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Zarinnen erkorenen Geniahlinnen boten, war für heutige Begriffe nichts weniger als beneidenswert; die Frau des Zaren führte eine wahre Harem-Existenz; streng wurde sie von der Welt abgeschlossen, und es gab kaum eine Unter- die zu Zariunenlebc» in alter Zeit. Das Leben, das ersten Zaren aus dem Geschlecht der Romanows ihren Haltung oder ein Vergnügen, das ihr frcistand. Der Zar wählte seine Gemahlin unter Hunderten von schönen Mäd chen aus, die aus allen Teilen des russischen Reiches von ihren Eltern nach Moskau geführt wurden. Das Mädchen, das dann vor dem Auge des Herrscl-ers aller Reußen Gnade fand, empfing vom Zaren ein Taschentuch und einen Ring; dann überführte man sie in das Schloß, und hier wurde das junge Mädchen der Obhut der Kammerfrauen und der Hof damen übergeben, um sich so schnell wie möglich den An forderungen ihrer künftigen Stellung anzupassen. Dann erfolgte die Ausrufung zur Zarin, in den kirchlichen Ge- beten mußte ihrer fortan gedacht werden, und selbst der Vater der Erkorenen, der von seiner Tockster nicht mehr anders als von der „Zarin" sprachen durste, hatte die strenge Pflicht, für sie zu beten. Die Eltern erhellen Titel und Würden, die immer Neid und Eifersucht bei den Hof leuten erregten, und so fehlte es denn auch nie an tausend fachen Intrigen gegen die junge Zarin. Die Geschichte ver zeichnet manche Fälle, in denen es dem Neide gelang, die Herrscherin schon vor ihrer Hochzeit oder wenige Tage später in Ungnade zn bringen. Als beispielsweise die Braut des Zaren Alexius Michaelowitsch, des Vaters Peters des Großen, eines Tages einen leichten Ohnmachtsaufall erlitt, verleumdete man sie als Epileptikerin, sie wurde verstoßen und mit ihrer Familie nach Sibirien verbannt. Wehe aber der Zarin, die ihren lieben Gemahl nicht mit einem reichen Kindersegen erfreute. Die Kaiserin, die nicht das Glück hatte, Mutter zu werden, mußte Tag und Nacht auf den Knien liegen und weinend den Himmel um Mutterfreuden anflehcn; sie mußte Wallfahrten unternehmen, Klöster besuchen, Zauberer, Gaukler und Aerzte befragen. Und blieben alle diese Bemühungen erfolglos, dann verstieß sie der Zar, und ihr Los war fortan das Leben einer Büßerin im Kloster. Doch auch am Hof« war das Dasein der Zarengattin recht freudlos. Mit Aus nahme ihres Gemahls und der ihr zugeteilten Hofdamen und Dienerinnen durste sie niemand sehen, mit niemandem sprechen. Von dem Leben der Welt erfuhr sie nichts. 'Selbst der Leibarzt hatte nicht das Recht, die Zarin sehen zn dürfen; war sie krank und bedurfte sie des Arztes, so mußten vorher die Fensterläden verschlossen und die Zimmer verdunkelt werden, und der Puls der Zarin mußte mit einer Binde umwickelt werden, ehe der Arzt ihn berühren durste. Die Kutschen, in denen di« hohe Frau zur Kirche fuhr, waren an den Fenstern mit dichte« Schleiern verhangen, und wenn die Zarin die Kirche betrat, umhüllten die Diener sie mit undurchsichtigen roten Gewändern. Bei offiziellen An lässen, beispielsweise beim Empfang eines fremden Ge sandten, mußte die Zarin bisweilen zugegen sein: hinter einem engen, maschigen Gitter verborgen. Nur am Oster tags hatte sie das Recht, den Patriarchen und einige hohe Würdenträger zu empfangen. Die Hofsitte schrieb ihr ihre „Lieblingsbeschäftigung" vor: weibliche Handarbeiten. Im übrigen durfte sie sich mit wohltätigen W rken und mit der Ueberwachung des weiblichen Dienstpersonals