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Dynnerstag den 4. Mai 1916. H«nn«rsdorf. Abends 1/28 Uhr Krirgsbetslunde. Rreiscka. Abends 8 Uhr: 80. Kritgsbetstund«. PpssenHorf. Abends 8 Uhr Krieg,betstupd«: Pastor Schneider. Reichstädt. Abends 8 Uhr Jungmädchenabend im niederen Gasthof. Freitag den 5. Mai 1916. Sadisdorf. Abends l/28 Uhr Kriegsbetstunde. Abends '/29 Uhr Frauenverein. Aus Feldpostbriefen. (Ick.) Geschrieben den 7. April 1916. Werter Kollege! Meinen besten Dan! für Zusendung der „W -Z." Ich freue mich immer, wenn ich Nachrichten au» der Heimat erhalte. In einem Artikel der „W.-Z." haben Sie vielen von uns au» der Seele gesp.ochen; er behandelte „Pietäls- losigkeit dec Franzosen" usw. und wurde darin amgesührt, daß die Franzosen ihre gefallenen Kameraden seit April vorigen Jahres nicht beerdigt hätten und erst deutsche Kameraden denselben eine Ruhestätte bereitet haben. Das stimmt. Auch des unq lagen die Leichen gefallener Fran« zosen vor und im Drahtverhau verstreut .... Auch hier haben deutsche Hände erst reinen Tisch gemacht. Eine Schande ist es für die Franzmänner, wenn sie zu feige sind, ihre Toten zu bergen; wir hätten sie bei diesem Liebesdienste gewiß nicht gestört. Hier hat man wieder einmal den Unterschied zwischen „Barbaren" und den „Trägern der Kultur". Immer und immer wieder muß man sich besagen über unsre morastige Gegend. Im März hatten wir zwar ein paar sonnige, warme Tage und alles atmete er leichtert auf. Doch ist unsre Hoffnung aus Frühlingr- wetrer über Nacht wieder zu Schlamm und Patsch ge- worden, denn über Nacht hat cs wieder einmal mit Mul den gegossen .... Loch man darf den Mut nicht sinken laisen und die Sache nehmen wie tie ist .... Frühling ist es bei uns nur dem Kalender nach, und ließen die kleinen gefiederten Sänger nicht ihr Lied erschallen, so verspürten wir hier davon nicht». Steht man am frühen Morgen auf Posten, so schmettern Amsel und Lerche ihr Lied. Und manchmal will mirs scheinen, als ob sie mich aussorderten, auch dem Schöpfer zu danken, daß er mich bisher am Leben gelassen, damit auch ich mit Helsen kann am Ge lingen des großen Ganzen. Schwere Kämpfe stehen noch bevor ... Das Artillerieduell bei B. ist vielleicht der An fang vom lknde dieses Weltendramas. Und möge das Schicksal uns gnädig sein, daß wir den Sieg behalten. Dann wollen wir Frühling feiern und uns wieder ein- finden daheim zu nutzbringender Arbeit. Werter Kollege! Anbei übersende ich Ihnen das Konterfei unserer Kampfgruppe. Wir sind noch sieben Kameraden und ein Korporal (stuck, jun.). Zwei Kame raden fehlen: der eine ist im Janu»r neben mir gefallen, es war ein lieber, guter Kamerad; der andere liegt noch im Lazarett. Ob er wieder zu uns kommt, weiß ich nicht; es steht schlecht mit ihm .... Wir find wie eine Familie und teilen alles, Freud und Leid; schlafen, essen und wachen miteinander. Einer ist aus den andern angewiesen, keiner weiß, was die nächste Stunde süc ihn in sich birgt. Da- rum halten wir auch so zusammen in Not und Tod Ihr ergebener Gustav Zobel. Belicht über den Schlachtviehmarkt in Dresden am 1. Mai. Nach amtlicher Feststellung waren aufgetrieben: 12 Bullen, 38 Kalben und Kühe, 187 Kälber, 12 Schafe und 47 Schweine, insgesamt 296 Tiere. Auf dem heu tigen Markte wurde das Handelsgeschäft zum I. Mal nach den neuesten Verordnungen des Kgl. Ministeriums des Innern vom 26 d. I abgewickelt. Sämtliches Vieh wurde zu Lebendgewicht und nüchtern gewogen bei Ge währung einer entsprechenden Tara gehandelt und mit Höchstpreisen bezahlt. Nur für minderwertige Tiere wurden bis zu 20 Mark unter den Höchstpreisen bezahlt. Geschäftsgang in sämtlichen Viehgattungen flott. Unver kauft blieb