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L Türkische SNmmungsbilder. W M" Wie Byzanz «»acht. -'i.ilsVM^WW „^Ilsllu elcber, ^Ilebu elcber la illaallak biobammeckl rexrul Mali!" („Dott ist allmächtig, es gibt keinen Gott, anher Gott, und Mohammed Ist sein Prophet!") So tönt es, von sonoren, klangvollen Männerstimmen gerufen, hernieder von den schlanken, weihen Minarets der Moscheen in die erste heilige Morgenstille, die über Konstantinopels gewaltigem Häusermeer atmet. Feier lich, sich zu einem ergreifenden, imposanten Gebet« einend, schweben di« getragen«» Klänge über die Stadt. Noch rieseln die duftigen Schleier der Frühe über ihre Mauern und flattern in zartem Blau über das leise atmende, noch träumende M««re. Da rötet sich im Osten hinter d«r mächtigen Kuppel der Suleimanie-Moschee der Himmel. Zart und lieblich erst, keuschem Mädchenerröten ver gleichbar, aber mählich sich tiefer färbend, bis von seiner roten Glut zauberisch übergossen, Byzanz seine Schönheit enthüllt. Wie ein Dkarchenbild entsteigt die alte Stdt den erwachen den Wellen. Hier und da steht noch ein Muezzin, dessen Silhouette sich in scharfen Umrissen abhebt, in andächtiges Schauen ersunken, auf der Galerie seines Minarets. Einem Gemälde von unsagbarer Schönheit gleich, erhebt sich die vom alten Serail gekrönte Land zunge am Ufer des Marmara-Meeres, und ihr gegenüber löst sich aus dem Rahmen zartgrauer Nebel ernst und majestätisch der mächtige Zypressenhain der grössten muselmanischen Totenstndt: der Friedhof von Ucsküdar. Auf ihm begraben zu sein, das stille Antlitz nach Mekka zugewendet, ist der Traum eines jeden echten Gläubigen Mohammeds. An den regellos umherstchcuden Grab steinen gleiten die ersten Sonnenstrahlen wie Leuchtkugeln her nieder, und während der Morgenwind erwacht und sein Lied in den dunklen Kronen tausendjähriger Zypressen zu Harfen be ginnt, entzünden sich hinter Uesküdars Fensterscheiben tiefrote, flammende Feuer. Auf den blauen Wellen des Bosporus scheint der weihe Märchenpalast von Dolma-Bagdfche näher und näher zu schwimmen, und wie stille Träume gleiten die Segelbarken der Schiffer an seiner Schöne vorüber. Und das Meer rauscht auf und singt seinen urewigen Morgen psalm in diese schönheitstrunkene Stunde. Da gellt er hinein in ihr« Helligkeit, jählings und schmerzhaft ihre Stimmung zerreißend, der Ruf einer Menschenkchle: „Süd! Süd!" („Milch! Milch!") Zu hundert und aberhundert Malen wiederholt er sich. Aus allen Gaffen kommen mit klappernden, schlurfenden Schritten die Milchhändler, die das geschäftliche Leben und Treiben Konstantinopels einleiten. Von Haus zu Haus eilen sie, und vom Schall ihrer Tritte geweckt, erheben sich die Parias der türkischen Hauptstadt, die Bettler, um sich an ihre Standplätze zu begeben. Byzanz ist erwacht! Karawanenzug. Wache ich oder träume ich? Nein, icb wache und sitze auf dem Rande meines Lagers, vor- .zeneigten Hauptes den aus der Ferne zu mir tönenden, bald tiefen, bald helleren Elockenklängen lauschend. Durch die weit geöffneten Fenster meines Schlafzimmers gleiten leise und ge heimnisvoll die berückenden Zauber der orientalischen Dollmond nacht. Näher und näher klingen die Glocken, wunderbar weich und melodisch gestimmt. Nun sind sie ganz in der Nähe meines Hauses. Zwischen ihre Klänge tönt in rhythmischen Pausen der langgezogcn« Ruf einer Menschcnkehle. Was mag das zu bedeuten haben? Ich erhebe mich und schaue vom Erkerfenster meines Arbeits zimmers auf die vorüberführend« Hauptstraße der altberühmten Stadt Jkonium. Das Mondlicht füllt die von mächtigen marmor nen Löwen getragenen