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M. 34 Freitag den 11. Februar 1916 abends 82. Jahrgang Bor 75 Jahren. (Ans dem Jahrgang 1841 der „Mitteilungen svon und für Dippoldiswalde, Frauenstein und Umgegend", der heutigen „Weißeritz-Zeitung". — Das Wort „Frauenstein" enthält der Zeitungstitel erstmalig am ! 6. Januar 1841.) Unterm 9. Januar schrieben die König!. Supelinten- dentur, das König!. Justixamt und der Stadtrat von Dip poldiswalde die Maurer- und Zimmerarbeiten für das aus dem sogenannten Pfarrgarten zu errichtende neue Schul- Haus aus. —Am 5. April nachmittags 1/22 Uhr wurde der Grundstein gelegt. — Unterm 26. April suchte der Stadtrat 4000 Taler Darlehn für diesen Bau in Posten von nicht unter 50 Talern. Infolge Einführung des neuen Münzfußes (den Taler zu-30 Neugroschen, diesen zu 10 Pf.) setzte der Siadtrat eine neue Lebensmitieltaxe fest, aus der wiedergegeben sei: Eine 3 Pf.-Semmel muhte wiegen 7 Lot (das Pfund hatte damals bekanntlich 30 Lot), ein Neugroschen-Brot 1 Pfund 25 Lot 32/3 Quentchen, ein 4 Nrugroschen-Brot 7 Pfund 7 Lot 22/3 Quentchen usw. Der Preis für 1 Pfund Rindfleisch betrug 22—28 Pf., Schweinefleisch 33, Schöpsen fleisch 25—29, Kalbfleisch 17, Bockfleisch 22, Speck 63 bis 75, Schmeer 63, Schinken und Blutwurst je 50 Pf. Nach den kirchlichen Nachrichten hatte im Dezemb-r 1840 Stadtmusikus Fischer, den ja so mancher noch per sönlich gekannt hat, sich verehelich». Vom 6. Juni ab wurde der Gottesdienst in der Sankt Nicolaikirche adgehalten wegen der „inneren^Herstellung und Ausschmückung der Stadtkirche". — In Dippoldis walde entstand ein Verein von jungen Leuten zum Zwecke der Beschasjung eines entsprechenden Kronleuchters. — (Die Kanzel ist, wie aus einer Notiz hervorgeht, 1641 er richtet, also vor 275 Jahren ) Am 1. Juli verlieh die bisherige Dippoldiswalder Gar- nison, eine Eskadron des ersten leichten Reiterregiments, die Stadt und begab sich in ihre neuen Standquartiere Freiberg und Marienberg. Am 21. August sollte vor dem Niedertor, wo ein neuer Salon gebaut wurde, das Dach des Hintergebäudes in die Höhe geschraubt werden. Die Sache glückte aber nicht. Das Dach stürzte^ zusammen, begrub die ganze Einrichtung unter sich und verletzte einen Zimmermann. Der Besitzer des Grundstücks (die jetzige „Reichskrone") hieß Querner. Auf der Aue begann nach einem Inserat am II. Sep tember das Vogelschießen mit Schneppern und sollte, so lange das Wetter dies zuließ, jeden Sonnabend fortgesetzt werden.^ (Es handelte sich wohl um eine Privat-Veran staltung des Bewirtschafters des Schießhauses, der dieses t 1841 käuflich übernahm ) .Am 3. Oktober wurde das 300jährige Jubelfest der Einsührung der Reformation in der Kirchsahrt Dippoldis- walde in großartiger, eindrucksvoller Weise begangen. Jeder mann beteiligte sich. Am i. September fuhr in Ammslsdorf ein Blitz strahl in ein Haus und tötete eine Magd, die vom Felde kommend, dort ,Schutz »gesucht hatte. In Höckendorf beging am 5. September Pastor M. Junghähnel sein 50jähriges Amisjubiläum unter festlicher Beteiligung seiner Kirchgemeinde. Bei dieser Gelegenheit erhielt seine Kirche von Frau Pastor Hartmann in Ruppen dorf ein Altar-Stufenkissen und vom Kirchvater Hehne in Höckendorf einen Altar-Fußteppich geschenkt. — Am 10. De zember beschloß der Jubilar seine irdische Laufbahn im Alter von 75 Jahren 9 Monaten. Am 28. Oktober wurden in Schellerhaufzwei Güter ein Raub der Flammen. In Frauenstein wurden zwei -Einwohner verhaftet, weil sie fa'sche Ein- und Zwei-Neugrofchcn-Stücke