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dem berühmten Wort „Kriegführen ist sondern eine Kunst" sagen wollte, daß Willens und der inneren Seelenkrast Frömmigkeit entspricht der Rat Leos, keine Wissenschaft, es,eine Sache des sei. Und Moltkes der Feldherr Möge Musterbild des Feldherrn sehen wir ja in Moltke ver körpert, und da hat sein ausgezeichneter Biograph Max Jähns darauf hingewiesen, daß sein Charakter Zug um Zug der Schilderung des Feldherrn entspricht, die der oströmische Kaiser Leo VI., der in der Geschichte bald der „Philosoph", bald der „Taktiker" heißt, entworfen hat. In seiner,, Summarischen Auseinandersetzung der Kriegs kunst", die die ganze Ueberlieferung der Antike ^usammcn- faßt, verlangt Leo folgendes von einem tüchtigen .Feld herrn: „Der Stratege soll gesund, einfach, in aller Ge nüssen mäßig, ehrlich, vorsichtig und klug sein. . Er soll mit hoher Bildung und vornehmer Denkweise vollkommene Uneigennützigkeit, menschenfreundlichen Sinn und Großmut verbinden. Er soll es verstehen, aus dem Stegreif treffend und genau zu sprechen, und soll womöglich auch von guter Herkunft sein. Falls die Umstände nicht drängen, fasse er seine Entschlüsse nur nach reiflichster und sorgsamster Erwägung. Hat er aber einen Entschluß gefaßt, so führe er ihn auch schnell und entschieden aus." Der letzte Satz ist Moltkes Wahlspruch: „Erst wägen, dann wagen." Ja, die Erläuterung, die Kaiser Leo diesem Satz gibt, erinnert noch unmittelbarer an die Losung unseres großen Strategen. „Bei der Erwägung eines Entwurfes behandelt Eure eigenen Gedanken mit Mißtrauen", sagt nämlich der Kaiser; „doch habt Ihr Euch einmal entschlossen, so schwankt und zaudert nicht, weil Euch etwa nachträglich noch dies oder das bedenklich scheint. Allzu ängstliche .Klug heit ist schädliche Schwäche." Frömmigkeit und Charakter stärke sind nach dem Urteil dieses byzantinischen Herrschers die Hauptmächte, mit denen sich der Feldherr verbünden muß. Und auch das ist ganz im Sinne Moltkes, der mit Das auf dieser antiken Weltanschauung aufgebautc Ideal Kaiser Leos behielt im Mittelalter und in der Renaissance seine Gültigkeit. Noch Macchiaveüis Forderungen, die in Vielem ganz modern sind und vom Feldherr» besonders Kenntnis der Landeskunde und der Statistik verlangen, fußen im wesentlichen darauf. Und die Grundlinien dieses Ideals ziehen sich durch alle späteren Schilderungen, durch die des Grafen Wilhelm Ludwig von Nassau so gut wie durch die Friedrichs des Größen. Innere Seeleugröße ver bunden mit äußerer Kraft macht den großen Feldherrn zuni bewunderten Vorbild der edelsten Männlichkeit, und deshalb werden wir noch heute in das begeisterte Lob einstimmen, das die Renaissance dem genialen Kriegsmanne zollte und das Leonardo Bruni in die Worte gefaßt hat: „Der größte Philosoph weicht dem großen Feldherrn. Im Ernste darf man Plato nicht mit Alexander, Aristoleles nicht mit Cäsar vergleichen. Tenn auf der Umsicht und Tatkraft eines guten Feldhecrn beruhen. Heil und Errettung des Staates! Leben und Freiheit, alles Teuerste und Höchste, läßt sich nur mit den Waffen behaupten! auf die Hilfe Gottes vertrauen: „Vergebens wendet ein Steuermann, wie gelehrt er auch sei, alle Mittel seiner Kunst an, wenn der Wind ihm durchaus entgegensteht. Ist ihm aber auch nur ein einziger Hauch günstig, so wird er ihn dankbar und klug benutzen und seines Schiffes Lauf mit ruhiger