Volltext Seite (XML)
^3 Mittwoch, den S. December. 8Ä7« Redigier und verlegt von C. M. Gärtner in Schneeberg und Schwarzenbetg. Gold-Perle. ' (Fortsetzung.) Philipp umarmt« Augusten, ohn« daß dies« Kraft über sich gewinnen konnte, ein Wort hervorzubringen; und der Wagen führte den Schüler mit seinem Beschützer davon. August« war ganz betroffen von dem, wa- sie gehört und ge sehen hatte. »Wie," sagte fie sich, nachdem sie lange über die Gefahr, in der ihr Liebling geschwebt, über die nutzlosen Anstrengungen, welche sie zur Abwendung der über ihn schwe- denden, drohen) en Gefahr, gemacht, und über die Leichtigkeit, mit welcher der Kammerherr so schnell Alles beseitigt hatte, nachgedacht; — „wie! ein Wort dieses Mannes hat bewirkt, was meine ThrLnen, was meine Verzweiflung nicht hat er wirken können! Was würde erst geschehen, wenif er in Phi lipp seinen Sohn erkennen sollte? Mit seinen glücklichen An lagen würde dieser Knabe, wenn ihm der Name einer großen Familie bctgelegt würde, zu Allem gelangen, Im Gegenthetl aber, wenn er der Neffe einer Handwerkerin bleibt, wird er auf jedem Schritte mit Widerwärtigkeiten zu kämpfen haben. und seine großen Anstrengungen ohne Erfolg bleiben. Ach! ich bin eine Unglückliche; ich liebe mein Kind nicht! nein, ich liebe es nicht.' Als nun der Sonntag kam, verlangte Goldperle, dir seit dem Tage, an welchem der Kammerherr ihr Philipp wie der zugeführt, das Bett nicht verlassen hatte, mit aller Kraft, von den Personen, die Sorge um sie trugen, aus dem Bett gehoben und angekleidet zu werden. Sie ließ sich dann zum Grafen führen, der lebhaft über ihr bleiches, leidendes Wesen erschrak. Auguste, deren Aufregung sichtbar war, antwortet« nur durch eine stille Thräne. Als Philipp etntrat, hatte fie nickt die Kraft, von dem Lehnstuhl, woraus man sie gesetzt, auszustehen. Sie nahm di« Schmeicheleien des braven, jungen Manne- mit Unruhe aus, und erwiderte nicht- auf die zärtlichen Worte, mit denen er fie überhäufte. „Aber, Tante, haben Sie sich auch bei meinem Wohl- thäter bedankt?" fragte er fie mit schalkhaftem Lächeln. „Ohne ihn, wäre ich auf ewig verloren gewesen!" „Du liebst den Herrn, Grafen wohl sehr?" fragte fie Nun mit Bitterkeit. „Nach Ihnen ist er mir in der Welt der Theuerste. „Du liebst ihn so sehr wie mich, ich bin dessen gewiß," antwortet« fie mit einem Anschein von Ruhe, obgleich die' Verzweiflung ihr Herz verbrannte. „Sie wissen recht gut, daß dies nicht möglich ist! Könnte ich wohl irgend Jemanden, selbst den Herrn Grasen, so wie Sie lieben?" „Ja, weil ich Deine Tante bin ... Aber wenn ich für Dich nur eine Fremde wäre..." „Und wa« würde da- au-machen? Haben Sie mich nicht ausgenommen, der ich verlassen und ohne Vater und Mutter war?! Haben Sie mich nicht unter tausend drücken den Sorgen erzogen? Um mich haben Die Kälte, Hunger und Entbehrungen jeder Art ertragen. Meinet»,gen, theure Tante, haben Sie in Schulden sich gestürzt; Tie, di« «in einzige- Wort den ganzen Körper erstarren macht, wie Sie sagen. O! nein! nicht- wäre im Stande auch nur im Gt- ringsten eine Aenderung in meiner Liebe zu Ihnen hervorzu- bringen. Wozu dient e« aber, über Unmöglichkeiten zu strei ten? Sie find meine Tante,, und ich Ihr Neffe; Ihr Neffe, der Sie liebt, und der sich bemühen will, durch die Kraft sei- ner Liebe den über seine thörtchte Aufführung herbeigesührten Kummer von ihrem entstellten Gesichte wieder äuSzulöschtN. Ich, ich habe Sie, kleine Tante! traurig und krank gemacht; ich habe mir darüber schon genug Vorwürfe gemacht; sein Sie dessen gewiß." Der güte Junge trocknete seine Augen. „Sei still," sagte sie, „weine nicht so! Umarme mich! umarme mich noch ein Mal. Erinnere Dich, daß Du meine einzige Freude in dieser Welt bist, und daß, wenn Du mich nicht mehr liebtest, ich mit eben so großer Verzweiflung, al- m'an sie nur auf dem Schaffott haben kann, sterben würde." „Kommen Sie," sagte der Graf, „wir haben nun ge nug von dieser Thorheit gesprochen. Sie ist brtgelegt, man hat fie ihm verziehen, nun möge fie auch vergessen sein." „Aber, Mutter Goldperle, wa- ist« jetzt mit Jhn«n, Sie find seit längerer Zett kränklich. Die scharfe Luft auf dem Pont-Neuf, und die von allen Seiten dort wehenden Winde taugen für Sie nicht, fürchte ich. Ich dachte, Di» würden sich besser in der Bude, die ich Ihnen habe bauen lassen, gefallen, und nun find Sie bleicher, als je; gar nicht gerechnet, daß der Husten Sie gar nicht mehr verläßt. Ich will mir von Ihnen einen Dienst erbitten, und eS könnte dann sein, daß, wenn Sie mir denselben, wofür ich Ihnen dann sehr verpflichtet sein würde, erweisen und mir eine Sorge abnehmen würden, ich einen bessern Wohnsitz al- auf dem eisigen Pont-Neuf Ihnen Vorschlägen würde." „Hören Sie mich an, und betrachten Sie nicht so eifrig das Portrait der Unglücklichen, das Ihnen etwa- sagen zu wollen scheint. Ich bin eS, der zu Ihnen redet. Mein Gärtner ist gestorben und hat eine Tochter von fünfzehn Jah ren hinterlassen, welche allein in der Welt dasteht. Ein fünfzehnjährige- Mädchen bedarf der Aufsicht, Uebernehmen Sie diese Aufsicht, werden Sie seine Mutter- Sie werden dort unten am Ende meine- Park'- wohnen, dort in dem niedlichen Pavillon. Da- junge Mädchen ist sanft und gut. Was sagen Sie zu diesem Plane?" „Ich sage, Herr Graf, daß Sie der beste und edelst« Mensch der ganzen Welt find! Ich bin «ine Undankbare, die Ihrer Wohlthaten unwürdig ist... Ich kann nicht! ich kann nicht! fügte fie hinzu, denn ich würde dabet sterben." „Wie? Sie hängen in diesem Punkte so fest an Ihren Gcwohnheiten auf dem Pont. Neuf?" „Herr Graf, ich muß mit Ihnen reden! ich muß ohne Zeugen mit Ihnen reden." „Was haben Sie denn?" fragte der Kammerherr über die Aufregung Augusten- erstaunt, und gab den jungen Leu ten ein Zeichen, sich znrückzuziehen. „Philipp mag bleiben!« sagte sie. „Horchen Sie mich wohl an! Ihre Gimahlin, Heren Porttaft hier hängt, ist an