herge- stellt hatten. Das gleiche Schicksal hatte ein Bergmann in Zaünhaue, der das Zinn dazu lieferte. In technischer und gewerblicher Hinsicht wurde das Annageln der Schuhsohlen anstatt des Annähens als eine Neuheit erwähnt. Vom Weinbau lebten in Sach en 7—8000 Menschen. fAn Chausseen hatte Sachsen 287 Postmeilen. „Dresden hat", so heißt es in einer Notiz „beinahe 81000 Einwohner, worunter 6867 zum Militäretat ge- hören." Der österreichische Kaiser bewilligte den),Bau einer Bahn von Prag nach Dresden. Am 26. Mai!kam das erste Prager Dampsboot in Dresden an . Am 20. Juni vernichtete in Zschopau ein Schadenfeuer 20 Häuser und beschädigte 5 andere. 56 Familien wurden dadurch ihrer Habe beraubt und obdachlos. Am Johannistage wurde die Eisenbahn Berlin -Jüter- bogk eröffnet In der Nacht vom 28. zum 29.-Juli brannten in Smyrna 9000 bis 10 000 Häuser nieder. 20000 Personen wurden obdachlos. Von dem „ersten Kulturvolks" wurde geschrieben: Es gibt in Frankreich Bezirke von 20 Gemeinden mit einer einzigen Elementarschule. In einer Gemeinde von 1500 Seelen konnten nur 50 lesen. Er gibt sogar Gemeinde, beamte, die nicht lesen können, „indem man das Lesen für schädlich erklärt." Ein eigenartiges Zeitungsjubiläum. Am 8. Februar 1S1S wurde in Lodz die erste Nummer der „Deutschen Lodzer Zeitung", die unter der Leitung Dr. Eugen Ioehrs steht, herausgegeben. Das Blatt hat also nunmehr ein Jahr lang in früherem Feindesland deutsche Art mit Erfolg zu vertreten gehabt. Der Ge- dächtnistag des einjährigen Bestehens veranlaßte das Blatt, sich an hervorragende Männer zu wenden und sie um ein Gedenkwort zu bitten. Aus den zahlreichen Aeußerungen, die der „Lodzer Zeitung" daraufhin zu gingen, heben wir die folgenden hervor: v. Beseler, General der Infanterie und General- gouverneur in Warschau führt aus: Ein volles Jahr hindurch hat die „Deutsche Lodzer Zeitung" nun an der Ostmark für deutschen Geist und deutsche Art gekämpft. Sie hat dem Schwert die Feder zugesellt, und mit dem Wort, mit „Gottes Blitz und Feuer" — wie es der alte Arndt nannte — die Entstellungen, Lügen und Verleumdungen unserer Feinde mannhaft be kämpft, der Wahrheit die Ehre gegeben und sich damit als ein wackerer Mitstreiter in die Reihen unseres Heeres gestellt. Möge sie weiter auch bei unseren Feinden die Erkenntnis fördern, daß der Deutschen Kraft und Wille stark, ihre Macht aber ein Segen für die Welt ist! Freiherr v. Bis sing, Generaloberst, General gouverneur in Belgien, schreibt folgendes: Nicht in vermessener Eroberungssucht, sondern in ge rechter Abwehr des heimtü ckischsten Angriffes, den die Weltgeschichte kennt, haben wir weite Strecken feindlichen Gebietes in Besitz nehinen müssen. Jeder, der in ihnen zu wirken berufen ist, empfindet es als heilige Pflicht, .aus diesen mit deutschem Blut er- strittenen Landen unseren Kindern und Enkeln ein Boll werk zu schaffen, an welchem alle künftigen Angriffsgelüste unserer Nachbarn zerschellen. 0. Eichhorn, Generaloberst und Oberbefehlshaber, sagt: Ab und zu hört man — leider — Stimmen aus der Heimat, die von Friedenssehnsucht sprechen. Wenn es auch begreiflich ist, daß das Ende des „männermordenden" Krieges herbeigewüuscht wird, so ist doch allerorten dem laut ausgesprochenen Worte entgegenzutreten. Immer ist daran festzuhalten, daß ohne Sieg, ohne vollstänoigen Sieg, ein Frieden für uns undenkbar ist. Den über wundenen Feind wollen wir vom Frieden sprechen lassen; wir haben es nicht nötig. Tief im Innern muß vielmehr jeder von uns das unermeßliche Glück