Sicherheit fördern." Das Idealbild Leos vom Strategen beruht auf den Gedanken und Forderungen, die griechische Philosophen schon viel früher aufgestellt hatten. Sokrates hat sich in seinen scheinbar so scherzhaften und in Wirklichkeit so tiefsinnigen Unterhaltungen viel mit der Feldherrnkunst beschäftigt. Es genüge nicht, so setzte er seinem Schüler Dionysodoros aus einander, die Lehren der Taktik zu kennen, sondern ein Feld herr müsse in noch tausend andern Dingen beschlagen sein; als der „Hirte der Völker", wie ihn Homer nenne, müsse er ebenso gut für das geistige wie für das leibliche Wohl seiner Soldaten sorgen und nicht minder in der Philosophie als in der Haushaltungskunst beschlagen sein. Auch Lenophon weist in seiner Khropädie auf die Mannigfaltigkeit der Kriegs wissenschaften hin, von denen die Anordnung zum Gefecht nur ein geringer Teil sei. In Anlehnung an diese altgriechischen Forderungen be zeichnet Cicero in seiner Rede über den Oberbefehl des Ponipejus als die Haupteigenschaften des großen Feldherrn Kenntnis des Kriegswesens Tüchtigkeit, Ansehen Und Glück, als seine besonderen Tugenden Fleiß in der Leitung, Tapfer keit in Gefahr, Zähigkeit im Handeln, Schnelligkeit im Ent schließen und Ueberlegung im Vorraussehen, als seine sitt lichen Vorzüge Reinheit, Mäßigkeit, Treue, Klugheit und Menschlichkeit. . . Das Fremdenelement im französischen Heer. Frankreich hat nie einen großen Krieg ohne fremde Söldner führen können. Von den Kapetingern an Lis auf den heutigen Tag zeigen sich in ununterbrochener Folge fremde Kriegcrscharen im Dienste Frankreichs. In den ältesten Zeiten waren es Schotten und Iren, welche die persönliche Leibwache der französischen Könige bildeten. Später waren Italiener dazu berufen, die Schlachtenreihen des französischen Heeres zu verstärken. Dann waren es schweizerische und deutsche Lands knechte, die in den Kämpfen Frankreichs gegen das Haus Habsburg auf französischer Seite Wunder der Tapferkeit verrichteten. Wie unentbehrlich gerade die deutschen Truppen dem französischen Heere waren, geht aus einer Mahnung an die deutschen Städte hervor, die Franz I. im Jahre 1544 er ließ, als Kaiser Karl V. den deutschen Landsknechten aufs strengste verboten hatte, in den Dienst des französischen Königs zu treten. „Dies so edle und blühende Frankreich", schrieb Franz I., „mit Euch, Fürsten Deutschlands, durch eine Art von Brüderlichkeit eng verbunden, erblickt Ihr jetzt angegriffen und abgesperrt von den heftigsten Feinden. Und um so großer Wut zu widerstehen, haben wir in unserem Land kein Fußvolk, weil unsere Vorfahren unsere Bauern mehr an den Ackerbau als an den Krieg gewöhnten. Deshalb bedürfen wir der Fremden, wie wir immer deren bedurften, wenn uns ein großer Krieg heimsuchte." Bei dieser Not wendigkeit, die französischen Heere durch fremde Truppen zu verstärken, ist es durch die Jahrhunderte geblieben. Welchen umfassenden Gebrauch Napoleon I. von fremden Truppen machte, wie viele seiner Siege er der Tapferkeit der fremden Truppen verdankt, ist bekannt. Und in unseren Tagen haben wir es erlebt, daß die französischen Fremden regimenter, in denen die Deutschen überwiegen, für Frank reich weite Länderstriche in Asien und Afrika eroberten; Tonking, Madagaskar, Marokko, diese weiten Gebiete, haben fremde Söldner für Frankreich gewonnen. Und jetzt, während des großen Krieges, müsse» fremde Völker den Franzosen helft».