bröckelnden Bogenfenster einer imposanten Ruine aus der Seldschulkenzeit mit silbernen und goldenen Trans parenten, und läßt die einen köstlich geschweiften Balkon in Huf eisenform umgebenden kunstvollen Fayensen in magischem Schimmer aufsprllhen. Vom hohen Vurgsöller herab rieseln aus Mondglanz gewobene Schleier kosend und schmeichelnd an den ungefügen Marlern hernieder, und unwillkürlich schaue ich hinauf, ob nicht das Märchen und die Sage beim Klang der Glocken, die mich aus dein Schlafe riesen, in trauter Gemeinschaft auf die Burgaltane treten, um ins Land hinauszulauschen. Und ich stehe und harre. — Und da zieht sie die Straße herauf mit langsamen feierlichen Schritten, wie ein Bild aus „Tausend und eine Nacht" eine Karawane. Ihr voran, aus prachtvoll gezäumtem edlen Vollblut hengste ein hochgewachsener, dunkelbärtiger Türke, der Herr und Gebieter der Karawane. Eine stolze, imponierende Erscheinung ist er. Seine geschmeidige Gestalt ist in reiche Gewänder ge- rieidet, aus dem Leibgurt funkeln und gleißen die edelsteinbesetzten Griffe echter Damaszener-Waffen. Auf dem ausdrucksvollen Haupte trägt er zum Zeichen, daß er sich zu den direkten Nach kommen des Propheten zählt, einen grünen Turban. Auf seinem bronzefarbenen Antlitz flammen über der kühn gebogenen Nase ein paar tiefschwarze Augen zu mir herüber, als er langsam vorbei reitet. Wie gebannt lehne ich am Fensterkreuz. Und dann kommen die Kamele. Sie sind zum Teil mit präch- tigein Zaumzeug, mit Decken, Teppichen und Taschen von köstlichem Gewebe und leuchtenden Farben geschmückt und tragen um den Hals an blauen Perlenketten die tönenden Glocken. Ihr« Leiber sind mit den Schätzen des inneren Landes beladen. Ein Dust von Schiras-Rosen und Sandelholz zieht in mein Gemach und umfängt mir schmeichelnd die Sinne. Stumm, hocherhobenen Hauptes, weder rechts noch links schauend, schreiten die Kamele vorüber. Hundert« und Hunderte! Mit dem stolzen, gemessenen Gange, den die unermeßliche Weite der Wüste ihnen eignet, ziehen sie, den Rusen der braunen Führer folgend, nach der Stätte der modernen Kultur. Da dampft schon die Lokomotive, deren schnaubende Kraft die Lasten, die der Wüste Schiffe in wochenlanger Geduld durch Sand und Sonnen band getragen, in wenigen Stunocn zur Meeresküste bringen wird. Es dauert lange, bis sie alle vorübergezogeu sind. Leise schmückt schon das nahende Morgenrot den östlichen Himmel mit wunderbaren Farben, wahrend noch einzelne verlorene Glocken- kläng« der in der Ferne verschwindenden Karawane an mein Ohr dringen. Vom Minarct der nahen Ala-Eddin-Moschce ruft der Imam das Frllhgebet über Ikoniums graues Häusenncer und durch die nach träumenden Gassen geht es wie leises Koranblnticrn. In wunderbar andächtiger Stimmung verharre ich, bis mich der gellend« Pfiff des nach Istambul enteilenden Frühzuges von meinem Lauscherposten treibt. Fern« Weihnacht. Ueber Jkonium, der heiligen Stadt der tanzenden Derwische, di« auf Anatoliens Hochebene von versunkenen, glanzvollen Tagen träumt, verklingt im West«», wo die Sonne eben sank, des Tages letztes Lied in einer wunderbaren Farbensymphonie. Noch «innral sprüht die blaue Kuppel der Mewlcwi-Moschce in magi schem Glanze auf, ehe sie die Abendschattcn einspinnen. Der kurzen Dämmerung folgt die orientalische Nacht aus dem Fuße. Groh und klar ziehen des Südens Sterne am dunkelblauen Himmel aus. In silbernem Glanze schwimmt der Halbmond. In den Bogen seiner Sichet ist et» großes leuchtendes Auge Gottes gebettet: der Abendstein, Vom Minäket dtt Ala-Eddin-Maschee ruft der Imam das Nachtgebet für bi« Anhänger des