fühlen, daß es ihm vergönnt ist, in einer Zeit zu leben und zu wirken, wie sie nur alle paar Jahrhunderte wiederkehrt, in einer Zeit, Lie für Deutschland so groß und herrlich ist, wie sie nie geschaut worden. Die Größe der Aufgabe, die uns ob liegt, muß unseren Willen und unser Herz froh machen. v. Ludendorff, Generalleutnant, Chef des Ge neralstabes des Ostheeres schreibt nachstehende Gedenk worte : Es ist kein Zufall, daß das erste große Zeitungs unternehmen des Krieges in Polen gerade in Lodz ent stand. Die gewaltigen Ereignisse, die durch die Kämpfe bei Wloclawek, Kutno und Dembe eingeleitet wurden, fanden durch die Schlacht und die Einnahme von Lodz am 6. Dezember 1914 ihren Abschluß. Der Angriff der Großrussen gegen Deutschland brach endgültig zu sammen. Deutschland und deutsche Kultur waren von einer schweren Gefahr befreit. Der Name „Lodz" wird in Deutschland nie vergessen werden. Er versinnbildlicht die Ereignisse ähnlich wie „Tannenberg". „Lodz" ist ein Markstein welt- und kriegsgeschichtlicher Bedeutung. Die nachfolgenden Ereignisse führten die deutschen Heere immer weiter. .Der Russe wurde immer mehr geschwächt und über die alten Grenzen folgte dem siegenden Heere die deutsche Kriegsoerwaltung. Unter Deutschlands und seines Verbündeten Schutz erhielt das schwergeprüfte Polen wieder geordnetes Leben, freie Neligionsentfaltung, geistigen und wirtschaftlichen Aufschwung. Die Kriegsoerwaltung hat gegeben und nicht genommen, die völkische Eigenart nicht berührt. Die Saat, die nach der Einnahme von Lodz gesät, wird im Friedensschluß und im Friede» zur Ernte reifen. Die Macht Mitteleuropas wird gestärkt, die des Großrussen nach Osten zurückgeschoben werden, woher sie vor nicht allzu langer Zeit gekommen war. Erst damit wird „Lodz" seine ganze geschichtliche Bedeutung dauernd behalten und zu einem Wendepunkte der Weltgeschichte werden. Generalfeldmarschall 0. Mackensen gibt zwei Aeußerungen wieder, die mit russischen Verhältnissen sehr vertraute Männer über die Bedeutung der Besitz nahme von Lodz getan haben, und fügt hinzu, die Aeuße- rungen müsse jeder Soldat erfahren, der in den Reihen der 9. Armee die heißen Kämpfe vom 11. November bis 16. Dezember 1914 — den Lodzer Feldzug — mit durch gerungen hat. Die beiden Aeußerungen, die dem General feldmarschall Ende November 1915 bekanntgeworden sind, lauten: Seit Lodz hat die russische Armee zwar viele neue Niederlagen erlitten; diese haben aber lange nicht den niederschmetternden Eindruck gemacht, wie Ler da malige Zusammenbruch der Siegeshofsnungen. Aus vollem Siegesbewußtsein war die Stimmung mit einem Male in hoffnungslose Verzweiflung umgeschlagen. Zu einer Offensive großen Stils sind die Russen nach der Niederlage von Lodz—Lowicz selbst nicht mehr fähig. Abschließend sichren mir noch an, was Prinz Hein rich von Preußen der „Lodzer Zeitung" zu sagen hat: Das, was der Menlch mit reinem Gemüt und mit der Vollkraft des Vorsatzes will, dem beugen sich die Geschicke. Diese Losung trage die „Deutsche Lodzer Zeitung" hinaus an unsere Fronten zu Lande und zu Wasser als ein Wahr- zsichen deutschen Wollens. Handelns und Könnens l Möge der „Lodzer Zeitung" auch fernerhin vergönnt! sein, als ein Bollwerk des Deutschtums im Osten mit Er folg ihres Amtes zu walten. Aus aller Wett. 4- Vas oUe englisch« Heuchlerlied. Englische Blätter und in ihrem Gefolge andere Blätter veröffentlichen, nach einer Meldung aus Sofia, tendenziöse Meldungen über angebliche Grausamkeiten, welche die bulga rischen Truppen in Mazedonien und