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Rr. 148 AM» M Dchnly Wim, Montag den 26. Juni 1916 abends 82. Jahrgang Zur Rechtfertigung der Zentral- Einkaufsgesellschaft. 's- Die am 23. Juni abgehaltene Sitzung des parlamen tarischen Beirats für Volksernährung wurde durch eine längere Rede ves Skaakssekrekärs des Reichs««»»» des Innern und Stellvertreters des Reichskanzlers Dr. Helfferich eingeleitet. Der Staatssekretär erörterte dabei in der eingehendsten Weise die Frage der Organisation der Lebensmitteleinfuhr und die Beschwerden, die neuerdings sehr zahlreich und mit großem Nachdruck gegen die Haupt trägerin der Einfuhrorganisation, die Zentral-Einkaufs- gesellschaft m. b. H. erhoben werden. Nicht willkürlich, sondern unter dem Drucke zwingender Notwendigkeiten haben wir uns zur Einschränkung der Freiheit der Ein suhr, die ja auch während des Krieges noch eine Zeitlang bestanden hatte, entschlossen. Die schrankenlose Freiheit der Konkurrenz beim Einkäufe im Auslands schlug durchaus zu unserem Nachteile aus und bedrohte schließlich den Fortbestand unserer Einfuhr an seinen Wurzeln. Dies aus mehreren Gründen. Einmal trat einem durchaus begrenzten Angebot auf den uns offen stehenden Märkten eine praktisch so gut wie schrankenlose Nachfrage gegenüber; die notwendige Folge war eine Preistreiberei ohne Grenzen. Während ferner uns als Abnehmern eine ausreichende Organisation und Zentralisation fehlte und öffentliche Ver waltungen, Gemeinden, Händler einander gegenseitig die schärfste Konkurrenz machten, war das verkaufende Ausland, teils unter britischem Drucke, man denke nur an den Niederländischen Ueberseetrust und andere ähnliche Ein richtungen, - weit besser organisier! und uns auch hierdurch überlegen. Die ohnehin dauernd vorhandene Ungunst der Marktlage wurde so noch außer ordentlich verschärft. Unter solchen Umständen wurde die Zentralisation der Einfuhr das unvermeidliche und unaufschiebbare Mittel der Ab hilfe. Sie wurde auch notwendig durch Vereinbarungen mit unseren Verbündeten, deren ungeregelte Kaufkonkur- s renz wir ebenso ausschalten mußten wie die unseres eigenen Handels, und sie wurde schließlich durch den Zwang gebieterisch gefordert, die eingeführten Waren nicht nur einzelnen Gegenden oder Verbrauchergruppen zukommen zu lassen, sondern im ganze» Reiche gleichmäßig zu verteilen. Daß die Zentralisation auch heftige Gegnerschaften auf den Plan rufen würde, war von vornherein selbst verständlich. Nicht nur private Handelsinteressen werden durch sie geschädigt, sondern es werden auch die beson deren Vorteile eingeschränkt, über die gewisse Gebiete durch altgewohnte und feste Einfuhrbeziehungen bei der Beschaffung ausländischer Waren verfügen. Außerdem widerstreben natürlich die ausländischen Verkäufer der Zentralisation, die es ihnen unmöglich macht, die ver schiedenen deutschen Käufer gegeneinander auszuspielen und ihre Forderungen stetig in die Höhe zu schrauben, j Den Widerständen gegenüber, die aus alle» diesen Quellen I entspringen, muß die Mahnung des allgemeinen Znleressos oberste Richtschnur bleiben. Dem Allgemeininteresse aber dient unter den ob waltenden, uns durch die Methode des gegen uns ge führten Wirtschaftskrieges aufgezwungenen Verhältnissen die Zentralisation am besten. Den „billigen" ausländischen Angeboten an private, j die übrigens allzuoft nur „freibleibende" Scheinangebote sind, die Tore zu öffnen, wäre auf die Dauer höchst schäd lich; denn durch sie soll in der Regel bloß in die straffe Zusammenfassung der Einfuhr eine Bresche geschlagen werden, und die schließliche Folge wäre die Wiederkehr der unhaltbaren Zustände, wie wir sie vor Einführung der Zentralisation hatten. