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rief Edith mit unnatürlich weit ge Die Luit war ganz mit Silber Sichel des Mondes am Himmel, an den Bäumen. Sie saß im Garten. Blumenduft angesüllt. > zögerte. „Nun glänzend stand die Kein Blatt rührte sich öffneten Augen, „quäle mich doch nicht so, Papa." „Du oder ich," vollendete Hochfeld mit heiserer Stimme, „ich fürchte den Tod nicht, aber es ist so unwürdig, so feige, auf diese Weise zu enden!" Ediths Augen waren so dunkel, daß sie schwarz erschienen. Wild klopfte ihr Herz, trieb den letzten Rest von Farbe aus ihrem Gesicht. Es war ja der erste Sturm, der über ihr junges Leben dahinbrauste. „Ist es dir heiliger Ernst mit dem, was du sagst, Papa?" — sie fragte es mit stockendem Atem —, „nicht etwa eine Drohung, um mich deinen Wünschen ge fügig zu machen?" Wie leise Hoffnung glomm es auf in ihrem fast erloschenen Blick. Da hob Hochfeld die Hand zum Schwur. „Bei allem, was mir heilig ist, Edith, es bleibt mir keine Wahl. Entweder ich verheirate dich mit Wellnitz, oder — ich sterbe." Dunkel würbe es vor ihren Augen, in einen Ab grund schien sie zu blicken. Abwehrend streckte sie beide Hände von sich, wäre umgesunken, wenn der Baron sie nicht schnell gestützt hätte. „Papa," sagte sie tonlos, fast ächzend, „tue uns das nicht an, was auch kommen möge, gelobe es mir, dann will ich — mich fügen. Es ist gut, daß ich zu Wellnitz noch nichts von dem verraten habe, was in mir vorgeht." „Ich danke dir, Edith," Hochfeld neigte sich und küßte mit blassen Lippen die Stirn seiner Tochter, „der Himmel segne dich für deinen kindlichen Ge horsam. Und ich hoffe mit Bestimmtheit, daß du an Wellnitz' Seite doch noch glücklich wirst. Ueber diese Schwärmerei, die unseren Frieden zu gefährden drohte, wirst du später noch lächeln, davon bin ich überzeugt." Edith antwortete nicht. Warum sollte sie ver suchen, ihren Vater vom Gegenteil zu überzeugen. Er würde ihr doch nicht geglaubt haben. Trotz seiner zuversichtlichen Wote sah er Edith be kümmert an. „Es ist wohl nicht mehr wie recht und billig, daß ich dir mitteile, was vor langen Jahren geschehen ist und nun so unheilschwere Kreise zieht, nachdem eine so lange Zeit vergangen. Es wird mir schwer, vor meinem Kinde zu beichten —" „Und mir, zuzuhören, Papa. Laß alles auf sich beruhen, ich will nichts wissen." Mit einer müden Bewegung stand Edith auf, wie gebrochen schlich sie hinaus. „Entschuldige mich, bitte, bei Mama. Ich muß ganz allein sein, um mich fassen und mein schweres Leid morgen verbergen zu können." Ihr Anblick schnitt dem-Aater ins Herz. Er machte eine Bewegung, um Edith zurückzuhalten, doch schon sanken seine Hände schlaff herab. Sollte er die Pein, Jetzt ruhten Lonas Hände müßig im Schoß, ihr Mund lächelte. Sie dachte an ihren süßen kleinen Schelm, der jetzt sanft schlummerte, am Nachmittag aber wie ein Wildfang herumgetollt hatte, bis er auch die Mama zu übermütigem Spiel mit fortriß. In den letzten Monaten hatte Lottchen sich über raschend entwickelt. Man konnte sie für ein Kind von zwei Jahren halten. Der Aufenthalt im Freien vom Morgen bis zum Abend hatte Wunder getan. Natürlich hegte und pfiegie Lona ihren Liebling mit einer rüh renden Sorgfalt. Sie hatte aber nun auch die Freude, daß ihr Kind ausblühte wie ein junges Röschen. Unerschöpfliche Freuden erwuchsen ihr durch Lott chen, welche mit schwärmerischer Liebe und Zärtlichkeit an der Mutter hing. - Im Geiste durchlebte sie noch