Serbien begangen haben sollen, namentlich über eine angebliche Nieder- metzelung serbischer Gefangener. Die „Bul garische Telegraphen-Agentur" ist ermächtigt, diese erfun denen Nachrichten nachdrücklich zu dementieren. Die serbischen Gefangenen leben friedlich in Bulgarien, ohne durch irgend jemand belästigt zu werden, zufrieden im Gegenteil, endlich nach wer Jahren fast ununter brochenen Kampfes ein wenig Ruhe genießen zu können. > Was die Legende der von Bulgaren begangenen Grausam keiten betrifft, erklären wir noch einmal, daß nichts Wahres daran ist. Zum Ueberfluß kann man sich dessen durch eine an Ort und Stelle van Vertretern der neutralen Presse durchzuführende Untersuchung vergewissern. Das ist das beste Mittel, um diesen durch nichts gerechtfertigten s Verleumdungen ein Ziel zu setzen. — Sehr richtig! Aber selbst wenn dem nicht so wäre, wenn wirklich einmal bul- garische Soldaten in der Hitze des Gefechtes zuwest gegangen wären, so wären doch die Laralongmoro- buben und die Mörder einer Zeppelinbesatzung die aller» letzten, die sich darüber in der Oefsentlichkeit aufregen sollten. . Ein jugendlicher Muttermörder. In Lueuen (Re gierungsbezirk Arnsberg) erschlug ein sechzehnjähriger Bursche namens Lange seine Mutter mit einein Beil und entfloh. vier Kinder erstick«. Als die in Idstein wahnyaste Fabrikarbeiterin Auguste Engel dieser Tage nach Hause kam, fand sie ihre vier Kinder im Alter von 9 Monaten bis 5 Jahren erstickt vor. Das Zimmer war mit Rauch ungestillt. Ueber die Entstehungsursache: See Rauches tonnte noch nichts festgestellt werden. Preußischer Landtag. X Berlin, ». Februar IVH Abgeordnetenhaus. Heute vertiefte man sich von neuem in die beiden Gesetzesvorlagen, die den Nöten des Hausbesitzerstandes zu Hilfe kommen sollen : das Schätzungsamtsgesetz und die Vorlage zur Förderung der S t a d t s ch af t e n. Der Abgeordnete Cassel (Fortschr. Vp.), der im Gemeinde- i leben Berlins eine maßgebende Tätigkeit entfaltet, besprach besonders die Groß-Berliner Verhältnisse. Leider sage das Gesetz nichts über die Art der Schätzung. Richtlinien müssen gegeben werden. Berlin fühle sich durch den Zweckoerband äußerst bedrückt. Die Reichshauptstadt fei nicht nur zum Zahlen da, sie wolle nicht länger ruhig zusehen, wie ihre Selbstverwaltung ausgehöhlt werde. Ein Schätzungsamt genüge auf keinen Fall. Wenn jetzt niedrigere Taxen eingeführt werden, jo sei eine Katastrophe für den Grundbesitz unausbleiblich. Da Herr Cassel recht scharfe Töne angeschlagen hatte so erschienen zur Abwehr gleich zwei Minister aus dem Plane. Der L d w i r t s ch a f t s m i n i st e r verwahrte sich mit aller Entschiedenheit dagegen», daß er etwa nur agrarische Interessen vertrete. Er^ trete für die Interessen der Allgemeinheit ein. I Der Minister des Innern, Herr v. Lvebell, nahm' besonders den Zweckverband Groß-Berlin in Schutz. Auch dieser sei ein Selbstverwaltungskörper. Auch er erkenne die großen Verdienste der Selbstverwaltung an. Die Städte hätten im Kriege Vorzügliches geleistet, besonders in der Wohlfahrtspflege. Darum solle die Selbstverwaltung nicht geschmälert, sondern möglichst gestärkt werden, Auch der sozialdemokratische Redner behandelte die Groß- Berliner Verhältnisse. Daraus wurden die Verhandlungen aus Donnerstag vertagt. Generalsuperinlendeni 0. Faber Wir bieten hiermit unseren Lesern ein Bildnis des am Montag zu Ilsenburg im Alter von reichlich 70 Jahren verstorbenen früheren Generalsuperintendenten und Propstes an St. Nikolai in Berlin, v. Wilhelm Faber. '