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Zentralisation schließt freilich die Möglichkeit nicht aus, daß auf ein zelnen Gebieten unter besonderen Voraussetzungen eine gewisse Lockerung zugelassen, eine stärkere Heranziehung des privaten Handels gestattet werden kann. Wo das möglich ist, soll und wird es geschehen. Daß die Zentralisation die Einfuhr ergebnisse — sowohl bezüglich der Mengen wie der Preise — günstig beeinflußt hat, ist erwiesen. Der Staatssekretär legte ausführliches, statistisches Material vor, das auf allen wichtigen Jmpmtgebieten feit der Einführung der Zentralisation eine günstige Ent wicklung sowohl der Einfuhrmengen wie auch der Preise der Einfuhrwaren belegt. Aus naheliegenden Gründen entziehen sich die von dem Staatssekretär dem Beirat für Volksernährung mitgeteilten Einzelnachweisungen der Ver öffentlichung. i Der Staatssekretär ging dann auf eine Anzahl einzel ner Beschwerdefälle gegen die Z. E. G. ein, die in der Presse veröffentlicht worden sind, und wies aus Grund der von ihm veranlaßten eingehenden Nachprüfung nach, daß die Anklagen teils auf Irrtümer über die Tatsachen selbst, teils auf falscher Beurteilung der Zusammenhänge beruhen. Zum Schluffe betonte der Staatssekretär noch einmal, daß stetig mit der größten Gewissenhaftigkeit nnchgeprüft werde, ob in einzelnen Geschäftszweigen eine stärkere Beteiligung des privaten Handels zulässig wäre. Er werde für einen Abbau der Zentralisation eintreten, so bald und wo immer dieser Abbau mit dem Allgemein- inleresse verträglich sei. Von den Kriegsschauplätzen. -j- Wieder ein Panzerwerk vor Verdun genommen. — Fortschreitender Angriff in Wolhynien. Großes Hauptquartier, den 24. Juni 1916. We st kicher Kriegsschauplatz. Rechts der Maas brachen unsere Truppen, an der ! Spitze das 10. bayerische Infanterie-Regimen» „König" ! und das bayerische Infanterie-Leib-Regimen», nach wirksamer Feuervorbereitung auf dem Höhenrücken s ,»kalte Erde" und östlich davon zum Angriff vor, z stürmten über das panzerwerk Thiaumont, Vas ge- nommen wnrde, hinaus, eroberte» de» größten Teil s ves Dorfes Fleury und gewannen auch südlich der Feste Vaux Gelände. Bisher sind in die Sammel stellen 2S7Ä Gefangene, darunter SV Offiziere, ein geliefert. Auf der übrigen Front stellenweise lebhafte Artillerie-, Patrouillen- und Fliegertätigkeit. Bei Hanmont wurde ein französischer Kampfeindecker im Luftkampf zum Ab sturz gebracht; Leutnant Wintgens schoß bei Blamonl sein siebentes feindliches Flugzeug, einen französischen Doppeldecker, ab. Oe st licher Kriegsschauplatz. Russische Teilvorstöße wurden südlich von ZNuxt! und nördlich von widsy abgewiesen. f Ein deutsches Fliegergeschwader griff den Bahnhof Poloczany (südwestlich von Molodeczno) an, auf dem Truppeneinladungen beobachtet waren; ebenso wurden auf die Bahnanlagen von Luniniec Bomben geworfen. Bei der Heeresgruppe des Generals von Linsingen , wurde der Angriff bis in und über die allgemeine Linie Znbilno—Watyn—Zwiniacze vorgetragen. Hef tige feindliche Gegenangriffe scheiterten. Die Zahl ver russischen Gefangenen ist ständig im Wachsen. Bei der Armee des Generals Grafen Bothmer fanden < nur kleinere Gefechte zwischen vorgeschobenen Abtei- - lungen statt. s Balkan-Kriegsschauplatz. ! Nichts Neues. > Oberste Heeresleitung. (W. T.-B.) >s- Heftige Kämpfe in ver Bukowina. — Fortschritte in Wolhynien. . Wien, 24. Juni. Amtlich wird verlautbart: ! Russischer Kriegsschauplatz. s Vei kimpolung in der Bukowina wurde gestern heftig gekämpft. Im Ezeremosz-Tal drängte umfassen- -es Vorgehen österreichisch-ungarischer Truppen den Feind aus der Stadt kuty zurück. Nordwestlich von Tarnopol brach ein nächtlicher russischer Angriff in unserem Geschützfeuer zusammen. Bei Radziwilow wurden gestern vormittag abermals russische Anstürme ab geschlagen. Bei den vorgestrigen Kämpfen nördlich dieser Stadt hat die aus Nieder-, Oberösterreich und Salzburg ergänzte erste Landsturmbrigade wieder Proben ihrer Tüchtigkeit abgelegt. Die