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SkrkelptLlr. Ratlos blicb er jn der Mitte der Stube stehen. Flüchten? — Die gute Großmutter zurücklassen? Nein! das tat er nicht! Und vielleicht waren die Kosaken auch gar nicht so schlimm! Wenn er sie freundlich bat unv ihnen vorstellte, daß die alte Frau doch niemand etwas zuleide tat, und daß sie hilflos und verlassen ohne ihn war, dann mußten sie ihn doch hier lassen. Und — wenn nicht, — dann wollte er sich wehrens mit all seiner Kraft. Er ballte die Fäuste, spannte die Muskeln. Und im Herzen vertraute er auf Gott. Im Hause war nur Brot, Milch, Kartoffeln und ein wenig Speck. Die Hühner und die beiden Ziegen wollte er auch noch opfern, wenn sie ihm nur die Großinutter schonten und ihn hier ließen. Aber seine Spargroschen vom letzten Monat hatte er noch nicht zum Schulzen getragen, weil er noch Saat kaufen mußte. Nein, die wollte er verstecken! Rasch lief er zu der großen Truhe und holte einen ledernen Beutel hervor, aber nun, wohin mit dem Geld? Krampf haft hielt er's zwischen den Fingern. — . . Wildes Geschrei und Gejohle von der Straße her schreckte ihn auf. Es kam näher und näher. „Hermann! Hermann! Wo bist du denn? Warum schreien denn die Leute so?" Frau Martin war jäh erwacht und schaute ver wirrt uni sich. Hermann schob schnell das Geld, so tief er konnte, in den Lehnstuhl und sagte in beruhigendem Ton: „Aengstige dich nicht, Großmutter, es Md wohl nur ein paar Soldaten, die durch's Dorf ziehen, weißt du, wie voriges Jahr nach Len'Manövern." „Meinst du?" erwiderte die alte Frau zweifelnd und stand mühsam auf. „Habe ich denn lange geschlafen? Jst's nicht Zeit, nach den Hühnern und den Ziegen zu sehen?" Mit zitternden Händen hielt sie sich an Hermann fest. „Heut ist mir's gar nicht gut. Das Wetter liegt mir in den Gliedern. Aber so ein tolles Geschrei war doch voriges Jahr nicht," sagte sie kopfschüttelnd und wandte sich nach dem Fenster. Hermann hielt sie sanst zurück: „Du bist ja noch so müde, ich kann's auch mal allein besorgen." Angst voll starrte er dabei nach dem Fenster, da tauchte eben ein bärtiges, dunkelbraunes Gesicht auf. (Schluß folgt.) Das Boudoir der Römerin. Auch in den Tagen des klassischen Alterstums nahm die Toilette der vornehmen Frauen einen nicht geringen Teil des Tages in Anspruch. Sobald eine Frau von Stande zur Römerzeit das Bett verließ, was gewöhnlich zwischen zehn und elf Uhr vormittags geschah, wurde sie sogleich ins Aad getragen, wo sie sich mit Bimsstein reiben ließ. Sie begab sich dann unter die Hände der „Kosmeten". Diese Kosmeten waren Sklaven, die mehrere Geheimnisse zur Erhaltung der Frische der Haut besaßen, und die ihren Nameü von dem griechischen Worte Kosmos herleiteten, das Schmuck, Zierde bedeutet. Ihre Verrichtungen wurden so hoch gehalten, daß man die Kosmetik selbst als einen Zweig der Heilkunde betrachtete. Kurz nachdem die Dame das Bad verlassen hatte, wurde ihr eine Art von erweichendem Umschlag auf das Gericht gelegt, den die Kaiserin Poppeja erfunden hatte. Dieser Umschlag blieb so lange, bis sie ausgehen oder einen Fremden empfangen wollte, so daß der arme Gemahl seine Frau allein nie anders als unter einer häßlichen Maske sehen konnte, die oft des Abends wieder angelegt und die ganze Nacht über behalten wurde, um das Gesicht vor der Berührung mit der Luft zu bewahren. Denksprllcl). klein borqei lei uns such bcMikc, nicht: 5Ick unä ärn Zieunä vcilieil äs; VsUebn ob. Auch ein Held. Nach einer wahren Begebenheit erzählt von Martha Henzler. (Nachdruck verboten.) Ganz am Ende des Dorfes stand das kleine Häus chen der Witwe Martin. Im Lehnstuhl am Dfen war die alte Frau cingeschlummert. Am Tisch saß Hermann, ihr Enkelsohn, und horchte gespannt auf jedes Geräusch auf der Straße. Das Fenster stand offen, und Hermann wunderte sich im stillen, daß heute noch keiner Zeit gefunden hatte, nach seiner Großmutter zu sehen. Sie taten das ab- wechslungsweise, weil sie die alte Frau sehr gerne hatten und manchmal auch Rat in allerlei Nöten von ihr erholten, denn sie war eine herzensgute und ge scheite Frau. Hermann hatte seine Eltern früh verloren und wurde von der Großmutter erzogen. Er war ihr mit seinen 16 Jahren schon eine rechte Stütze und bewies ihr in allem seine Liebe und Dankbarkeit. Er bebaute das kleine Stück Ackerland, das sie beide er nährte, und verdiente durch allerlei Nebenarbeit noch einen hübschen Spargroschen. So war seine Jugend trotz harter 'Arbeit hell und licht, in gesunder Daseins freude genoß er jeden neuen Tag als ein besonderes Gnadengeschenk des Himmels. Und über Nacht kam der Krieg ins Land. Alle Arbeit stockte. Furcht und Schrecken zog in die Ge müter, und die alten Leute klagten und jammerten, daß sie das nun alles noch mal mit erleben mußten. Auf der breiten Dorsstraße, die sonst um die Nach mittagsstunde recht belebt war, blieb es heute toten still. Jeder hielt sich im Hause, namentlich die Kinder hatten weder Lust noch Freude, sich wie sonst draußen zu tummeln und zu spielen. Die Sorge der Eltern schien auch ihnen fühlbar zu werden. Das Dorf lag .kaum ein paar Stunden von der Grenze entfernt, wo der Feind schon einfallen wollte, aber durch die Tapferkeit der Deutschen immer wieder zurückgeworfen wurde. Das ging nun schon seit acht Tagen so, und mit jeder Stunde konnte er von einer anderen Seite hier einfallen. Der Postbote, der täglich seine weiten Gänge machte, hatte die Nachricht gebracht, daß in einem Nachbar städtchen gestern schon Kosaken eingerückt seien und sehr wild und böse ausgesehen hätten. Die meisten Einwohner hielten sich darum zur Flucht bereit. Aber Hermann dachte mit Schrecken an eine solche Möglichkeit. Seine Großmutter war so schwach auf den Füßen, auch hatte er. ihr bis jetzt noch nichts von der nahenden Gefahr erzählt, sonst hätte sic nicht so ruhig hier geschlafen. Da, horch'! Was riefen da draußen die Leute einander zu? Hermann sprang leise auf und eilte ans Fenster. Sein Herz pochte zum Zerspringen. Etwas Ernstes mußte geschehen sein, aus den Stimmen der Menschen klang bange Furcht und Entsetzen. Und Plötzlich stürzte eine Nachbarin herein und rief: „Sie kommen! Man kann sie schon erkennen! Pack' zusammen, was du noch findest, und rette dich! Deiner Großmutter tun sic nichts zuleide, aber dich werden sie gefangen nehmen und mitschleppen, sie haben's im Nachbardorf schon so gemacht. Der Postbote hat's gesagt!" Und ehe Hermann ein Wort erwidern konnte, war er wieder allein.