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die goi Allerlei so« «V k « r^MSN — 0SL Vlauderstunden. Erzählung von Otto Schmitz. 1. Oer diplomatische Assessor. »Nachdruck verboten.» „Haben Sie das Neueste schon gehört?" fragte Dr. Welse, nachdem er sich am Stammtisch niedev- gelassen und eine Zigarre in Brand gesteckt hatte. „Na, was denn?" gab Amtsrichter Regenwurm zurück. „Fragen Sie etwas exakter!" „Daß, Assessor Rehfeldt sich verlobt hat! Haben die Herren keine Verlobungsanzeige erhalten?" „Nein. Gegen wen Henn? erkundigte sich Pro fessor Trommler. „Nun, selbstverständlich gegen eine hübsche junge Dame." „Ich Meine, wie das Unglückswurm heißjt, mit Vor- und Zuname?" „Klara Goldner, die einzige Tochter des Geheimen Kommerzienrats Wilhelm Goldner." „Was, mit dem entzückenden Goldfisch? Der Assessor Rehfeldt?" „Er selbst mit ihr selbst. Hier die Berlobungs- anzeige. Im übrigen traf ich Rehfeldt vorhin, und er hat mir versprochen, wenn es ihm nröglich wäre, heute abend auf eine Stunde an den Stammtisch zu kommen. Da können ihm die Herren ja persönlich ihre Glück wünsche darbringen. Ich habe das bereits besorgt." „Wozu da noch Glückwünsche. Der Mensch entwickelt ja einen Mordsdusel. Die einzige Tochter des ultra reichen Geheimrats? Das heißt, unter uns gesagt, sie selbst ist ja, soweit ich sie kenne, ein hübsches und reizendes Mädchen. Alber der alte Goldner! Wissen Sie, dem bärbeißigen Grobian geh' ich am liebsten zehn Schritt aus dem Wege." „Na, Rehfeldt heiratet ja die Tochter und nicht den Vater." „Ganz gleich. Ein Vergnügen muß es jedenfalls nicht sein, mit dem alten Brummbär in näheren Ver kehr zu treten. Einen eigensinnigeren und gröberen Patron dürfte es wohl in der Stadt kaum geben. Mich wundert nur, daß der so Plötzlich und so leicht sein Jawort gegeben hat. Der wollte doch mit seiner schönen Tochter sehr hoch hinaus. Ein Graf war doch das mindeste." „Diese schnelle Erwählung hat mich offen ge standen allerdings auch etwas überrascht, obschon ich schon seit einigen Monaten davon niunkeln Hörre, daß Rehfeldt der Tochter stark den Hof mache, und an scheinend auch mit Erfolg. Aber da kommt er ja selbst. Guten Abend, Assessor!" „Guten Abend, meine- Herreu." „Herzlichen Glückwunsch!" „Ich gratuliere bestens!" „Ich schließe mich an." „Und ich." „Ich trinke auf das Wohl des Brautpaare?!" klang es von allen Seiten, und jeder beeilte sich, dem jungen Bräutigam kräftig die Hand zu schütteln. „Danke, meine Herren, danke." antwortete dieser. „Sie sehen mich ganz gerührt. Ich komme gleich nach, Herr Professor." „Aber wie ist das, Herr Assessor, daß Sie uns Ihre Verlobung nicht einmal angezeigt haben." „Ist geschehen! Aber ein Teil der Anzeigen ist erst heute mittag zur Post gegeben worden. Da werden die Ihrigen wohl drunter jein, und wenn Sie heute abend nach Hause kommen, wird wohl jeder die Anzeige var- finden." „Na, dann ist die Sache für uns ja in Ordnung," meinte Trommler. „Aber jetzt erlauben Sie eine in diskrete Frage, lieber Assessor. Sagen Sie mir nur, wie haben Aie Ihren Schwiegervater in 8ps so schnell herumgekriegt, daß er seine Einwilligung gegeben hat. Mit dem ist doch sonst nicht leicht Kirschen essen. Ich gebe ja zu, daß Sie ein reizender und schneidiger Kerl sind; aber das sind Eigenschaften, die