in Wolhynien fechtenden deutschen und österreichisch-ungarischen Streitkräfte ringen dem Feind nördlich von Lipa, nordöstlich von Gorochow und westlich und nordwestlich von Torczyn Schritt für Schritt Boden ab. Alle Gegenangriffe, durch zum Teil frische russische Kräfte, blieben für den Feind ohne Erfolg. Italienischer Kriegsschauplatz. Im Plöcken-Abschnttt setzte der Feind nach höchster Steigerung seines Geschützfeuers Infanterie-Angriffe gegen unsere Stellungen auf dem Lana-Joch und am Kleinen Pal an. Beide Angriffe wurden abgeschlagen. Sonst Lage unverändert. — Der Bahnhof von Ala stand untn hem Feuer unserer schweren Geschütze. Südö st licher Kriegsschauplatz. Unverändert. -s- Türkische Waffenerfolge. Konstantinopel, 23. Juni. Das Hauptquartier teilt mit: Untere mit der Säuberung Südpersieus beauftragten Truppen griffen am 21. Juni energisch die im Engpaß von Paitak, der von beiden Seiten von 1500 Meter hohen Bergen umgeben ist, verschanzten Russen an. Nachdem sie den Feind von dort vertrieben hatten, ver folgte» sie ihn weiter und rückten bis zur Ortschaft Servil vor, die sich 15 Kilonieter östlich von diesem Engpaß be findet. Die Verluste des Feindes bei der Verteidigung des Engpasses werde» als ziemlich hoch angesehen. An der Kaukasus-Aron» bemächtigte» sich auf dem linken Flügel unsere Truppen nördlich des Tschorok - Flusses am 22. Juni morgens nach Stürmen mit dem Bajonett des größten Teiles der russischen Stützpunkte aus einer über 2000 Meter hohen Bergkette. Der Feind hatte diese nach Süden zu stark befestigt. So haben wir auch in diesem Abschnitt unsere Stellung verbessert. Während des Kampses, der bis zum Abend dauerte, machten die Russe» große Anstrengungen, um die ver lorenen Stellungen wieder zu nehmen. Sie wurden aber ! jedesmal zurückgeschlagen und erlitten schwere Verluste. Wir machten bei dieser Gelegenheit 500 Gefangene — darunter 5 Offiziere — und erbeuteten 2 Maschinen gewehre mit ihrer gesamten Ausrüstung, eine groß» Menge von Zelten, Material und Lebensmittel. Sonst nichts von Bedeutung. -s- Deutsche Seepolizei. Wie die Kopenhagener „Berlmgske Tidende" berichtet, »Ind die beiden dänischen Dampfer..Hebe" und „Neftos", die mit Holzlndung aus der Ostsee kamen, am 23. Jun» von den deutschen Wachtschiffen in der Kögebucht an gehalten worden, unmittelbar darauf auch et» Stockholmer Dampfer. Die drei Dampfer gingen sodann südwärts ab, wahrscheinlich nach Warnemünde zur Untersuchnng. Auch ein vierter Dampfer wurde auf hoher See aufgebracht, seine Nationalität ist jedoch nicht erkennbar gewesen. Der dänische Dampfer „Alexandra", der gleichfalls angehalten wurde, erhielt nach Verlauf einer Stunde die Erlaubnis zur Welterfahrt. Vlisfingen, 24. Juni. Hier angekommene Fischer be richten, daß ein Danipfer der englischen Harwich-Linie am 23. früh um 3 Uhr von deutschen Torpedobooten beim Leuchtschiff Schouwenbank angehalten und nach Zee- brügge ausgebracht wurde.^ ! -s- versenk» t Bern, 24. Juni. Der Pariser „Temps" meldet: Der Dampfer „Mossoul" landete in Marseille 2 Offiziere und 20 Matrosen, die Ueberlebenden des im Mittelmeer ver senkten englischen Dampfers „Baron Vernon". — Laut dem Mailänder „Eorriere della Sera" wnrde der ita lienische Schoner „Mario" 30 Meilen vor Mallorca versenkt. s Deutsches Reich. -s- Hof und Gesellschaft. König Friedrich i August von Sachsen istam 23.Iuni in Wilhelmshaven f eingetroffen, um der Flotte einen kurzen Besuch ab- i! zustatten. !' -f- Reichslags-Ersatzwahi. Im Wahlkreise Reichen- bach-Neurode (Breslau 11) ist am 23. Juni der sozial- > - demokratische Kandidat Hermann Müller aus Berlin mit überwiegender Stimmenmehrheit gegen den freikonser- vativen Kandidaten Amtsgerichtsrat Krause-Naumburg jU gewählt worden; fünf Wahlbezirke stehen noch aus, die js- aber an dem Wahlresultat nichts ändern werden. -f- Tod eines preußischen Landkagsabgeordnelen. j Neurode, 23. Juni. Der Landtagsabgeorduete für Reichen- - bach-Neurode, Amtsvorsteher Geisler (Ztr.), ist, - dem „Neuroder Volksbl." zufolge, gestern im Alter von j 72 Jahren in Bad Kudowa einem Herzschlage erlegen. /! Ausland. -s- Ein »ordamerikanisches Blak» über die pariser Wirtschastskonferenz. Neuyork, 24. Juni. (Funkspruch vom Berichterstatter - oes W. T.