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Um Bulgarien. Wien, IS. Juni. Di« „Politische Rundschau" meldet aus Sofia: Der russische Gesandte Sawlnrkt habe, um die Bedeutung der jüngsten Vorschläge des Vierverbandes an Bulgarien zu erläutern, angeblich folgende Aufklärung' gegeben: Der Vierverband lei unter der Voraussetzung, daß das bulgarisch« Heer an der Besetzung Konstantinopel« und der Meerengen mitwirke, bereit, sobald dieser Erfolg erzielt sei, Bulgarien ein eventuelles kriegerische» Unter nehmen gegen seine Nachbarn zur Erlangung der bul garischen Gebiete Mazedonien» freizustellen. Die englischen Parlamentswahlen aufgefchoben. Berlin. Nach dem „Berliner Tageblatt ' schreibt die „Morning Post" von einer Vertagung der Parlamenls- wahlen. Es soll vermieden werden, den Gang der par lamentarischen Verhandlungen durch die allgemeinen Wahlen zu stören, falls der Krieg nach zwölf Monaten noch nichi beendet ist. Moskauer Kulturtaten. Berlin. Lin Angehöriger eines neutralen Staates, der die Greueltaten der letzten Tage in Moskau mit er leben mutzte, gibt in der „Morgenpost" Schilderungen von dem dort angerichteten Schaden: Auf den Höfen der Fabriken von Zündler und von Hebner sammeltrn sich mehrere tausend Arbeiter, stellten verschiedene Forderungen an den Direktor und begannen, als diese nicht sofort be willigt werden konnten, das Zerstörungswerk. Der Direktor flüchtete und stürzte sich vor den Augen der Verfolger in den Moskauer Kanal, um an das andere Ufer zu schwimmen. Kaum an dem jenseitigen Ufer an gelangt, wurde er von der Menge ergriffen lund er schlagen. Die Frauen von drei anderen Direktoren wurden In den Kanal geworfen und als sie nicht ertranken, mit Steinen beworfen und getötet. Von der Polizei war nichts zu sehen. Der in Moskau angerichtete Schaven wird aus 3-400 000 000 Rubel geschätzt. Was will das werden? Athen. Aus Korfu wird gemeldet: Albanische Aus ständige warfen drei Bomben, von denen eine das Dach der griechischen Gesandtschaft in Durazzo traf. Bomben splitter drangen in das Schlafzimmer des griechischen Ge- schäftsträgers ein und zerstörten ein Bett. Eine andere Bombe durchschlug das Dach der griechischen Kathedrale. Die Italienische Wahrheitsliebe. Wien. Aus dem Kriegspiessequartter wird geschrieben: Wahrheitstceue der Meldungen des italienischen Ge neralstabs beleuchtet so recht der Bericht oom 13. Juni. Dort heitzt es: Unsere Batterien schweren Kalibers beschossen die Feste Malborugth und setzten den oberen Teil des Forts in Brand, wodurch dir Muniliousdepols des Forts in die Lust gesprengt wurden. Demgegenüber mutz festgestellt werden, daß der in Brand geschossene Teil ein außerhalb des Forts gelegener Holzschuppen ist, in dem gewiß keine Munition deponiert war. Erfolge der deutschen Unterseeboote. London. Der Flotlentorrespondent der „Times" schreibt, daß seit Anfang Juni nicht weniger als 73 Schiffe durch Unterseeboote versenkt wurden. Das bilde einen seltsamen Kommentar zu Churchill» Rede in Dundee, wonach der Unterseebootskrieg in bestimmte Grenzen ge wiesen worden sei. Kein Streikrecht mehr. London Der Vorsitzende des Transportarbetteroer- bandes erklärte in einer Rede, ec sei die Verpflichtung eingegangen, während'des Krieges auf das Streikrecht zu verzichten. Alle Streitigkeiten werden durch ein obli gatorisches Schiedsgericht geregelt. Er betonte, die indu strielle Wehrpflicht sei weder wünschenswert noch notwendig. Französische Kultur. Paris. Der Fliegerangriff auf Karlsruhe wird von der Pariser Presse als eine glanzooile Tat hingestellt. Der Angriff sei eine längst erwartete und wohlüberlegte Bergeltungsmaßcegel gegen die barbarische Kriegsführung der Deutschen. Karlsruhe sei