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Liebe imd Treue diö zum Grube. -Fortsetzung.) Einsam in seinem reichen Zimmer saß der greise Baier, strich und riß in Haider Verzweiflung seinen langen, weißen Bart, und las dabet die in dem goldenen Ringe eingravirten Worte: „Liebe und Treue bi« zum Grabe schwören sich Isi dora und Seraphim, den 28. Mai 18—Wer den Greis .so mit thränenden Augen hätte fitzen sehen und dabei ver gessen, daß Eigennutz und Hartherzigkeit da« Lebensglück zweier sich innig liebenden Menschen vernichtete, er würde das tiefste Mitleiden mit dem Jammer des Vaters empfunden ha ben. Ohne Ruhe, mit aufgeregter Phantasie bald in dumpfe« Hinbrüten versunken, bald in wilden Zorn ausbrechend, über legte der Greis Isidora'« und Seraphims Untergang. Die langsam schleichenden Stunden der Nacht waren vorüber, kaum verkündeten die ersten Sonnenstrahlen den neuen Tag, so mußte Rebekka vor ihm erscheinen. Entsetzen erfaßte die Alte, als sie in die verstörten, bleichen GefichtSzüge, in die eingesunkenen, rothverweinten Augen ihres Gebieters blickte. Wild herrschte er sie an, und befahl ihr, bei Verstoßung aus dem Haust, aus seinem Testamente, Isidoren genau zu bewa chen, sie nicht aus ihrem Schlafgemach zu lassen; am w«ntg- sten aber Seraphim, der seiner Ansicht nach die fromme, un schuldige Tochter verführt hatte, den Einlaß in da« Haus zu gewähre«. Niemand, es sei wer es sei, selbst Du nicht, Re bekka, betritt JsidorenS Gemach bis nach meiner Rückkehr; die von mir wvhlverschlossene Thüre ist mir dafür Sicherheit. Mit diesen Worten verließ der schwache Mann sein Zimmer und Haus. Voller Erstaunen sah die Alte den Greis, der sich kaum aus den Füßen erhalten konnte, von dannen wanken und in der rauhen Morgenluft über die Straße schleichen. Der Be fehl ihres Ernährers war ihr ein heiliges Gebot; im Vor-, gemach vvr JsidorenS Schlafzimmer setzte sie sich also nieder und lauschte wie eine Katze, Vie sprühenden Augen um sich werfend. Sehr bald vernadm sie; wie Isidora in ihrem Zim mer unruhig auf und ab ging; die Stühle, Tische und son stigen Möbel von einer Seite zur andern stellte; dann tief seufzend an die Stubenthür kam; als sie diese aber fest ver schlossen fand, hörte man sie mit einem Schrei de« Entsetzens zur Erde niedersallen. Angst und Besorgniß ergriff die Alte; denn sie war Isidoren mit ganzer Seele ergeben und liebte sie wie iHv eigen Fleisch und Blut. Sie ries die in Ohn macht Gefallene bei Namen, klopfte an di« Thür, schrie und siebte, ihr Antwort zu erth«ilen; vergeblich- blieb aber ihr Bemühen, und da weder das SchlSsseltöG »Koch irgend eine Thürspalte sie in das Zimmer btickbn lstO sichte sie-den Ent schluß, »om Hosraume her aus «tn-mHtzimn Ztäckiiir gegen über liegenden Gebäude in Isidoren« Gttnäch zet' sehen. Die Vorhänge und die Entfernung mckchtm-thr Vie« Vorbävtn schwer. Da nun die Zuneigung z»d»M'herzigen Mädchen größer bei Rebekken war al« die Furcht vor ihrem Herrn, so legte sie eine große Leiter an das Feilster der Eingeschossenen, und wollte eben auf diese hinaufsteigen, als da« Fenster von Jfidoren geöffnet ward und diese an das