Propheten, Wie ein patriarcha lisches Bild heben sich das von schwarzem Bart umrahmte Haupt und die betend erhobenen Hände des Priesters vom klaren Nacht- Himmel ab. Ueber meiner fernen deutschen Heimat schlägt um dieselbe Stunde die Christnacht ihre märchentiefen Augen auf. „Ehre sei Gott in der Höh« und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!" So heißt die von Kinderjubel und Kerzenglaiiz verherrlichte Losung der Weihnachtstage. In meiner S««le läuten meiner Heimat Christglocken, als ich, ein Fremdling in fremdem Lande, durch Ikoniums stille Winkel und Gaffen, durch altersgraue Tor bogen und über Friedhöfe mit vergessenen Gräbern einem festlich erleuchteten Hause zuschreite. Es sind dieselben Wege, die einst die tapferen Heer« deutscher Kreuzfahrer, geführt von einer herrlichen Siegfriedsgestalt, zogen, als sie die siegreich« Schlacht von Jkonium schlugen. Friedrich Barbarossa! Mir ist, als sähe ich die ritterliche Gestalt, das männlich schöne, von rotgoldenem Haar und Bart umwallte Haupt hocherhoben, vor mir her nach der Burg des Seldschukkides schreiten. Ich schaue zu dem weithin sichtbaren Söller empor, ob die Fenster nicht in der roten Glut der F«stfackeln erstrahlen. Aber wie tote Augen sehen die leeren Fcnsterbogen mich an. Friedrich Barbarossa schläft schon lange, lauge den letzten Schlaf. Die Wellen des Knlilndnns raunen und flüstern noch heute von seinem tragischen Scheiden. Aber tapfere Männer aus deutschem Geschlecht sind in Jkonium und weit darüber hinaus in Anatoliens Landen tätig, die neue Zeit auf die Trümmer der alten aufzu pflanzen. Schon pflügt das Dampfroß, der neuen Zeit flüchtiger Genosse, die altberühmte heilige Erde, um bald seinen gellenden Ruf vor den Mauern der verfallenden, märchenhafte» Kalifen stadt, vor Bagdad, ertönen zu lassen. Wir alle, die zurzeit in Jkonium weilenden Fremdlinge, träumen davon, Bagdads Pal men uns zu Häuptcu, und die heiligen Wasser des Euphrat und des Tigris uns zu Füßen rauschen zu hören. „Allah bilir!" („Gott weiß es!") Fröhliche Weihnacht«»! Dieser liebe deutsche Weih nachtsgruß entreißt mich meinen Sinnen und Träumen. Uni mich her ist es hell und lebendig geworden. Ich stehe vor dem Hause des Daudirektors der Vagdadbahn. Schon auf seiner Schwelle grüßt mich der Duft von Tanuengrlln und Wachslichtern. Zwar stammt die den Festra^m beleuchtende, wunderbare Tanne nicht aus der fernen Heimat trauten Wäldern. Im wildzerklllfteten Taurus hat sie gestanden, und der Südlandsturm hat sein wildes Lied in ihrem Wipfel gesungen. Aber sie duftet genau wie unser« deutschen Wcihnachtsbäume, und Kinderjnbcl und Kinderglllck herrschen unter ihren Zweigen. Freudig strahlende Gesichter armer türkischer, armenischer und griechischer Kinder beugen sich über die reichen Gabentische, die ihnen die Güte des Baudirektors bereitet. Und die Ingenieure und Beamten der Baugesellschaft stehen mit Weib und Kind dabei, und manches Auge feuchtet sich im Gedenken an die ferne deutsche Heimat. Und die Lichter brennen und tropfen von de» leise und ge heimnisvoll knisternden Tannenzweigen hernieder. Stille wird es ringsum. Eine deutsche Missionarin liest mit klangvoller Stimme die alte, liebe Weihnachtslegende vor. Alle lauschen voller An dacht, sogar die fremde» Gäste beugen sich dem Zauber dieser Stunde. Und dann klingen unsere herrlichen Weihnachtslieder in die verwundert aufhorchende orientalische Nacht hinaus. ?tönig Peters Unteroffizier. Vom serbischen Kriegsschauplatz wird uns ge- schrieb«»: In einem in deutschen Hände» befindlichen Lazarett im Herzen Serbiens waltet ein prächtig gewachsener