doch nur in den Augen der Tochter Wert haben. Ich glaube nicht, daß Sie dem Herrn Geheimrat besonders mit Schnei- digkeit imponieren können." Rehfeldt lächelte vergnügt, trank einen kräftigen Schluck und sagte: „Für die gute Meinung, die Sie von mir hegen, bin ich Jhnen«sehr verbunden, und wenn es zu Ihrer Beruhigung dient, kann ich Ihnen sagen, daß meine Braut Ihre Ansichten über mich voll ständig teilt. Dagegen sind Ihre Voraussetzungen be züglich meines zukünftigen Schwiegervaters grund falsch. Glauben Sie mir! Ein bißchen aufbrausend vielleicht; aber wenn man ihn zu nehmen weiß, läßt er sich um den kleinen Finger Wickeln. Etwas Menschen kenntnis und ein bißchen diplomatisches Geschick, das ist alles, was man nötig hat. Sehen Sie, meine Braut, die zukünftige Frau Assessor Rehfeldt, hatte auch Furcht, ihr Papa könnte unserer Vereinigung ernstlich Schwierig keiten in den Weg legen, und ich glaube, sie hat sich dieserhalb manche schlaflose Nacht gemacht. Aber ich habe nie einen Augenblick ihre Besorgnisse geteilt. Die Eigentümlichkeiten meines zukünftigen Schwiegervaters kannte ich ja. Will ein anderer rechts, so ist darauf zu wetten, dann geht er links. Kurz, er hat immer seinen eigenen Kopf, und damit rennt er durch die dickste Wand. Aber wie gesagt, mit etwas diplomatischer Kunst kann man bei ihm alles erreichen. Er ist wirklich kein so böses Haus, wie er vielsach geschildert wird. Da wir hier unter uns sind, und ich mich ja wohl auf Ihre Dis kretion verlassen kann, Willich Ihnen meine Unterredung mit ihm gerne erzählen, und ich will gleich vorausschicken, daß ich meines Erachtens den einzigen richtigen Weg gewählt habe, ihn klein zu kriegen. Als ich entschlossen war, um Klärchens Haud —" „Er sagt schon Klärchen!" fiel Trommler ein.' „Um Klärchens Hand anzuhalten, begab ich mich nicht etwa nach seiner Privatwohnung, sondern ich suchte ihn in seinem Bureau auf und ließ mich bei ihm melden. Nach einigen Minuten wurde ich vorgelassen. Ter alte Herr saß auf seinem Stuhle und musterte mich bei meinem Eintritt Don oben bis unten mit einem Blicke —. na, ich sage Ihnen. Da ich, wie schon bemerkt, seine Eigenheiten kannte, war ich natürlich nicht dumm genug, mit der Tür ins Haus zu fallen und ihn diskret um die Hand seiner Tochter zu bitten." „Ich setze voraus, Herr Geheimrat," so fing ich an, „es ist Ihnen bekannt, daß ich im Laufe des Winters Ihrer Tochter große Aufmerksamkeiten erwiesen habe. Zu meinem lebhaften Bedauern bin ich dabei wohl viel weiter gegangen, als ich eS wünschte. Ihre Tochter hat mir vor einigen Tagen die Versicherung gegeben, daß ich allein imstande sei, sie glücklich zu machen, und ich fürchte beinahe, sie hat damit die volle Wahrheit gesprochen. Ich will zu Ihnen ganz offen sein, ver ehrter Herr Geheimrat, und Ihnen gestehen, daß ich anfangs auch in dem Glauben befangen war, die Nei gung Ihrer Tochter zu erwidern. Es war ein Irrtum. Ich bin einer anderen jungen Dame begegnet, die einen unverlöschlichen Eindruck auf mich gemacht hat, und ich komme zu Ihnen, verehrter Herr Geheimrat, mi , der dringenden Bitte, mir behilflich. zu sein, ein Ver hältnis zu lösen, das für mich unerträglich ge worden ist." „Was soll das heißen?" rief der alte Mann, indew er sich kerzengerade in seinem Stuhle aufrichtete.