Fensterkreuz zusam- nuingeknüpfte Betttücher band, um sich mit Hülfe dieser Kunsts leiter zu befreien, ' * Vor Schrecken sank die Alte in die Kniee, als fie da« entschlossene Mädchen ans dem Fensterbrette des Fenster« stehen sah; sie kreischte ihr entgegen und zeigte ihr die Leiter. Eben gedachte Lie von Angst und Verzweiflung Gemartert« sich de« sichern Rettung-wege- zu bedienen, al- ihr Vater durch eitle Hinterxsorte von einem alten, würdigen Bekannten bkglüttt, in den Hofraum trat. — - » Isidora! schrie der Grei« und streckte dem Wind« fn banger Verzweiflung die Hände flehend entgegen; sodann bat er den Begleiter, auf dem Hofe zu bleiben, tndeß er hinauf zu eilen sich bestrebte. Isidora, ihren Plan vereitelt sehend, stieg in da- Zimmer zurück. Als die im Hofe Harnnden den Vater bei der Tochter sahen, Men auch fie hinauf. Bet der Beklagen-werthen entspann sich jetzt ein furcht barer Kampf zwischen Liebe und väterlicher Strenge und Ge walt. Aller Macht der väterlichen Gewalt wurde Ha» »rM« Mädchen unterworfen, da fie sich entschlossen weigerte» aüfdt« Begleiters Vorschläge einzugehen. -Weder die mit Seraphim geschloffrne Derlobung wollte sie freiwillig aufgcbe«, noch gär dem elenden Strumav-ky ihre HaNd- -zier Ehe geben. " Wuth entflammte denGteis, und den väterlichen Fluch aus der Zunge habend, doch den Worten dutch krampfhafte- Zusam- mendrücken dtic Lippen den Ausgang au« diem Mmd« ver- sperrend, wendete er sich-mit Abscheu vow sdtnem Kind«, spie aus und wollte eben däS-Zimmer-iuit dem Bekannten ver lassen, da fiel sein Blick auf die- Betttücher aüsi deem. Finster» kreuz. Schnell wendete er sich ums ergriff mit'-kvampfhafrer Riesenstärke die Tochter und schleuderte fie bi« an >i« Stji- benthür, so daß das arme Märchen am Kopfe verletzt, blutend ntederfiel. Ohne darauf zu achten, riß der Barbar sein Kind empor, zerrte fie sich nach über den Gang bi« zu einer huuk- -len, fest zu verwahrenden Kammer hin; da stieß er fie Hinein und legte Schloß und Riegel davor. An diesem.Ovt, wohin nicht einmal ein Strahl von Tageslicht fleh.'sollte die Eigen sinnige und Verworfene schmachten und büßen,, bi« fie zur bessern Erkenntniß gelangt sei. " .. ... . - ' Rebekka entging dem Zorn nur dadurch, daß sie lfle Nothwendigkett der Letter dem ErzüdNten bewies. > Kein-toste- re- Schicksal hatte Seraphim zu erwarten» obgleich er-«wah- hängig war und nur als Lehrer unter den Gesetzen her -Sy nagoge stand. e ..e - Bereit« waren am frühen Morgen auf da«-vtelvirm-g«». den, einflußreichen SchilkovSky Anregen zwei ander« ihm Be freundet; zu Seraphim gegangen, um ihn zum Rücktritt von jener strafbaren Verlobung zu bewegen. Wer ist im Stand«, den Schreck und das Entsetzen zu beschreiben, welche den un- ! glücklich Liebenden erfaßten, al« er vernahm, wa« vorgefqllen, ! und wa« durch die Macht de« Vater- vvllführt werden sollt«. Mit eiserner Willens« und Charakterstärke weigerte auch er sich, seine Ansprüche auf Isidora auszugeben, und wollte «h«r dtn Tod erleiden, als ihr entsagens < - „NW den Tod, Du Eütohrer de« religiösen Gesetze! i Du Schänder und Verführer häu-lWr^GlütHcltgfttt! sollst