keine offene Stadt, denn is habe eine Wassensabrik und chemische Fabriken und sei ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Der „Temps" »klärt, Karlsruhe sei keine offene Stadt, denn es habe ime Garnison von 4000 Mann. Am schlimmsten von allen Zeitungen, die alle einen scharfen Ton ansch'agen, macht es „Libre Parole", die schreibt: Wenn wir einige Zivilpersonen in Karlsruhe umgebracht haben, so haben vir uns dadurch von Leuten befreit, die auf wirtschaft lichem Gebiete einen ungleichen Kamps gegen uns Mhren usw. Literatur. bißmann, Berta, Vorsteherin des Seminars für Haus haltungslehrerinnen in Dresden: Kriegsmahlzeiten. Vorschläge für nahrhafte und zeitgemäße Tagesbekösti gung mit einem Anhänge über Einmachen, ferner über Herstellung, Wert und Gebrauch von Kochkiste, Koch beutel und Kochrucksack. 61 Seiten mit 9 Abbildungen. Preis 10 Pf., in größeren Partien billiger. Dresden, Juni 1915. Alwin Huhle, Verlag. Von den von der Seminarvorsteherin B. Dißmann im VlSrz d. I. erstmalig herausgegebenen Kriegsmahlzeiten ist <ht das 2 Bändchen erschienen. Es ersetzt das nun ver altete 1. Bändchen, bringt neue, der jetzigen Jahreszeit ^gepaßte Speisezettel und berücksichtigt dabet vor allem Gemüse und Obst. Marmeladen al» spreiswerter Brot aufstrich und erfrischende Sommer-Abendmahlzelten schließen sich an. Besonders aktuell ist das neue Bändchen durch eine angesügte leicht verständliche Anleitung zur Herstellung von Kochkiste, Kochbeutel und Kochrucksack. Die Beschreibung dieser jetzt so zeitgemäßen Kocheinrichtungen ist in besonders geschickter Weise anschaulich gemacht durch eine Reihe ent sprechender Abbildungen Fertslmariil M DippotSiswalöe vom >9 Juni. Bon den 28 ausgetriebenen Ferteln wurden 13 verlauft zum Prelle oon bü—104 M. oro Paar. Aus dem Gerlchlssaal. Doppeltes Todesurteil wegen Spionage. Ueber die Voll- streckung zweier Todesurteile erläßt der Etappenkommandant in Memel die folgende Bekanntmachung: „Die russischen Untertanen Anna Ozott und Marle Dilbert sind durch das Feldkricgsgericht wegen Spionage zum Tode verurteilt, das Urteil ist bestätigt und wurde am Montag vollstreckt. Vergeltung. Vor einigen Tagen waren Nachrichten durch die Presse gegangen über die Art und Weise, wie in Afrika unsere Kriegsgefangenen von den Franzosen behandelt werden. Jeder Leser mußte dabei tiefsten Abscheu über diese Art der Kriegführung seitens eines Volkes empfinden, das sich brüstet, an der Spitze der Zivilisation zu marschieren. Mit großer Genugtuung wurde dann wohl auch gleichzeitig die Nachricht ausgenommen, daß wir zur Vergeltung eine Reihe von französischen Kriegsgefangenen schärfer be handeln würden. Allerdings stehen uns nicht derartig aus gesuchte Martern zu Gebote, wie unseren westlichenNachbarn. Auch entsprechen sie wenig dem deutschen Volkscharakter, der in dem Feinde doch noch den Menschen sieht. Trotz dem ist anzunehmen, daß die Beschäftigung in den Moor kulturen Norddeutschlands wenigstens in etwas den Aus gleich schaffen wird. Man hat sich damals gefragt, ob derartige Maßregeln unsere Gegner dazu bestimmen würden, von ihrer men schenunwürdigen Behandlung der Kriegsgefangenen ab- zulasfen. Wie die französische Regierung sich hierzu stellen wird, mag dahingestellt bleiben. Soviel ist jedoch sicher, daß unsere Vergeltungsmaßnahme in einem anderen Falle schon recht wirksam gewesen ist. Die englische Regierung war seinerzeit dazu übergegangen, die gefangene Besatzung einiger umerer Unterseeboote nicht wie Kriegsgefangene, sondern wie Verbrecher zu behandeln. Zur Vergeltung hatte man bei uns sich britische Offiziere aus den besten Familien ausgesucht, die zum Ausgleich ins Gefängnis gesteckt wurden. Jetzt konnte