beschäftigen. Nur Eudossia, der ersten Gemahlin Peters des Großen, ge lang es, eine Aenderung zu erringen; sie setzte es durch, daß im Schloß Hof eine — Schaukel aufgestellt wurde . . , zu den Kosten der Haushaltung nichts beizutragen, er wurde von seinen Frauen ernährt, von denen er so wohl kleine Geschenke wie Taschengeld erhielt. Aber inzwischen hat bei den Menangkabaus das „Männer recht" gewisse Fortschritte zu verzeichnen, die Berührung mit der holländischen Kultur ist nicht ohne Einfluß geblieben: die Männer haben Arbeitsgelegenheit, können verdienen, ihren Verdienst für sich behalten, kurz, sie haben sich ein wenig von der Frau emanzipiert und eine gewisse wirtschaftliche Selbständigkeit erobert. Da mit ist es Brauch geworden, daß die Männer ihren Frauen Geschenke mitbringen, seien dies nun Kleider, Nahrungsmittel oder Geld. 'Das Gesetz schreibt dies zwar nicht ausdrücklich vor, aber die öffentliche Meinung gibt den Manu, der es wagt, das Haus einer seiner Gemahlinnen ohne ein ansehnliches 'Geschenk zu be treten, der allgemeinen Verachtung preis, und so gibt es auch nur wenige Männer, die sich dieser Pflicht entziehen. Tic Menangkabaus sind das glückliche Volk, das nur Liebesheiraten kennt. Aber freilich, ehe die wirt schaftlichen Fragen nicht geordnet sind, ist keine Heirat möglich. Haben zwei Herzen sich gefunden, so beginnen zwischen den Eltern Lm: Parteien langwierige Verhand lungen über die Höhe des Preises, den — die Braut oder deren Mutter schwerlich mehr als höchstens 300 —3ö0 für den künftigen Lebensgefährten ausgeben; ein Bräuti gam aus angesehener Familie muß freilich mit an nähernd 1000 bezahlt werden. Die Summe, die die Braut für Len Bräutigam bezahlt, muß dieser dazu benutzen, um einen Brautschatz anzuschaffeu und die HochKeitsfestlichkeiten zu bezahlen. Eine Scheidung bietet wenig Schwierigkeiten, doch muß der Akaun bei der Scheidung die Summe zurück zahlen, die er seinerzeit erhalten hat. Will ein Mann, der etwa Gemahl einer sehr reichen Frau geworden ist, sich nicht gutwillig scheiden lassen, "so geht die ehemüde Frau zum Richter, und hier stellt man den Mann an den Pranger, weil er sich nicht schämt, weiter in einer Familie bleiben zu wollen, die ihn loszuwerden wünscht. Nach der Scheidung verbleiben alle Kinder der Frau und nehmen auch den Muttcrnamen an. Auch im Erbrecht hat die Frau eine beherrschende Stellung: die Kinder erben das Vermögen der Mutter und Lie Hälfte der von Vater und Mutter gemeinsam erworbenen Güter; die andere Hälfte und das Vermögen des Vaters geht an die Kinder seiner ältesten Schwester über. Fast das ganze Land .gehört den Frauen, sie sorgen auch für die Bewirtschaftung, sie sind Familien oberhaupt und Verwalter Les Vermögens. Stirbt die Frau, so gehen mit ihrem Vermögen auch ihre Recht« und ihre Autorität in Ler Familie an die älteste Tochter über; ist keine Tochter vorhanden, so erbt die Tochter des älteren Bruders die Kommandogewalt im -Hause. Jede Frau, Lie keine Töchter hat, kann ohne Umstände ein Mädclsen als Tochter adoptieren, die dann den Namen der Adoptivmutter aunimmt und die vollen Rechte einer wirklichen Tochter erwirbt. Auch der Handel liegt bei den Menangkabaus fast ausschließlich in den Händen Ler Frau. —üb.— Humor. Zwei Sprachen. Er: „Hast du jemals gehört, daß Hampels Frau zwei Sprachen spricht?" Sie: „Allerdings." Er: „So, was spricht sie denn?" Sie: „Na, eine Sprache für Hampel und eine für andere Leitte."