einmal die letzten Tage, wo des Lachens und Scherzens kein Ende ge wesen war. Herr Vollmer stand schon 'geraume Zeit in der schmalen Haustür des niedrigen Häuschens und schaute sinnend zu der jungen Frau hinüber. Auch sie hatte sich erholt unter dem Einflüsse des friedlichen Glückes, das hier waltete. Der Leidenszug um die Lippen hatte sich verloren; sie weinte nicht mehr, und daher war wieder Glanz in ihre Augen ge kommen. Es gab Tage, wo kein Gedanke sie an ihr trauriges Geschick erinnerte, und geschah es doch, dann wurde ihre Trauer bald durch das innige Mutterglück verdrängt, welches ihr ganzes Sein verklärte. Langsam kam Herr Vollmer näher, er kaute und zog an einer Virginia, ein Zeichen bei ihm, daß er sich über eine Sache, die ihn stark beschäftigte, noch nicht schlüssig werden konnte. „Morgen gehe ich auf ein paar Tage nach Borne rode," sagte er ganz unvermittelt, den Eindruck, welchen seine Worte hervorbrachten, beobachtend. Lona erschrak. Verwirrt sah sie auf ihre Hände, drehte an ihrem Trauringe, der seit dem Tage ihren Finger schmückte, an dem der Prediger ihn ihr vor dem Altar angesteckt hatte. Die Bilder der Vergangenheit stiegen vor ihr auf, sie vergaß zu antworten. Der bittere Leidenszug prägte sich wieder um ihren feingeschnittenen Mund aus. (Fortsetzung solgt^) fesseln, der dir gleichgültig ist? Kind, Kleines, Liebes, du bitz ja mein alles, dein Glück ist auch das meinige. Wollte der Himmel, es gäbe einen anderen Ausweg, als daß ich meine einzige Tochter opfere. Aber es muß ja sein, um der Ehre unseres Namens willen!" Der weiche, schmerzerfüllte Ton verfehlte seine Wirkung nicht. Die Tränen stürzten nur so aus Ediths Augen. „O, lieber Papa, das Schrecklichste wäre es für mich, deine Liebe entbehren zu müssen. Sei mir gut nach wie vor, laß uns zusammen beraten, was geschehen kann —" „Nichts, mein Arines, nicht das geringste." „O doch, Papa. Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Opfere Geld, gib Wellnitz so viel von unserem Reichtum, daß er ein wohlhabender Mann.ist. Wir alle drei sind so außerordentlich bescheiden in unseren Gewohnheiten und Ansprüchen, wir werden selbst eine große, bedeutende Summe kaum entbehren. Dann darf ich doch bei euch bleiben und bin befreit von der Fessel, die mir soviel Qual bereitet. „Höre auf, Edith, das sind alles überflüssige Worte. Ein Opfer muß sein, entweder du oder—"; er welche sie beide duldeten, verlängern? Alle Trostes- worte konnten nichts daran ändern, daß die Heirat stattfinden mußte. Wie ein Schatten glitt Edith hinaus. Der Baron war allein. Er litt grausam, duldete schwere Pein. Und eine Ahnung sagte ihm, daß dies erst der Anfang des Auf ruhrs sei, der sich gegen ihn vorbereitete. Jetzt konnte, wollte er demselben jedoch trotzen. Dem letzten Hochfeld, wie schwer er auch gefehlt, sollte man nicht Feigheit zum Vorwurf machen können. Freilich, als eine Himmelsgnade hätte er es empfunden, wenn seine Besorgnis vergeblich gewesen, seine unheilvollen Ahnungen ihn betrogen Hütten. Aber zu erhoffen wagte er solche Schicksalsgunst nicht. Ediths Kummer nahm er nicht ernst. Deren Herz würde sich gewiß wieder zu Wellnitz zurückfinüen. Ihr ganzer Kummer gipfelte in der Hauptsache dach wohl in der Furcht vor der neuen, großen Verantwortung, welche ihrer als junge Frau wartete. 16. Kapitel. Ein warmer Sommertag neigte sich seinem Ende zu. Solange Lona Trinüve sehe» tonnte, arbeitete sie eifrig an einem Kinderkleidchen