-B.) Das „Journal of Commerce (Handels- , zeitung. D. Red.) bespricht in einem Leitartikel die Pariser Wirtschaftskonferenz oer Alliierten. Das Blatt verurteilt die Bemühungen, Deutschland nach der Wieder herstellung des Friedens wirtschaftlich zu boykottieren, und ! bezeichnet diese Bemühungen als ebenso unvernünftig, wie ; den den Zentralmächten zugeschriebenen Plan, ein sich wirt schaftlich selbst genügendes Mitteleuropa zu gründen. Das Blatt sagt: „Weder ein Erfolg des einen noch des anderen ! Unternehmens ist möglich. Beide entspringen einer ge- f radezu mitteralterlichen Auffassung der wirtschaftlichen ! Beziehungen zwischen den Nationen der Welt. Die Alliierten mögen die deutschen Erzeugnisse boykottieren, aber der übrige Teil der Erde würde sicherlich nicht aus f f irgendwelchen rein sentimentalen Gründen dasselbe tun. ' Die Erörterung der Methoden einer wirtschaftlichen Ein- - kreisung Deutschlands hat indessen das Bestehen scharfer Meinungsverschiedenheiten unter den Alliierten enthüllt. ' s > Tatsache ist, daß es, je mehr die Fragen besprochen wer- - den, um so deutlicher erscheint, daß die Alliierten sich selbst mehr schaden würden als Deutschland, wenn sie versuchen wollten, seine wirtschaftliche Wiedererstarkung unmöglich zu machen." -t- In Sofia trat am 23. Juni die Konferenz der Post - und Telegraphenverwaltungen des Vierbundes zur Verbesserung des militärischen und privaten Telegraphenverkehrs durch Vermehrung der Linien und Einstellung vervollkommneter Apparate zum ersten Malo zusammen. -s- Wie die Kopenhagener „Berlingske Tidende" meldet, wird j am 6. Juli in Kristiania eine Konferenz für das Zusammen-!^! gehender nordischen Staaten auf Wirtschaft-! lichem Gebiete zusammentreten; dle Konferenz bestehe aus ! ! Abgeordneten der wichtigsten Handelsorganisationen der drei nor- t bischen Länder. s -s- Nach einer Reuter-Meldung aus Belfast voin 23. Mai hat ! dle Konferenz der Nationalisten von Ulster sich für die An nahme der Vorschläge Lloyd Georges betreffend die o o r l ä u s i g e Regelung der irischen Frage mit 478 gegen 268 Stimme» entschieden. - Der „Frkf. Zig." zufolge wurde der Albanier Essad Top- tani (früher Essad Pascha) vom Kriegsgericht in Konstantinopel wegen seines Zusammengehens mit den Feinden des Sultanats und Kalifats in contumaciam zum Tode verurteilt und seine Güter i in der Türkei beschlagnahmt. Der Verurteilte hält sich seit feiner f vor etwa einem Jahre erfolgten Flucht aus Albanien in Paris auf. p - -i- Vom Neuyorker Vertreter des Wölfischen Tel.-Bur. kommt ein Funkspruch, der besagt, daß nach einer Beratung mit Roose- M velt der Senator Lodge erklärte, er glaube, Roosevelt werde Hughes unterstützen. .. ' k! Die Lage auf dem Gemüsemarkle. Ziemlich allgemein sind die Klagen über Mißstände > im diesjährigen Obst- und Gemüseverkchr. Waren es für - - die Vorjahrsernte die Erzeuger und Händler, die mit der Gestaltung der Gemüsehöchstpreise recht.'unzufrieden waren, > und listen demzufolge die Verbraucher indirekt durch schlechte Beschickung der Märkte, so sind es jetzt die Ver- braucher, die lebhafte Beschwerden über zu hohe Preise « und schlechte Marktversorgung führen. In der Tat sind die f s Preise, die mancherorts für Gemüse und Obst verlangt werden, ganz ungebührlich hoch, was um so schwerer emp- , funden wird, als gerade gegenwärtig der Verbrauch bei den ! ! täalicben Lebensmitteln mit Schwierigkeiten zu kämpfen > i !