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212 stetige Boutiker räumt sein Gewölbe, und der kleine Mann kriecht in die Hinterstube, um dem „Meßgeranten" seine vor der» und bessern Zimmer abzutreten. Bevor die Ausdehnung der Vorstädte mit modernen, geräumigen und Hellen Woh- nungen begann, hatte selbst der Student in Leipzig keine „meßfreie" Stube; er mußte sie mit dem Wetnreisenden, mit dem polnischen Juden oder sonst einem theilen, oder ganz und gar weichen. Vieles in der gedrückten Enge hiesiger Lo- calitäten hat sich gebessert, die Messe aber mit ihrem Verkehr hat sich und kann sich nicht ganz aus dem Kern der Stabt verdrängen lassen. Es bleibt nichts übrig als diesen Kern der Stadt selbst zu erweitern. Alte rufige, vom Zahn der Zeit benagte, vom Staub der.Jahrhunderte bedeckte Häuser müssen dem NcuwuchS eleganter Bürgerpaläste weichen, und wa« von alter FestungSzeit her der Stadt noch eingepferchtes anklebt, muß gemach schwinden. Ein großer Schreck aber wird diesmal den Mcßfremden anwandcln, tritt er aus dem alten PcterSthore, um sich vom Schweiß des Geschäfts im kühlen Laubgang zu erholen, vom Staub der engen Behau sungen am Anblick des BlüthenmeereS im Stadtgraben zu er- quicken. Diese Laubgänge, dieser Stadtgraben mit seinen Gärten und Obstbäumcn sind nicht mehr. Hunderte von Bäumen fielen unter der Axt, die hochgelegene Allee, ehedem Wall, mit Linden und Kastanien, ist dem Roßplatz glcicdge- macht, der Stadtgraben ausgefüllt, und eine Wüstenei dehnt sich vor dem erschrockenen Blicke aus, vom Petersthor links um die Bürgerschule bis zum Augustusplatz, wo das Kunst museum ebenfalls die prächtigen Anlagen zwischen Stadt und Vorstadt vertilgte. Der Kern der Stadt drängt sich archi tektonisch heraus, die neuen Gebäude in langer Flucht vom PeterSthor bis zur ehemaligen Bastion der Bürgerschule wer den über den Stadtgraben heraustreten, neue Straßen und einen ganz neuen Stadttheil bilden. Wir bedauern, baß diese Erweiterung der innern Stadt nicht ohne diese» Barbarismus gegen alten Baumwuchs hat möglich sein sollen, die sonst schon so flache Stadt den kleinen wohlthuenden Wechsel an Höhen und Tiefen cinbüßcn soll. Mancher gute Leipziger zittert schon für seinen Spcrlingsbcrg und den Schneckcnbcrz; vielleicht muß auch des alten idyllisch ehrbaren Gellert Denk mal am Oeser, das so gemüthlich in den Schwanenteich blickt, dem Baueifcr weichen, denn der Rath der Stadt sinnt auf ein neues Theater, und das böse Lehrgeld, das mit dem so genannten „RathSloche" beim verfehlten Entwurf einer Fleisch- und Ledcrhalle gezablt worden, wird sich wenigstens bei der Reform des Rvßplatzes nicht wiederholen; man bietet bereits 20 Thaler für die Geviertelle, wo die Spekulation neue Häu ser aufzuführen gedenkt. Das Standbild Thaers, von Riet schel, hat von der bisherigen Stelle weichen mässen mit den alten Bäumen, und wird seinen neuen Platz finden, sind erst die neuen Anlagen construirt. Die neuen Pflanzungen wer den längere Zeit brauchen, um sür den Verlust der allen ent schädigen zu können. Wir zweifeln nicht, daß nach 10 Jah ren der Gewinn, der aus der neuen Structur dieser Stadt region erwächst, allen einleuchtend vor Augen liegen wird, bedauern nur diese lange Zwischenzeit, die ihre Opfer fordert. — Meißen, 8. April. Vorgestern hat der 16jährige Stief sohn des Schorusteinfegermeisters Starke hier einen hohen Beweis von Entschlossenheit und Muth geliefert. Wie er auf dem Oeffenkranze des Armenschulgebäudes an der Wasserburg fitzt und die vollendete Reinigung der Ocsse laut verkündet, sieht er einen Knaben in den unmittelbar vorbeifließenden Elbstrom fallen. Ohne Zögern steigt er vom Dache herab — wäre er durch die Ocsse in das Haus zurückgekehrt, hätte er einen Umweg machen müssen und viel Zeit verloren, — stürzt sich in die Elbe und schwimmt dem Knaben nach. Der selbe ist schon ein tüchtig Stück den Fluß hinabgetrieben und bereits im Versinken, als es dem Retter gelingt, ihn zu er reichen und festzuhalten. Er nimmt ihn unter den Arm- schwimmt aus diese Weise unter großer Anstrengung an