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(Fortsetzung folgt.) Ich arbeitete Und obwohl zu erübrigen ihn ganz zu war ich doch nicht vorbereitet gewesen, von nun an eigentlich nur noch für ihn. ich alles hingab, was ich nur immer vermochte, gelang es mir doch niemals. mir lastete, als daß ich unter meinen bisherigen Be kannten hätte weiterleben mögen, hatte ich mich noch vor der Verurteilung Bernhards mit meiner Frau hier her in die Heide-Einsamkeit zurückgezogen und hatte dabei den Namen meines Stiefvaters angenommen. Die Leute hier wußten nur, daß wir Verwandte der früheren Besitzer seien, und niemand kannte meinen richtigen Namen, so daß ich mich wenigstens nicht als der Bruder des Diebes und Bankerotteurs über die Achsel ansehen lassen mußte. Hier wurde uns dann auch unser Töchterchen geboren, und wir lebten ein Da sein stillen Glückes, da der dunkle Schatten, der durch Bernhards Schuld über meinen Lebensweg gefallen war, allgemach zu verblassen begann. Meine schon vorder begonnene schriftstellerische Tätigkeit setzte ich freilich unter meinem richtigen Namen fort; aber die einfachen Leute unseres neuen Umgaugskreises hatten von dieser Tätigkeit keine Ahnung, und für sie mag ich wohl so etwas wie ein harmloser Müßiggänger ge wesen sein. Die Sorgen und Kümmernisse nahmen erst wieder ihren Anfang, als mein Bruder seine Gefängnisstrafe verbüßt hatte, und als ich durch meinen Anwalt von seiner Freilassung erfuhr. Ich worin Voraussicht dieses Augenblicks und bei meiner Kenntnis von Bernhards Charakter ängstlich darauf bedacht gewesen, daß ihm mein gegenwärtiger Aufenthalt und der von mir an genommene Name verborgen blieben. Da aber voraus zusehen war, daß er ihn trotzdem bald herausgebracht haben würde, setzte ich mich sofort auf die Bahn, um ihn aufzusuchen und seinen Nachforschungen zuvorzu kommen. Von den Ersparnissen, die mir meine be scheidene Lebensführung bei dem ansehnlichen Ertrage meiner Arbeiten ermöglicht hatte, opferte ich ihm so viel, daß er sich mit Hilfe dieses kleinen Kapitals im Auslande recht wohl eine neue Existenz zu gründen vermochte, und er gab mir denn auch bei der Abfahrt aus der Hafenstadt, bis in die ich ihn begleitet hatte, das feierliche Versprechen, nie wieder nach Deutschland zu kommen. Ich gestehe, daß meine Öffnungen, er könnte durch seine furchtbare Erfahrungen zu einem andern, besseren Menschen gemacht worden sein, von vornherein recht gering waren. Aber auf den ununterbrochenen Er- vresserfeldzug, den er in der Folge gegen mich eröffnete, vorzugehen. Meine bisherige Nachgiebigkeit hatte ihm den Beweis geliefert, daß er viel wirksamere Waffen gegen mich in der Hand hatte. Und daran, daß er entschlossen war, von diesen Waffen Gebrauch zu machen, durfte ich allerdings nicht zweifeln. Da ich voraussah, daß es ein vergebliches Bemühen sein würde, ihn von Langenbogen fernzuhalten, mußte ich darauf bedacht sein, wenigstens diejenigen, die meinem Herzen teuer waren, vor einer persönlichen Be rührung mit dem herabgekommenen Menschen zu be wahren. Meine Tochter hatte ja bisher überhaupt keine Ahnung von seiner Existenz und von der Schmach, die er über seine Familie gebracht hatte. Diese Kenntnis mußte ihrer ahnungslosen jungen Seele auch für alle Zukunft erspart bleiben. Darum faßte ich in vollem Einverständnis mit meinem lieben Weibe den Entschluß, sie und Margarete für einige Wochen ins Ausland zu schicken. Ich hoffte ja noch immer, daß es mir gelingen würde, Bernhard zur Vernunft zu bringen, wenn ich hier mit ihm allein war. Und ich war