nichts. Letzte Nachrichten. Meuterei bei den englischen Ersatztruppen. Wien, 30 April. Die „Times os India" vom 28. März be ich:cl nach der „Reuen Fr. Pr.": Vom kommandierenden General der Expedition in Mesopotamien i t die Nachricht gekommen, daß ein Teil des 15 Lancerregiments den Ge horsam v-rwngcrt habe. Wegen Gehorsamsverweigerung wurden sie vor ein Kriegsgericht gestellt und zur Depor tierung oder längeren Gefängnisstrafen verurteilt. Rußland bangt vor einem deutsch-amerikanischen Krieg. Die „Kölnische Zeitung" melde! aus Kopenhagen: Aus Stockholm wird dem „Ertrablad" telegraphiert, in Ruß land sehe man ganz bekümmert einem Bruch zwischen Deutschland und Amerika entgegen. In den leitenden Kreisen Petersburgs mache man geltend, daß bei einem demsch-amerikanischen Konflikt für den Vierverband der Großlieferant an Waffe» ausscheide und daß der Untersee bootkrieg solche Formen annchmen könne, daß es den Alliierten unmöglich sein werde, ein Schiff in See gehen zu lassen. Wettervorhersage. Meist heiter, keine wesentliche Temperaturänderung, trocken. Frankreichs plötzliche Bescheidenheit. Genf, 2. Moi General Petain lag, so versichert eine Havasnote, die Absicht fern, den Gefechten nächst dem Nordabhang des Toten Manne» und nördlich des Dorfes Cumiens eine größere Ausdehnung zu geben. Dir fran zösisch« Methode bleibe, mit einem möglichst geringen Einsatz eine Besserung der Stellungen anzuftreben und die Bewegungen de» Gegners bei Verdun, wie anderwärt» aufmerksam zu beobachten Keine allgemeine Einführung von Fleischkarten. Berlin, 2 Mai. Das „Berliner Tageblatt" schreibt: Ein Berliner Blatt brachte in seiner gestrigen Abendaus gabe di« Mitteilung, daß di« Einführung von Fleischkalten für da» ganze Reich unmittelbar bevmstände, ferner, daß die Festsetzung von Höchstpreisen für alle Fleifchgattungen und andere einschneidende Maßnahmen des Reiches, ins besondere Beschlagnahme von Vieh zur Erreichung von stärkeren Marktzufuhren in Aussicht genommen seien. Wir werden von zuständiger Stelle ermächtigt mitzuteilen, daß die Nachricht von Anfang bis zu Ende aus den Fingern gesogen ist. Einzelne dieser Maßnahmen würden wahrscheinlich auch das gerade Gegenteil dessen erreichen, worauf es heute in erster Linie ankommt. Das Ende der irischen Revolution? London, l.Mai. Amtlich wird gemeldet: Alle Dubliner Rebellenfahrer haben sich ergeben. Die rumänischen Russophilen. Budapest, 2. Mai. Agenten der russophilen Propa ganda versuchen nach den wiederholten Mißerfolgen wieder ihr Glück. Für den 7. Mai haben sie eine Volks versammlung einberusen, für die der Chef der Agitation Simon Maudrescu, in den russophilen Blältern eifrig die Trommel rührt. Aus dem veröffentlichten Aufruf ist zu ersehen, daß die Volksversammlung weder einen ernsten Zweck verfolgt, noch ein konkretes Programm besitzt und nur dazu dient, Zwietracht zu säen. — Auf die Inter vention Take Ionescus hin wird demnächst eine neue russophile Z'itung erscheinen. Für die Zwecke des Blattes stehen eine Million Lei zur Verfügung. Englischer Ausrottungskrieg gegen Irland. London, 1. Mai. Die englischen Blätter enthalten umfangreiche Berichte über die Linzelheilrn der Aufstands- bewegung in Irland. Der Berichterstatter der Daily Mail, der die Zahl der Ausständigen aus 8000 angibt, schreibt, daß wenige von ihnen übrigbleiben würden, die nicht erschöpfen oder gehängt würden. Er müsse und werde noch mehr Blut vergossen werden, denn die Aufrührrr müßten vollständig ausgerottet werden. Die Arbeit hierfür schreite rüstig fort. Na, diese Logik stimmte überhaupt noch nie. Paris, l. Moi. Der Aufstand der Irländer ist einem Teil der französischen Presse sehr unangenehm, weil er die Legende