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Redigi« und verlegt von C. M. Gärtner in Schneeberg und SchwaWnherg. „Er ist ein ganz eigenthümlicher Zug des menschlichen Geschlechtes, daß der große Hapfe zu allen Zetten tu Bezug ausWunderdinge auch wohl gerade zu Ungereimtheiten ungemein leichtgläubig war und noch ist;" — mit diesen Worten begannen wir die Einleitung zur Tagesgeschichte in Nummer 24 unseres „Erzgebtrgischen VolksfreundeS". Hieraus setzten wir in ganz ruhiger Weise, auf Gründe der Wissen schaft und Vernunft gestützt, auseinander, warum der windigen Prophezeihung des Weltuntergänge- am 13. Juni dieses Jahres kein Glauben beizumessen sei und sagten schließ lich: „Der denkende und ruhig prüfende und überlegende Leser wird sicher mit uns über den prophezeihten Weltuntergang in. diesem Jahre lächeln!" Wir glaubten auf diese Weise die Ansicht und Meinung aTjer unserer geehrten Leser getroffen und ausgesprochen zu haben. — Fehlgeschossen! denn unter den vielen Tausenden unserer Leser fand sich doch Einer, der mit unserer Ansicht und den Gründen der Wissenschaft absolut nicht zufrieden ist!! Es ist uns nämlich ein Brief (aber leider! ein anony mer) zugegangen, in welchem uns wegen unseres Unglauben- an die in Rede stehende Prophezeihung der Text ziemlich derb gelesen und uns namentlich zum btttern Vorwurf gemacht wird, daß wir die „kecken" Worte anssprachen, daß unsere Leser über den prophezeihten WeltunteHgng ... lächeln sollen. Wäre der Umstand, daß uns ein gerade in diesem Sinne abgcfaßter Bries zugegangen ist, in vielfacher Hinsicht nicht zu merkwürdig und zu schmerzlichen Betrachtungen auffordernd, so würde uns nun nicht ein Lächeln genügen, sondern wir würden geradezu lachen, laut aus lachen. Allein die Sache hat eine zu ernste Kehrseite und bewahrheitet leider! unsern Satz: daß man in dieser Welt das „Ungereimte" lieber glaubt, als das, was uns Wissenschaft und Vernunft sagen, vollständig. Zwar find wir, so zu sagen, felsenfest über zeugt, daß Tausende unserer geehrten Leser, gleich uns, auf die in Rede stehende Prophezeihung vom Weltuntergang am nächsten 13. Juni, schlechterdings kein Gewicht legen, und die Prophezeihung für das nehmen, wofür sie zu nehmen ist, für die Ausgeburt eines müßigen, seichten Kopfes, der aus i die Leichtgläubigkeit der Menge spekulirte und diese entweder äffen oder sie absichtlich in Angst setzen wollte: allein daß auch nur Einer unter Tausenden solchen abgeschmackten, thörigten und nichtsnutzigen Prophezethungen mehr Glauben schenkt, als. den Gründen der Wissenschaft, das schmerzt uns aufrichtig. Der anonyme Briefschreiber macht uns hauptsächlich zum Vorwurfe, haß wir uns in unserem Aufsatze in Nr. 24 arg widersprochen hätten, dadurch, daß wir erst behaupte ten: weil die Beobachtungen des großen Kometen im Jahre 1556 viel zu lückenhaft und oberflächlich waren, so könnte darauf keine sichere und fehlerlose Rechnung gegründet werde», mithin könne auch schlechterdings der Tag nicht ganz be- ffimmt vöräusgesagt werden, wenn der große Komet erscheine, — und kurz nach dieser Behauptung hieße es doch: „WgS insbesondere den Kometen von 1556 betrifft, so liegt seine Bahn so, daß er der Erde sich höchsten- aus etwa eitlh Million deutscher Meilen nähern kann,. älso noch beiläufig neunzehnmal weiter vo» uns entfernt bleibt, al» dH Mond." Erst behaupteten wir also — wird u»S zum Bor- würfe gemacht — die Beobachtungen von 1556 wären lücken haft und oberflächlich gewesen, und ließen sich keine sicheren, bestimmten Rechnungen darauf gründen, und dann sagte» wir doch so sicher und zuverlässig, „als wenn eS mit der Elle ausgemessen wäre," daß der große Komet sich der Ebbe' höchste»- auf eine Million Meilen näher» könne. Ja, mein leichtgläubiger Unbekannter, auf diesen Vor wurf de- Widerspruchs, den Sie uns in Ihrem GlauhenS- eifer machen, muß ich Ihnen leider bemerken, daß Sie durch diesen Vorwurf recht augenfällig beweisen, daß Sie von der Mechanik des Sternenhimmels schlechterdings auch gar kei nen Begriff bähen. Sie eifern also aus totaler Unkenntniß mit — Unverstand. Die Wiederkunft des großen KomHep, von 1556 auf deuTag berechnen, und behaupten, daß seine Bahn (wohlgemerkt: seine Bahn) so liege, daß er fich-HK. serer Erde nur aus ungefähr eine Million Meilen näM», könne, sind zwei himmelweit verschiedne Dinge. Ich muß also, Herr wunderlicher Unbekannter, um Jhter geistigen Armuth willen, in einem ganz populären GlekchnP reden. — Gesetzt Sie stehen mit einem Ihrer Freunde auf einem sehr großen, freien und ebenen Platz. Auf diesem Platze sind verschiedenartige gutgeebnete Sandwege, alle in der länglich-runden Form eine- Eies geführt und aus jeder»' dieser eirunden Wege jagt jn stetem Trabe ein Wage». Sie beschaue» sich nun neugierig dieses Treiben von einem ge wissen Standpunkte des freien Platzes aus. Nun können Sie' aber nicht ganz genau beobachten, auch fehlen Ihnen dazu die mathematischen Kenntnisse und die nöthigen BeobächtungS- iustrumente, wie viel Raum irgend ein solcher Wagen in ei ner gegebenen Zeit, (etwa in einer Sekunde, oder in einer Minute) aus seiner Bahn zurücklegt. Sind Sie nun aber wohl i>» Stande, berechnen zu können, wie lange Zeit der betreffende Wagen braucht, bevor er seine eirunde Bahn ganz: durchlaufen hat? Sind Sie nun wohl im Stand, auf die Sekunde genau angeben zu können, wenn der betreffende Wage» iu Ihre Nähe kommen, an Ihnen vorbei eilen wird?- Nein, Sie find nicht im Stande, das ganz genau anzugeben! Und warum sind Sie das nicht im Stande? Aus dem gäNz einfachen Grunde, «eil sie den Raum, d. h. die Länge dhr Bahn nicht genau kennen, den der Wagen durcheilt- und ferner, weil Sie die Geschwindigkeit, d. h. die Zeit- in welcher der Wagen eine gewisse Strecke der Bahn zurücklegt, aus Mangel an genauen mathematischen Kennt nissen und Instrumenten, nicht berechnen können. -- Aber, frage ich weiter, find Sie wohl im Stande, genau angeben zu.können, ob Sie der Wagen über den Haufen fahre« wird, wenn er in Ihre Nähe kommt, wenn Sie seine Bah», die mit Sand geebnet ist, übersehe« können, und wenn Sie wissen, diese Bahn kann und darf der Wagen nicht ver lassen? „El freilich" sprechen Me, „das'kann ich angeben, I bestimmt angeben, denn ich sehe doch, wie viele SchMtz