schwarzhaariger Sohn dieses merkwürdigen Landes seines Amtes als Dolmetscher zwischen den deutschen Aerztcn und Pflegern einerseits und den serbischen Verwundeten andererseits. Mit Eifer erzählt er jedem, der es wissen will, daß er mehrere Jahre als Kellner in Deutschland lebte. „lveutschland über alles" sei auch sein Wahlspruch, und zum Beweis, wie sehr er dem Lande Kaiser Wilhelms vertraue, führt er gern ins Feld, daß er in Hamburg auf einer Bank seine Ersparnisse von 6000 M. liegen habe. Seit Kriegsausbruch hat er den Kellnerfrack mit dem braunen Waffen rock vertuschen müssen, und auf seiner Achselklappe blinken zwei Sterne, die Abzeichen des königlich serbischen Unteroffiziers. Von dieser seiner militärischen Würde spricht er jedoch mit auffälliger, dem kriegerischen Stolz der Serben so gar nicht gerecht werdender Geringschätzung. Aber das hat seine Ursachen, über die sich der aufgeweckte Bursche selbst folgendermaßen ausläßt: „Was hab' ich vom Unteroffizier, wenn ich, solang' der Krieg dauert, noch keinen Heller Löhnung hab' bekommen! Und oft nix zu essen und nix zu trinken! Was soll ich da mit Unteroffizier?" Das sind freilich schwerwiegende Gründe, die des Königs Peter wohlbestellten Unteroffizier schließlich dazu trieben, sich zu seinen alten Freunden, den Deutschen, hinüberzuretten. Und diese Tat vollfühlte er auf nicht gerade alltägliche Art und Weise. Eines Tages bot sich ihm günstige Gelegenheit, unbemerkt von seiner Truppe „abzukoinmen". Nachdem er sich so vor seinen eigenen Untergebenen in Sicherheit gebracht hatte, überkletterte er in mühseligem Marsche hohe Bers kegel, kroch durch «nge, von Wildbächen durchbrauste Schluchten und nährte sich von Maiskörnern und rohem Weißkohl. Um seine Alleinwanderung unauffälliger zu gestalten, hegte er seinen rechten Arm in eine uni den Hals geschlungene Binde. Am dritten Tage seiner Flucht wäre er fast einer bulgarischen Neiterpatrouille in die Arme gelaufen. Obwohl er infolge der erlittenen Ent behrungen dem Zusammenbruch nahe war, zog er cs doch vor, sich den Augen der mit den Deutschen gemeinsam kämpfenden Bul garen zu entziehen. Erst »ach zmei Tage» weiterer Irrfahrten gelingt cs dem Flüchtling endlich, eine deutsche Kavallerie abteilung zu Gesicht zu bekommen. Da reißt er freudig bewegt seine weiße Binde vom Arm und winkt damit der heransprengenden den Reiterei zu, die ihn als Ueberläufer in ihre Mitte nimmt. So hat er das Ziel seiner Sehnsucht erreicht, und seine Sprachkennt nisse haben dem stets eifrigen und gefälligen Serben den schon er wähnten angenehmen Posten im Lazarett verschafft. Auch dieses versichert der serbische Deutschenfreund schon heute mit aller Kraft seiner llcberzengnng: „Wenn Serbien ist enizwei und Krieg hat ein End', ich reise mit deutsche Soldat nach Deutschland!" Beinahe in Bagdad. Durch de» gemeldeten großen Erfolg der Türken in M«so- potamien gewinnen die nachstehenden Berichte englischer Mit kämpfer an Interesse. Der Offizier «ines englijclM Lini«n- regiments schreibt über die Kämpfe, die seine Truppen bis dicht vor Bagdad brachten, in der „Morning Post": Der eigentliche Kampf begann am 25., als zw«i Kolonnen ,A" und „L" eine Demonstration ausdeni SüduferdesTigris oussUhrten, während „8" in Booten über den Fluß setzte. In der Nacht nahm L eine festhnlt«nde Stellung rin, wo gegen nach einem Nachimarsch aus das andere Us«r überging und 8 sich bis aus 400 Pards den türkischen Stellungen näherte. Unglücklicherweise wurde länger als erwartet ausgehalten, und Vermöchte erst am Abend durchzuMHen, sv Laß es M TLck« Möglich war, die Stellung in der