Volltext Seite (XML)
Frau über- beim Heimfahren aus der Stadt, glücklich schmunzelnd, be dachte, knallte er lustig mit der Peitsche und trieb den Denkspruch. Sech; MN« nekmen mich in Anlpmch jkäen kg: Ich io», ich mud, ich kann, ich «ill. ich äsN ich meg. r,. »ackeil. Zur rechten Stunde. Novellette von Fritz Ganyer. iNachdruck verboten-! Lore Pensen oder Barbara Holzinger? Welche von beiden? Klaus Johannsen hatte diese Frage wochenlang erwogen und war endlich von der Leidenschaft zur Lore getrieben worden. Aber die Lore lachte schnippisch, als er sie zum Weibe begehrt«. Sie dächte nicht daran, mit ihren achtzehn Jahren in das Ehejoch zu kriechen. Sie wolle erst das Leben genießen. Danach sei immer noch zum Heiraten Zeit. Zunächst ginge sie nun in die Stadt in den Dienst. Sie ging schon am nächsten Morgen. Und Klaus Johannsen wußte Wochen hindurch nicht, ob es noch wert sei zu leben. Eigentlich wohl nicht. Denn wenn man Lore Jensen, dieses lustige, prächtige Ding, diese Dirn' mit dem graziösen und doch drallen Bau ihres Körpers, den sammetbraunen, keckblickenden Augen und den schwellenden Kirschenlippen nicht besitzen konnte, war es schon besser, sich am ersten besten Baum auf- zuknüpfen. Die Leidenschaft machte Klaus toll und wild. Er versuchte, sie in Lorenzens Krug zu ersäufen. Und als das nicht gelang, sondern nur der Kopf wüst und der Beutel' leer wurde, dachte Klaus Johannsen an seine Liebe. Und die zwang die Leidenschaft, daß sie zusammen« brach und sich verkroch. — Barbara Holzinger war nicht schnippisch und redete nicht vom Ehejoch, als Klaus um sie warb. Sie meinte nur, glücklich lächelnd, sie Habs schon lange auf sein Kommen gewartet und sei froh, daß er nun gekom men sei, Da küßte er sie. Und dann sprachen sie von der Hochzeit. — Nun war die kleine, bescheidene Barbara Holzinger mit dem zierlichen, zarten Bau ihres Leibes und den gutmütig schauenden blauen Augensternen schon an tue drei Jahre des Klaus Johannsens Frau. Und Klaus hatte es noch nie bereut, daß er sie heimgeführt. Sie war immer heiter, hielt ihm das Haus blank, kochte seine Leibgerichte ebenso schmackhaft wie einst seine Mutter selig Und war in den Klaus noch genau so arg vernarrt, wie während der ersten Wochen ihrer Ehe. Und er küßte sie auch noch gern. Nahrungssorgen kannten sie nicht. Ihre Aeckerchen gaben mehr Korn und Erdäpfel, als sie brauchten, und der kleine Milchhandel, den man nebenbei be Wieder war's auf einer solchen Heimfahrt. Der neue Frühling hatte schon vorwitzig ins Land ge schaut und war mit leisen Schritten über das Feld gegangen. Hier und dort hatte er schon einen blauen Enzian oder eine gelbe Dotterblume zurückgelassen, und den Pappel- ünd Weidengebüschen am Wege hatte er wollige Kätzchen geschenkt. Und die ersten Lerchen ähm- ten sein jauchzendes Lachen nach. Klaus Johannsen knallte übermütiger mit der Peitsche denn je und pfiff leise. Gn gut Stück vor ihm ging jemand. Ein Mäd chen. Der Frühlingswind bauschte seine Röcke auf, hob sie manchmal indiskret bis über die Knöchel und spielte mit den langen Hutbändern. Die Dirne schritt frisch aus. Dabei bewegten sich ihre Hüften mit einem leichten, graziösen