die amerikanische Botschaft unserer Negierung mitteilen, daß die englische Regierung sich entschlossen hat, unseren wackeren Unterseebootleuten dieselbe Behandlung wie den übrigen Kriegsgefangenen zuteil werden zu lassen. Dies hatte zur Folge, daß un sere Regierung die getroffenen Gcgenmaßregeln aufhob. Wir sehen also hier, daß die Beiseiteschiebung jeder Rücksicht und die folgerichtige Durchführung einer Ver- geltungspvlitik Früchte trägt. Es ist zu hoffen, daß dies auch gegenüber Frankreich der Fall sein wird. Wünschens wert wäre es auch, wenn die Zutodemarterung des bei einem Liebesgabentransport von den Nüssen gefangen genommenen Oberstallmeisters v. Haugk eine entsprechende Sühne fände. ! Nun haben sich die Franzosen von neuem eines schweren Volkerrechtsbru Hs schuldig gemacht, der geradezu an Mord streift. Die offene Stadt Karlsruhe wurde während mehrerer Stunden von einem feindlichen Flugzeuggeschwader mit Bomben belegt, wobei viele unschuldige Menschen ihr Leben lassen mußten. Es ist ja nicht das erstemal, daß die Franzosen sich derart über das Völkerrecht hin- megsetzen. Aber selten ist wohl das Sinnlose eines solchen Vorgehens so offenbar geworden, wie diesmal. Deshalb heischt gerade dieser Fall rücksichtsloseste Vergeltung, und wir haben zu unseren leitenden Stellen das Zutrauen, daß sie die geeigneten Mittel und Wege finden. Wie dieser Krieg uns schon zur Genüge bewiesen hat, haben unsere Feinde nur vor der rohen Gewalt Achtung. Regungen der Milde deuten sie als Schwäche. Also muß ihnen gegenüber auf jeden Fall so rücksichtslos wie möglich verfahren werden. —. Die kriegsereignisse im Mai 1915. VI. 20. Mai. Angriffe der Franzosen östlich des Yser- Kanals und im Walde von Ailly (zwischen Maas und Mosel), der Engländer südlich Neuoe-Chapelle erfolgreich abgeschlagen. Deutsche Unterseeboote versenken den französischen Fischdampfer „St.-Just" und die Bark „St.-Iuse-Aragon". Kleinere Gefechte in der Gegend von Szawle. Unser Angriff östlich Podubis gelangt bis Netygola; weit-r. 1800 Russen gefangen. Auch östlich Miloszajcie und Zemi- gola werden die Russen über die Dubissa zurückgeworfen. — Oestlich Iaroslau werden Russen gefangen, die nicht mit Gewehren, sondern nur mit Eichenkeulen ausgerüstet waren. — Die Armee Mackensen und die übrigen im Ver bände des österreichisch-ungarischen Heeres kämpfenden deutschen Truppen haben seit dem 1. Mai 104 000 Ge fangene gemacht, 72 Geschütze sowie 253 Maschinengewehre erbeutet. Diese Zahlen sind in der Gesamtzahl von 1S4 000 Mann enthalten. Die österreichisch-ungarischen Truppen erstürmen öst lich Drohobysz eine russische Stellung und erobern den Ort Neudarf; 1800 Gefangene. — Die russische Gegen offensive über den Dnjestr in Ostgalizien kommt an der Pruth-Linie zum Stehen; die feindlichen Durchbruchs- versuche bei Kolomea sind gescheitert „unter schwersten Verlusten" der Russen. — In den Kämpfen im Berglande von Kielce (Südpolen) sind bisher 4000 Nüssen gefangen. Das österreichisch - ungarische Unterseeboot „O 12" (Kommandant Linienschiffsleutnant Lerch) kapert sieben montenegrinische, Konterbande führende Segelboote; die Bemannung wird gefangengenommen. Die Türken schlagen mehrere Angriffe des englisch französischen Dardanellen-Erveditionskoros uerluitreick, für den Feind ab; ihre vorgeschobenen Batterien aüf'dem anatolischen Ufer beschießen die feindlichen Schiffe mit Er folg, indem zwei derselben mehrere Male getroffen werden. 