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Glücke nicht vergessen, und wohl manchmal zum Besucht zu un« kommen." Die beiden wackern Alten schienen auch zugleich allen Umgebungen «in stumme- Lebewohl sagen zu wollen; zum letzten Male ließen sie ihr« Blicke durch den großen Saal schweifen, in dem jede Stelle, jedes Möbelstück ihnen eine andere Erinnerung bot. Langsam folgten ihre Blicke der langen Reihe der an der Wand aufgehängten Gemälde, bi« fie zuletzt auf dem Bilde ihrer in der Blüthe ihres Alters verstorbenen Mutter haften blieben. Die edle Dame war dar. gestellt, wie sie zwei klein«, rosenwangtge, mit herrlichen Bän dern herauSgeputzte Mädchen in den Armen hielt. .Sonst und jetzt!" murmelte Susanne, seufzend darauf hinblicktnd. „Komm, komm, Schwester!" sagte Veronika, sie mit der' einen Hand fortzerrend, während sie mit dir andern ein« Thrävt verwtschtr. Auch der Baron war aufgestanden und tu seinen trocke- »t« Augen schien sich Ungeduld zu malen. „Lebt wohl! Bruder," sagte Susanne, „Alles, was wir uns zu sagen hatten, ist gtsagt; nun könnt Ihr Eure Leute -erbetrufen, Herr Baron, wir find jetzt wieder zwei alte, fremde Frauenzimmer." Bet diesen Worten machten die Raben eine Verbeugung und entfernten sich langsam. Der Baron hatte geklingelt. „Bourguignen." sagte er zu dem eintretenden Bedienten, begleit« die Demoisellen die Treppe hinab." Drei Wochen später wurde die Vermählung Kaspar- von Greoulx und Gabrielen- von Lescale tn der St. Lau« rrntktrche ohne alle Pracht gefeiert. Die Raben wohnten der Messe bet und begleiteten hierauf die Neuvermählten tn ihre Wohnung. Die Karosse, welche sie aus da- Schloß Greoulx führen sollte, stand bereit« vor der Thür«. Die Braut legt« ihre weiße Spitzenhaube ab, um sich tn ihren Reisemantel zu hüllen, und ehe sie das Ammer verließ, langt« sie die Im« »ortellenkroue über dem Kamine herab, um sie mit ihrem HochzettSstrauße zu vereiueu. Weinend umarmte das schöne junge Weibchen die Ra ben, di« sie von ganzer Seele liebte, und nur mit betrüb tem Herzen verließ. KaSpar aber reichte ihnen die Hände und sagte: „Euch danke ich Alles! Ihr habt mir da- Leben geret tet, Ihr habt Lem starren Willen-meines Großvaters gebeugt; Ihr habt mir Gabriele geschenkt. — Wie werde ich Euch diese Wohlthaten je vergelten können? — Ihr habt gegen mich keine Verbindlichkeit und doch habt Ihr mehr an mir gethan, als die nächsten Verwandten, mehr als eine Mutter." „Das geschah, weil wir Euch liebten, al- ob Ihr un- angehöret," erwiderte Susanne mit einer gewissen Rührung, während Veronika förmlich weinte; „seid glücklich, meine Kinder, und sucht uns zuweilen heim. Sind wir einmal tpdt, so erinnert Such nufer zuweilen und denkt dann mitten in Eurem Glücke: „Die beiven Alten, die man die Raben nannte, haben un« doch Gute- erwiesen!" Tagesgeschichte. Di« Zeitungen, die nun einmal alle-, was sich auf Po- littk bezieht, wissen oder doch w«ntgsten- — wissen wollen, behaupten seit einige» Tagen: bet der Zusammenkunft der Katsrr ppo Rußland und Frankreich in Stuttgart und der Kaiser von O«st«rretch und Rußland in Weimar sei da« Hauptthema ht» gegenseitigen Besprechungen gewesen: die ! Verminderung der stehenden Heere in de» drei betref fenden Kaiserreichen. Wir müssen gestehen, un- scheint e-, wa- namentlich den Kaiser von Rußland und von Oesterreich anlangt, aller- ding- gauz wahrscheinlich und glaubhaft, daß beide Herrscher aufrichtig den Wunsch hegen, ihre jetzigen stehenden Heere