das Ufer uud der Knabe ist gerettet. Vermischtes Der von BreSla» am 4. April nach Berlin abgehende Schnellzug überfuhr vor dem Bahnhöfe von Lissa einen Einspänner, worauf sich 2 Männer (Vater und Sohn) befanden. Durch eine Fahrlässigkeit des Bahnwächtero war, wie die „Schief. Ztg." meldet, die Barriere der UeberfahrtSpaffage der Berliner Landstraße über die Eisenbahn nicht gesperrt worden, so daß der Führer des Fuhrwerks glaubte, ohne Hin derniß über die Bahn fahre» zu dürfen. Der Schnellzug überraschte ihn aber, ehe er sich noch der drohenden Gefahr entziehen konnte, riß da- Pferd vom Wagen und schleuderte dasselbe eine weite St-ecke auf der Bahn fort, so daß es jämmerlich zerfetzt und zerschnitten sofort todt liegen blieb. Aus dem Wagen, der seiner Vorderräder und der Deichsel beraubt ebenfalls weithin geschleudert wurde, war der schon mehr als 60 Jahre alte S. herausgeschleudert worden und zwar so unglücklich, daß nicht bloS der Kopf fast bis zur Unkenntlichkeit zer, schlagen, soudern auch der Oberschenkel des rechten Beines und der Knoiüen deS rechten Unterarmes gebrochen wurde. Der Schnellzug, welcher außer einer zerschmetterten kvcomotivlaterne keinen weitern Schaben gekommen, fuhr, nachdem er den Verunglückten nach dem Bahnhofe Lissa gebracht, ohne größern Aufenthalt weiter. Der im Hinterlhell deS Wagens sitzende Sohn des Unglücklichen blieb ohne Verleßuna «r es, e >, i»»»»et» re» Eibenstock. Aufgebotene: LI) der verw. B. u. Han- delsm. Aug. Ludw. Koch und Frau Friedr, verw. Nestmann, geb. Eichler; — 22) der verw. Flaschnerges Friedr. Fuchs und Jgfr. Friedr. Roßbach; — 23) der Jungg. Hr. Aug. Kretschmann, Registr. u. Polizeioff. im h. K. Gericht amte, u. Jgfr. Paul W. Kat. Trö ger in Schwarzenberg; — 2t) der Handarb. Rob. Hutschenreuter u. Hulda Weiblich; — 2ä) der Fleischerges. Ebn. Gnüchtel u. Hulda Schönfelver; — 26) der Handarb. Fr edr. Hagert u. Friedr. Unge thüm in Blauenihalz — 27) der K-iegSreserv. u. Schmiedeges. Aug. Siegelaus Wildenthal ii. Hulda Mennig; — 28) der Schneiberges. Aug. Heimann u. Sofie Unger; — 29) der Bergarb. Friedr. Lorenz in Schedewitz u. Feievr. Stark aus Wolfsgrün; — 3») der Barbier Louis Uhimann u. Jgfr. Anna Schäfer: — 31) der Bordr. Loui« > L-nghammer u. Lina Beier; — 32) der kämt. B u. Bäckermstr. § Frau, Heckel u. Frau Aug. verw Börner, geb. Bretschneider; — > 33) der verw. Steinmetzmstr. Glob Baumann u. Johanne verw. Rülke, geb. Siegel; — 3t) der B-, Vordr. u. Formstecher Herm Günthel in Auerbach u. Marie Sofie Maibier allda. — Getaufte: 93) u. 9t) Berta Laura u. Gufiav Emil Neef; — 95) Müller, Louis Os car; — 96) Friedrike Eni. Thümmler; — 97) Weidlich, Fr. Edu.; — 98) Walther, Paul Friedr.; —99) Alinde Tittel; — 100) Bauer, Einst Albert; — 101) Schiller, Gm. Gust.; — 102) Aug. Marie Anger. — Begrabene: 8t) Amalie Wolff, 9j I., als m. Abd. u. voll. Gel.; — 85) der ans. B. u. Vorrichter Aug. Dörffel, kt I., Ehem., beigesetzt m. voll. Gel.; — 86) ü. 87) todtgeb. Zwillingm. des Handarb. Hnr. Seidel; — 88) Clara Schulz, 9 M., als in. Abd.; — 89) Günnel, Emil, 6 M.; — 90) Müller, Loui« Osc., 6 T. — Nächsten Sonntag, g. G-, Amt heil. Communion. (808) IjnIcLIHitlHiwtlUHS. DaS appiobiite Gewerbe- und Persoualsteuer-Ca« lasier für das laufende Jahr sammt dem Gewerbesteuer« Nachtrags-Cataster sür die Fabrikanten, dessen Steuersätze gegen voriges Jahr nnvirändert bleiben, liegt an hiesiger RathSstelle zur Einsicht aus. Reclamationen gegen die Ansätze in dem Gewerbe- und Personalsteuer-Cataster sind bei Verlust derselben bin nen drei Wochen, vom Erscheinen gegenwärtiger Bekannt machung an gerechnet, bei der König!. Bezirks-Steuer- Einnahme zu Schneeberg einzureichen. Hierbei werden die Steuerpflichtigen hiesigen OrteS aufgesorderl, die nach Maaßgabe der Verordnung vom 16. August 1855, beziehendlich der Verordnung vom 26. März 1857 ubzuentrichtende ordentliche und außerordent liche Gewerbe- und Personalsteuer mit einem vollen Jah« rrSbetrag, einschließlich eines halben JahreSbetrageS alS Zuschlag den 15. April 1857 und mit einem halben Jahreöbetrag