds mitten im Kriege, so habe ich das einzig dem zufälligen Umstand zu verdanken, daß ich noch vor dem Zusammentritt des Kriegsgerichts Gelegenbeit fand, auf meine eigene Hand eine Unternehmung aus zuführen, die uns einen erheblichen Erfolg brachte. Bei diesem Angriff wurde ich verwundet. Ein Granat splitter zerschmetterte mir den Unken Arm, und meiner soldatischen Laufbahn wäre damit ohnedies ein Ziel gesetzt worden. Abev in gewisser Beziehung bin ich noch ein Geächteter und werde es in den Au ren meiner Kameraden immer bleiben. Nun fragte ich dich noch eininal: Willst du es trotz alledem mit mir wagen?" „Bis in den Tod!" rief sie mit leuchtenden Augen. Und er wußte, daß nie ein Schwur ehrlicher gemeint gewesen war als dieser. — Ein sonderbares, ungewohntes Geräusch war schon während der letzten Sekunden an ihr Ohr gedrungen, ohne daß sie ihm in ihrer Weltvergessenheit Beachtung geschenkt hätten. Nun aber hob Arenberg den Kopf. „Was ist das?" rief er. „Ein Automobil mitten in der Heide! Und es nimmt, wie es scheint, die Richtung auf Langenhagen. Das wäre ja geradezu eine Fügung des Himmels. Denn mir war schon bange genug bei dem Gedanken, auf welche Art ich mein süßes, müdes Lieb in das Heidehaus zurück bringen sollte." Er sprang auf und lief dem großen Tourenwagen entgegen, der auf der schlechten Straße in einem sehr vorsichtigen Tempo fuhr. Glücklicherweise war es ihm möglich, durch lebhaftes Winken und Rufen die Auf merksamkeit des Fahrers auf sich zu ziehen. Der Mann brachte das Auto zum Stehen und wartete, bis der querfeldein eilende Graf herangekommen war. Arenberg sah, daß der offene Wagen zwei Insassen hatte, einen weißhaarigen alten Herrn von sehr sym pathischem Aussehen und eine etwas jüngere Dame mit angenehmen, sanften Gesichtszügen. Er zog seinen Hut, stellte sich vor und fragte, ob man geneigt sein würde, eine etwas erschöpfte junge Dame bis nach Langen hagen mitzunehmen. Da sagte der alte Herr: „Einem solchen Ersuchen müssen wir wohl um so bereitwilliger entsprechen, als wir selber keinerlei Der- fügungsrscht über diesen Wagen haben. Wir trafen ihn auf der Station Breitbrück und hörten von dem Fahrer, daß er nach Langenhagen bestellt sei. Da wir das nämliche Ziel hatten, baten wir ihn, uns mit zunehmen. Sie erlauben wohl, daß ich mich oorstelle: Stephan Holderegger — und Frau." Roman von L. Waldbröl. (42. Fortsetzung.) leine Närrin!"' lächelte der Graf. „Würde deinen süßen Mund geküßt haben, wenn in Wahrheit ein solches Hindernis bestände? Nein, Liebling, ich bin der freie unumschränkte Herr meiner Hand- lungen, und niemand kann mich . hindern, bei der Wadl meiner Lebens gefährtin einzig der Stimme meines Herzens zu folgen! Aber du fragst mich ja gar nicht, weshalb ich mich freiwillig aus den Gesellschaftskreisen verbannt habe, denen ich bisher angehörte. Fürchtest du denn nicht, daß ich etwas sehr Schlimmes auf dem Gewissen haben könnte?" Mit einem strahlenden Lächeln schüttelte sie den Kopf. „Nein, wahrhaftig, das fürchte ich nicht! Du kannst nichts getan haben, das in meinen Augen etwas Unverzeihliches wäre." „Aber du wirst es dennoch erfahren müssen! Sied, Margarete: ich war ein Soldat, wie seit Menschen gedenken alle meine Vorfahren Soldaten gewesen sind. Als Rittmeister in einem Kavallerie-Regiment zog ich in den heiligen Krieg, den unser geliebtes Vaterland jetzt um seine Existenz zu führen hat. Und ich hatte das Glück, gleich im Beginn des Feldzuges auf einen Platz gestellt zu werden, der mir die Möglich keit gewährte, mich mit dem Feinde zu messen. Ich errang eine ehrenvolle Auszeichnung und wurde mit der Führung einer Eskadron betraut. In dieser Eigen schaft nun habe ich mich eines schweren soldatischen Vergehens schuldig gemacht — des schwersten fast, das das Militär-Strafgesetz kennt. Ich habe einen mir übermittelten Befehl nicht ausgeführt und habe mit vollem Bewußtsein nicht nur den Vorwurf des Unge horsams, sondern auch den furchtbaren Verdacht der Feigheit auf mich geladen!" „Der Feigheit? — Du? — Nein, das glaube ich nimmermehr — auch wenn du selbst es bist, der es mir sagt!" „Ich danke dir für dies Vertrauen, aber die Tat sache bleibt darum doch bestehen! Ich erhielt den Befehl zu einem Angriff, und ich habe ihn nicht aus geführt, weil ich auf Grund besserer Erkundungen wußte, daß er nicht nur all den braven Soldaten, die meiner Führung unterstellt waren, das Leben kosten, sondern daß er auch vollkommen zwecklos sein und dem Feinde nur Nutzen bringen würde! Das mag eine menschliche Entschuldigung sein, eine militärische ist es nicht. Und wenn man mich nicht härter dafür