Wiegen. Klaus war näher gekommen. Plötzlich erstarb sein Pfeifen. Teufel eins! War das nicht die Lore Jensen? Natürlich, so drall, so keck, so hurtig war eben nur die Lore! Jiun hörte sie das Klappern des Fuhrwerks hinter sich und sah sich um. Alle Wetter, die war ja noch viel schmucker ge worden! Diese Augen und diese Lippen! Und dann wie sie ihn anlächelte! Ja, fürwahr, eine bildhübsche, blitzsaubere Dirn'l Klaus Johannsen stieg bei diesem Schauen etwas Würgendes in der Kehle hoch, ein rasendes, wildes Häm mern drohte ihm die Brust zu sprengen. War er denn plötzlich ein anderer Mensch geworden? Er kannte sich nicht. Im Augenblick versank die ganze Zeit seiner glücklichen Ehe, und etwas Wildes, von ihm noch Unerkanntes stieg auf, etwas, das sich rück sichtslos Raum schuf, mit starken Fäusten stieß und mit gewalttätigen Füßen trat, alles zu Boden trat. Und nun stand es triumphierend, siegesfroh lächelnd und prahlte: Was seid ihr alle: Liebe und Treue und Glück gegen mich? Ein Nichts, erbärmliche Gesellen. Aber ich bin groß, stark — riesenstark, ich, die Leiden schaft! — Eben hatte Klaus das Mädchen mit seinem Fuhr werk eingeholt. Lore blieb stehen, nickte lächelnd und rief: „'n Tag, Klaus!" Er wollte vorüber. Schon hob er dis Peitsche, um den Fuchs durch einen wuchtigen Schlag über den ganzen Rücken weg zum Ausgreifen anzufeuern. Denn er wollte mit dem Mädchen nichts mehr zu tun haben. Er durste das ja auch gar nicht. Uno doch waren Wille und Pflichtgefühl, trotz des Paktes, den sie geschlossen, machtlos, elend, erbärmlich machtlos und zwangen die Leidenschaft nicht. Ler beabsichtigte Peitschenhieb unterblieb, und die Leine glitt Klaus durch die Finger, daß sie nun schlaff herabhing. Er mußte der Lore wenigstens die Hand reichen. Aber nur das, — nur das! Höchstens noch eine gleich gültige Frage nach dem Ergehen, und dann heim zur Barbara. Wenn er in die Augen seines Weibes sehen würde, mußte der Taumel, der über ihn gekommen war, sich zu einem lächerlichen Nichts verflüchtigen . . . Und nun sprachen sie schon eine lange Mertelstunde miteinander. Er kam nicht los. Es war, als wenn sie durch die Berührung ihrer Hände zusammenge kettet seien. Und das heiße, flackernde Leuchten der braunen Mädchenaugen schuf von Minute zu Minute festere Bänder und zog den Mann ganz in ihren Bann. Lore erzählte, daß sie wieder heim käme. DeS Dienstes in der Stadt wäre sie überdrüssig geworden. Sie fragte nach diesem und jenem. Endlich erkundigte trieb, warf ein hübsches Geld ab. So sparten sie noch. „Für den Jungen," meinte Klaus immer, wenn er wieder ein vaar harte Silberstücke zu den übrigen in den Beutel warf, und lächelte verschmitzt. Barbara lächelte zwar auch. Aber es war mehr ein sehnsüch- tiges Lächeln. Und dann seufzte sie manchmal. Wenn sie doch erst einen Jungen gehabt hätten! — Oder doch wenigstens ein kleines, niedliches Mädchen. Ja, " Barbara war sogar mehr für ein Mädchen. — An Lore Jensen dachte Klaus schon längst nicht mehr, und manchmal sagte er sich, daß er einst recht töricht gewesen sei, zu wähnen, sie gefalle ihm. Eine bessere Frau als seine Barbara gab's Haupt nicht üuf der Welt. Und wenn er das