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Wort», und ließ sich nicht verwirren, selbst al» der Czaar st^ l mehr al- einmal mit heftigen schnellen Fragen unterbrach. Bet dem ersten Laut ihrer Stimm» wurde meine Angst gren- zenko«, ich heftete den Blick an den Boden, und sprach im Htrzen ein Hebet zum heiligen Nikolaus; nach und nach g». Äann jugendliche Neugier die Oberband, ich sah schüchtern auf, und die Schwester kam mir wie ein überirdisches Wesen vor, dessen Nahe mich schützen müßte. Dennoch durchbebte mich de- Czaaren Stimme immer von Neuem mit Furcht, Anna« Muth schien dagegen zu wachsen, je länger sie sprach; fit begegnete ohne Scheu seinem ernsten Blick und schloß ihre Rede mit einer rührenden Bitte um Gerechtigkeit. Wildes Feuer zuckte in seinen Zügen, während er sie anhörte und befragte. Wenn Du Wahrheit sprichst, sagte er mit donnernder Stimme, so soll der schleichende Bösewicht mich kennen lernen. Die Bosheit herrscht nur, wo Peters Auge sie nicht erreicht; sieht er sie, so liegt sie nieder. Sie. phan Musen heißt Dein Pater? deutscher Abkunft? ich liebe die Deutschen! Und Dein Name? Anna Musen, großmächtigcr Czaar, antwortete sie, und hier siehst Du meinen unmündigen Bruder Paul; aus ihn und seine Zukunft wende den milden Blick, denn mein Vater wird bald im Grabe ruhen. Du hast Muth wie ein Mann, Anna Musen, bet mei nem Haupte, antwortete der Czaar. Ich kenne nicht Viele, die so unerschrocken zu dem Czaaren gesprochen hätten. Herr! erwiderte Anna, Gott hat nicht Einem Geschlecht aurschließend die geistige Kraft verliehen, die Du mir zu schreibst. Wir können nicht kämpfen und streiten, aber der Muth der Unschuld in unserer Brust darf sich mit der Helden stärke des Manne- messen; manches Beispiel muthiger Frauen spricht davon. — Die Männer Deiner Zeit, Herr, stehen Dir nur wenig näher als ich, Du überragst sie Alle, und da« Mädchen ficht mit Freuden an Deiner Größe hinauf. Wäre sie ein Mann, sie müßte Dich beneiden! Wir sehen uns wieder, Mädchen, sagte er, Deine Sache ist nun die Sache des Czaaren. Du wirst hören, daß ich nirgend Nacht, überall Licht will. — Du Paul Musen mußt ein ganzer Mann werden, oder die Schwester beschämt Dich »inst. Mein» Hülfe verspreche ich Dir; ich suche Menschen, die Rußland dem Bilde ähnlich machen sollen, das mir vor schwebt. Willst Du den Degen wählen oder die Wissenschaft, um Deinem Vaterlande zu nützen, oder willst Du Dein Glück auf dem Meere wagen? Nun? — wie willst Du? sprich ein Wort, wenn Du anders de« unerschrockenen Mädchen« ächter Bruder bist; wer vor mir zittert, wenn ich nicht zürne, der taugt nicht für mich. — Großer Czaar, sagte ich muthig genug, ich schwieg nicht aus Furcht, sondern weil ich mich bedachte. Dars ich wäh- ! len, so möchte ich lieber ein gelehrter Mann werden, als ein Krieger; ich höre meiner Schwester gern zu, so ost sie von Kunst und Wissenschaft fremder Länder spricht, aber mir graut, wenn sie von blutigen Kriegen erzählt. Wahrlich, ich dächte wie Du an Deiner Stelle, antwor tete Peter lachend; und wenn gleich der Feind mich immer gerüstet finden soll, liebe ich doch die Künste des Friedens mehr als den Kampf. — Aber Mädchen, bist Du wirklich so gelehrt, wie der Knabe sagt? In Büchern, Herr, haben kluge Männer uns ihren Geist hinterlassen, erwiderte sie, jeder mag au« solcher Quelle schö- pfen, nach seinem Wunsch und Vermögen. Mich zieht die Zeit an, die nicht mehr ist, ich sehe gern in das Dunkel zurück, wie es allmählig Licht ward. Einige deutsche