Nacht zu räumen. ' . Wenn nur di« Abteilung „ä" um drei Stunden früher eingetroffen wär«, so hätten wir einen glän-en- den Erfolg gehabt und würden saft di« gesamte feindlich« Truppen» macht gefangensenomm«» haben. Die türkische Stellung war ungeheuer stark und schön hergerichtet: tiefe Grüben «it bombensicheren Bevbindungsgängen, hohe Drahtverhaue, Wolfs gruben, Landminen und alle möglichen Dinge. Im Laufe arbeiteten wir uns bis auf 400 Ellen an die Draht hindernisse heran, wobei wirfortwährendunterGranat- und Gew ehrfeuer standen. Die Wasserzufuhr machte uns die größten Schwierigkeiten, das Wasser konnte nm in der Nacht herangebracht werden. Unsere freistehenden Kanonen waren außerstande, die eingegrabenen türkischen Geschütze zum Schweigen zu bringen, wir stand«n deshalb ununterbrochen unter Granatseuer. Kolonne H, der die schwierigste Aufgabe zugefallen war, erlitt außerordentlich schwere Verluste. Wie hoch diese waren, wisse» wir nicht. Der Offizier setzt sein« Erzählung fort: „Wir sind immer noch auf dem Dampfer und verfolgen den zurück gehenden Feind. Eine sehr unangenehme Arbeit, wir fort während im Schlamm stecken bleiben und nicht vorwärts kommen. Oft dauert die Verzögerung einen ganzen Tag und häufig müssen s wir das Schiff verlassen und am User marschieren, un: den Dampfer zu erleichtern. Ich fürchte, daß wir die Sache werden aufgeben müssen, denn die Verproviantierung der Truppen wird hier nachgerade unmöglich. Wir sind auf dem Landweg« nur noch 50, zu Wasser 130 Meilen von Bagdad entfernt. Es wird jammerschade fein, zurllckkehren zu müssen, aber inzwischen müssen H sich di« Türken verstärkt haben und uns überlegen geworden fein, l Wenn nur Kolonne ä früher zur Stell« gewesen wäre, hätten wir sie alle gekriegt, mitsamt ihren 40 Geschützen, und hätten geraden wegs nach Bagdad vordringen können." Mit der Hoffnung auf Bagdad ist es nun endgültig vorbei, di« > ungeheuren Opfer eines Jahres sind vergebens gebracht, und dem englischen Ansehen im nahen Osten ist ein tödlicher Schlag versetzt, dessen Rückwirkungen aus das nahe Persien und Indien nicht aus bleiben wird. Die englischen Film-Soldaten. Die in England zur Hebung der Stimmung und Förderung Ler Kriegsbedürfnissc in Szene ge setzte Reklametätigkeit, der kein Mittel zu schlecht scheint, wenn es nur eine schwache Hoffnung auf Erfolg birgt, hat sich naturgemäß auch der Filmtechnik als Propagandamittel bemächtigt. Was die Regierungsmaßnahmen, die Volksreden der Minister und Politiker, die Zeitungen und die nimmermüde Phantasienachrichtenfabrik des Reuter-Bureaus nicht vermochten, soll nunmehr durch die Mobili sierung des Films verwirklicht werden. Wie die amerikanisch« Zeit schrift „New Porl Populär Science Mouthly" in einem „Lügen films" überschriebenen Artikel berichtet, ist die Fabrikation von Kriegsfilms in England neuerdings in großem Maßstab« von den Behörden organisiert morden. Zum Schauplatz der heroischen eng lischen Kampftaten erwählte man ein großes hügeliges Gelände an der SLdkllste, das den Besuchern der Kinotheater abwechselnd als polnischer, französischer oder flandrischer Kriegsschauplatz vor geführt wird. Landarbeiter, Bauernsöhne und alle müßigen halb wüchsigen Burschen aus den umliegenden Ortschaften wurden als Darsteller gewonnen und in die eigens zu diesem Zweck ange fertigten Uniformen der britischen, deutschen und russischen Armeen gesteckt und auf das Gelände geführt, um in ihren neuen Beruf «ingeführt und wirksam, gedrillt zu werden. Der Schauplatz der Geschehnisse wurde vorher gründlich bearbeitet, das heißt mit