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Rtdi^in und verlegt von E M. Gärtner in Schneeberg und Schwarzenberg. Tagetzgesehiedte UnserZcitalter weicht hinsichtlich seiner Bestrebungen, seiner Richtung, seiner Sitten und Gewohnheiten sehr wesent- Uch von den früheren Zeiten ab. Sehr natürlich ; den» — andere Zeiten, andere Sitten; andere Menschen, andere Be. strebungen. Doch eine der merkwürdigsten zugleich aber auch eine der bedenklichsten Erscheinungen unserer Tage ist „dieMacht de-Kapitals", die sich alle- dienstbar macht, ihre unwider stehliche Wucht in allen Kreisen fühlen läßt, und die — und da- ist da- BeklagenSwertheste bet der Sache — den eigent lichen Mittelstand mit raschen Schritten seinem Verfall zu führt. Noch vor 25, 30 Jahren arbeitete jeder Kaufmann, jeder Banquier, jeder große Oekonom, überhaupt jeder Geld- maun, der über bedeutende Mittel verfügen konnte, für sich selbst, aus seine eigene Gefahr und Rechnung und von ei ner „erdrückenden und erstickenden" Macht, des Kapitals, dem schlichten Handwerker, dem eigentlichen Mittelstände gegenüber, war keine Rede. In unseren Tagen aber ist e- mit dem Kapital ein ander Ding geworden. Das Kapital tritt zu Kapital, Aktiengesellschaften zu Hauf für Eftenbahnbauten, Bergbau, Fabriknnternehmungen in allen Zweigen, Bierbrau ereien, Brodbäckereien, Schlächtereien u. s. w. u. s. w. Haben sich in allen Gauen durch ganz Deutschland, Frankreich, Bel gien und England gebildet und bilden sich täglich noch, und waS früher dem Einzelnen mit seinem Kapital unmöglich war, tst in der Jetztzeit den Associationen nur ein Spiel. So wohlthätig nun dergleichen Associationen im Allge- meinen in vielfacher Beziehung sind, so bedenklich ist doch auf der andern deren Wirken und Streben; denn sie führen auf den Weg, daß wir auch in Deutschland bald nur noch zwei große Klassen der bürgerlichen Gesellschaften kennen werden: eine zahlreiche Klasse, welche gar nichts, oder bedeutend we niger hat, als sie zur Befriedigung der nöthigsten LebenSbc- dürsuiffe braucht, und eine weniger zahlreiche, die bedeutend mehr besitzt, als selbst zum Ueberfluß dient. Eine dritte Klaffe von Menschen, welche erwirbt, was sie nöthig hat, um anständig und bescheiden zu leben, ist nur noch schwach ver- treten. Diese letztere Klaffe — der sogenannte Mittelstand — war Jahrhunderte hindurch der eigentliche Träger und Ver treter der natürlichen, normalen Verhältnisse, auf denen das System der bürgerlichen Gesellschaft beruht. Seit einem hal ben Jahrhundert hört er nach und nach auf das zu sein. ES ist das eine Erscheinung, die der höchsten Beachtung ver dient, .die ihr aber auch von den Staatenlenkern im vollsten Maße gezollt wird. Beweis für diese letztere Behauptung ist namentlich in den jüngsten Tagen eine treffliche Stelle tn der Thronrede des Kaisers Napoleon, wenn er spricht: „Diese Minen, „welche in der Welt eine bis jetzt unbekannte Masse von ! „Baarschaft verbreiten, dieser Zuwachs de- öffentlichen Ver- 1 „mögen-, der den Verbrauch verzehnfacht, bewirken eine Ver- ! „änderung und Steigerung des WertheS aller Dinge; diese „unerschöpfliche Quelle de- RcichthumS, der Credit, erzeugt „Wunder, und dennoch zieht die Uebertreibung^ der l „Spcculatton den Ruin vieler Einzelnen »ach sich, ö „Daher die Nothwendtgkeit, ohne den Fortschritt zu hemme«, „denjenigen zu Hülfe zu kommen, di« seinem b-schleunigttn „Gange nicht folgen können. Man must die Einen anfti-r« „nen, die Andern mäßigen und die Thätigkeit dieser atht«^ „losen, unruhigen, begehrlichen Gesellschaft, die, in Frankreich, „Alles von der Regierung erwartet, und der man dennoch „die Grenzen des Möglichen und die Berechnungen der Beo „nunft entgegen stellen muß. Aufklären und letten, dtrse» „ist unsere Pflicht." Was beweisen diese trefflichen Worte? Daß die Lenker der Staaten die erdrückende Macht des Kapitals recht wohl erkennen und daß hier aus Abhülfe allen Ernstes Bedacht ge nommen werden muß. Allein, wirkliche Abhülfe zu gewäh ren, ist mehr al- äußerst schwierig, wo nicht ein Werk der Unmöglichkeit. Denn ganz natürlich muß doch dem Kapital« flaS Recht »»verkümmert bleiben, in den Grenzen de- Gesetzes zu werben, zu wirken und zu arbeiten, daß es gewinnt, «bett so, wie dem Einzelnen ganz unbenommen ist und bleibt, sein Geld, seine Kraft, seine Kenntnisse auf erlaubte Weise zu verwerthen, so hoch er immer kann und weiß. Derjenige, der jetzt Mittel und Wege anzugeben wüßte, wie dem Kapitale seine Freiheit gewährleistet, dabet aber seine erdrückende Macht gemindert würdet wäre unstreitig — auf dem materiellen Gebiete — in der Jetztzeit der größt« Wohlthäter der Menschheit. Für heute genug über diese- hochwichtige Thema. Wir werden in einem unserer nächsten EinlettungSartikel wieder daraus zurück kommen. , Deutschland. Oesterreich. Wien, 22.Ftbruar. Eine Verordnung der Minister der Finanzen und de« Han- ,dcls vom 18. d. M., wirksam für die im allgemeinen Zoll gebiet begriffenen Kronländcr, spricht die zollfreie Behandlung mechanischer Webestühle während der Dauer von fünf Jahren aus. — Die „Wiener Zeitung" meldet, daß Se. Majestät der Kaiser die Concession für den Bau einer Locomotiven- eisenbahn von Prag nach Pilsen bis an die bayrische Gränze nebst einer Flügelbahn von Hollaubkau nach Radnitz und Wegwanvw, dann von Pilsen «ach Eger bi- an die bayeri sche Gränze, und von Pilsen nach BudweiS, sowie von Eger' nach Karlsbad zu verleihen geruht haben.— Mailand, iS. Februar. Der Kaiser hat seinen Adjutanten, General Keiner, nach Mantua geschickt, um den bekannten Conflict zu unter suchen und dem Kaiser persönlich darüber zu berichten. — Wien, 21. Februar. In dem heute au-gegebenen ReichSge- setzblatt wird eine kaiserl. Verordnung kundgemacht, welche ei nem allgemein anerkannten Uebelstaude abhilft. Nm de» Per sonenverkehr im Kaiserstaate die möglichste Erleichterung zu gewähren, wirb da- Paßsystem auf eine neue sehr ftetffnnige Grundlage gestellt. Darnach haben sich künftig alle Postvevt- siouen auf hie Gränze de- Staatsgebietes zu beschränken, und im Innern hat eS von den bisherig«« Vorweisungen, Btdtrungen und amtlichen Hinterlegungen der Reisepässe sein Abkommen. — Preußen. Berlin, 19.Febr. DieBerathungtn über da- EheschciduugSgesctz, welche in der Commission bereits die leb- hastest« Theftuahme gesunden haben, bildet di« Tagesordnung