zerstörte, daß England den Krieg zur Be freiung der unterdrücklen Nationen führe. Die sozialistische Presse aber kann es sich nicht versagen, die Engländer darauf aufmerksam zu machen, ob sie nicht gut tun würden, die Irländer in Zukunft zu schonen, damit derartige U?brr- raschungen wie setzt nnsbliebcn Eine neue österreichische Offensive? Lugano, 1. Mai Die italienische Presse mißt den Kämpfen in Südtirol große Bedeutung bei und kann eine gewisse Besorgnis vor den Plänen der österreichischen Heeresleitung nicht verhehlen. Der militärische Mitarbeiter des „Corriere della Sera" weist daraus hin, daß sich der Artilleriekampf im Llschtal zu immer größerer Heftigkeit steigert und als Vorbereitung zu einer großen österreichi schen Offensive betrachtet werden müsse. Die nächste Sitzung des Reichstages finde« voraussichtlich am Dienstag den 9. Mai statt. Die Steuerausschüsse des Reichstages nehmen ihre Arbeit be reits am 2. Mai wieder auf. Ein neuer beßarabischer Hafen? Bukarest, 2. Mai. Lie Russen wollen bei Charta in Beßarabien einen neuen Hafen für große Munitions- und Kriegsmateiial-Transporte anlegen. Marconi Mitglied des italienischen Kabinetts. Bukarest, 2. Mai. Die „Minerva" meldet aus Paris: Marconi wird demnäch't in das italienische Kabinett als Leiter des neuzuschasfendenLustschlsfahrls-Ressorl» eintreten. Na, dann nicht. Basel, 1. Mai. Havas meldet aus Rio de Janeiro: Die Verhandlungen über den deutschen Vorschlag, der da hinging, der brasilianischen Regierung zu erlauben, in der Form der Pachtung die deutschen Schilfe, die im Hafen von Bahia zurückgehallcn sind, unter der Bedingung zu verwenden, daß sie einzig und allein für die Küsten- schiffahrt benützt würden, werden nicht fortgesetzt, sie scheinen völlig aufgegeben woiden zu sein. Oder war es „diese Pest!"? London. (Amtlich) Die bewaffnete Pacht „Aegusa" und der Minenleger „Nastmtium" sind im Mittelmeer auf Minen gelaufen und gelunken. Die Offiziere beider Schiffe find gerettet, 13 Mann der Besatzung werden vermißt. Versenkt London. Nach ei? er Lloyd-Meldung ist der britische Dampfer „Leudonhall" (?) versenkt wordn. Die Besatzung ist gerettet. Ein Erdbeben wurde heute nacht etwa 12 Uhr 20 Min. in Wien und Judenburg beobachtet. Falsch ist nach dem Athener Vertreter der „Vosfischm Zeitung" die Meldung, die Vertreter Deutschland»,sOesierreich Ungarns, Bulgariens und der Hürhi hätten Skuludi» mitg«t«ilt, daß sie Athen verlassen fvürhen, sobald Serben auf griechischen Bahnen befördert würden. Aus Irland. London. (Reuter.) Als die Revolutionären au» dem brennenden Postgebäude Herausgetrieben waren, bedienten sich ihre Führer der Parlamentärflagge. Man schloß einen Waffenstillstand. Von allen wurden die Bedin gungen unterzeichnet mit der Aufforderung an alle, die Wassen niedrrzulegen. Dienstpflicht usw. usw. Rotterdam. Nach dem „Rolterdamfchen Courrant" sagt die „Time»": E» herrscht allgemein die Ueberzeugung, daß der Regierung nichts andere» übrig bleibe, als eine Ge- setzesvorlage für die allgemeine Dienstpflicht einzubrlngen. Die Arbeiterpartei hält eine solche für unvermeidlich. Die schottischen Gewerkschaften lehnten schon die jetzige Dienst pflicht ab, ebenso eine Londoner Arbeiterversammluog. Russische Soldaten auch in England gelandet. Haag, 2. Mai. Nicht nur Frankreich, sondern auch England ist jetzt mit einer Sendung russischer Truppen be glück! worden, wodurch das treue Zusammenhalten der Ententsglieder bewiesen werden soll. Line Abteilung Russen mit einigen Offizieren sowie eine Gruppe Munitionsarbeiter sind in England angekommen und am Freitag hat General Kitchener sie mit einer Ansprache begrüßt und sie dann besichtigt. Aber selbst die Engländer scheinen sich dieses Bluffs zu schämen, denn die Presse hat ihre Ankunft nicht gemeldet und nur ein einziges Blatt teilt die Besichtigung durch General Kitchener mit. Aus dem Reiche. Ein 73jähriger Kriegsfreiwilliger, der im Osten kämpfende Privatier Pakutz aus Kestert, wurde für seine Tapferkeit vor den Nüssen mit dem Eisernen Kreuz aus gezeichnet. Pakutz, der auch die Feldzüge 1868 und ! 