Rauchbomben, Feuerapparaten, Schützengräben, nachgeahmten An griffs- und Schutzapparaten ausgestattet. Wer heute über die friedlichen Wiesen der englischen Südküste schreitet, begegnet plötz lich deutschen Truppen mit Gewehr im Anschlag und aufge- pflanztem Bajonett. Von der anderen Seite ziehen khakifarben« Tommys herauf, die sich mit markerschütterndem Filmgeheul todes mutig und höchst realistisch auf den „Feind" stürzen, um ihn zu be siegen. Dabei werden besonders angelegte Wassergräben als imponierende „Flußübergänge" und Bauernhäuser als umstrittene Ortschaften, wie Loos, erklärt. Granaten werden abgeschosjen und Sprengbomben geworfen, wobei die Kinoregisseur« und Film techniker alle Hände voll zu tun haben, um die elektrischen Kontroll apparate zu bedienen und di- Hitze des Gefechtes nicht wirklich lebensgefährlich werden zu lc u. Um den Kinobesuchern die be ruhigende Ueberzeugung zu verschaffen, dass in Nordfrankreich eine Unzahl Truppen stehen, werden die verschiedensten Tricks ange wendet. So sieht man in einem englischen Film «in „Dorüber- ziehen der französischen Truppen" betiteltes Bild, das tatsächlich das Vorübermarschieren zahlloser Truppen vorsührt. Die Szene zeigt ein« Frau, die am Fenster ihres Hauses steht und den vorüber- ziehenden Truppen winkt. Diese Truppen werden auf höchst ein fache Weise vorgespiegelt, indem man ein mit Bajonettspitzen ver sehenes Lederband hinter dem Fenstcrausschnitt abrollen läßt. Je länger man das Band laufen läßt, desto mehr Truppen scheinen vorbehfumarschieren. Diese im großen erzeugten englischen Kriegs films sind so realistisch, daß man bei ihrer Betrachtung an die ge waltigsten Siege der Alliierten glauben muß. Nur schade, daß der Krieg nicht auf der Leinwand, sondern in blutigster Wirklich keit entschieden wird. Strafe muß sei». Laut „Times" wurde, so lesen wir in der „Jugend", eine Engländerin, die die Ansicht ausjprach, Gras Zeppelin sei ein Gentleman, zu jechs Monaten Gefängnis ver urteilt. Ebenso wurde ein alter Herr, der meinte, es könnte doch möglich sein, daß der deutsche Kronprinz bloß Kaffeelöffel und keine Regulatoren gestohlen hätte — vor allem, da solch hohe Herren im allgemeinen nicht gern große Pakete trügen — zu sieben Jahren Zuchthaus verdonnert. Ein anderer, Literatur historiker in Oxford, der es vom Lehrstuhl herab als mindestens unwahrscheinlich erklärte, daß Goethe Wechsel gefälscht habe und Kant bei seinem letzten Einbruch durch den Schuß aus einem Polizistenbrowning gestorben sei, wird lebenslänglich «ingesperrt. Zum Tode verurteilt aber wurde ein gewisser Jimmy Fletcher aus Loudon-O., weil er sich dahin geäußert hatte, schließlich seien die Deutschen auch nicht viel schlimmer als die Russen. Da er jedoch nachwies, seine Acußerung in sinnloser Trunkenheit getan zu haben, wurde ihm Vie Wahl zwischen Schafott und Eintritt ins , Heer gelassen. Feldgrauer Humor. General Sarrail liest im griechi schen Saloniki, um sich zu Heldentaten zu begeistern, flei^g im Homer (Ilias). Besonders eifrig studiert er den dortigen — Schifsskatalog. — König Konstantin ist, wie die Ge lehrten der Entente jetzt entdeckt haben, von deutschen Aerzten hypnotisiert worden. Das stimmt tatsächlich. Das beste Mittel, um jemanden zu hypnotisieren, ist bekanntlich, ihm etwas Glän zendes vor die Augen zu halten, die Deutschen haben dazu ihre glänzenden Sieg« verwendet. Die Entente versucht jetzt dasselbe mit ihrer Glanzwichsr, aber di« scheint aus Konstantin nicht zu wirken. — Theaterzettel. Entente-Theater in Skutari^. Nur noch kurze Zeit: Die verbündeten Mächte. In Vor bereitung: Der Widerspenstigen Zähmung.