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Rcdlgin und verlegt von C. M. Gärlner in Schneeberg und Schwarzenberg. Ein verlorenes Leben. !! . (Schluß.) 4. „Mein dunkles Herze liebt Dich, „Es liebt Dich und es bricht, „ES bricht und zuckt und verblutet, „Aber Du siehst es nicht." Die Zeit hatte ihren mildernden Einfluß nicht ganz ans den Obristen verfehlt; nach und nach hatte er Katharinen mit anderen Augen betrachten gelernt. Die Anmuth ihres Wesens, die demüthige und klaglose Ergebung in ihr Schick sal hatten ihn nach und nach von seinen Racheplänen in Bezug auf sie abgebracht und als ein Zufall ihn einst zum ungesehenen Zeugen des Beisammenseins der Liebenden ge macht, ward er wohl Anfangs von heftigem Zorn ergriffen, aber bald gewannen menschlichere und gütigere Gefühle die Oberhand. Er belauschte öfter ihre Gespräche und die innige und zarte Liebe, die Reinheit des Verhältnisses, dies Alles verfehlte seine Wirkung nicht auf das an sich edle, wenn auch verbitterte Gemsith. Nur ein Gefühl lebte in unverminder- ter Stärke fort, der tiefe grenzenlose Haß gegen seine Gattin; seine zerstörte Existenz, seine getäuschte Liebe, Alles gab die sem Gefühl neue Nahrung. Wo saßen Vater und Tochter wieder einander gegenüber hei dem Scheine des Kaminfeuers. Aber Katharina fühlte °fith «licht mehr einsam, der Schmerz des Abschieds verwan- dilte fich allmälig in Hoffnung des Wiedersehens; täglich be suchte sie den geliebten Baum und die dürren Zweige, die traurig im Winde seufzten, schienen die Gefühle ihres Her zens zu theilen. Eine« TageS erhielt der Obrist einen Brief, dessen Anblick ein leichtes Lächeln, einen seltnen Gast, ans seine Lippen zauberte; er erbrach ihn und der furchtbarste Zorn verwandelte seine Züge. Der tödtlich verhaßte Name traf sein Auge. Georg von Salden war Konstantins Bru- der! — Georg schrieb edel und zart, hoffend, daß die Zeit den Zorn seines Feindes grsänftigt haben würde, schilderte di» glänzenden Vermögen-Verhältnisse, so wie den vortreff lichen Charakter seines Bruders und bat den Obristen, in dem Glücke seines Kindes einen Ersatz für den Raub der Vergangenheit zu finden. Konstantin fügte die heißesten Bitten, die lebhaftesten Betheuerungen bei. Wüthend ballte der Obrist die Zuschrift zusammen, da fiel noch ein seines, engbeschriebenes Blättchen heraus — es war von Alinen. Die Zärtlichkeit der Mutter, die unsägliche Freude endlich von dem langbtweinten Kinde zu hören, der heiße Wunsch für das Glück der geliebten Tochter hatten ihr den Muth gegeben, sich dem tiesbeleidigten Gatten zu nähern. Ihr Brief war mit Flammenschrist der Zärtlichkeit geschrieben, aber die Worte der Liebe, der Bitte fanden kein Echo in dem Herzen desjenigen, an den sie gerichtet. Sein Zorn war grenzenlos und seine Antwort berechnet, dem unglücklichen Werber alle Hoffnung Izu rauben. Er schrieb, «ach Abschickung des Brie fes weide er die Stadt verlassen und jede Anstrengung, ihn aufzufinden, würde vergeblich sein. Im Anfang war die- auch sejn Wille gewesen, aber bei längerer Ueberlegung Sn- derte er seinen Plan; er beschloß die MaSke der Unwissenheit brizubehalten, die ihn vor allen Bitten, Thränen und ähn lichen Scene» bewahre, ünd nur sein Haus sorgfältiger noch zu bewachen. — DerMiuter verging und Katharinens bleiche Wangen begannen fich zu röthen. Jeden Nachmittag ging sie in den Hof und betrachtete mit Sehnsucht die dürren Zweige; erst hatte sie nach Monden gezählt und nun zählte sie schon nach Wochen. Ein ungewöhnlich zeitiger Frühling erweckte die Knospen und Katharinens Herz schlug in schnel« leren Schlägen. Wer kennt sie nicht die Pein des Wartens?! Wer weiß nicht, wie rastlos sie an uns nagt, jede-Fiber er beben läßt?! Doch unter Glück oder Leid vergehen die Tage dennoch. Mit himmlischer Freude sah Katharine die zarten grünen Blätter, mit den Martern der Erwartung sah sie das Wehen de« vollen Laubes. ES war als fei ihr Leben an diesen Baum geknüpft; den ganzen Tag saß sie darunter, stumm, unthätig, thränenloS, das müde Haupt an den Stamm gelehnt. Erst glaubte sie an «ine Krankheit, an eine Ver zögerung, die ja bei einer so weiten Reise leicht möglich sek; sie setzte fich selbst eine Frist von vierzehn Tagen, und dann wieder eine, und dann — starb die Hoffnung ganz langsam, ganz allmälig — aber sie starb. Namenlose Verzweiflung, die ganze Bitterkeit des Verlassenseins erfüllte ihr Herz. Warum, dachte sie oft, mußte er mich denn verlassen, mich täuschen, mich, die nichts hatte als seine Liebe und nichts war als ein Geschöpf derselben, die er aus dem dumpfen Moder eines verlorenen Lebens gehoben und die nun, da er sie fallen ließ, szerbroche» in den Staub zurücksinkt!? — Nicht ohne Theilnahme sah der Obrist das Verfallen seiner Tochter, aber er konnte nach seinen Ansichten nicht anders. Jndeß ließ er doch einen Arzt rusen, der jedoch den Krank- heitszustand Katharinens für zu weit vorgeschritten erklärte, um hier mit Erfolg wirken zu können. Die verschiedenen Gemüthsbewegungen: Erwartung, Sehnsucht, Gram, Ver zweiflung, hatten die zarte Gesundheit zu tief erschüttert. Die arme Blume, nicht gepflegt in der Knospe, für einen Augen blick an Licht und Sonne gebracht, verwelkte nun in der kalten, dunklen Einsamkeit. Als der Herbst erschien, neigte Katharina ihr bleiches, schnwrzendeS Haupt und als dieBW- ter von dem alten Baume fielen, schloß fie die müden Äugen zum ewigen Schlummer. 5. „Der Tod er kommt gar gerne ftüh am Morgen „Die Knospe bricht er gern in Jugendglpth." — Die Schlacht bet Novara war geschlagen. Der Donner de- Geschütze-, der wüste Lärm der Schlacht war verhallt. Eft« leichter Regen fiel und wusch den Rauch,-da-Blut von den bleichen Gesichtern, die jetzt verstummt auf der öden Fläche lagen. Wie viele Herzen waren hier einsam gebrochen, wie vielt heiße Wünsche für ewig gestillt, -wie viel Jammer, wie viel Beschwerde, wie viel tiefe- Weh war nun beruhigt! Aber dort unter einem Baume saß noch ein junger Fretwil- liger und kämpfte den letzten schweren Kampf. -Sein Antlitz «var bleich, sein langes dunkle- Haar hing schwer von Blut und Regen triefend herab; die Brust, mit der tftsen Tod«--