21. Mai. Südlich Neuve-Chapelle englische Teil angriffe abgewiesen, ebenso französische an der Loretto- Höhe, bei Äblain und Neuville. Bei Schawdiny westlich der Windau ein russische» Reiterregiment aufgerieben. An der Dubissa und in Gegend Szawle einzelne russische Nachtangriffe abgewiesen. Die Zahl der in den Kämpfen östlich Podubis gefangenen Russen stieg um 300. Im Berglande von Kielce (Südpolen) weichen die Russen nach hartnäckigen Kämpfen erneut in nordöstlicher Richtung zurück. — Bei Bojan östlich Czernowitz scheitert ein Versuch der Russen, auf das südliche Pruth-Ufer zu gelangen, „unter starken Verlusten" für den Gegner. Ein englisches Panzerschiff erhält von den türkischen Küstenbatterien zwei Treffer, flüchtet zunächst in die Bucht von Morto und zieht sich dann gegen Lemnos zurück. — Ein türkisches Unterseeboot bohrt den russischen Panzer kreuzer „Panteleimon" (12 780 Tonnen) auf der Höhe von Midia im Schwarzen Meere durch einen einzigen Torpedoschuß in den Grund, wodurch ein Truppentransport von 1400 Mann mitversenkt wird. 22. Mai. Bei Givenchy günstige Nahkämpfe gegen die Engländer; an der Straße Bethune—Lens und auf dem Rücken der Loretto-Höhe feindliche Angriffe abge wiesen ; nördlich Ablain konnte der Feind durch einen nächtlichen Vorstoß in einem kleinen Teile unseres vor dersten Grabens Fuß fassen; südlich Neuville gewannen unsere Truppen „etwas Gelände"; 90 Franzosen und 2 Maschinengewehre erbeutet. — Zwischen Maas und Mosel heftige Artilleriekämpfe; im Priesterwalde ein feind licher Angriff abgeschlagen. — Ein deutsches Flugzeug wirft über Paris in der Nähe des Eiffelturmes acht, über Iavel drei Bomben; obwohl -von 6 französischen Flug zeugen verfolgt, kehrt es wohlbehalten zu seinem Aus gangsort zurück. Torpedierung des'englischen Seglers „Glenholm" durch eines unserer Unterseeboote. Bei Szawle der russische Nordflügel geschlagen; 1600 Gefangene und 7 Maschinengewehre erbeutet. An der Dubissa werden stärkere, gegen die Linie Misiuny—Ze» migola gerichtete russische Nachtangriffe abgewiesen, dabei „blieben 1000 Gefangene - bei uns zurück"; auch südlich des Njemen, bei Pilwiszki, schlägt ein feindlicher Nacht angriff fehl. Russische Angriffe östlich Iaroslau und am oberen Dnjestr werden, „wie bisher", unter großen Verlusten für den Feind abgewiesen; ebenso scheitert ein zweiter Ver such der Moskowiter, bei Bojan östlich Czernowitz über den Pruth zu kommen. — Bei einem Gefechte im Berg lande oon Kielce (Südpolen) werden 1800 Gefangene ein gebracht. ' Auf der Dardanellenfront greifen die „Verbündeten" bei Sedd-ul-Bahr unter dem Schutze ihrer Batterien und ihrer Flotte „mit allen Kräften" die türkischen Stellungen an, werden aber „vollständig" zurückgeworfen und hinter lassen aus dem Schlachtfelde mehr als 4000 Tote; die Türken haben nur 43 Tote und 420 Verwundete. Eine der türkischen Batterien auf dem kleinasiatischen Ufer trifft viermal ein Panzerschiff vom Typ Majestic, das darauf den Eingang der Meerenge schleunigst verläßt; dasErsatz- schiff vom Typ Vengeance wird von zwei Granaten ge troffen. — Ein feindliches Unterseeboot bringt das türkische» 25 Jahre alte Kanonenboot „Pelenghi Derja" zum Sinken. Das Kanonenboot schoß, bis es unterging, auf das Unter seeboot, dessen Schicksal unbekannt ist; mit Ausnahme von 2 Toten ist die türkische Besatzung unversehrt geblieben. Die bisherigen Verluste der feindlichen Flotten. In dem nun zehn Monate währenden Krieg sind große Kampfschiffseinheiten in den Ozean versunken unt von Woche zu Woche wachsen die feindlichen Verluste ap Kriegsschiffen. Allein an den Dardanellen haben die Eng« länder und Franzosen acht große Kriegsschiffe verloren. Die Gesamtverluste der feindlichen Flotten, soweit sie bis Mitte Juni zugegeben wurden, betragen 77 Kriegsschiff« von mindestens 355 000 Tonnen, nämlich zwanzig groß« Linienschiffe, elf Kreuzer, vierundzwanzig Torpedoboote« sieben Tauchboote, acht Hilfskreuzer und sieben andere.