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Mittwoch, ven 1. April. ' ' - , - . - , ' , .'7^ Redigm unv verlegt von C. M. Gänner in Schneeberg und Schwarzenberg. Liebe und Treue bis zum Grabe. (Fortsetzung.) Jener wünschte aber nun zu wissen, mit wem er es ei gentlich zu thun habe, vpd was die Beweggründe gewesen, die den Fremden für jene Dame so überaus theilnehmend machten. Seraphim erkannte in dem Offizier einen gebildeten Mann, dem er für seine Güte Vertrauen schenken konnte. Er versprach ihm demnach die gewissenhafteste Auskunft über Alles zu geben, sobald er von dem jungen Polen wisse, was er zu wissen wünsche. Indem er aus seinem Flaschenkeller und Spcisevorrath reichlich hatte austragen lassen, nöthigte er zuzulangen, schenkte die Gläser voll und sprach: „Es kettet nichts so fest im Leben aneinander, als das Unglück! Das Unglück ist so heilig, wie die Bande des Blutes, die von der heiligen Kirche gesegnet find; darum stoßen Sie an: den Un glücklichen bessere Zukunst!" Alle hatten die Gläser erhoben; der Offizier aber nahm da- Wort: „Bevor ich mit Ihnen Salz und Brot esse, muß ich wissen, wer Sie find ; ich habe als Mensch gehandelt, aber auch gegen meine Ordre, die bei solchen Transporten weniger Schonung zuläßt." — Seraphim öffnete seine Brieftasche und reichte dem Offi zier fein Patent. Mit Ehrfurcht verbeugte sich der Offizier und rief: „Es lebt der Kaiser! der uns in Ihrer Person ei nen neuen Beweis seiner väterlichen Liebe für den Soldaten gibt." „Er lebe hoch!" riefen alle Dreie; hieraus trank man aus bessere Zukunft. Die Scheidewand des Mißtrauens war gesunken, freier blickten sich die Betsammcnfitzenden an, und jeder fühlte ein geheimes Etwa« in seinem Herzen, das ihm wie Sympathie für den Andern erschien. Der Pole willfahrte endlich Se- raphtms Bitte, ihm Ausschluß und Nachricht über SchilkovSky, seiner Tochter, deren Unglück und sonstige Verhältnisse aus Warschau zu geben. Der Pole begann: „Der überaus reiche SchilkovSky war bet Beginn der Revolution in Warschau ein großer Anhänger derselben, und opferte der gemeinsamen Sache viel an Geld Und Gut. Mit ihm tu genauer Verbindung stand ein gewisser StrumavSky muthmaßltcher Eidam von ihm." „Ich kenne diesen Schelm!" unterbrach in heftiger Auf wallung Seraphim den Redner. „Um so kürzer wird meine Mittheilung werden. Als dieser Bösewicht sah, daß — doch in vino voritas, Herr Offizier, eines jeden Ehrenmannes Herz schlägt für das Land seiner Geburt, ich von einer Polin geboren, aber von einem Russen erzeugt, fühle und denke als Mensch, darum ohne Groll; ich ehre und liebe den Kaiser, aber — doch zur Sache, i Als StrumavSky, der Elende sah, daß das edle Polen seinem j Machtgeber unterliegen würde, suchte er da-, wa- er aufge- ! opfert zu haben wähnte, wieder zu gewinnen; er spielte fal sche- Spiel mit Polens Diktatoren, wußte auf unbegreiflichen Wegen die geheimen Schlüsse derselben dem Feinde zu ver- rathen, und empfing endlich hei Entdeckung seiner Verrätheret ! seinen verdienten Lohn. Nicht wett von Wela ließ der Dicffl-! tor lh,> ausküpsen. SchilkovSky, da die Russen Warschau etn-. genommen, wurde gefänglich eingezogen. Von, allen Dingen- von den geheimsten Verhältnissen hatte die russische Behörde die genaueste KenntNiß. Seht schwere Verbrechen, politische wie moralische, sollte der alte GreiS begännen haben, sogar der Vergiftung der eigenen Tochter beschuldigte das Gericht ihn; ob die Bosheit. Rachsucht und der Eigennutz de- Er hängten die Anklagen gethan, blieb etn Geheimniß; in Be» treff der schönen Tochter Isidora tst so viel gewiß, daß fie mit Gewalt von dem Gegenstand ihrer ersten Liebe getrennt; der Liebhaber durch des Vaters und StrumavSky'» Einfluß flüchtig gemacht ward, und Isidora in einen jahrelangen Wahn sinn dadurch verfiel." Seraphim ergriff das furchtbarste Entsetzen bei dieser Nachricht ; schnell sprang er auf, eilte in die Kammer der von fhm so heiß Angebeteten. Auf seinen Knieen lag er und flehte vor der sanft Schlafenden zum Allvater des himmlischen und irdischen Sein». Hieraus kehrte er zu den ihm Freunde gewordenen zurück. „ES bedarf hier keiner Erklärung, meine Herren," be gann er: ,,au» meinem tiefempfundenen Schmerz ist eS Ihnen klar, daß ich der Unglückliche bin, den da- harte und grau same Vaterherz von seiner Tochter gewaltsam riß. Der un heilvolle StrumavSky war des Alten böser Dämon, der ihn verleitete, daß er im geizigen Vernünfteln fehlte, Richter ward und gegen die Vorsehung frevelte! Seine Religion, seine Liebe zu seinem Kinde, seine Weisheit de« Alters wat sei» Gold! Gott dem Gerechten riß er die Waagschale au» den allmächtigen Händen mit frechem Uebermuth, und wog da» Glück zweier Menschen bis zum Elend und Jammer hinab. Gott der Barmherzige aber, der da- Gra» und die Achte wachsen läßt, der die Blumen in ihrer Pracht gestaltet, de» Bogel in feinem Ton und Lied dort, und mit liebender Va terhuld segnend Alles, wa- er schuf, erhält; Er, der große Barmherzige, verließ uns nicht, und wird auch fernerhin im Unglück keinen redlich frommen Menschen ohne Erhörung lassen." Andächtig schlugen alle drei Männer de» Glaubens hei lige Zeichen, und tranken zur Vergebung aller Schuld imd auf bessere Zukunft den Rest auS ihren Gläsern. Der Offizier nahm nach einer langen Pause da» Wort und sprach: „Von dem Gifte der satanischen Parteiwuth ist meine Seele stet; nie wird mein Herz für Mitgefühl erkalte« und meine Hand die harte Fessel de- Unglück» noch stfter ziehen, als sie schon den Schuldigt» oder Unschuldige» drückend belastet. Rust mich des Vaterlands Stimme, di« Pflicht de» Dienstes, muß ich gehorsam sein; aber die Vernunft und di« Ehre sind die Stimmen, denen ich das Vorrecht einräuwe. De- Richter- oder des Gesetzes Unrecht habe ich flicht zu er messen, am wenigsten dereinst zu verantworten; wo ich mit redlichem Bewußtsein helfen und mildern kann, geschieht e»»" — Bewegt und dankbar schüttelte der Pole die Hand de« braven Offiziers. (Fortsetzung folgt.)