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(Nachdruck verboten.) a gab es mit einem Mal große Verände rungen hier im Heidehause. Der Gärtner wurde entlassen, und die beiden Dienst mädchen wurden abgelohnt, ganz außer der Zeit, und ohne, daß sie sich etwas hatten zuschulden kommen lassen. Der alte Herr hauste ganz allein und ließ keinen Memchen mehr zu sich ein. Ich mußte ihm an jedem Morgen die nötigen Lebensmittel bringen, die er mir immer schon an der Haustür abnahm. Er sprach bei diesen Gelegenheiten zu mir ebenso freundlich wie sonst. Aber es war ihm doch anzumerken, daß es nicht mehr dasselbe war wie früher. Er sah so bekümmert und niedergeschlagen aus, und manchmal wollte er mir ganz geistesabwesend Vorkommen. Das dauerte so ein paar Wochen. DannwurdemireinesMorgensauf meinKlopfen nicht aufgemacht, und ich stellte die mitgebrachten Sachen vor der Haustür nieder, weil ich meinte, der alte Herr sei auf einem Morgenspaziergang. Aber als meine Mutter gegen sieben Uhr abends an dem Hause vorüberkam, standen das Milchkännchen, die Eier und das Brot noch immer auf dem nämlichen Fleck, und da wurde ihr angst, daß Herrn Gotter etwas zugestoßen sein könnte. Auf ihr Klopfen erhielt sie keine Antwort. Und so holte sie sich einen der Gartenstühle herbei, um durch das Fenster einen Blick in die Wohndiele werfen zu können. Und da wäre sie, wie sie sagte, um ein Haar vor Schrecken heruntergestürzt. Denn sie sah Herrn Gotter dicht neben der großen Standuhr an einem Wandhaken hängen. Natürlich lief sie gleich davon und schrie das ganze Dorf zusammen. Die mutigsten unter den Männern schauten ebenfalls hinein und sahen das nämliche, was sie gesehen hatte. Aber niemand besaß einen Schlüssel zu der Haustür; und es hätte vielleicht auch keiner den Mut gehabt, hinein zugehen, wenn einer dagewesen wäre. Aber einer fuhr mit dem Rad nach Reinsdorf, wo die Gendarmerie station ist, und kam mit Herrn Möllmann, dem Wacht meister, zurück. Der fürchtete sich vor nichts. Er brach die Tür auf und schnitt den armen Herrn Gotter ab. Nachher kam dann auch der Arzt aus Mildenburg und sagte, der Tod müsse schon vor sechsunddreißig oder achtundvierzig Stunden eingetreten sein. Drei Tage später wurde Herr Gotter in Mildenberg begraben. ,/Seine Angehörigen waren natürlich zu dem Leichenbegängnis erschienen?" „Nein. Es hieß, Frau Gotter, die im Auslande sei, Habs wegen Krankheit nicht kommen können. Und es würde gewiß ein übles Gerede gegeben, haben, wenn nicht Herr Gotter einen Brief zurückgelassen hätte, worin er sagte, daß er wegen einer unheilbaren Krank heit aus dem Leben geschieden sei, und worin sehr viel Gutes und Liebes über seine Gattin und seine Tochter gestanden haben soll. Die ganze Geschichte hat damals ausführlich im Mildenburger Wochenblatt gestanden, und soviel ich weiß, hat die Mutter die Nummern , aufgehoben." „Dann wäre es mir lieb, wenn Sie mir diese Zeitungen im Lause des Tages zukommen lassen woll ten. Aber Sie müssen sie mir ganz unauffällig über geben, damit Fräulein Gotter nichts davon bemerkt. — Waren Sie nicht sehr überrascht, als Sie Fräulein Gotter gestern wiedersahen?" „Ueberrascht ist gar kein Wort. Die Mutter und ich, wir waren vollkommen sprachlos! In solchem Aufzuge. Und von Breitbrück über die Heidel Sie Sie muß mindestens vier Stunden für den Weg ge braucht haben. Und er ist beschwerlich genug selbst für einen rüstigen Mann." „Auf die Einzelheiten wollen wir uns jetzt nicht einlassen; denn die Zeit drängt, und die junge Dame kann möglicherweise in jedem Augenblick ein Lebens zeichen geben. Hat sie gestern zu Ihnen von ihrem Vater gesprochen?" „Ja — seinen Namen hat sie allerdings genannt." „Und hatten Sie nicht den Eindruck, als ob sie seiner wie eines Lebenden Erwähnung tat?" „Ja — diesen Eindruck hatte ich merkwürdiger weise in der Tat. Aber ich dachte, ich müßte sie wohl irgendwie mißverstanden haben. Und ich Hütte es für unschicklich gehalten, eine Frage zu tun, durch die so traurige Erinnerungen hätten aufgewühlt werden müssen." „Daran haben Sie ohne Zweifel sehr recht getan. — Man spricht mit einer Tochter nicht von dem Tode ihres Vaters, wenn man weiß, daß dieser Vater Selbst mord begangen hat. Diese Erwägung war es, die Sie abhielt, eine Frage zu tun, nicht wahr?" „Jawohl, gnädiger Herr!" „Im großen und ganzen wurde gestern über haupt nicht viel zwischen Ihnen gesprochen?" „Nein, Fräulein Margarete brannte ja darauf, in das Haus zu kommen. Und sie war so in Furcht, von jemandem im Dorfe erkannt zu werden. Ich be- gleitete sie zwar herüber; aber ich hatte mit der Her richtung des Schlafzimmers zu tun, während sie sich sogleich unten in der Bibliothek bei den Büchern zu schaffen machte. Dann schickte sie mich nach Hause mit M MI »es MIM Roman von L. N) alöbröl. (11. Fortsetzung.) Me Abendstunde VSgticbe Ontepbaltungs-Keiläge ruk weifteritL-Zeitung (Amtsblatt) » r „