Histo- rienbücher hat ein Verwandter meiner Mutter uns vererbt, aus ihnen stammt mein Wissen. Hortsetznng folgt.) TatzeSgeschichte. WaS seit Wochen schon von den größeren und gut un- terrichtetcn Zeitungen al- nahe bevorstehend gemeldet wurde, ist rndlich in'Erfüllung gegangen: Die preußisch» Regit- rung hat den Ständen einen Gesetzentwurf vorgelegt, dahin lautend, daß ausländische Banknoten oder sonstige auf den Inhaber lautende unverzinsliche Schuldverschreibungen ausländischer (b. h. also nicht preußischer) Corporationen, Gesellschaften oder Privatpersonen zu Zahlungen nicht ge braucht werden dürfen, und wer dergleichen ausländische Werth- zcichcn in Preußen zur Leistung von Zahlungen auSgibt ober anbictet, wird mit einer polizeilichen Geldbuße bis zu 50 Thlr. bestraft. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. October 1857 in Kraft. Es ist gar kein Zweifel, durch dieses Gesetz werden die vielen Banken und CreditveretneDeutschlands sehr hart getroffen, und deshalb find auch die Stimmen über diese Maß regel Preußens sehr gethcitt. Ei» Theil pflichtet dcr preu ßischen Regierung vollkommen bei, ein andrer Theil tadelt sie aber heftig. UnS kann es natürlich nicht einen Augenblick beitommcn, über eine in ihren Folgen so höchst bedeutungs schwere Maßregel ein Urthcil zu fällen; allein das müssen wir denn doch sagen, daß wir unsrerseits schon im vorige» Jahre wiederholt in unseren EinlcitungSartikcln zur TageS- geschichte darauf hingewiesen haben, wie die vielen Banken und Creditvereine, die namentlich im Jahre 1856 wie Pilse nach einem warmen Regen «mpotschossen, unmöglich dem großen Ganzen zu wahrem Nutzen und Segen gereichen kön nen, und wie cS gewagt sei, seine Kapitalien dergleichen In stituten mit voller Zuversicht anzuvertrauen. (Vergleiche Nummer 75, 76, 78 u. s. w. des vorigen Jahres vom Erz- gebirgischen Bolksfreund.) Es ist nicht einen Augenblick in Abtede zu stellen, daß durch die Unmasse papterner Werthzeichen, wie sie die letz teren zwei, drei Jahre» in den Verkehr gebracht haben, der ganze große Geldmarkt weit über Gebühr überschwemmt wor den ist und daß namentlich die Banken der kleinern deut schen Staaten so ungeheure Summen in Banknoten hinauS- gegcben haben, daß man ganz billig fragen mag: wo ist für diese Summen Papier-Gcldc- die nöthige Garantie? Und gewiß irren wir nicht, wenn wir die Vermuthung aussprcchen, daß es vorzugsweise die in den kleinern deutschen Staaten zu Hauf gegründeten Banken find, welche die in Rede stehende Maßnahme Preußens hcrvorgerusen hat. Der Staat hat natürlich die heilige Pflicht aus sich, seine Angehörigen vor schmerzlichen Verlusten zu sichern, und gewiß einzig und allein dieser Grund ist es, der die preußische Negierung bewogen hat, mit dieser in den allgemeinen Verkehr tief eingreifenden Maßregel hervorzutreten. Wir sagten so eben, daß namentlich die kleinern deut schen Staaten „ungeheuere" Summen in Banknoten hinaus gegeben haben, und diese unsere Behauptung bedarf des Be weises. Hier ist er: Anhalt-Dessau-Köthen hat 115,000 Einwohner und 4 Millionen Thaler Bankcapital; 30,000 E. und 12 Mill. Thlr. Bankcapital; hat 4 Mill. Tblr. und '270,000 - und 5 Mill. Thlr. 165,000 - und 8 Mill. Thlr. 855,000 - 264,000 - 115,000 - 61,000 - 150,000 - Bückeburg Darmstadt Weimar Gera Sondershausen Koburg-Gotha Braunschweig Meiningen und 20 Mill. Gld. und 5 Mill. Tblr. und 2z Mill. Thlr. und 3 Mill. Thlr. Gewiß sind diese Zahlenangaben von hohem Interesse und geben Stoff zu ernstem Nachdenken.