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dm äes Samens willen (Nachdruck oerbot«».) Ihr Opfer, eine Lüge fteien. So rächt sich alles einmal. Roman von L. Dressel. (32. Fortsetzung.) XXXI. Da die so überaus günstigen äußeren Verhältnisse ein längeres Hinausschieben der Hochzeit nicht forderten, so fand die Vereinigung des jungen Paares wenige Monate nach der Verlobung statt. In dem kostbaren Brautgewande, das ein Ver mögen repräsentierte, sah Valeriens zierliche Gestalt mit ihrer sonst so schüchtern bescheidenen Halrung ebenso vornebm als anmutig aus, und als Erich Mannloh nun mit freudigem Stolz, der jedoch mcht ganz frei war von einer Art gönnerhaften Wohlwollens, die Hand seiner Tochter in die des schönen, glänzenden Offiziers legte, da schauten die braunen Augen der jungen Braut mit einem überwältigenden Blick seligen Glückes zu dem Manne ihrer Wahl empor. Leon wußte nichts von der großen, bewegenden Kraft, welche diesen sonst so scheuen, demütigen Augen den verklärten, liebesmächtigen Ausdruck verliehen, aber er dachte überrascht: „Was für Prachtaugen mein Gänseblümchen da plötzlich aufschlägt, sie muß es nur lernen, diesen Zauber zu gebrauchen. Sie sieht heute überhaupt nicht unbedeutend aus, und das ist lediglich die Wirkung ihrer lostbaren Brautrobe. Sie muß fortan reiche Toiletten tragen und sich nicht wie ein kleines Pen sionsmädchen kleiden und benehmen, sondern sich ein Beispiel an meiner schönen Mutter nehmen. Die wird es sie lehren, was eine Frau aus sich machen kann, wenn sie Geschmack und Lust hat, zu gefallen." Mit diesen nichtigen Gedanken führte er Valerie au» die Hochzeitsreise, die sie bis nach Italien aus dehnten, während der Kommerzienrat ihnen daheim eine prächtige Villa einrichtete mir allem Luxus, den sein füralicher Reichtum gestattete. Da Leon sich auf dem Gipfel seiner Wünsche sah und sich Valerie immerhin verpflichtet fühlte, so siel es ihm nicht schwer, ihr zunächst ein dankbarer, aufmerk samer Gatte zu sein. Und nachgerade rührte ihn ihre anbetende Liebe, die er im Grunde so wenig verdiente. Er nahm sich zusammen, um sie nicht gleich zu Anfang ihrer Ehe aus ihrem Glückstraum aufzuschrecken. Valerie schien in der Tat vollkommen glücklich, kein Mißten störte die erstenFütterwochen, dievielleichtgareine längere Dauer gehabt hätten, wenn Leon nicht gerade, der Mode und Valeriens Bitte folgend, den Flug nach Italien genommen Hütte. Hier, in diesem der Kunst und Wissenschaft geweihten Laude, dessen glor- reiche Schönheit nur ein gebildeter, feinsinniger Geist voll genießen und verstehen kann, war Leon durchaus nicht an seinem Platze, und hier erkannte Valerie zu ¬ mitleidiger, erbarmender Liebe, war umsonst gebraast. Kaum fähig, ihre Seelenqual zu verbergen, zog Margarete das blonde Haupt der Tochter zu sich herab und küßte mit zitternden Lippen den jungen, blühenden Mund. „Mißverstehe mich nicht, mein Kind, ich denke ja nur an dein Glück, und da du dies in s dem Grafen zu finden vermeinst, so will ich dir nicht ! mit Zweifeln wehe tun, sondern innig wünschen, daß er dich so würdigen möge, wie es deine reine, selbst- ' lose Liebe verdient" „Meine liebe, einzige Mutter," flüsterte Valerie zärtlich, „ich wußte es wohl, daß du mir nicht ernstlich ! entgegen sein könntest. Du bist ja die Milde und Güte selber und hast es mich gelehrt, von den Menschen nur das Beste zn denken. Nun, und Leons kleine Schwächen," lächelte sie glückselig, „was haben die denn mit unserer Liebe zu tun?" In Margaretens Augen brannten heimliche Tränen. Mannloh aber schritt triumphierend hinaus, um den § erwünschten hochgeborenen Eidam seiner Tochter zuzu- i führen. ! argarete seufzte tief auf. Mit unsäglicher Selbstverleugnung hatte sie, die be- tragens, verlassene Frau, in ihrem Kinde die Zuversicht auf Mannesehre und Manneswort genährt, in ihm die reinste Ueberzeugung an den hohen, sitt- lichen Wert des Vaters aufrechterhalten, wie hätte sie nun das ahnungslos vertrauende, glückatmende junge Herz zerschmettern können mit dem Bekenntnis der grausamen Wahrheit. Nein, sie besaß nicht den Mut, ein spätes Gericht zu halten, den furchtbaren Urteilsspruch zu fällen: „Der Vater, den du begeistert ehrst, ist ein wortbrüchiger Schwächling, ein kaltherziger Egoist, und der Mann, den du liebst, ein gewissenloser Verschwender und Spieler, der allein in niederer Habsucht nach deinem Besitz strebt." Nein, sie mußte schweigen wie bisher, in heimlicher Qual, Valerie hätte die schonungslose Wahrheit, die ihr den Vater und Geliebten zugleich entreißen mußte, ! gerade in dieser Stunde hofsnungsseligen Glückes nicht ertragen. Aber mit brennender Reue gedachte sie der Mahnung der unglücklichen Beatrice, welche sic ernst davor gewarnt, in irrender Mutterliebe eine falsch an gebrachte Schonung walten zu lassen, wo es Pflicht gewesen wäre, sich mutig von Lug und Trug zu be-