1870/71 mitmachte, ist bereits Inhaber mehrerer Aus zeichnungen. Die deutschen Gefangenen und Vie spanische Sprache. Wie die Pariser „Opinion" mitteilt, haben die gefangenen deutschen Soldaten in Frankreich und Eng land sich seit längerem mit besonderem Eifer dem Studium der spanischen Sprache gewidmet. Sie hätten eingesehen, daß Deutschland nach dem Kriege für Absatzgebiete in Südamerika besorgt sein müsse und daß das beste sei, sich jetzt schon für diesen Fall vorzubereiten. Das 100. Zeppelinschiff ist, wie neutrale Blätter laut „Münch. N. Nachr." berichten, vor kurzem in Dienst ge stellt worden. Das erste Luftschiff wurde 1901 erbaut; es hatte einen Inhalt von 11 300 Kubikmeter. Das vierte, 1008 vollendete Luftschiff verdrängte bereits 18 000 Kubik meter, das Luftschiff „Deutschland" von 1910 nicht weniger als 19 000 Kubikmeter. Familienunlecstühung. Nach einem Erlaß des Mi nisters des Innern vom 10. April 1916 sind die Familien unterstützungen den Angehörigen der in den Dienst ein getretenen Mannschaften nicht nur sür die Dauer ihrer zeitweiligen Beurlaubung in die Heimat infolge Erkrankung i oder Verwundung, sondern auch für die Zeit einer kürzeren Beurlaubung zur Erholung, zur Besorgung häus licher oder wirtschaftlicher Geschäfte unverkürzt weirvrzu- zahlen. Drei Mädchen ertrunken. Am Sonntag in der siebenten Abendstunde kenterte bei Fürstenwalde ein mit s vier jungen Mädchen besetztes Boot, die eine Vergnüguugs- ' fahrt unternommen hatten, in der Nähe der Müllerschen Eisengießerei oberhalb der Fürstenwalder Kaiser-Wilhelm- Brücke. Eines der jungen Mädchen konnte gerettet wer den, während die drei anderen ertranken. Aus aller Welt. Hunde . yrige Zugehörigkeit Salzburgs zu Oester reich. Anläßlich der Gedenkfeier der hundertjährigen Zu gehörigkeit Salzburgs zu Oesterreich hielten am Sonntag i der Salzburger Gemeinüerat und die Beamtenschaft der Stadtgemeinüe eine Festversammlung ab, in der Vize bürgermeister Ott eine Huldigungsansprache hielt, in der er des segensreichen Aufschwunges des Landes und der glorreichen Herrschaft der Habsburger Krone in dankbaren Worten gedachte. Paul Schlenther -f-. Am Sonntag abend ist der frühere Direktor des Wiener Hvsburgtheoters Hosrat Dr- s Paul Schlenther einem schweren Leiden im Aller von 62 Jahren erlegen. Vor etwa zehn Tagen suchte er di« Privatklinik von Professor Israel in Berlin auf, wo er durch eine Operation Heilung zu erlangen hoffte. Schon damals war sein Zustand hoffnungslos. Abends gegen 7 Uhr ist Schlenther nun in der Klinik verschieden. Schlenther war am 20. August 1854 in Insterburg ge- baren. 1898 wurde er nach längerer Tätigkeit als Theater» kntlker in Berlin Direktor des Wiener Burgtheaters. Ein brennendes Ilngzeug. Ueber Saint Denis fing ein mit zwei Insassen besetztes Flugzeug in der Lust Feuer und stürzte ab. Hinzuellende fanden den Apparat und die Insassen schon völlig verbrannt. Falsch verstanden. Englische Zeitungen posaunen den nahen Erfolg des Aushnngerungsplans aus. In Deutschland, so berichten sie, hat der Mangel an Nahrungs- mitteln so sehr zugenomwen, das; die Leute zu wider- wärtigen Speisen greifen. Ihr Gewährsmann ist ein eng lischer Austauschgefangener. Er erzählte, daß er unzählige Male in Berlin den verzweifelten Schrei gehört habe: „Nu brat' mir eener 'n Storch!"