vermindern zu können, denn sowohl der Kaiser Alexander il. al« wie der Kaiser von Oesterreich sind von wahrhafter, in niger Friedensliebe beseelt, da- beweisen mehr al- zur Genüge ihre wenigen Negierungsjahre. Alexander II. war bald nach seinem Regierungsantritte zum Frieden geneigt, trotzdem die rus sischen Waffen .in cher Hauptsache noch unbesiegt dastanden (denn daß Sebastopol endlich gefallen war, konnte für einen wirklich krieg-liebenden Herrscher durchau- noch kein Grund sein, Frieden zu machen), und der Kaiser von Oesterreich, d«m damals von Setten HrankreichS und Englands gewiß di« lockendsten Anerbietungen gemacht wurden, wenn er da- Schwert aus der Scheide ziehen und mit seiner wohlgerüstet«n, kampf begierigen Armee kämpfend gegen Rußland loSbrechen wolle: Der Kaiser von Oesterreich ließ nichtsdestoweniger da« Schw«rt ungezückt und arbeitete mit allen Kräften für eine baldig« Wiederherstellung des allgemeinen europäischen Frieden«. Nachdem nun diese geschichtlichen Thatsachen der nur erst jüngstverflossenen Jahre klar und deutlich vor aller Welt da liegen, sollen wir da nicht gerne glauben, nicht überzeugt sein, daß beide gewaltige Kaiser von Rußland und Oesterreich den wahrhaft aufrichtigen Wunsch hegen, ihr« großen stehenden Heere zu »irmindern, damit sie durch diese Verminderung Mittel bekomme», die ersprießlichen Werke deS Frieden« in ihren mächtig«» Reichen desto kräftiger und nachhaltiger bauen zn können? Kaiser Alexander II. erachtet es, wie aus allen seinen bisherigen Handlungen nur zu unzweifelhaft und klar, hervor geht, als seine Sendung, das große russische Reich einer na- > turgemäßen Entwickelung im Innern entgegen zu führen. Daher baut er riesige Strecken von Eisenbahnen; daher er« " läßt er weise Gesetze für Hebung des Ackerbaues; daher hat er mit kräftiger Hand die Ablösung und Aufhebung der frü her so drückenden Frohn dienst« in Polen und Rußland in Angriff genommen; daher schließt er Handelsverträge mit sei nen Nachbarstaaten. Das russische Reich soll nach und nach sich seiner rtesenmäßigen innern Schätze und Hülfsquellen be- wußt werden, e- soll nach und nach wetteifern lernen in Handel und Gewerbe mit den ihn weit vorausgeetlten andern europäischen Staaten. Es ist dies offenbar eine große, herr liche und bedeutungsvolle Aufgabe, bei .deren Lösung in der That wett glänzendere und bleibendere Lorbeeren zu erlangen find, als durch Waffengeklirre und KriegSgetöse, al- durch eine weitere Ausdehnung des ohnehin bereits zu großen rus sischen Reichs. Allein die Ausführung und Verwirklichung der großen Friedensideen des Kaiser- Alexander- II. erfordern Mittel, höchst bedeutend« Geldmittel, weil für Rußland in HandelS- und gewerblicher Beziehung viel, sehr viel nachzuholcu ist. Ohne eine bedeutende Verminderung de- großen stehenden Heere- würden aber diese Mittel kaum zu beschaffen und.zu erzwingen sein; tritt aber eine ansehnliche Verminderung de« Heeres ein, so werden Millionen erspart und flüssig, die de» segensreich«,, Werten de- Frieden« gewidmet werden können, abgesehen noch von den vielen, vielen tausend Händen, di« dadurch d«m Ackerbau und den Werkstätten zugeführt werden. Freilich aber ist bei den unmittelbaren Beziehungen de« russischen und österreichischen Kaiserreich« infolge ihrer ört lichen nahe» Berührung eine Verminderung de- russischen Hee re« nur dann möglich und ausführbar, wenn auch Oesterreich aufrichtig gewillt ist, eine bedeutende Verminderung seine«