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Sonnabend, da, L. Janua». 1857» Redigirt und verlegt von C. M. Gärtner in Schneeberg und Schwarzenberg. L > Von de« Thurm's geweihter Höhe Tönt ein Glöcklein hell und rein; Denn der Taufe hetlge Welle Führt das Kind ins Leben ein. Säugling, blühe fröhlich aus, Segen sei dein Lebenslauf! Freudig hallen Glockentöne Zu dem Fest der jungen Braut; In der Locke glänzt die Myrthe Und de» Priesters SegenSlaut Am Altäre fleht zu Gott: Gib Gesundheit, Herr, und Brot! Zu der Feste hcil'ge Feier, Zu des Tempels Heiligthum Ruft der Glocke ehr'ne Stimme; Chöre singen Gottes Ruhm! Gieß, Herr, deine Gnade aus Ueber Kirche, Schul' und Haus! Sachsenseld, den 1. Januar 1857. Tagesgeschichte. Zum ersten Mal im neuen Jahre schickt sich derVolkS- fteundschreiber an seinen vielen tausend Lesern in der Nähe und Ferne das Wichtigste und Interessanteste von den Welt händeln in aller Herren Ländern mitzuthetlen. Sicher glaubt uns jeder Leser, daß wir bet dieser ersten Nummer mit ernsten Gefühlen zur Feder greisen; denn die Pforte eines neuen Jahres hat sich wieder geöffnet, und wir stehen vor ei ner uns ganz unbekannten und in dichte Schleier gehüllten Zukunft. Was wird uns, was wird unserem theucren Vatcrlande das neubegonnene Jahr bringen? — Werden wir alle, die wir heute diese erste Nummer unseres VolkssreundeS in Ge sundheit und Wohlbefinden zur Hand nehmen auch die letzte Nummer des Jahres in Frohsinn und ungetrübten Ledens- glücke lesen? Oder ruht, wenn die letzte Nummer dieses Jahres von Hand zu Hand geht, Dieser und Jener von der großen Volkssreundgemeinde schon auf ewig aus von den Mühen und Sorgen dieses Lebens, hinabgebettet in das finstere, enge Kämmerlein des kühlen Grabes? Wird das neubegonnene Jahr für uns ein Jahr des Glückes sein, werden wir uns stets einer kräftigen Gesundheit erfreuen, und wird Segen unserer Hände Arbeit krönen: oder wird es uns ernste Prü fungen, Sorgen und Mißgeschick bringen? Kein Sterblicher vermag diese hocherusten Fragen zu beantworten. Unser Geschick steht allein in Gottes Hand! Doch dessen können und dürfen wir gewiß sein: Auch im neuen Jahre wird uns ein ungetrübtes, dauerndes Glück nicht Tag für Tag lächeln; aber auch Mißgeschick und Sorgenstunden werden nicht unsere steten Begleiter sein. Freud und Leid, frohe und trübe Stunden, Sonnenblicke und Nebelgrauen werden wechsel-weise uns zur Seite gehen. Also will cs die ewige Weisheit und also dienr cs zu unserem wahren Frieden. Friede flüstert durch die Haine Bet der Abendglocke Schall. Ach, eS walten Gram und Sorge, Thränen rinnen allzumal! Ende, o du guter Gott, Allen Jammer, jede Noth! Traurig klagt es aus der Höhe — Einen Sarg senkt man hinab, Und der Sehnsucht Thränen fließen Heiß in's offne, dunkle Grab. O, ihr Tobten, sanfte Ruh' Ruft euch treue Liebe zu! Horch de- Jahres Scheidestunde Tönt sc ernst durch Sturm und Nacht. Doch de- Christen frommer Glaubt Schwingt sich auf zum Thron der Macht. Segne, Gott, auch künft'geS Jahr Deiner Kinder treue Schaar. Theodor Brückner. Darum laßt muthig uns und getrost der — wenn auch dunkeln — Zukunft entgegen geben, mit dem Dichter sprechend: Schaut kühn und sest in's neue Jahr! Er, der in jenen lichten Höhen Im alten Jahre mit uns war, Wird ferner für uns liebend walten! Und so wird der große Welteuvater auch die Herzen der Könige und ihrer vertrauten Räthe lenken, daß uns der goldne Friede, das herrlichste Kleinod der Völker, bewahrt bleibe, obwohl es mit Beginn dieses Jahres kriegerischer ausschaut auf der großen Weltbühne, denn je zuvor. Zwischen der Schweiz und Preußen'tst es bis jetzt leider! zu keiner Verständigung gekommen, so aufrichtig sie auch von allen Stämmen deutscher Zunge gewünscht wird, und so rüsten Preußen und die Schweiz mit Macht. Aber auch der Pa riser Friede vom 30. März vorigen JahrcS, der in der Sprache der Herren Diplomaten ein „ewiger" sein soll, steht fast aus dem Punkte zusammen zu brechen, weil seit Monaten immerzu, namentlich von England aus, an den Säulen, aus die er erbaut ist, gerüttelt wird. Doch, was der Volksfreund schon in seiner letzten Num mer des jüngstverflossenen Jahres aussprach, wir hoffen, trotz der kriegerischen Zurüstungen, nichtsdestoweniger zuversichtlich auf eine endliche friedliche Beilegung und Ausgleichung aller streitigen Punkte unter den hohen Mächten und der kriegs lustigen Schweiz. In Paris ist ja bereits eine neue Con- sercnz eröffnet, und gewiß werden die Herren Diplomaten alles aufbiettn, was nur irgend in ihren Kräften steht, um neues Blutvergießen zu verhüten. Die Lenker der Staaten werden mit dem männlichsten Ernste ermessen, wie allerdings die schreckliche KriegSsurie leicht zu entfesseln ist, wie aber kein Sterblicher, auch wenn er Kronen trägt, dann sprechen kann: Bis hichcr und nicht weiter! sie werden wohl ermessen, wie nur im Frieden der wahre Wohlstand dcr Länder und Völker gedeiht und wie ein einziges KrtegSjahr den Wohlstand der