selbstverständlich bereit, mir meine Ruhe und die Ruhe der Meinigen mit jedem Opfer zu erkaufen, das zu bringen ich im stande sein würde. Aber die Vorkehrungen, die ich zum Empfang des Besuchers traf, beschränkten sich allerdings nicht auf die zeitweilige Entfernung meiner Frau und meiner Toch ter. Und ich gebe jetzt freimütig zu, daß ich einen großen Fehler beging, als ich mich dazu entschloß, die Anwesenheit meines Bruders mit allen verfügbaren Mitteln geheimzuhalten. Das Schamgefühl, das mich dazu trieb, wird Ihnen ja vielleicht verständlich sein; aber ich hätte es überwinden müssen, da es mir und meiner armen Frau viel bittere Stunden erspart haben würde, wenn ich nicht durch die erste Heimlichkeit dazu gezwungen worden wäre, sine Reihe weiterer Hand lungen zu begehen, die meinem Wesen sehr wenig ent sprachen, und bei denen ich mich darum auch herzlich ungeschickt angestellt haben mag. An dem, was ein mal geschehen ist, ist jedoch nichts mehr zu ändern, und ich muß mich jetzt darauf beschränken, die Tatsachen zu berichten. Ich entließ also unter Vorwänden, die den Leuten sonderbar genug vorgekommen sein mögen, meine sämtlichen Dienstboten und behielt nur Frau Jürgensen und ihre Tochter zur Aufwartung bei, in der Hoff nung, ihnen die Anwesenheit eines Fremden für die wenigen Tage, die nach meiner Hoffnung Bernhards Besuch währen sollte, erfolgreich verheimlichen zu kön nen. Meinem Bruder aber telegraghierte ich, er solle bis zu der Station Vreitbrück an der anderen Seite der Heide fahren, wo ich ihn im Empfang nehmen würde. Wäre er über Mildenburg gekommen, wo mich jedes Kind kannte, so hätte von einer Geheimhaltung ja nicht mehr die Rede sein können. So aber gelang es mir in der Tat, ihn ins Heidehaus zu bringen, ohne daß er von jemandem gesehen worden wäre. Die Verfassung, in der er ankam, ging freilich noch sehr weit über meine schlimmsten Befürchtungen hin aus. Er glich 'n Kleidung und Gebaren mehr einem heruntergekommenen Vagabunden als einem Menschen aus den gebildeten Ständen, und das erste war, daß ich ihn in einen meiner Anzüge stecken und ihn auch sonst einigermaßen Herrichten mußte. Dabei nahm ich mit einem gewissen Schrecken wahr, wie erstaunlich ähnlich er mir in seiner äußeren Erscheinung gewor den war. befriedigen. Bis zu dem Zeitpunkt, da sich die letzte gräßliche Katastrophe ereignete, kam ich aus den Aufregungen kaum noch heraus. Und dann, an einem Junitage oor zwei Jahren, ereignete sich wirklich, was ich seit langem mit bangendem Herzen hatte kommen sehen. Ich erhielt einen in Hamburg aufgegebenen Brief meines Bruders, in dem er mir mitteilte, daß ihn die Unmöglichkeit, sich mit den von mir gewährten Almosen durchzubringen, gezwungen habe, nach Deutsch land zurückzukehren, und daß er sich entschlossen habe, nunmehr seine Ansprüche auf das widwrechtlich vorent- haltene mütterliche Erbteil mit rücksichtsloser Energie gegen mich durchzufechteu. Zunächst werde er nach Ldngenhagen kommen, um sich persönlich mit mir aus- einanderzusetzen und das Haus, das ihm allein zu stände, als Eigentümer in Besitz zu nehmen. Das Wettere würde sich dann finden. Selbstverständlich hatte er in Wirklichkeit nicht die geringsten Ansprüche. Er hatte own mir im Lauf der Jahre schon sehr viel mehr erhalten, als der ganze Nachlaß meiner Mutter, den Wert des Hauses mitein gerechnet, ausgemacht hatte, und jeder Gerichtshof würde ihn mit seiner vermeintlich« n Forderung ohne weiteres abgewiesen haben. Aber es war ihm natür lich auch gar nicht darum zu tun, g« nächtlich gegen mich